anjesagt

Anjesagtes, Appjefahr'nes und manchmal auch Ausjedachtes
Donnerstag, 23. April 2020
Dann doch mal wieder Corona als Thema
Seit sieben Tagen habe ich jetzt das Haus nicht mehr verlassen, noch nicht mal zum Einkaufen, weil, wir brauchten nichts. Wir essen erstmal die Vorräte leer und machen dann wieder einen Großeinkauf, denn jetzt, wo die ersten Lockerungsgefühle viele Leute zu wilden Shoppingorgien verleiten, genau jetzt wird mir das vor die Tür gehen das erste Mal seit Beginn des Lockdowns wirklich suspekt.
Inzwischen ist nämlich das Virus auch schon lange genug im Land, um sich wahrscheinlich recht gleichmäßig durch die regionalen Gebiete diffundiert zu haben, wenn sich jetzt die Leute wieder vermehrt außerhalb ihrer Wohnungen aufhalten, hört sich das für mich sehr nach Virusparty an.
Nun, sei's drum, wahrscheinlich lässt es sich eh nicht vermeiden, ich werde lernen müssen, damit zu leben.

Diese albernen Maskenvorschriften regen mich außerdem zusätzlich auf. Wir tragen Masken gegen das Coronavirus kommt gleich nach Globuli und Heilsteinen.
Ich möchte nicht wissen, wie viele Leute sich einbilden, dass sie mit so einer Maske geschützt sind und ich möchte noch viel weniger wissen, wie viele Menschen meinen, dass so eine Maske ja dann schon ausreichend Schutz für und gegen alles ist und sie sich dafür um sonst nichts mehr Gedanken machen müssen.
Ich persönlich halte die Maskenpflicht für komplett kontraproduktiv, eben weil sie einen Schutz und eine Sicherheit suggeriert, die komplett nicht gegeben ist, denn blöderweise ist ausgerechnet bei der Tröpfcheninfektion die heilende Wirkung der Einbildung noch nicht statistisch nachgewiesen.

Aber umpfhh, hilft ja nichts, wenn ich künftig beabsichtige das Haus zu verlassen, muss ich mir halt irgendeine Sorte Maske vor Gesicht halten, sonst gibt es wahrscheinlich Mecker. Aktuell habe mir eine Maske aus Vlies gebastelt - einfach ausschneiden und zwei Schlitze reinschneiden, dass man sie über die Ohren hängen kann


N hat natürlich noch "richtige" Masken hier, aber noch bin ich nicht so weit, dass ich bereit bin, damit vor die Tür zu gehen. Dann eben lieber gar nicht mehr vor die Tür oder zur Not mit diesem Vliesgebastel, ich ahne aber, dass ich demnächst einknicken werde, weil: hilft ja nix.

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Ansonsten hätte ich da noch mal eine Verständnisfrage:
Was ist eigentlich so schlimm daran, wenn jetzt demnächst Unmengen an Sportvereinen und die gesamte Gastronomie- und Hotelbranche und jede Menge andere Unternehmen auch noch Insolvenz anmelden müssen?
Ich meine, klar, dann ist das Unternehmen/der Verein insolvent und wird geschlossen und gelöscht, aber was hindert denn die hinter dem Unternehmen/dem Verein stehenden Menschen, nach dem Coronashutdown einfach ein neues Unternehmen/einen neuen Verein aufzumachen? Man kann ja sogar den gleichen Namen verwenden und schreibt nur "pc" dahinter für "post corona" und fängt dann einfach wieder von vorne an.

Wahrscheinlich fehlt mir das betriebswirtschaftliche Hintergrundwissen, aber ich meine die Frage wirklich ernst, wo ist das Problem?

Ich habe neulich irgendwo gehört, dass die deutsche Fußball-Liga (oder der DFB oder welche Institutionen auch immer da gemeint sind) irgendwelche wilden dreistelligen Millionenbeträge verliert, wenn nicht sofort wieder Fußball gespielt wird. Von 750 Mio. € war die Rede, die da wegfallen, vor allem wohl Lizenzabgaben der Fernsehsender, weshalb sie jetzt dringend diese Geisterspiele organisieren wollen, denn es geht da ja wahrlich um gewaltig viel Geld.

Ich frag mich nur, wofür brauchen die eigentlich das Geld? Ich meine, wenn alles still steht, dann fallen doch auch 90% der Kosten weg, dann ist das doch alles gar nicht so schlimm?
Die Personalkosten übernimmt komplett der Staat, alle Mitarbeiter werden auf Kurzarbeit geschickt und fertig. Jetzt sagen die Fußballverantwortlichen, das ginge nicht, weil die Spieler mehr verdienen als die Beitragsbemessungsgrenze und weil Kurzarbeitergeld ja nur bis zur Beitragsbemessungsgrenze gezahlt wird. Da frage ich mich erneut „Ja und, wo ist das Problem?“ Die Beitragsbemessungsgrenze liegt bei 6.900 €, das bedeutet, ein alleinstehender Mensch ohne Kinder erhält ca. 3.900€ netto, wenn er genau oder mehr als die Beitragsbemessungsgrenzen verdient, Kurzarbeitergeld ist davon 60%, also 2.340€ € - und davon kann ein alleinstehender Mensch doch leben? Dessen Monatsausgaben sind schließlich auch massiv gesunken, weil er außer Essen und ein bisschen Klopapier ja nichts mehr einkaufen muss. Okay, wenn er nicht im Eigenheim wohnt, fällt noch Miete an, die wird ihm im Moment aber gestundet, das heißt, wenn er die nicht bezahlt, kann er nicht gekündigt werden, also alles kein Problem. Strom, Gas und Wasser darf ihm auch keiner abdrehen, vielleicht ist es sinnvoll, wenigstens noch Telefon und Internet zu bezahlen, aber das sind alles überschaubare Beträge, das sollte man locker von 2.340 € netto schaffen können. Mir fehlt es also ernsthaft an Verständnis, wieso irgendjemand im Moment mehr als 2.340€ im Monat brauchen könnte.
Ach ja, all die Häuslebauer, die jetzt klagen, sie hätten so hohe Belastungen, weil sie ihr Eigenheim ja mit Krediten bezahlt haben, also, die brauchen doch einfach nur die Tilgung mal für ein paar Monate auszusetzen und nur die Zinsen zu bezahlen, da lässt sich ganz sicher jede Bank drauf ein.
Ich habe da mal gerechnet: Aktuell liegen die Immobilienfinanzierungszinsen bei ca. 0,5%-0,7%, je nach dem, bei welcher Bank man finanziert.
Sagen wir mal, der Kredit läuft schon länger und er war noch richtig teuer, also nehmen wir mal das Vierfache an, 2%. Dann kostet ein Kredit, der aktuell noch mit 500.000€ valutiert, jeden Monat 833€ Zinsen. Das lässt sich von 2.340€ Kurzarbeitergeld doch gut bezahlen? (Und hinter einem Kredit für 500.000€ steht ja nun auch nicht grade ein kleines Hutzelhäuschen)

Ich habe wirklich hin und her überlegt, aber mir fällt einfach kein vernünftiger Grund ein, weshalb es für die Fußball-Liga so ein Riesenproblem sein sollte, wenn sie einfach mal Pause machen. Außer natürlich, dass sich dann keiner der beteiligten Menschen weiter fröhlich die Taschen voll machen kann.
Und für ganz viele andere Unternehmen gilt das übrigens auch. Welche Kosten bleiben denn noch übrig, wenn die Personalkosten auf 0 sind und Materialverbrauch ja auch nicht mehr anfällt? Miete, klar, aber wie gesagt, die muss im Moment nicht gezahlt werden und ich kann mir sehr gut vorstellen, dass es da noch verschiedene (gesetzliche) Modelle geben wird, wie die Mietzahlungen von stillgelegten Unternehmen (Hotelerie, Gastronomie, stationärer Einzelhandel etc.) nicht mehr in voller Höhe bezahlt werden müssen. Wär doch auch nur fair, wenn sich die Immobilieneigentümer auch zu einem Stück an den Einschränkungen durch diesen Shutdown beteiligen müssten.

Grade für Hotelerie und Gastronomie schlage ich ansonsten die entspannte Insolvenz vor. Das verlagert das Problem auf die Immobilieneigentümer und nunja, aber das sind in aller Regel doch wohl nicht die allerärmsten, notleidenden Unterschichtbürger, oder?

Das praktische ist doch, dass es nicht ein einzelnes Unternehmen trifft, neben der schon die geifernde Konkurrenz nur darauf wartet, die schwächsten aufzufressen, nein, es trifft innerhalb einer Branche im Moment einfach alle und dann ist es doch gar nicht schlimm, wenn einfach mal alle Pause machen oder von mir aus auch alle Insolvenz anmelden.

Wenn jetzt der Fußball weltweit still steht, dann steht er eben still, herrjehnochmal, was sollen die Spieler denn machen, außer zähneknirschend das Kurzarbeitergeld akzeptieren. Woanders gibt's auch keine Jobs.
Und genau das ist doch der springende Punkt: Es geht wirklich allen gleich und das weltweit.
Deshalb fehlt mir einfach das Verständnis für die wirtschaftliche Katastrophe und die gigantischen Folgeschäden, die da prophezeit werden. Jetzt aktuell ist für alle zu und irgendwann ist für alle wieder auf - außer für die systemrelevanten Berufe, die müssen aktuell natürlich weiterarbeiten, aber wirklich viel Geld ausgeben kann im Moment keiner, weil: wofür?

Ich habe deshalb irgendwie das Gefühl, das ist wie Kürzen bei einem Bruch, ich nehme Einkommen weg, ich nehme aber auch Ausgaben weg - das Verhältnis zueinander verändert sich damit nicht und wieso ist das für die Wirtschaft jetzt so ein Riesenproblem?

Das Spannende ist, dass ich ja rein beruflich ständig und täglich mit echten Wirtschaftsexperten zu tun habe und ich habe wirklich viele von denen schon genau danach befragt. Jeder redet sich irgendwie anders raus, aber eine vernünftige Antwort hat mir noch keiner geben können
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vielleicht ein wenig Verständnis
Ich stimme zu, dass ich das "Kürzen des Bruches" mathematisch auch nicht nachvollziehen kann. Weniger Einnahmen und weniger Ausgaben ergibt vermutlich ein ähnliches Verhältnis.
Aber hier in Österreich hab ich zumindest einige Erklärungen für die wirtschaftlichen Folgen.
1. Kurzarbeit bedeutet erst zeitversetzt eine Kostenminimierung. Arbeitgeber müssen weiterhin das Gehalt vorfinanzieren und erhalten die Refundierung erst Anfang September vom Arbeitsmarktservice (in Deutschland: Arbeitsagentur). Dh Unternehmen müssen soweit liquide sein, um sich das leisten zu können. Das können vermutlich größere Unternehmen, aber 3 Monate sämtliche Lohnkosten zu tragen schaffen vermutlich nicht alle kleineren. Die angekündigten Überbrückungskredite erhalten hier wiederum nur große Unternehmen. Die meisten kleineren Unternehmen haben, trotz Versprechen der Regierung, keinen Kredit der Hausbank erhalten (mit der Aussage: wir können seitens der Regierung nicht gezwungen werden, einzuspringen).
2. Insolvenz anmelden heißt hier ja nicht automatisch, nachher wieder ein Unternehmen als Geschäftsführer aufmachen darf. Gesellschaftsrechtlich schon, aber nicht gewerberechtlich. Außerdem sind bei einer Insolvenz auch Zulieferer meist stark finanziell betroffen (abhängig von der Höhe der ausfallenden Rechnungen)

Ich stelle mir vielmehr die Frage, warum in Europa kein Staat dem japanischen Beispiel folgt. Staat springt ein, überschuldet sich hoch und die Unternehmen haben weiterhin finanzielle Spielräume. Da das alles ein globales Thema ist, würde doch volkswirtschaftlich alle Verhältnisse wieder gleich bleiben. Aber da fehlt mir das Wissen...

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In Deutschland sind die Folgen im Wesentlichen die gleichen, wobei die Auszahlung des Kurzarbeitergeldes hier in einigen Fällen (mit Sonderregelung?) schon sofort erfolgte, zumindest weiß ich von Fällen, die keine Liquiditätsüberbrückung leisten mussten.
Und natürlich ist es auch richtig, dass man als Geschäftsführer eines Unternehmens erstmal gesperrt ist, wenn man grade ein anderes Unternehmen in die Insolvenz geführt hat, ich bin aber sehr zuversichtlich, dass sich hier Mittel und Möglichkeiten finden, das Problem zu lösen.

Und ganz sicher will ich die Probleme, die sich aus diesem Shutdown vor allem für kleine Unternehmen und Soloselbständige ergeben, absolut nicht kleinreden, ganz im Gegenteil, die trifft es teilweise wirklich extrem hart. Hier weiß ich in vielen Fälle auch keine Lösung und finde die bisherige Situation für viele Menschen im Einzelfall auch ausgesprochen ungerecht geregelt, ich war mit meinen Überlegungen aber eher bei den ganz großen Unternehmen und der Wirtschaft insgesamt und vor allem eben den großen Fußballvereinen,die sich mit ihren Forderungen und ihren Drohungen schon recht unangenehm in den Vordergrund drängeln.
Wenn Vertreter der Hotel- und Gastronomiebranche warnen, dass sie mit 80%-90% Insolvenzen innerhalb der Branche rechnen, dann kann ich dazu nur entspannt die Schultern zucken und sagen, dann macht das doch. Denn entweder wird dann ruckzuck etwas am Insolvenzrecht geändert (was ja jetzt schon teilweise geschehen ist) oder man findet eben Lösungen, dass die verbliebenen Kosten der Unternehmen, die trotz Shutdown weiterlaufen, insbesondere also Miete, nicht mehr zu 100% bei den Unternehmen hängen bleiben. Ich gehe eigentlich sehr sicher davon aus, dass es hierzu auch Regelungen geben wird und vor allem auch, dass sich die Vermieter selber hier offen für Einzellösungen zeigen werden, denn eine Insolvenz ihrer Mieter und den dann nachfolgenden, unweigerlichen Leerstand ihrer Immobilien werden sie sicherlich selber nicht wollen.

Es wird immer Einzelfälle geben, wo alles ganz schrecklich und vor allem ganz ungerecht und gemein abläuft, wahrscheinlich wird es sogar viele solcher Einzelfälle geben, aber insgesamt wird auch die addierte Menge dieser Einzelfälle nicht die gesamte Wirtschaft beeinflussen, sondern halt nur das jeweilige Leben eines Einzelnen.
Und es wird auch viele Einzelfälle geben, die zwar schrecklich über ihr Schicksal jammern, mit denen ich aber tatsächlich irgendwie so gar kein echtes Mitleid haben mag. Bspw. die Fußballprofis, die im schlechtesten Fall eben nur noch das nach oben gedeckelte Kurzarbeitergeld bekommen.