anjesagt

Anjesagtes, Appjefahr'nes und manchmal auch Ausjedachtes
Montag, 30. Mai 2016
Textänderung
Ich wusste gar nicht, dass ich kriminell bin, wie kriminell ich bin.
Okay, eine latente Neigung zu einer gewissen Grundkriminalität würde ich mir jetzt nicht zu 100% absprechen. Ich neige durchaus dazu, schon mal ohne Parkticket mein Auto abzustellen und als die Kassiererin bei Aldi neulich nur eine Flasche Wasser statt ein ganzes Sechserpack gebongt hat, habe ich sie auch nicht darauf aufmerksam gemacht. Aber dass ich so schlimme Dinge tue, die gleich mit bis zu drei Jahren Gefängnis bedroht sind, das hätte ich mir selber tatsächlich bis heute nicht zugetraut. Denn ehrlich, bei sowas bin ich ein totaler Schisser. Vor allem auch, weil ich meistens finde, es lohnt sich nicht. Wenn ich Geld verdienen oder sparen will, gibt es immer ausreichend legale Methoden, so dass ich mich zumindest in dem Bereich der Kriminalität, die finanzielle Hintergründe hat, eher ungerne bis gar nicht bewege.
Daneben gibt es natürlich Kriminalität, die emotions- oder triebgetrieben ist. Hier kann ich wenig zu sagen, da die krankhafte Seite meiner Triebe bisher noch nicht sichtbar wurde (will sagen, meine Kinderschändertriebe reichen maximal so weit, als dass ich meine Kinder regelmäßig zum Kaffee kochen missbraucht habe) und um jemanden umzubringen bin ich letztlich wohl einfach zu phlegmatisch, so dass ich bei meiner bisherigen Gesamtbetrachtung eigentlich noch immer ganz gut mit meinen Delikten leben konnte.
Heute habe ich aber von einer Straftat erfahren, von der ich gar nicht wusste, dass sie derart strafbar ist, genaugenommen wusste ich noch nicht mal, dass es überhaupt verboten ist.
Urheberrecht - Ohaua-haua-ha - das ist ja mal eine üble Sache.
Dass man andererleuts geistiges Eigentum nicht als sein eigenes ausgeben darf, das kann ich nachvollziehen. Dass man mit andererleuts geistigem Eigentum nicht selber und auch nicht mittelbar Geld verdienen darf (außer man ist Agent), finde ich auch logisch. Dass man aber andererleuts geistiges Eigentum, das bereits ganz normal öffentlich zugänglich und an vielen Stellen auch öffentlich vermarktet wird, nicht noch mal, in anderer Form öffentlich zugänglich machen darf, (ohne es sich dabei selber zuzuschreiben oder gar selber irgendetwas daran verdienen zu wollen) das hätte ich so nicht erwartet.
Hätte ich aber wissen können. Hätte dafür nur § 106 UrhG lesen müssen, was ich bisher einfach versäumt habe.
Tja, und weil ich das nicht wusste und mir mal so absolut überhaupt gar keinen Kopf um Verbote gemacht habe, die sich mir weder erschließen noch irgendwie bekannt sind, bin ich jetzt kriminell geworden. Verstöße gegen § 106 UrhG sind nämlich mit bis zu drei Jahren Gefängnis bewehrt - und genau so einen Verstoß habe ich begangen.

Ich sach ja - ohaua-ha - mir ist jetzt ganz flau und ich beginne vor mir selber Angst zu haben. Was, wenn ich noch mehr schwerst verbotene Dinge tue, von denen ich einfach nicht weiß, wie verboten sie sind, weil mein eingebautes Moralsystem nicht funktioniert?
Weil ich gar kein schlechtes Gewissen habe, wenn ich so etwas tue, weil ich mir fest einbilde, ich tue ja niemandem etwas. Ich nehme niemandem etwas weg und ich verschaffe mir keine persönlichen Vorteile, keinerlei finanziellen Interessen auf meiner Seite und schädigen will ich auch niemanden, Emotionen sind maximal im positiven Sinne im Spiel (boah guck mal, was ich Tolles gefunden habe, muss ich dir unbedingt zeigen) und als strafbare Triebbefriedigung erscheint es mir auch nicht, wenn ich etwas, was öffentlich verfügbar zu hören ist, über eine Spracherkennungssoftware in Text umwandel, weil ich Text besser genießen kann, wenn ich ihn nicht nur höre, sondern auch beim Hören mitlesen kann.
Ich meine, da muss man erst mal drauf kommen, dass das kriminell ist, oder?
Dass man andererleuts geistiges Eigentum nicht einfach so öffentlich verfügbar machen darf - das finde ich sinnvoll, denn schließlich leben die Künstler davon, dass man ihre Werke kauft. Und wenn man sie überall umsonst runterladen kann, muss man sie nicht mehr kaufen, (die Werke, nicht die Künstler), also vollstes Verständnis von meiner Seite und deshalb käme ich auch nie auf den Gedanken, hier irgendwelche fremden geistigen Ergüsse zu verbreiten.
Wenn aber das Werk als solches längst öffentlich verfügbar ist - was gibt es denn dann noch zu schützen?
Und deshalb habe ich etwas getan, von dem ich nicht wusste, dass man dafür ins Gefängnis kommen kann. Ich habe irgendwann Anfang/Mitte November einen Livemitschnitt eines Poetry Slams gefunden, den das Wirtschaftsministerium Kiel auf Youtube veröffentlich hat. (Man beachte:WIRTSCHAFTSMINISTERIUM, ich habe also durchaus darauf geachtet, dass es nicht irgendein windiger, illegaler, privater Videomitschnitt war.) Und weil ich das dort vorgetragene Gedicht (das mittlerweile ziemlich bekannt geworden ist) so toll fand, habe ich das Video hier verlinkt, den Vortrag einmal durch Dragon gejagt und den Text dann unter dem Video eingefügt.
Ich meine, hey, der Text war doch nun wirklich kein Geheimnis oder nur käuflich zu erwerben, jeder kann ihn mitschreiben, wenn er möchte, Spracherkennungssoftware macht es nur noch etwas leichter, aber auch ohne so ein Programm wäre es jedem Menschen völlig problemlos möglich, ohne etwas zu bezahlen an den Text zu kommen. Ich begreife deshalb einfach nicht, wo die schützenswerten Interessen liegen. Ich finde, dann müssen sie das Wirtschaftsministerium und alle anderen Youtube Veröffentlichungen auch löschen lassen.
Aber vielleicht kommt das ja noch, dann bekomme ich sicher wieder Post, dass ich ein illegales Video verlinkt habe.
Darauf bin ich dann gespannt.

Naja, auf alle Fälle bekam ich heute eine E-Mail, in der mir 24h Zeit gegeben wurde, den widerrechtlich und kriminell veröffentlichten Text (siehe § 106 UrhG) zu löschen, sonst.....
Habe ich natürlich gemacht, bin viel zu feige, hier Widerstand zu bieten.
Fühle mich aber jetzt ein bisschen wie Frau Böhmermann....... (wobei der eine andere Straftat begangen hat, aber das Straßmaß ist ein ähnliches und die Sinnhaftigkeiten der Verbote ähneln sich auch irgendwie.)
Ich hof dann mal, Frau Harry wird mit ihrer Einstellung glücklich, immerhin lebt sie in Kiel, also im Norden, wo man halt stets von Kälte, von Klämme und Stürmen umgeben ist.
Punkt
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... ¿hierzu was sagen?

 
Da sind Sie selber Schuld. Wie kommen Sie auf die Idee, ungefragt für ein fremdes Kunstwerk zu werben?

Noch dazu für ein Werk, das verzweifelt eine bestimmte Gegend lobt.

Gibt es nicht zu viele schöne Gegenden, um eine besonders zu mögen?

... ¿noch mehr sagen?  

 
Jau, selber schuld, das habe ich auch schon begriffen. Ich bin einfach auf die schönen Worte und geilen Bilder in dem Text reingefallen. Und dann dachte ich mir, wenn jemand so irre Formulierungen erfinden kann, der muss ein cooler Typ sein. Und der muss das gut finden, dass ich das gut finde und mir die Mühe mache, extra den Text dazu unter das Video zu schreiben. Zu jedem Lied findet man doch sonst überall die Songtexte, das ist doch Werbung, das kann doch nicht verboten sein, im Gegenteil.

Aber ja, blöd, vertan sprach der Hahn.
Man lernt halt ständig dazu.

 
Ich hätte es mir wahrscheinlich bei aller Begeisterung doch verkniffen, den gesamten Text zu posten. Was vielleicht daran liegt, dass ich berufsbedingt bisweilen mit Urheberrecht und verwandten Leistungsschutzrechten zu tun habe. Nicht dass ich da Experte wäre, aber es reicht, dass die Warnlampen angehen, wenn es strittig werden könnte.

Dass man Songtexte findet, wenn man sie sucht, bedeutet im Übrigen nicht, dass das völlig unproblematisch wäre.

 
Ab jetzt und sofort weiß ich das auch, aber ich habe mir da tatsächlich so sehr überhaupt keine Gedanken drum gemacht, dass ich schon Chancen auf jedem Blondinentreffen hätte.
Jetzt, rückwärts betrachtet, frage ich mich auch, weshalb da nicht wenigstens ein kleines Störgefühl aufploppte, aber war eben nicht. Ich hatte ein blütenreines Gewissen und bildete mir auch noch ein, der Künstlerin einen Gefallen zu tun, schließlich helfe ich doch bei der Bekanntheitsverbreitung.