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Mittwoch, 5. Dezember 2018
Über Verantwortung und Zuständigkeiten
anje, 00:56h
Im Büro läuft mal wieder die übliche Jahresendzeitstresstour, nächste Woche Aufsichtsrat und natürlich ist noch nichts vernünftig fertig.
Zusätzlich müssen natürlich noch alle anderen, Jahresfrist gebundenen Dinge erledigt werden, meine "muss bis zum 31.12. fertig sein"-Liste wird jeden Tag um mindestens zwei Punkte länger, die mir täglich mit viel Schreck und großer Panik auch noch einfallen. Das Gefühl, dass ich ganz bestimmt ein paar Dinge vergesse, verbreitet sich dabei genauso unbehaglich, wie die Verzweiflung, wann ich das denn alles schaffen soll.
Außer dem beruflichen Kram, habe ich noch reichlich "privat beruflichen" Kram, denn all die Abschlüsse und Steuererklärungen, die ich für CWS hinterlassene Firmen noch erstellen muss, sind im Grunde ja die gleiche Arbeit, nur irgendwie anders bezahlt.
Und zu all dem Kram kommt nun noch die Organisation für die Dinge des Vaters. Ich habe grundsätzlich von all den gesamten Verwaltungshintergründen für diesen Pflegekram überhaupt keinen Schimmer. Ich weiß nicht, was ich jetzt alles tun muss, an wen man sich wenden muss, was alles beantragt werden muss, wer wofür zuständig ist, wer was bezahlt, was man bei den Anträgen falsch machen kann, wo die Fallstricke sind, in welcher Reihenfolge was zu passieren hat, was passieren kann, wenn ich Dinge falsch mache oder vergesse - kurz: Ich stehe vor dem Thema wie der Ochs vorm Berge.
Weil mich das entsetzlich genervt hat, habe ich heute verschiedene offizielle Stellen angerufen, und mir einfach mal ganz pauschal erklären lassen, wie die Rechtslage ist, wer was bezahlt, was man dafür beantragen muss, welche Fristen es gibt und welche Tipps sie mir ganz persönlich noch geben könnten.
Ich habe mit dem Sozialdienst des Krankenhauses telefoniert, mit zwei Pflegeheimen, mit der Krankenkasse und der Beihilfestelle, ich weiß jetzt, welche Vollmachten ich noch brauche, damit ich den Postverkehr auf meine Adresse umleiten kann, und ich habe erfahren, dass die Antragsunterlagen für den Gutachter, der eine Pflegestufe feststellen muss, die wiederum dann die Höhe des Zuschusses von Krankenkasse und Beihilfe bestimmt, dass diese Unterlagen von der Krankenkasse schon nach Borkum geschickt wurden. Deshalb habe ich den Onkel losgeschickt, die Post aus dem Haus des Vaters zu holen und mir genau diesen Brief dann an meine Adresse in Greven weiterzuleiten. Das hat soweit erst mal funktioniert, jetzt warte ich, dass die Papiere hier ankommen und dann brauche ich nur noch die Unterschrift des Vaters, auch für die Vollmacht, dass ich dann künftig selber unterschreiben darf.
Das ist alles ein ungeheurer Verwaltungsakt, was da alles geregelt werden muss, wenn man in Ruhe darüber nachdenkt, wird einem ganz schwindelig, deshalb denke ich lieber nicht drüber nach.
Als ich heute morgen unter der Dusche stand, rief erst das Krankenhaus aus Leer an, dann rief der Hausarzt des Vaters aus Borkum an, als ich aus der Dusche kam, sah ich zwei verpasste Anrufe und rief als erstes den Arzt auf Borkum zurück. Weil der mich, genausowenig wie das Krankenhaus, erreichen konnte und weil aber das Krankenhaus, in dem der Vater liegt, "JETZT SOFORT" jemanden sprechen wollte, hat der Arzt dann den Sohn des Onkels auf der Insel angerufen. Er hat den Sohn des Onkels angerufen und nicht den Onkel selber, weil Doktor und Onkel neulich mal Streit hatten und da erschien ihm der Sohn als der angenehmere Gesprächspartner, wollte er ja nur erfahren, wer sich jetzt um den dringenden Rückrufwunsch des Krankenhauses kümmern könne.
Der Sohn des Onkels hat aber keine Ahnung, weil er zu dem "anderen Teil" der Familie gehört; das ist etwas kompliziert bei uns, da der eine Teil der Familie nicht mit dem anderen Teil der Familie spricht. Man mag sich auch gegenseitig nicht sehr und hält sich wechselseitig für seltsam und unsympathisch. Wie genau diese Abneigung angefangen hat und wodurch sie konkret ausgelöst wurde, weiß ich nicht, aber mein Onkel spricht nicht mehr mit seinem Sohn und dieser Bruch scheint dauerhaft.
Da ich aber mit meinem Onkel spreche, gehöre ich halt zu dem einen Teil der Familie - und der Sohn des Onkels zum anderen Teil.
Mein Bruder wiederum, der ist ganz dicke mit dem Sohn des Onkels, was im Ergebnis dazu führt, dass auch mein Bruder zum anderen Teil der Familie gehört und für mich zur Folge hat, dass ich auch nicht mit meinem Bruder rede, eben weil er sich halt für die andere Seite derMacht Familie entschieden hat.
Normalerweise ist mir das alles ganz herzlich egal. Mein Bruder hat sich sein Leben für seine Bedürfnisse passend zurechtgezimmert, da muss ich mich weder drum kümmern, noch einmischen oder auch nur irgendeine Meinung zu haben. Alles, was ich von seinem Leben mitbekomme, bestärkt mich im übrigen auch nur in der Erkenntnis, dass sein und mein Leben schon von der Grundeinstellung her nicht kompatibel sind. Ich bin weder strebsam, noch fleißig, noch ethisch, moralisch oder sonstwie religiös vorzeigbar, mein Verhalten ist derart political incorrect, dass man sich regelmäßig für mich schämen muss und vor allem mache ich mich viel zu unverschämt über echte Männer, die nicht bügeln können, lustig und habe auch ansonsten keinerlei Sinn für den Ernst des Lebens, insbesondere, und das ist das allerschlimmste, nehme ich Geld nicht wichtig genug.
Im Grunde geht es uns beiden also am allerbesten, wenn wir uns maximal ignorieren, nur dass wir dieselben Eltern haben, das macht es dann manchmal wieder etwas kompliziert.
Als mir der Hausarzt des Vaters, der von diesen komplizierten Familienverhältnissen nichts weiß, nun heute sagte, er habe den Sohn des Onkels angerufen, um eine Telefonnummer zu erfragen, wer sich um den Vater kümmere, und von dem dann die Telefonnummer des Bruders erhalten habe - da holte mich auf einen Schlag meine eigene, wunderbar verdrängt und vergraben geglaubte Familienkonstellation ein und ich war ganz ungemein versucht, die unerwartete Situation komplett zu meinem Vorteil auszunutzen. Denn wie perfekt ist das denn? - Ich schiebe einfach dem Bruder all den ätzenden Verwaltungs- und Kümmerkram um den Vater zu, wenn er jetzt schon als erste Referenz genannt wird, ist das meine Chance, mich stickum aus der Verantwortung zu schleichen. Außerdem ist der Bruder ja sowieso viel besser geeignet, sich um den Vater zu kümmern, er ist immerhin eine wirkliche moralische Instanz, so mit hehren, ethischen Grundsätzen, Kirchenbesuch und Tränen im Auge, wenn einer verstirbt. Der nimmt das Leben, das Sterben und seine Verantwortung darin noch ernst und nicht so schlurig laksch wie ich.
Und während mir all das so durch den Kopf schoss und mir der Hausarzt des Vaters noch sagte, er hätte die Nummer des Bruders schon ans Krankenhaus weitergegeben - da schellte es auf der zweiten Leitung und das Krankenhaus war dran und wollte von mir eine Zustimmung zu einer weiteren OP des Vaters, der sei nämlich so verwirrt, dass er sich weigere, selber zuzustimmen, aber die OP wäre wichtig (irgendwas mit Dauerkatheter in Niere oder so) und deshalb bräuchten sie jetzt dringend meine Zustimmung.
Und dann habe ich dem Krankenhaus meine Zustimmung gegeben, denn der Vater will sich ja noch weiter an seinen Atemzügen erfreuen, dafür erscheint diese OP sehr wichtig.
Dann habe ich mich einmal kurz geschüttelt und anschließend all die anderen Verwaltungstelefonate geführt, die ja sowieso geführt werden müssen, und nein, ich kann den Vater nicht einfach hängen lassen, dafür ist es jetzt auch zu spät.
Und es ist auch ganz egal, wen ich mag oder wen ich nicht mag, manche Dinge, die getan werden müssen, nehmen keine Rücksicht auf persönliche Befindlichkeiten, mit diesen Problemen kann ich mich später mal beschäftigen
.
Zusätzlich müssen natürlich noch alle anderen, Jahresfrist gebundenen Dinge erledigt werden, meine "muss bis zum 31.12. fertig sein"-Liste wird jeden Tag um mindestens zwei Punkte länger, die mir täglich mit viel Schreck und großer Panik auch noch einfallen. Das Gefühl, dass ich ganz bestimmt ein paar Dinge vergesse, verbreitet sich dabei genauso unbehaglich, wie die Verzweiflung, wann ich das denn alles schaffen soll.
Außer dem beruflichen Kram, habe ich noch reichlich "privat beruflichen" Kram, denn all die Abschlüsse und Steuererklärungen, die ich für CWS hinterlassene Firmen noch erstellen muss, sind im Grunde ja die gleiche Arbeit, nur irgendwie anders bezahlt.
Und zu all dem Kram kommt nun noch die Organisation für die Dinge des Vaters. Ich habe grundsätzlich von all den gesamten Verwaltungshintergründen für diesen Pflegekram überhaupt keinen Schimmer. Ich weiß nicht, was ich jetzt alles tun muss, an wen man sich wenden muss, was alles beantragt werden muss, wer wofür zuständig ist, wer was bezahlt, was man bei den Anträgen falsch machen kann, wo die Fallstricke sind, in welcher Reihenfolge was zu passieren hat, was passieren kann, wenn ich Dinge falsch mache oder vergesse - kurz: Ich stehe vor dem Thema wie der Ochs vorm Berge.
Weil mich das entsetzlich genervt hat, habe ich heute verschiedene offizielle Stellen angerufen, und mir einfach mal ganz pauschal erklären lassen, wie die Rechtslage ist, wer was bezahlt, was man dafür beantragen muss, welche Fristen es gibt und welche Tipps sie mir ganz persönlich noch geben könnten.
Ich habe mit dem Sozialdienst des Krankenhauses telefoniert, mit zwei Pflegeheimen, mit der Krankenkasse und der Beihilfestelle, ich weiß jetzt, welche Vollmachten ich noch brauche, damit ich den Postverkehr auf meine Adresse umleiten kann, und ich habe erfahren, dass die Antragsunterlagen für den Gutachter, der eine Pflegestufe feststellen muss, die wiederum dann die Höhe des Zuschusses von Krankenkasse und Beihilfe bestimmt, dass diese Unterlagen von der Krankenkasse schon nach Borkum geschickt wurden. Deshalb habe ich den Onkel losgeschickt, die Post aus dem Haus des Vaters zu holen und mir genau diesen Brief dann an meine Adresse in Greven weiterzuleiten. Das hat soweit erst mal funktioniert, jetzt warte ich, dass die Papiere hier ankommen und dann brauche ich nur noch die Unterschrift des Vaters, auch für die Vollmacht, dass ich dann künftig selber unterschreiben darf.
Das ist alles ein ungeheurer Verwaltungsakt, was da alles geregelt werden muss, wenn man in Ruhe darüber nachdenkt, wird einem ganz schwindelig, deshalb denke ich lieber nicht drüber nach.
Als ich heute morgen unter der Dusche stand, rief erst das Krankenhaus aus Leer an, dann rief der Hausarzt des Vaters aus Borkum an, als ich aus der Dusche kam, sah ich zwei verpasste Anrufe und rief als erstes den Arzt auf Borkum zurück. Weil der mich, genausowenig wie das Krankenhaus, erreichen konnte und weil aber das Krankenhaus, in dem der Vater liegt, "JETZT SOFORT" jemanden sprechen wollte, hat der Arzt dann den Sohn des Onkels auf der Insel angerufen. Er hat den Sohn des Onkels angerufen und nicht den Onkel selber, weil Doktor und Onkel neulich mal Streit hatten und da erschien ihm der Sohn als der angenehmere Gesprächspartner, wollte er ja nur erfahren, wer sich jetzt um den dringenden Rückrufwunsch des Krankenhauses kümmern könne.
Der Sohn des Onkels hat aber keine Ahnung, weil er zu dem "anderen Teil" der Familie gehört; das ist etwas kompliziert bei uns, da der eine Teil der Familie nicht mit dem anderen Teil der Familie spricht. Man mag sich auch gegenseitig nicht sehr und hält sich wechselseitig für seltsam und unsympathisch. Wie genau diese Abneigung angefangen hat und wodurch sie konkret ausgelöst wurde, weiß ich nicht, aber mein Onkel spricht nicht mehr mit seinem Sohn und dieser Bruch scheint dauerhaft.
Da ich aber mit meinem Onkel spreche, gehöre ich halt zu dem einen Teil der Familie - und der Sohn des Onkels zum anderen Teil.
Mein Bruder wiederum, der ist ganz dicke mit dem Sohn des Onkels, was im Ergebnis dazu führt, dass auch mein Bruder zum anderen Teil der Familie gehört und für mich zur Folge hat, dass ich auch nicht mit meinem Bruder rede, eben weil er sich halt für die andere Seite der
Normalerweise ist mir das alles ganz herzlich egal. Mein Bruder hat sich sein Leben für seine Bedürfnisse passend zurechtgezimmert, da muss ich mich weder drum kümmern, noch einmischen oder auch nur irgendeine Meinung zu haben. Alles, was ich von seinem Leben mitbekomme, bestärkt mich im übrigen auch nur in der Erkenntnis, dass sein und mein Leben schon von der Grundeinstellung her nicht kompatibel sind. Ich bin weder strebsam, noch fleißig, noch ethisch, moralisch oder sonstwie religiös vorzeigbar, mein Verhalten ist derart political incorrect, dass man sich regelmäßig für mich schämen muss und vor allem mache ich mich viel zu unverschämt über echte Männer, die nicht bügeln können, lustig und habe auch ansonsten keinerlei Sinn für den Ernst des Lebens, insbesondere, und das ist das allerschlimmste, nehme ich Geld nicht wichtig genug.
Im Grunde geht es uns beiden also am allerbesten, wenn wir uns maximal ignorieren, nur dass wir dieselben Eltern haben, das macht es dann manchmal wieder etwas kompliziert.
Als mir der Hausarzt des Vaters, der von diesen komplizierten Familienverhältnissen nichts weiß, nun heute sagte, er habe den Sohn des Onkels angerufen, um eine Telefonnummer zu erfragen, wer sich um den Vater kümmere, und von dem dann die Telefonnummer des Bruders erhalten habe - da holte mich auf einen Schlag meine eigene, wunderbar verdrängt und vergraben geglaubte Familienkonstellation ein und ich war ganz ungemein versucht, die unerwartete Situation komplett zu meinem Vorteil auszunutzen. Denn wie perfekt ist das denn? - Ich schiebe einfach dem Bruder all den ätzenden Verwaltungs- und Kümmerkram um den Vater zu, wenn er jetzt schon als erste Referenz genannt wird, ist das meine Chance, mich stickum aus der Verantwortung zu schleichen. Außerdem ist der Bruder ja sowieso viel besser geeignet, sich um den Vater zu kümmern, er ist immerhin eine wirkliche moralische Instanz, so mit hehren, ethischen Grundsätzen, Kirchenbesuch und Tränen im Auge, wenn einer verstirbt. Der nimmt das Leben, das Sterben und seine Verantwortung darin noch ernst und nicht so schlurig laksch wie ich.
Und während mir all das so durch den Kopf schoss und mir der Hausarzt des Vaters noch sagte, er hätte die Nummer des Bruders schon ans Krankenhaus weitergegeben - da schellte es auf der zweiten Leitung und das Krankenhaus war dran und wollte von mir eine Zustimmung zu einer weiteren OP des Vaters, der sei nämlich so verwirrt, dass er sich weigere, selber zuzustimmen, aber die OP wäre wichtig (irgendwas mit Dauerkatheter in Niere oder so) und deshalb bräuchten sie jetzt dringend meine Zustimmung.
Und dann habe ich dem Krankenhaus meine Zustimmung gegeben, denn der Vater will sich ja noch weiter an seinen Atemzügen erfreuen, dafür erscheint diese OP sehr wichtig.
Dann habe ich mich einmal kurz geschüttelt und anschließend all die anderen Verwaltungstelefonate geführt, die ja sowieso geführt werden müssen, und nein, ich kann den Vater nicht einfach hängen lassen, dafür ist es jetzt auch zu spät.
Und es ist auch ganz egal, wen ich mag oder wen ich nicht mag, manche Dinge, die getan werden müssen, nehmen keine Rücksicht auf persönliche Befindlichkeiten, mit diesen Problemen kann ich mich später mal beschäftigen
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