anjesagt

Anjesagtes, Appjefahr'nes und manchmal auch Ausjedachtes
Montag, 5. Juli 2021
Arbeit
Manchmal habe ich das Gefühl, ich müsste mal so lange nichts tun, bzw. richtiger: nichts tun müssen, bis mir richtig gründlich bis tief unten auf den Boden des Gemüts langweilig ist. Vielleicht vergeht dann meine ewige Sehnsucht nach "nicht arbeiten" und ich begreife Arbeiten endlich wieder als das, was es sein könnte, oder, positiver ausgedrückt, was es sein sollte: eine Sinn stiftende Beschäftigung.

Ich habe nämlich darüber nachgedacht, was für mich "Arbeiten" bedeutet, welche Tätigkeiten ich als Arbeit empfinde und welche nicht, und dabei ist mir gleich als erstes aufgefallen, dass es nicht an den Tätigkeiten selber liegt, sondern an dem Zwang, der entweder dahintersteht oder eben nicht.
"Zwang" hört sich jetzt martialischer an als es gemeint ist, in den allermeisten Fällen zwinge ich mich ja selber oder akzeptiere, dass es die normative Kraft des Faktischen ist, die mich zwingt, weil ich nicht rechtzeitig genug Vorsorge getroffen habe, aber dazu hätte ich mich ja auch zwingen müssen.

Ist alles ein wenig unkonkret und verschwurbelt, aber um ein Beispiel zu nennen, passt "Küchenarbeit" ganz gut.
Weder Kochen noch Küche saubermachen sind Tätigkeiten, die bei mir auf demselben Wohligkeitslevel liegen wie auf dem Sofa liegen und ein Buch lesen.
Grundsätzlich würde ich Kochen und Küche saubermachen als Arbeit bezeichnen, nämlich als etwas, das ich zur Zweckerreichung betreibe und nicht, weil der Weg das Ziel ist.

Es gibt ja auch Leute, für die ist Kochen ein sinnliches Erlebnis, im Spaß- oder Wohligkeitsfaktor vergleichbar z.B. mit Sport treiben (ich rede hier von anderen Leuten, nicht von mir, aber es gibt ja eindeutig viele Menschen, die treiben Sport, weil sie es gerne tun), oder, wenn ich es mit mir vergleiche: mit auf dem Sofa liegen und ein Buch lesen.
Ich treibe aber weder gerne Sport noch koche ich gerne, ich esse aber gerne und vor allem esse ich gerne leckere Dinge, und genau deshalb bin ich auch bereit, zu kochen. Zumindest dann, wenn die Kombination aus Hunger und Appetit genau die Intensität hat, die ich mit Kochen bedienen kann. Wenn ich zu viel Hunger oder zu wenig Appetit habe, fällt bei mir Kochen meistens aus, dann gibt es nämlich oft eine bessere Zweckerreichung als selber kochen (auswärts essen bei ganz viel Hunger) oder nur ein Butterbrot essen (bei wenig Appetit).

Zweckerreichung ist also mein Antrieb=Zwang und wenn ich gerne leckere Dinge essen möchte, dann muss ich sie vorher zubereiten. Auswärts essen ist meist nur bei sehr akutem Hunger eine Alternative, weil ich für viele Dinge, auf die ich sonst Appetit habe, kein Restaurant kenne, wo man es bestellen kann und überhaupt habe ich beim auswärts essen fast immer irgendwas zu mäkeln, nur bei sehr großem "jetzt und sofort Hunger" überwiegen die Vorteile.

Küche saubermachen ist im übrigen ein Kollateralzwang, wenn man eine Küche benutzt, muss man sie auch wieder saubermachen, Einwegküchen sind noch nicht erfunden.

Grundsätzlich habe ich sowohl meine Küche als auch meine Kochorganisation dem Umstand angepasst, dass ich nicht aus Leidenschaft koche, aber erfahrungsgemäß besser als viele andere Leute, zumindest was meinen Geschmack angeht.
Das bedeutet, alles, was nach meiner Definition "Arbeit" ist, versuche ich so professionell wie möglich zu organisieren, um eine maximale Effizienz der kostbaren Ressource "Anjezeit" zu gewährleisten.

So viel zur Voraberklärung, wie ich normalerweise zum Thema "Küchenarbeit" stehe. Es ist Arbeit, aber immerhin habe ich sie angemessen effizient organisiert.

Heute stand ich über vier Stunden in der Küche und habe mit viel Spaß allerlei Dinge auf Vorrat zubereitet. Sogar am Saubermachen hatte ich Spaß, weil ich mich grundsätzlich nur in einer sauberen Küche wohlfühle und weil ich ja so viele verschiedene Dinge nacheinander gemacht habe, musste ich zwischendrin immer wieder saubermachen, tat das aber gerne, weil ich insgesamt einfach Spaß daran hatte, all diese Dinge zu tun. Heute war Küchenarbeit für mich eindeutig keine Arbeit, weil mich weder irgendein Verpflichtungsgefühl (anderen Leuten gegenüber), noch Hunger oder Appetit antrieben, sondern nur die Freude an der Vorstellung, dass ich endlich mal Zeit habe, all diese leckeren Dinge zuzubereiten, weil ich anschließend (also in den nächsten Tagen) auch genug Zeit haben werde, sie in Ruhe zu genießen.
Das, was ich sonst also als Arbeit empfinde, war plötzlich eine sinnstiftende Beschäftigung und ich hatte wirklich viel Spaß daran.

Und über diese Feststellung bin ich zu der Erkenntnis gelangt, dass es in den meisten Fällen die fehlende Zeit ist, die Dinge zu einer lästigen Arbeit macht, statt sie als sinnstiftende Beschäftigung zu erleben, was sie genauso gut sein könnten, wenn man sie denn freiwillig machte und nicht, weil es irgendwelche äußeren Zwänge gibt. Die fehlende Zeit wiederum resultiert aus dem Anspruch, alles gleichzeitig zu wollen. Einen Fulltimejob, einen, ach was zwei perfekte Haushalte, immer etwas leckeres zu essen und gaaanz viel Zeit, um auf dem Sofa zu liegen und Bücher zu lesen.
Ich glaube, in der Vorstellung ist einfach nur ein Rechenfehler und wenn ich den korrigiert habe, dann wird das Leben toll
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