anjesagt

Anjesagtes, Appjefahr'nes und manchmal auch Ausjedachtes
Donnerstag, 20. August 2020
Über individuelle und gemeinsame Vorlieben
Ein weiterer Tag mit bemerkenswert wenigen Vorkommnissen, im Grunde also genau so, wie ich mir perfekte Tage vorstelle.
Gestern sagte die Mutter, dass es im Grunde sehr angenehm ist, wenn man einfach im Bett liegt ohne krank zu sein, ich finde es erstaunlich, dass sie 84 Jahre gebraucht hat, um zu dieser Erkenntnis zu gelangen, ich lebe schon seit gefühlten Ewigkeiten danach.
Ich finde deshalb ja auch ein Wohnzimmer nicht sonderlich wichtig. Einen gemütlicheren Platz als mein Bett zum Lesen oder Fernsehgucken kann ich mir gar nicht vorstellen. Wenn man alleine lebt, ist das sowieso egal, wo man Fernsehen guckt, wenn man in einer "Kuschel"-Beziehung lebt, kann man auch wunderbar zu zweit im Bett liegen und lesen oder Fernsehen gucken - nur wenn man in einer Gemeinschaft mit anderen Menschen lebt, mit denen man nicht grundsätzlich sein Bett teilt, ist ein "Wohnzimmer" ein sinnvoller Ort, weil er dann halt der "Gemeinschaftsraum" ist.

Da ich aber nun schon seit sehr vielen Jahren in einer Beziehung lebe, in der wir beide unser gemeinsames Bett sehr gemütlich finden, wird das Wohnzimmer bei uns tatsächlich wenig genutzt. Im Grunde nur, wenn andere Menschen auch noch da sind und ich es unhöflich fände, mich ständig in mein Bett zu verkrümeln, obwohl ich ja nicht ins Bett gehe, um meine Ruhe zu haben, sondern einfach nur, weil es dort am gemütlichsten ist, aber da ich das wiederum viel zu lästig fände, das zu diskutieren, ist es halt wie es ist.

Interessant finde ich dabei, dass bei der Raumplanung eines Hauses meist viel Wert auf ein großes Wohnzimmer gelegt wird. Das wird als besonders wichtig und Ausdruck von gehobener Lebensqualität angesehen, für viele ist außerdem ein riesiger Bildschirm bzw. ein Riesenfernseher der zentrale Punkt des Wohnzimmers.
Es gibt natürlich sehr viele verschiedene Lebensentwürfe und es gibt vor allem sehr viele verschiedene "Hauptbedürfnisse", aber weder ein klassisches Wohnzimmer noch ein RiesenTV gehören für mich zu einem erstrebenswerten Wohnambiente.
Ich kann mir allerdings sehr gut ein "Musikzimmer" oder auch eine "Bibliothek", vorzugsweise mit Kaminofen, vorstellen, gerne auch beides kombiniert.
Was ich allerdings niemals in solchen "Gemeinschaftsräumen" haben möchte, ist ein PC-Arbeitsplatz. Dafür möchte ich immer ein eigenes Arbeitszimmer haben, denn wenn ich mich an den Computer setze, dann möchte ich dabei auch meine Ruhe haben.

Dieses Arbeitszimmer ist ja auch so ein Ding, wo Menschen unterschiedliche Prioritäten haben, aber ein vollständig ausgestatteter Arbeitsplatz mit vernünftigem Bildschirm, guter Tastatur und komfortabler Maus ist für mich ein absolutes Muss. So gerne ich grundsätzlich im Bett rumschlunze und dort lese, fernsehgucke und esse - Computerarbeit am Laptop im Bett (oder Sofa, egal) finde ich schrecklich. Dazu gehört auch Bloggen und eben überhaupt alles, wozu ich Daten in den Computer eingeben muss. Ich hasse die Tastatur am Laptop und auch das Tablet nutze ich im Wesentlichen nur zum Lesen im Internet, zum Tippen brauche ich eine richtige Tastatur, alles andere ist maximal ein Notfallbehelf.
Früher hatte ich einen normalen Stand-PC und damit war auch der Arbeitsplatz festgelegt.
Dann kauften wir das Haus hier auf Borkum und ich begann, mir ein zweites "Zuhause" einzurichten. Natürlich brauchte ich auch hier meinen PC, so entschied ich mich also für die "Schlepptop"-Variante, so konnte ich meinen PC mit den darauf gespeicherten Daten hin und her transportieren, aber ich merkte schnell, dass ich mindestens eine externe Tastatur und vor allem eine echte Maus brauchte. Weder Touchpad noch "Mausknubbel" sind Dinger, die ich gerne benutze und wenn ich auf der Laptop-Tastatur schreibe, komme ich ständig ungewollt an das Touchpad oder den Mausknubbel und dann schreibe ich plötzlich an ganz anderen Stellen im Text weiter, weil ich unbemerkt den Cursor verschoben habe, das ist alles nix, was meiner Laune zuträglich ist, ich rege mich regelmäßig auf, wenn ich an einem "nackichten" Notebook arbeiten soll.

Mittlerweile besitze ich den fünften Laptop, die Dinger werden immer leichter und immer leistungsfähiger, aber das Tastaturproblem habe ich immer noch, außerdem sind meine Augen inzwischen deutlich schlechter geworden, so dass ich heute auch einen großen Bildschirm wirklich zu schätzen weiß und aus all den Gründen brauche ich immer noch einen richtigen Arbeitsplatz, wenn ich irgendetwas am PC arbeiten möchte.
Jetzt zu Corona-Homeoffice-Zeiten kam mir das sehr entgegen, denn weil ich auch zuhause ein "bequemes" Arbeiten schon immer wichtig fand (und ich denselben Laptop für Büro und privat besitze/benutze), hatte ich schon immer top ausgerüstete Home-Office-Arbeitsplätze, und das sogar an beiden "Home-Standorten". Ich habe also nicht nur im Büro, sondern auch in beiden Zuhauses eine Dockingstation, an der das sonstige Equipment bereits angeschlossen ist, ich brauche nur noch meinen Laptop in die Dockingstation zu klinken, den Strom anzuschalten und schwups - geht der große Bildschirm an, sind die Tastatur und die Maus verbunden und alles andere, was man sonst noch so ab und zu an den PC anschließt (DVD-Laufwerk, sonstige Ladekabel, Drucker, Scanner usw.) ebenfalls.

Was mir besonders gut gefällt, ist, dass mein Westfalenmann in all diesen Punkten fast die gleichen Ansichten/Einstellungen hat wie ich, wir haben ohne Absprache oft dieselben Vorlieben und Abneigungen und damit auch eine sehr ähnliche Erwartungshaltung.
Eigentlich habe ich es ja nicht so mit Menschen, ich kann also sehr gut ohne. Ohne "gesellige Zusammenkünfte", ohne Veranstaltungen, überhaupt kann ich sehr gut leben, ohne andere Menschen treffen zu müssen, ich habe sozusagen keinerlei sozialen Bedürfnisse - solange ich nicht alleine bin :-).
Der einzige Mensch, den ich wirklich brauche zum Wohlfühlen, ist mein Westfalenmann, den hätte ich dafür am liebsten 24/7 um mich herum. Ich muss dabei gar nichts mit ihm zusammen machen, oder ständig mit ihm reden oder so, das Leben fühlt sich einfach nur besser an, wenn er irgendwie in der Nähe ist. Und das Beste ist, ihm geht es genauso.

Dabei halten wir uns beide für sehr selbstständige und unabhängige Menschen. Ich mich ja sowieso, ich kann schließlich immer alles alleine, mein Westfalenmann braucht wenigstens noch jemanden, der die Waschmaschine bedient.
Aber ich denke wirklich, wir sind jeder einzeln ziemlich selbstständig und ich glaube auch nicht, dass wir auf andere wie eines dieser "Zwitterpärchen" wirken, trotzdem finden wir es beide schöner, wenn der jeweils andere irgendwo in der Nähe ist und Dinge, die man problemlos nebeneinander oder gemeinsam tun kann, die machen wir dann auch zu zweit.
- Wir teilen uns ein Arbeitszimmer, sozusagen Großraumbüro inhouse. Es hat natürlich jeder seinen eigenen Arbeitsplatz, aber eben beide in einem Raum, obwohl wir genug Zimmer hätten, dass jeder seinen eigenen Raum nutzen könnte,
- Wir schlafen immer in einem Bett, und wenn es in einem Hotelzimmer nur zwei getrennte Betten gibt, die sich nicht zusammenschieben lassen, dann wird die Nacht eng und etwas unbequem, aber getrennt schlafen erscheint uns noch ungemütlicher
- Wir haben auch nur eine gemeinsame Bettdecke, dafür aber jeder ein eigenes Kopfkissen (immerhin)
- Wir benutzen beide dasselbe Waschbecken, obwohl im Bad zwei Waschbecken direkt nebeneinander sind, aber das eine staubt zu, während wir uns vor dem anderen immer drängeln,
- Es hat zwar jeder seine eigene Zahnbürste, aber nur als Aufsteckding so einer elektrischen Basis und bei der Zahnpasta teilen wir uns schon wieder eine Tube
- Wir gucken fast immer dasselbe Fernsehprogramm. Ich glaube, in den 12 Jahren, die wir jetzt schon in einem Haushalt leben, kam es vielleicht zweimal vor, dass wir unterschiedliche Programme gucken wollten, was ja grundsätzlich überhaupt kein Problem ist, da wir ja in jedem Haus auch (mindestens) zwei Fernseher haben, aber wir nutzen diese "Freiheit" nicht.
- Wir haben unsere aktive Arbeitszeit so "getimed", dass wir beide nahezu zeitgleich in Rente gehen werden, er macht länger und ich höre eher auf, weil keiner von uns Lust hat, alleine zuhause rumzusitzen
- Wir haben dieselbe HandyPin und ja
- Wir haben auch beide die Funktion "wo ist" aktiviert, einfach weil wir es praktisch finden

Insgesamt ergibt sich daraus ganz unbestritten eine sehr große Nähe, aber trotzdem habe ich das noch nicht einmal als Enge empfunden oder mich gar bedrängt gefühlt. Und genau deshalb habe ich noch nicht einmal das Gefühl gehabt, ich bräuchte jetzt mal "Zeit für mich", ein Gefühl, was sich bei mir sehr schnell einstellt, wenn ich länger mit anderen Menschen zusammen bin.

Das liegt aber auch sicher daran, dass ich ja trotz der großen Nähe immer noch ganz viele Dinge "für mich" habe. Dinge, die ich niemals teilen oder abgeben würde, auch nicht mit meinem Westfalenmann, sondern mit überhaupt gar niemanden, weil sie für mich essentieller Bestandteil einer eigenen Identität sind, sind zB
- Meine E-Mail-Adresse
- Mein Name
- Mein PC
- Mein Konto
- Mein Handy
- Mein Auto
- Mein Fahrrad
- Meine Kleidung
- Mein Schmusetuch

Ich glaube, diese Liste ließe sich noch endlos fortsetzen, denn um diesen Drang "ich kann alles alleine" leben zu können, brauche ich natürlich auf viele Dinge grundsätzlich einen unmittelbaren Zugriff, um jederzeit sicher zu sein, dass ich ab sofort und stand by eben wirklich alles ganz alleine entscheiden und bewegen könnte und dass ich zu keinem Zeitpunkt von der Zustimmung eines anderen abhängig bin. Solange das sichergestellt ist (und das ist bei mir seit langem sichergestellt), fühle ich mich eben auch insgesamt komplett unabhängig und frei, und wenn ich dann "Zeit für mich" brauche, ist es mir am allerliebsten, mein Westfalenmann ist dabei. Und wenn er mich je verlässt, dann nimmt er mich mit, hat er mir versprochen
.
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