anjesagt

Anjesagtes, Appjefahr'nes und manchmal auch Ausjedachtes
Sonntag, 19. Juni 2016
Humor ist, wenn man nicht lacht
Mir ist aufgefallen, dass es verschiedene Menschen gibt, die halten sich selber für ausgesprochen humorvoll und sind stolz darauf, dass sie für ihr ansteckendes Lachen bekannt sind, weil sie allgemein auch als fröhlicher Mensch gelten.
Ich finde mit solchen Leuten aber oft irgendwie so gar keinen gemeinsamen Draht.
Für meinen Geschmack ist ihr Humor einfach nicht witzig, sondern eher öde, langweilig und im Grunde überflüssig, was dazu führt, dass ich entweder gar nichts mehr sage, wenn solche Menschen in der Nähe sind oder ausgesprochen aggressiv reagiere und ihre humorigen Sprüche komplett wörtlich nehme, um damit zu beweisen, was sie für einen Unsinn reden.

Deshalb habe ich darüber nachgedacht, wie ich Humor definieren würde und weshalb es da so deutliche Unterschiede gibt.
Meine Freundin habe ich gefragt, ob sie mich für einen humorvollen Menschen hält und wo der Unterschied zu anderen humorvollen Menschen ist, die ich so gar nicht humorvoll finde.
Ihre Antwort war: Es gibt einen großen Unterschied zwischen fröhlich und lustig.
Darauf habe ich dann weiter rumgedacht und festgestellt, dass mein Humor vor allem daraus besteht, einfach nur die Wahrheit zu sagen. Ich mag es, die Realität direkt auf den Punkt gebracht in einem Satz zusammenzufassen.
Interessanterweise machen das nämlich nur sehr wenige Leute. Üblicherweise redet man in höflichen Floskeln umeinanderherum und geht davon aus, dass jeder weiß, was man eigentlich sagen möchte. Das wird erst dann ziemlich abstrus, wenn man diese Floskeln wörtlich nimmt oder beginnt zu hinterfragen. Und im Rahmen dieser Floskelsprache gibt es dann anerkannte Witze, die aus noch weiter verfloskelten Andeutungen oder Zweideutigkeiten bestehen, die werden dann in die sowieso schon verfloskelte Unterhaltung eingebaut, alle lachen fröhlich und finden sich unglaublich humorvoll. Und ich langweile mich dabei.

Mein Humor kann nichts anfangen mit dummen Sprüchen, die jeder kennt und immer wieder wiederholt. Ganz schrecklich finde ich Menschen, die krampfhaft spaßig jede noch so normale Situation mit einem blöden Spruch humorig aufpeppen wollen.
Ich finde Sachen lustig, wenn man sie einfach so beschreibt wie sie sind. Großmeister in dieser Sorte Humor war Loriot. Der war nie fröhlich, aber immer zum Schreien witzig.
Ich glaube, Menschen, die ständig lachen, sind vielleicht fröhlich, aber sie sind nicht witzig.
Ich dagegen lache gar nicht so viel, finde dafür aber ungemein viele Situationen sehr lustig.
Und nachdem ich da so gründlich drüber nachgedacht habe, stelle ich fest, dass ich sehr zufrieden damit bin, dass ich nicht fröhlich bin. Ich glaube, dann würde ich mich ja mit mir selber ständig langweilen
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... ¿hierzu was sagen?

 
Viele Leute verwechseln Humor mit dummen Sprüchen.
Ich habe so einen Kollegen, der mir damit entsetzlich auf die Nerven geht. Beispiele:

Ich komme erst um 11h ins Büro, weil ich vorher einen auswärtigen Termin hatte. Kommentar des Kollegen: "Na, nicht früh genug aus dem Bett gefunden?"

Ich erzähle beim Mittagessen, dass ein Kunde neulich seinen Sohn zum Beratungsgespräch mitgebracht hat und dass ich ganz erstaunt war, wie schnell aus einem Kind ein richtig attraktiver junger Mann geworden ist. Kommentar des Kollegen: "Und jetzt hoffst du, der steht auf erfahrene Frauen?"

Ich habe einen kurzen Rock und ein enganliegendes Oberteil an. Kollege: "Na, heute auf Männerfang?"

Ich reiche eine umlaufende Fachzeitschrift erst mit einer Woche Verspätung weiter, weil ich viele Termine hatte und nicht zum Lesen gekommen war. Kollege: "Komm gib's zu, du liest das doch sowieso nicht, sieht aber wichtig aus, wenn man so lange dafür braucht."

Kollege leiht mir "seinen" Beamer, den ich für eine auswärtige Präsentation brauche. Kommentar beim Einladen ins Auto: "Dann fahr bloß vorsichtig, ich brauche den auch nächste Woche."

So geht es in einer Tour und jedesmal wenn ich aufbegehre und ihn darauf ansprechen, wie er das gemeint hat, guckt er mich fassungslos an und sagt: "Was ist denn mit deinem Humor passiert? Kannst du keinen Spaß mehr verstehen?"

... ¿noch mehr sagen?  

 
Ich habe festgestellt, dass mein Humor ganz oft darin besteht, Dinge zu sagen, die dadurch witzig sind, dass ich sie wirklich so meinen könnte, und es am allerlustigsten ist, wenn ich Leute finde, die mir das auch tatsächlich abnehmen bzw. wenn man sich gemeinsam vorstellt, was wäre, wenn es stimmte.

Die Beispiele, die Sie hier angeführt haben, bestehen alle darin, dass jemand etwas sagt, was er ganz offensichtlich eben nicht so meint. Ich glaube, ich hätte Ihrem Kollegen schon sehr schnell sehr deutlich und sehr präzise gesagt, was ich davon halte!
Denn das ist genau die Sorte Humor, die sich mir nicht erschließt. Warum sage ich etwas, was ich gar nicht meine und wieso soll das auch noch witzig sein? Und wieso ist es witzig, jemanden "zum Spaß" anzugreifen? Ich finde das eher enorm kindisch und für Erwachsene einfach nur noch langweilig.
Klar, Kinder prügeln sich auch schon mal zum Spaß, die schubsen sich, toben rum und lassen einfach die Sau raus, aber warum soll ich mir genau dieses eine Kinderspiel als großen Spaß aufheben und alle anderen Dinge dann nicht mehr tun? Dann möchte der fröhliche Kollegen vielleicht auch gerne mal eine Runde Nachlaufen spielen oder Verstecken? Vielleicht auch alle gemeinsam "der Plumpsack geht um" ? Weil wir uns doch unsere kindliche Art und den vielen Spaß nicht nehmen lassen wollen? - Ne, sorry, wenn jemand humortechnisch auf der Stufe von 12jährigen steckengeblieben ist, gehe ich auch sofort davon aus, dass die sonstige intellektuelle Entwicklung ebenfalls nicht sehr viel weiter gediehen ist. Und dann finde ich das alles nicht lustig, sondern eher bemitleidenswert traurig.