anjesagt

Anjesagtes, Appjefahr'nes und manchmal auch Ausjedachtes
Sonntag, 28. November 2021
Womit Firmen Kohle machen
Als ich mir gestern in der Apotheke meinen digitalen Impfnachweis ausstellen ließ, fragte ich den Menschen auch, ob ich bei ihm auch ein leeres, gelbes Impfbuch bekommen könne. Ich hatte nämlich extra vorher gegoogelt und laut Internet kann man so etwas in einer Apotheke bekommen.
Diese Apotheke vertreibt aber keine leeren Impfbücher, weil da so viel Missbrauch mit getrieben wird, erklärte mir der Apothekenmensch. Wenn ich ihm allerdings ein Impfbuch gäbe, dann wäre er berechtigt, meine Impfung dort einzutragen.
Ich finde das eine sehr seltsame Erklärung.

J, der in Berlin in einer Apotheke arbeitet, sagte mir, dass er mir das digitale Impfzertifikat auch hätte besorgen können, dafür bekommen die Apotheken nämlich Geld, und weil es ja ein digitales Impfzertifikat ist, wird es auch digital beantragt - und das geht ohne persönliches Erscheinen. Daran hatte ich gar nicht gedacht, dabei hätte es mir klar sein müssen, dass ausgerechnet die Apotheken dicke Gewinnler der ganzen Bundesmittelverteilung sind. Neben den Maskenvertrieblern natürlich. In dem Zusammenhang fragte ich ihn nach einem leeren Impfausweis und jetzt bekomme ich von ihm ein Impfbuch zu Weihnachten, ist es nicht schön?

Außerdem habe ich heute für eine Freundin eine Steuererklärung fertiggestellt und in dem Zusammenhang diverse Unterlagen nachgefordert. Für sie sind Buchhaltung und Geldverwaltung extrem lästige, unangenehme Beschäftigungen, denen sie in aller Regel versucht, so weit es geht aus dem Weg zu gehen, entweder durch Prokrastinieren, gerne aber auch durch Ignorieren, was allerdings so Dinge wie Steuererklärungen angeht, funktioniert das eher schlecht.

Meine Freundin ist mit dieser Vogel-Strauß-Mentalität in Bezug auf die Ordnung in ihren Finanzangelegenheit beileibe nicht die Einzige, im Gegenteil, nach einer nicht repräsentativen Datenerhebung in meinem Mandanten- und Bekanntenumfeld schätze ich die Spezies der Nichtkümmerer locker auf über 70% aller Menschen, die sich in einer ähnlich entspannten Einkommenssituation befinden.

Man kommt gut mit seinem Geld aus und leidet keine Not, was soll man sich also drum kümmern?
Grundsätzlich habe ich sehr viel Verständnis für diese Einstellung, wenn ich aber hinsehe und feststelle, wer davon profitiert, dass sich niemand kümmert, dann finde ich es nicht mehr so uneingeschränkt akzeptabel, denn es führt zu einer seltsamen Geldumverteilung.

Weil Spenden in 2020 auch ohne Spendenbescheinigung abzugsfähig sind, habe ich sie gebeten, doch bitte alle Kontoauszüge aus 2020 genau durchzusehen und mir alle Spendenüberweisungen mitzuteilen bzw. mir die entsprechenden Kontoauszüge zu schicken. Als Ergebnis dieser gründlichen Untersuchungen fanden sich nicht nur zwei Spenden, die bisher nicht erfasst waren, sondern auch diverse Abbuchungen für die skurrilsten Mitgliedschaften.

Eine einmal erteilte Bankeinzugsvollmacht gilt bis auf Widerruf. Und viele Abos, oft ursprünglich nur mal als Schnupperabo für eine kurze Zeit abgeschlossen und anschließend nie ernsthaft wahrgenommen, verlängern sich ohne Kündigung Jahr um Jahr. Mich fasziniert regelmäßig, wie viele Leute solche Leichen in ihren Abbuchungen auf dem Konto haben. Da es zu meinem Beruf gehört, andererleuts Kontoauszüge durchzusehen, kann ich hier eindeutig bestätigen, dass es schon fast "normal" ist, dass Leute sich gegen Abbuchungen auf dem Konto nicht wehren bzw. sich nicht darum kümmern, bestehende Abos und Mitgliedschaften zu kündigen.

Was ich daran ärgerlich finde, ist die fehlende gewollte Zweckbestimmung. Ich habe ja nichts dagegen, dass Leute ihr Geld verplempern und für Dinge ausgeben, die mir im Traum nicht einfallen würden, das darf natürlich jeder halten wie er will, aber keiner würde freiwillig 600€ im Jahr für eine Mitgliedschaft in einem Fitness-Studio ausgeben, das er nicht benutzt, wenn er über die Zweckbestimmung dieses Betrages jedes Jahr aktiv neu entscheiden müsste. Wenn die 600€ schon ausgegeben werden sollen, wäre dann ein wohltätiger Zweck nicht deutlich sinnvoller?

Das ließe sich sehr schnell ändern, wenn die automatische Verlängerung von Abos und Mitgliedschaften abgeschafft würde und jeder jedes Jahr sich neu und aktiv entschieden müsste, weiter mitzumachen.
Es würde ja schon reichen, wenn die Firmen, die von solchen Dauerabos profitieren, gezwungen wären, ihren Kunden jedes Jahr aktiv mitzuteilen, dass sich ihr Vertrag grade wieder um ein Jahr verlängert. Über die Änderungen der AGBs müssen die Firmen ja auch aktiv informieren, bei mir trudeln grade massenweise E-Mails von G-Mail, YouTube, Dropbox, Ebay und vielen anderen Firmen ein, und ich bin sehr fasziniert, wo ich mich überall mal angemeldet habe.
Das sind zum Glück alles kostenlose accounts und ich zahle maximal mit meinen Daten, wenn das aber auch für kostenpflichtige Verträge gelten würde, die die Menschen dann aufgeschreckt kündigen könnten, würde das wohl zu einer dicken Pleitewelle von Verlagen, Fitnesscentern und Vereinen führen, und das scheint die Politik nicht zu wollen.

Schade eigentlich
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