Montag, 22. Juni 2020
Wenn einer geht
anje, 01:14h
So eifrig ich gestern durch den Tag gewuselt bin, so nichtstuerisch habe ich den Tag heute begangen, im Durchschnitt sind damit beide Tage im angemessenen Bereich.
Die Schwester zog nicht nur um, sie zog vor allem aus und das machte den Umzug deutlich komplizierter als Umzüge von Natur aus sonst schon sind.
Sie hat sich nach über als 20 Jahren Ehe von ihrem Mann getrennt, der mit dem jüngsten Kind und unserer Mutter in dem gemeinsamen Riesenhaus zurückbleibt.
Ich habe so etwas Ähnliches ja schon vor 12 Jahren gemacht, nur habe ich damals einen Mann verlassen, der mich so geliebt hat wie ich war und nicht das fiktive Leben mit mir, das für ihn noch für immer so hätte weiterlaufen können.
CW war ernsthaft ge- und betroffen, als ich ihm damals erklärte, dass ich künftig lieber ohne ihn leben möchte, aber grade weil er mich auch wirklich gut kannte, wusste er, dass ich nicht gehe, weil ich einen anderen habe oder weil ich ihn nicht mehr liebe (beides Gründe, die man sehr gut hätte nach vorne schieben können und die auch beide eine gewisse Berechtigung gehabt hätten), sondern weil es einfach Materialermüdung war, die mich irgendwann so mürbe gemacht hat, dass ich das gemeinsame Leben in der Form nicht mehr ertragen konnte.
Es lag nicht an CW, es lag daran, dass ich viele Jahre ein Leben geführt habe, für das dann irgendwann einfach die Zeit vorbei war. Mir wurde klar, dass sich an meinem Leben nichts Grundlegendes mehr ändern wird, wenn ich mit CW weiterlebe, dass ich aber im Laufe der Zeit auch immer stärker das Gefühl bekommen habe, das kann nicht alles gewesen sein, es muss noch mehr als alles geben.
Das Leben mit CW war sicherlich kein schlechtes Leben, ganz im Gegenteil, ich habe immer alles bekommen, was ich haben wollte und CW hätte immer alles für mich getan, wenn ich darum gebeten hätte, aber es war auch gleichzeitig ein Vorzeigeleben. Wir waren schillernde Paradiesvögel, die überall auffielen und auf die sicherlich auch viele Leute neidisch waren.
Für CW war es das Leben, in dem er sich am wohlsten fühlte, das war genau auf ihn zugeschnitten und ich war die perfekte Frau an seiner Seite, weil ich nicht nur seine Spleens ertrug, sondern auch überall immer wieder alles ausbügelte, glattzog und für Ordnung sorgte, wo er mal wieder den Bogen überspannt hatte.
Und CW hat mich dafür geliebt, dass ich all das konnte, was er nicht konnte, was er aber niemals nach außen zugegeben hätte. Wir waren ein ziemlich gutes Team.
Bis unsere Zeit abgelaufen war, weil es mir plötzlich nicht mehr reichte, dass ich alles hatte. Ich musste deshalb gehen und suchen, ob es draußen in der Welt nicht noch ein anderes Leben für mich gibt, eines, das mir mehr als alles bietet.
Als ich damals auszog, nahm ich nicht nur mein eigenes Leben mit, ich nahm CW vor allem auch unser gemeinsames Leben weg, und das war für ihn wirklich schrecklich, denn er hatte unser gemeinsames Leben ja bis zum Schluss gemocht.
Aber er ließ mich nicht nur gehen, er konnte es sogar verstehen, denn auch das ist Teil von echter Liebe. Nicht nur sein eigenes, kleines Ego in den Mittelpunkt aller Gefühle zu stellen, sondern den tiefen Wunsch zu spüren, dass es dem, den man wirklich liebt, so gut geht wie nur möglich.
Das war CW, dafür habe ich ihn geliebt und dafür habe ich ihn auch immer respektiert.
Verglichen mit meiner Schwester habe ich bei meinem Trennungsauszug sicherlich den einfacheren Teil erwischt, denn von allen Männern zum Verlassen war CW einer der allerangenehmsten.
Ich weiß also, wie kompliziert Umzüge sind, die auch gleichzeitig Auszüge sind, man sortiert einen Haushalt auseinander, der nachher auf beiden Seiten unvollständig ist, mit jedem Teil, das man zurücklässt verabschiedet man sich von seinem alten Leben, was in Summe dann doch eine Menge Abschiede sind, gleichzeitig weiß man bei jedem Teil, das man mitnimmt, dass man dem anderen damit ein weiteres Stück seiner Erinnerungen raubt, es ist ein insgesamt ungemein schmerzhafter Prozess.
Meine Schwester muss sowohl bei ihrem Auszug als auch bei ihrer Trennung mit viel mehr Problemen und Widerständen kämpfen als das für mich auch nur im Ansatz ein Thema war, weshalb ich es gestern doppelt wichtig fand, dass wenigstens ein Teil ihrer Familie verlässlich da ist, denn genau das ist es doch, wofür man Familie braucht, nicht nur um oppulente Familienfeste mit tollen Fotos zum Vorzeigen zu produzieren, finde ich
.
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Die Schwester zog nicht nur um, sie zog vor allem aus und das machte den Umzug deutlich komplizierter als Umzüge von Natur aus sonst schon sind.
Sie hat sich nach über als 20 Jahren Ehe von ihrem Mann getrennt, der mit dem jüngsten Kind und unserer Mutter in dem gemeinsamen Riesenhaus zurückbleibt.
Ich habe so etwas Ähnliches ja schon vor 12 Jahren gemacht, nur habe ich damals einen Mann verlassen, der mich so geliebt hat wie ich war und nicht das fiktive Leben mit mir, das für ihn noch für immer so hätte weiterlaufen können.
CW war ernsthaft ge- und betroffen, als ich ihm damals erklärte, dass ich künftig lieber ohne ihn leben möchte, aber grade weil er mich auch wirklich gut kannte, wusste er, dass ich nicht gehe, weil ich einen anderen habe oder weil ich ihn nicht mehr liebe (beides Gründe, die man sehr gut hätte nach vorne schieben können und die auch beide eine gewisse Berechtigung gehabt hätten), sondern weil es einfach Materialermüdung war, die mich irgendwann so mürbe gemacht hat, dass ich das gemeinsame Leben in der Form nicht mehr ertragen konnte.
Es lag nicht an CW, es lag daran, dass ich viele Jahre ein Leben geführt habe, für das dann irgendwann einfach die Zeit vorbei war. Mir wurde klar, dass sich an meinem Leben nichts Grundlegendes mehr ändern wird, wenn ich mit CW weiterlebe, dass ich aber im Laufe der Zeit auch immer stärker das Gefühl bekommen habe, das kann nicht alles gewesen sein, es muss noch mehr als alles geben.
Das Leben mit CW war sicherlich kein schlechtes Leben, ganz im Gegenteil, ich habe immer alles bekommen, was ich haben wollte und CW hätte immer alles für mich getan, wenn ich darum gebeten hätte, aber es war auch gleichzeitig ein Vorzeigeleben. Wir waren schillernde Paradiesvögel, die überall auffielen und auf die sicherlich auch viele Leute neidisch waren.
Für CW war es das Leben, in dem er sich am wohlsten fühlte, das war genau auf ihn zugeschnitten und ich war die perfekte Frau an seiner Seite, weil ich nicht nur seine Spleens ertrug, sondern auch überall immer wieder alles ausbügelte, glattzog und für Ordnung sorgte, wo er mal wieder den Bogen überspannt hatte.
Und CW hat mich dafür geliebt, dass ich all das konnte, was er nicht konnte, was er aber niemals nach außen zugegeben hätte. Wir waren ein ziemlich gutes Team.
Bis unsere Zeit abgelaufen war, weil es mir plötzlich nicht mehr reichte, dass ich alles hatte. Ich musste deshalb gehen und suchen, ob es draußen in der Welt nicht noch ein anderes Leben für mich gibt, eines, das mir mehr als alles bietet.
Als ich damals auszog, nahm ich nicht nur mein eigenes Leben mit, ich nahm CW vor allem auch unser gemeinsames Leben weg, und das war für ihn wirklich schrecklich, denn er hatte unser gemeinsames Leben ja bis zum Schluss gemocht.
Aber er ließ mich nicht nur gehen, er konnte es sogar verstehen, denn auch das ist Teil von echter Liebe. Nicht nur sein eigenes, kleines Ego in den Mittelpunkt aller Gefühle zu stellen, sondern den tiefen Wunsch zu spüren, dass es dem, den man wirklich liebt, so gut geht wie nur möglich.
Das war CW, dafür habe ich ihn geliebt und dafür habe ich ihn auch immer respektiert.
Verglichen mit meiner Schwester habe ich bei meinem Trennungsauszug sicherlich den einfacheren Teil erwischt, denn von allen Männern zum Verlassen war CW einer der allerangenehmsten.
Ich weiß also, wie kompliziert Umzüge sind, die auch gleichzeitig Auszüge sind, man sortiert einen Haushalt auseinander, der nachher auf beiden Seiten unvollständig ist, mit jedem Teil, das man zurücklässt verabschiedet man sich von seinem alten Leben, was in Summe dann doch eine Menge Abschiede sind, gleichzeitig weiß man bei jedem Teil, das man mitnimmt, dass man dem anderen damit ein weiteres Stück seiner Erinnerungen raubt, es ist ein insgesamt ungemein schmerzhafter Prozess.
Meine Schwester muss sowohl bei ihrem Auszug als auch bei ihrer Trennung mit viel mehr Problemen und Widerständen kämpfen als das für mich auch nur im Ansatz ein Thema war, weshalb ich es gestern doppelt wichtig fand, dass wenigstens ein Teil ihrer Familie verlässlich da ist, denn genau das ist es doch, wofür man Familie braucht, nicht nur um oppulente Familienfeste mit tollen Fotos zum Vorzeigen zu produzieren, finde ich
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