anjesagt

Anjesagtes, Appjefahr'nes und manchmal auch Ausjedachtes
Freitag, 19. Juni 2020
Messengerdienste, Lookism und Gabionen
Ich denke, die meisten Familien mit etwas größeren Kindern haben einen Familienchat, die klassische Zusammensetzung ist dann Mutter, Vater und die entsprechende Menge an Kindern, so etwas haben wir natürlich auch, sogar auf drei verschiedenen Plattformen, das hat sich nach und nach so ergeben. Weil der leibliche Vater der Kinder tot ist, haben alle ganz selbstverständlich meinen Westfalenmann als Ersatz adoptiert, so dass wir einen Familienchat mit fünf Personen haben, wie eine ganz normale Familie. Für mich ist das die einzige Chatgruppe, an der ich überhaupt teilnehme, was hauptsächlich daran liegt, dass ich kein sehr aktives Sozialleben unterhalte.

Bei uns hat sich Telegram als Hauptkanal durchgesetzt, weil sich iMessage nur auf dem Mac, nicht aber auf einem WindowsPC synchronisiert und WhatsApp sich eigentlich gar nirgendwo vernünftig synchronisiert.
Die Synchronisation mit dem Rechner finde ich schon ziemlich wichtig, da ich es viel bequemer finde, auf einer richtigen Tastatur vor einem richtigen Bildschirm zu schreiben, als so klein und mickerig auf einer Smartphoneoberfläche rumdöckeln zu müssen, wenn ich gleichzeitig sowieso den großen Rechner an habe.
Außerdem finde ich es lästig, bestimmte Dinge nur auf einem Gerät erledigen zu können, weshalb ich einfach gar nicht verstehe, wieso WhatsApp überhaupt noch von irgendjemandem genutzt wird, weil es wirklich von allen Chatprogrammen, die ich kenne, das ist, was am schlechtesten funktioniert und am unkomfortabelsten ist. Bei mir funktioniert es noch nicht mal auf dem Handy vernünftig und das liegt nicht daran, dass ich irgendwelche Meldungen nicht erlaube, nein, es schickt mir regelmäßig einfach von sich aus keine Push-Nachricht, wenn mir jemand was geschrieben hat. Weshalb nicht, weiß ich nicht, die Push-Nachrichten fehlen ja auch nur manchmal, nicht immer.

Mich ärgert das dann sehr, wenn mir Leute über WhatsApp Termine schicken oder Aufträge oder Nachfragen und ich das teilweise erst mit fünf Tagen Verspätung mitbekomme, was schlicht daran liegt, dass ich ja nicht ständig nachschauen gehe, ob mir bei WhatsApp jemand was geschrieben hat, wenn ich nicht damit rechne, dass mir da überhaupt jemand etwas schreibt. Menschen, mit denen ich häufiger zu tun habe, die habe ich mittlerweile überwiegend zu Telegram umgeleitet, aber alle fremden Leute, die meine HandyNummer haben, benutzen interessanterweise immer als erstes WhatsApp, wenn sie mir eine Nachricht schreiben wollen, was mich regelmäßig erstaunt. Ich benutze bei fremden Leuten nur dann WhatsApp, wenn sie wirklich gar keinen anderen Messenger installiert haben, wobei ich zugebe, dass ich auch niemanden kenne, der WhatsApp NICHT installiert hat, vielleicht ist das das eigentliche Geheimnis dahinter.

Ich selber habe viele Messenger-Apps installiert,

erstens, weil man ja nur durch Ausprobieren herausfinden kann, wie gut oder schlecht eine einzelne App funktioniert und zweitens, weil man nur dadurch, dass man die App installiert und sich dort anmeldet dem Dienst überhaupt eine Chance gibt, bekannt und benutzt zu werden. Wenn ich in irgendeiner Art und Weise dazu beitragen kann, dass WhatsApp stückchenweise an Bedeutung verliert, dann nur dadurch, dass ich allen anderen Apps wenigstens eine Chance gebe.

Einer der Menschen in meinem Umfeld, die ich noch nicht auf einen anderen Nachrichtenmessenger umleiten konnte, ist der Onkel, der kann nämlich nur WhatsApp. Er nennt das übrigens hartnäckig SMS und begreift nicht, wo überhaupt die Unterschiede sind, aber bei "seiner SMS-App" hat er verstanden, wie er sie bedienen muss, deshalb lasse ich ihm sein WhatsApp-SMS, eine Umerziehung wäre schlicht zu kompliziert. Er kann übrigens auch keine E-Mail, was teilweise zu skurrilen Situationen führt, wenn ich E-Mails, die an ihn gerichtet sind, ausdrucke, einscanne und ihm dann per WhatsApp weiterleite. Ich habe der Einfachheit halber sein E-Mail-Konto auch bei mir installiert, weil ich es irgendwann satt war, dass ich jedesmal vorbeikommen musste, wenn da "wieder so eine Zahl an dem blauen Knopf" stand.

Unser Familienchat läuft mittlerweile schwerpunktmäßig über Telgram, in die Familien-WhatsAppGruppe hat vor vier Jahren das letzte Mal jemand was reingeschrieben und die Familien-iMessage-Gruppe haben J und ich den beiden "Mac-Kindern" mühsam abgewöhnt.

Insgesamt ist Telegram also mittlerweile mein Standard-Messenger und just vor ein paar Tagen habe ich eine neue praktische Eigenschaft entdeckt, nämlich den Chat "Gespeichertes". Das ist gar kein echter Chat, eigentlich nur ein Chat mit mir selber, der eine reine Speicherfunktion darstellt. Dorthin kann ich also alles schicken, was ich mir merken will, Links z.B. oder Texte, ich kann dort aber auch Dokumente hochladen und sie dann irgendwann auf einem anderen Gerät wieder runterladen. Wie eine normale Dropbox-Funktion, nur ohne Mengenbegrenzung, ich habe zumindest noch keine entdeckt.
Finde ich sehr praktisch, vor allem weil ich Telegram generell sehr angenehm zu bedienen und übersichtlich finde.
Ich begann also Links an diesen Telegram-Chat "Gespeichertes" zu schicken und nicht mehr in Pocket zu speichern, was ich bisher immer gemacht habe, aber irgendwie gefällt mir dieser Telegram-Speicher jetzt deutlich besser.

Heute morgen las ich dann den aktuellen Eintrag von Herrn Fischer, der die Wörter "Lookism" und "Gabionen" verwendete - und ich erinnerte mich, dass ich beide Wörter schon mehrfach verzweifelt versucht habe, zu finden, weil ich sie zwar kenne, mir aber einfach nicht merken kann, wie sie heißen. Wörter zu finden, von denen man grade nicht weiß, wie sie heißen, ist eine ganz blöde Sache, es sucht sich so kompliziert und ich hasse es.
Und weil er mir zufällig grade zwei dieser Wörter auf einen Schlag servierte, dachte ich, es ist eine gute Idee, wenn ich mir diese beiden Wörter mal fix in meinen "Gespeichertes" Chat schicke, dann kommen sie mir nicht mehr weg.

Aber irgendwie habe ich den falschen Knopf erwischt und habe beide Wörter durch Zufall in den Familienchat gepostet. - Das war jetzt ein langer Anlauf, um zu erklären, dass und weshalb ich heute die Wörter "Lookism" und "Gabionen" in unseren Familienchat postete, aber immerhin habe ich gleichzeitig ein wenig gegen WhatsApp gerantet.
Was ich aber eigentlich erzählen wollte, war, dass sich dadurch plötzlich eine interessante Diskussion über Lookism ergab und ich in diesem Zusammenhanng feststellte, dass ich Lookism in der Grundbedeutung, nämlich dass man Menschen aufgrund ihres optisch sichtbaren Äußeren in bestimmte "Schubladen" vorsortiert, völlig normal finde und auch nichts Verkehrtes dabei sehe. Ich betreibe Lookism dabei meist in der positiven Form: Wenn ich einen Menschen treffe, der mir optisch enorm gut gefällt, (nicht, weil er hübsch ist, sondern weil er durch Kleidung, Körperhaltung, Mimik und Ausstrahlung eben genau den Typ Mensch darstellt, der mir sympathisch ist), dann gebe ich bei solchen Menschen viel leichter meine ansonsten standardmäßig sehr große Distanz und Zurückhaltung auf und begegne solchen Menschen einfach etwas aufgeschlossener.
Was genau ist daran verkehrt?
Ich reagiere natürlich auf Optik, auf was denn sonst, wenn ich einen Menschen ansonsten noch gar nicht kenne?
Aber auch unter solchen optisch sympathischen Leuten gibt es dann Menschen, die sich trotzdem als echte Widerlinge entpuppen, dann ist es nur mein Problem, dass ich denen gegenüber zunächst spontan zu freundlich war. Kann passieren.

Überhaupt finde ich "Vorurteile" nicht grundsätzlich falsch und verdammenswert, meine Vorurteile habe ich mir aus Erfahrungswerten der Vergangenheit gebildet und sie helfen mir, eine Ersteinschätzung eines Menschen mit besserer Wahrscheinlichkeit passend hinzubekommen. Ich vergleiche meine Vorurteile gerne mit "Chartanalyse" im Finanzgeschäft. Aus den Zahlen der Vergangenheit versucht man auf die Entwicklung der Zukunft zu schießen - ist das nicht ein sinnvoller Ansatz für eine Prognose?
Natürlich kann ich damit gewaltig danebenliegen, das wird sich zeigen, wenn ich weiter mit diesem Menschen zu tun habe, aber ich muss doch irgendwo anfangen. Ich mag meine Vorurteile deshalb, weil sie mir helfen, eine grobe Vorsortierung der Menschen vorzunehmen und mir Signale liefern, wann ich vielleicht mal nicht ganz so vorsichtig auf einen anderen Menschen zugehen sollte, wie ich es sonst eigentlich immer tue - und das im übrigen auch für vollkommen normal halte, weil ich wirklich nichts Verwerfliches daran erkennen kann.

Die Gabionen als zweites Wort passen übrigens perfekt zu diesem Thema, denn ich bin der festen Überzeugung, dass Leute, die ihren Garten mit Gabionen abgrenzen, keine Menschen sind, die ich sympathisch finden kann, sorry.

Aber wie bei fast allem im Leben, gibt es sicherlich auch dafür zwei Sichtweisen, wie es die hintereinander aufploppenden Nachrichten auf meinem Handy heute auch auf das Sinnfältigste vorführten:


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