anjesagt

Anjesagtes, Appjefahr'nes und manchmal auch Ausjedachtes
Freitag, 26. August 2016
Hamsterliste
Der Krisenplan der Bundesregierung ging ja nun schon ausreichend als Hamsterplan durch die Medien, ich fand dabei die konkrete Notfallvorratsvorbereitungseinkaufsliste am interessantesten, und habe mir die einzelnen Positionen mal ganz genau angesehen:
Geht los mit dem Brot: 1kg Vollkornbrot, 1kg Knäckebrot und 400g Zwieback.

Wow, 1kg Knäckebrot - das sind vier Pakete , die reichen bei mir locker für zwei Jahre. Ich hoffe, solange dauert die Not dann doch nicht. Dagegen Vollkornbrot, wie lange hält sich das denn überhaupt wenn man es nicht verbraucht? In welchem Tempo muss ich die Bestandteile der Liste überhaupt wegen Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatum erneuern?
Nicht auf der Liste steht dafür Mehl und Trockenhefe. Wahrscheinlich weil man im Notfall davon ausgeht, dass kein Backofen mehr funktioniert.
In einem krassen Mengen-Missverhältnis dazu stehen die Posten für Nudeln und Reis. Nur 1 Pfund Nudeln und ein halbes Pfund Reis, wie lächerlich. Wieder derselbe Grund, wir kochen nicht? Aber Nudeln und Reis kann ich auch auf dem Lagerfeuer kochen und wenn ich ein Pfund kochen kann, dann kann ich doch auch mehr kochen, oder? Finde ich alles sehr seltsam. Denn als nächstes findet sich ein Kilo Kartoffeln auf der Liste.
Hallo? Für den Notfall bunkern und dann ein Kilo Kartoffeln (Haltbarkeit????), aber nur ein Pfund Nudeln und nur ein halbes Pfund Reis? Ich meine, meinem Speisenplan entspricht das sehr, ich ziehe Kartoffeln jederzeit jeder Nudel oder Reis vor, aber für den Notfall finde ich es entsetzlich unlogisch. Ich soll nur Knäckebrot und Vollkornbrot futtern (dabei halten sich Hamburgerbrötchen noch viel länger, habe ich schon ausprobiert), aber für den Mittagstisch soll es dann doch wieder aufwendiger sein und nicht einfach nur Nudeln mit Ketchup geben, sondern echte deutsche Küche, mit Kartoffeln, Gemüse und irgendwas? Tja, Pech Kinder, Ketchup steht übrigens gar nicht auf der Liste, dafür ist ein geheimer Teil des Notfallplans wahrscheinlich auch eine Extremübung "wie ernähre ich mich richtig".

Lustig finde ich auch die große Menge an Haferflocken, 750g. - Wozu um alles in der Welt braucht man mehr Haferflocken als Nudeln? Und wie soll ich die zubereiten? Mit einem Teil der Riesenwasservorräte, als Porridge? Damit dann doch wieder ein stilechtes Notfallambiente aufkommt?
Dass man eine ausreichende Menge an Gemüse in Dosen oder Gläsern vorrätig haben soll, kann ich verstehen, irgendwie lächerlich finde ich es aber, dass hier die konkreten Gemüsesorten mit konkreten Mengenangaben vorgegeben werden. Wenn die Bevölkerung schon als so dämlich betrachtet wird, dass sie nicht in der Lage ist, aus einem allgemein gehaltenen Ratschlag wie zB "10-12 verschiedene Gemüsedosen, insgesamt ca. 5kg" selbstständig zu entscheiden, was sie da kaufen, dann sollte man auch berücksichtigen, dass jetzt bestimmt viele Leute ganz große Probleme haben, weil sie im Zweifel nicht die passenden Dosen finden. Pilze in Dosen, 400g steht da zum Beispiel. Aber welche Pilze und welches Gewicht? Dosenfüllgewicht oder Abtropfgewicht? Und 400g gibt es wahrscheinlich gar nicht, sondern nur sowas krummes, wie 320g oder 475g. Das gibt Probleme, ich sag das voraus.
Ach, außerdem stehen da auch rote Beete auf der Liste, auch 400g - die will ich nicht, ich hasse rote Beete. Vielleicht sollten wir jetzt schon mal Tauschlisten im Internet anlegen. "Tausche meine rote Beete gegen irgendein anderes Gemüse" - jetzt, wo das Internet noch läuft, ist das doch eine gute Idee, oder?
Außer Gemüse in Dosen soll man natürlich auch Obst in Dosen bunkern, hier würde ich dann gerne die Birnen tauschen. Ich hätte ja am liebsten Mango, aber die stehen gar nicht auf der Liste. Sowas. Muss ich da jetzt schon auf dem Schwarzmarkt gucken, oder macht der Schwarzmarkt erst im Notfall auf? Aber vielleicht sind ja jetzt die Preise noch nicht so verdorben und ich könnte meine Birnen 1:1 gegen Mangos tauschen, von mir aus auch gegen eine etwas kleinere Dose? Antizyklisch kaufen kennt doch jeder, muss doch auch für Schwarzmarkt gelten, oder?

Bei Frischobst ist man dann plötzlich in der Lage den Verbraucherbürger ganz eigenverantwortlich laufen zu lassen, einfach nur 1 Kilo und dann Apfel, Birne, Banane, Orange roh als Beispiel darunter, damit man auch weiß, welches Frischobst für den Notfall vorzuhalten ist. Man beachte aber: Bei Äpfeln wird zwar nicht die Einzel-, doch aber die Gesamtmenge (610g) erwähnt. Da sollte man dann doch schon fein säuberlich wiegen gehen.

Bei Getränken steht nur 28l Wasser pro Person sowie 250g Kaffee, 125g Tee und 200ml Zitronensaft.
Wer auch immer diese Liste zusammengestellt hat, viel Ahnung vom echten Leben hat der bestimmt nicht. Keine Cola, kein Eistee, kein Bulldingsirgendwas, ja sacht mal Leute, habt ihr nicht daran gedacht, dass im Notfall auch Kinder versorgt werden müssen? Ich glaube, ich bunker genau solche Getränke und verdiene mir dann eine goldene Nase auf dem mit 1000%iger Sicherheit boomenden Schwarzmarkt.

Dann weiter: 3l H-Milch, ja meinetwegen - und 700g Hartkäse.
Hartkäse? Versteh ich das richtig? Nix Gouda oder so, sondern eher Parmesan? Ich glaube, ich habe da wieder was zu tauschen…..

Schließlich soll man noch Fisch, Fleisch und Eier, 2,1 kg insgesamt bevorraten und natürlich auch in Dosen - außer die Eier.
Die Frage nach der Haltbarkeit hatte ich ja schon und mit welcher Umschlagshäufigkeit solche Notfallvorräte ersetzt werden müssen, muss ich also nicht wiederholen, ich grinse einfach nur leise vor mich hin und warte auf die nächsten Politikerauftritte, wenn jetzt alle Bürger brav ihre Notfallvorräte horten. Genug faule Eier zum Werfen werden sie so ja wohl problemlos züchten können.

Als allerletztes stehen Fette und Öle auf der Liste - und wenn ich mir die Menge Brot anschaue, dann finde ich ein halbes Pfund Streichfett jetzt echt nicht viel.
Vier Pakete Knäckebrot und 1 Kilo Vollkornbrot und dafür insgesamt nur ein Paket Butter? Also, das finde ich jetzt knauserig, ob man da nachverhandeln kann?

Zusammenfassung: Ich habe dann mal unsere Vorräte überprüft, festgestellt, dass mir ein paar ganz wesentliche Dinge fehlen, wie zB die roten Beete, die Dosenbirnen und das Corned Beef (btw: gibt es eigentlich auch eine Liste für Vegetarier oder Veganer? Oder müssen die zusehen, wie sie überleben, die brauchen keinen bundesregierlichen Rat?), aber ansonsten sieht das ganz gut aus in meinem Vorratskeller. Außer die Wassermengen, die könnte ich in dieser Größenordnung nur als Rotwein anbieten, aber da war doch was mit Wein und Wasser und Not, oder? Wird also schon alles gut gehen
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Herrlisch! Heeeerlisch!
Sehr lustiger Schwank. Die Notfallempfehlungen, die ungefähr herumlagen seit Stalin vor der Tür stand, hat man jetzt mal neu aufgelegt. Ich hoffe im Sinne des Hausfriedens, die haben Eierlikör und Weizenbier ins Portfeuille genommen? Irgendwo kann man das natürlich seriös nachlesen, da werden solche Ausdrücke wie Bundeslebensmittelschlüssel relevanter als man es je erträumt hat.

Für meine Freunde die Prepper ist das alles kalter Kaffee. Wenn einer, der es drauf hat, es ganz sehr zurückhaltend kalkuliert, mit sagen wir 5 Liter Trinkwasser für jede Person pro Tag (je nachdem, wo man lebt, nutzt man Trinkwasser für absolut alles, bei dem man an Wasser denkt), also je nachdem, ergibt sich ein Minimalvorrat an Wasser von um die 7500 Liter Minimum für ein Jährchen notdürftiges Überleben eines cleveren Preppers mit Familie. Siebeneinhalb Tonnen Wasservorrat. Pro Kleinfamilie nacktes Leben. Nur ein Jahr. Es schämt sich jede anständige Hartweizennudel, dass sie in dem Zusammenhang überhaupt als Argument beansprucht wird. :-) Herr, wenn es sein soll, mach, dass uns ein anständiger Komet auf den Kopf fällt. Und zwar presto!

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Die Notfallliste, die ich oben verlinkt habe, ist schon die offizielle Liste des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft. Eierlikör und Weizenbier ist da leider genauso wenig drauf, wie irgendwelche andere geistigen Getränken, für psychische Notlagen in Krisensituationen scheinen die in diesem Ministerium nicht zuständig zu sein.
Aber ansonsten unterstützen sie dort die Bevölkerung mit großem Engagement und technisch hochentwickelten Softwarelösungen. So gibt es auf dieser Seite zB auch einen Vorratskalkulator, denn die Liste, die sie dort veröffentlichen, die ist ja nur für eine Person und zwei Wochen ausgelegt. Aber wieviel soll man bloß bevorraten, wenn man drei Personen und vier Wochen versorgen will? Eben, schweres Problem, aber dafür gibt es dann extra diesen Vorratskalkulator, da kann man dann eingeben: 3 Personen und 28 Tage zB und auf "berechnen" klicken - dann wird einem die Liste sofort mit den richtigen Mengen angezeigt. Dann braucht man nämlich nicht nur 1kg Knäckebrot sondern 6kg. Das ist doch toll, dass das Bundesministerium den Bürger so einen Service anbietet und sie nicht mühsam alleine rechnen lässt, oder? Ich bin sicher, die Softwarefirma, die diese komplexe Aufgabe programmiert hat, wurde über eine europaweite Ausschreibung gefunden.