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Montag, 8. Juli 2019
Minimalismus ist nur was für ungechillte Menschen
anje, 01:32h
Gestern auf der Bloggerlesung hat Herr Buddenbohm eine Geschichte über die sich im Laufe der Zeit geänderten Persönlichkeitsansprüche der Menschen vorgelesen und wie so typisch für Herrn Buddenbohm, hat er in seiner Geschichte sehr genau die Besonderheiten der Menschen erkannt und wunderbar beschrieben.
Zusammengefasst hat er gesagt, dass "Coolness" früher das größte Ideal der Jugendlichen war. Jeder wollte cool sein und hat sich sehr viel Mühe gegeben, maximal cool rüber zu kommen.
Das interessiert heute keinen mehr. Heute ist es dafür wichtig, dass man gechillt bleibt. Kein cooles Styling mehr, sondern "chill mal, Alta".
Mir persönlich liegt das tatsächlich sehr viel näher als die Coolnessansprüche meiner eigenen Jugend. Vielleicht bin ich einfach nur 40 Jahre zu früh geboren, aber dieses gewaltige Gewese, nur um gegenüber anderen irgendwie passend (optisch oder mental gestyled) darzustehen, das war noch nie meins.
"Chill mal" finde ich eine sehr überzeugende Ansage, allerdings beinhaltet sie natürlich auch die Aussage, dass man durchaus bereit ist, die Verantwortung für das eigene Nichtbefolgen von vermeintlich gesellschaftlich wichtigen "dasgehörtsichso" Regeln zu tragen. Wenn die Gesellschaft noch nicht bereit dafür ist, dass alle chillen, muss man im Zweifel damit leben, dass man sich dann eben außerhalb der Gesellschaft selbst verwirklicht. Das ist für die jetzige Generation ein großer Vorteil, da ist man als notorischer Chiller längst nicht so einsam.
Und während ich heute noch so darüber nachdachte, dass ich Chillen als eine ausgesprochen sympathische Lebensform erachte, habe ich, (chillig bis 14h im Bett liegend und iPad lesend) das heutige Blink geöffnet.
Blinkist ist auch so eine neue Idiotenapp für den (hoffentlich bald überkommenen) Coolnessanspruch meiner Generation: anstatt mühevoll lange Bücher selber zu lesen, liest man nur eine Ultrakurzzusammenfassung in eben dieser Blinkist App und kann anschließend cool damit protzen, über was man alles Bescheid weiß.
Ich habe diese App vor ca. drei Wochen installiert, weil ich einfach neugierig war, was wirklich dahinter steckt, denn ich bin von der Werbung für diese blöde App bestimmt schon seit einem halben Jahr dauerhaft und gefühlt überall verfolgt worden.
Wenn man Geld dafür bezahlt, kann man von ca. 3000 Bücher die Kurzzusammenfassung lesen, wenn man die Umsonstversion nutzt (und natürlich reicht mir das, um meine Neugier zu befriedigen und mir eine Meinung zu bilden), kann man jeden Tag die Zusammenfassung eines Buchs als kostenloses Blink des Tages lesen.
Das habe ich jetzt von ca. 6 Büchern gemacht (natürlich immer nur am Wochenende, wenn ich Zeit hatte, ausgiebig auf dem iPad rumzulesen, denn wenn man an dem jeweiligen Tag sein Blink des Tages nicht liest, dann ist es am nächsten Tag nicht mehr verfügbar, zumindest nicht kostenlos.) und ich fand so ziemlich jedes Buch, das mir da vorgestellt wurde, reichlich überflüssig. Ich weiß natürlich nicht, ob das an Blink oder an dem jeweiligen Buch lag, aber wenn die Blinkleute nur so nichtssagende Blabla-Bücher aussuchen, für ihre Zusammenfassungen, dann ist die App genauso sinnlos, als wenn es an den Zusammenfassungen läge, die aus interessanten Büchern belangloses Zeug machen.
Das heutige Blink ging über Minimalismus und wie man es schafft, minimalistisch zu leben.
Schon während ich den Text las, hatte ich ständig das Gefühl zu sagen "Mensch, chill mal", denn außer dem als "richtig" unterstellten Wunsch des Menschen, er möchte mehr Ordnung in sein Leben bringen, gibt es keinen Grund für Minimalismus - und wieso ist Ordnung so richtig oder wichtig bzw. wieso muss ich erst alles wegwerfen, um Ordnung zu schaffen oder zu halten?
Das ist doch wirklich nur was für Leute, die nicht richtig gechillt sind.
Mich regte schon die Hetze und die als Selbstverständlichkeit unterstellte Schnelllebigkeit auf, die in diesem Buch die Basisprämisse bildete: Alles, was du ein Jahr lang nicht benutzt hast, brauchst du nicht. WTF??? Ein Jahr??? Wie kommen die denn auf dieses schmale Brett dieser lächerlichen Kurzfristigkeit? Und das in Zeiten der Nachhaltigkeit, das ist doch echt eine Frechheit.
Mir fiel sofort dieser dänische Toaster ein. Ich habe jetzt seit elf Jahren keinen dänischen Toaster mehr benutzt und ich habe ihn auch nicht vermisst - aber ich freue mich einfach, jetzt wieder einen zu haben und ihn benutzen zu können, wenn mir danach ist. Wenn ich ihn jetzt die nächsten elf Jahre wieder nicht benutzen werde, dann schadet das doch nicht, denn im Unterschied zu den letzten elf Jahren ohne Toaster habe ich künftig immerhin zusätzlich die Option, ihn jederzeit benutzen zu können, wenn ich wollte und allein das freut mich. Alles, was es dafür braucht, ist genug Platz, um all den Krempel lagern zu können, den man ganz eventuell und vielleicht mal irgendwann benutzen möchte.
Wenn ich dieser seltsamen Minimalistentheorie folge, dann wird das Leben besser, wenn ich mich jeder Option beraube.
Die Auswahl zu haben, auch mal was anders zu machen als Standard, scheint Stress zu bedeuten.
Ich denke, wer richtig chillt, entscheidet selber, wovon er sich stressen lässt.
Und ein Jahr Nichtbenutzung ist ganz sicher kein ausreichender Zeitraum, um etwas grundsätzlich auszusortieren.
Dabei sortiere ich schrecklich gerne aus und schmeiße weg, aber in aller Regel mitten aus dem vollen Leben: Das habe ich jetzt lange genug benutzt, jetzt reicht es, jetzt kommt es weg. DAS ist eine Begründung, die kann ich sofort verstehen, aber nur, weil ich nicht dazu gekommen bin, Dinge zu benutzen, die mir ansonsten grundsätzlich gut gefallen, ne, wirklich, das finde ich einen völlig blödsinnigen Grund für eine Aussortieraktion
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Zusammengefasst hat er gesagt, dass "Coolness" früher das größte Ideal der Jugendlichen war. Jeder wollte cool sein und hat sich sehr viel Mühe gegeben, maximal cool rüber zu kommen.
Das interessiert heute keinen mehr. Heute ist es dafür wichtig, dass man gechillt bleibt. Kein cooles Styling mehr, sondern "chill mal, Alta".
Mir persönlich liegt das tatsächlich sehr viel näher als die Coolnessansprüche meiner eigenen Jugend. Vielleicht bin ich einfach nur 40 Jahre zu früh geboren, aber dieses gewaltige Gewese, nur um gegenüber anderen irgendwie passend (optisch oder mental gestyled) darzustehen, das war noch nie meins.
"Chill mal" finde ich eine sehr überzeugende Ansage, allerdings beinhaltet sie natürlich auch die Aussage, dass man durchaus bereit ist, die Verantwortung für das eigene Nichtbefolgen von vermeintlich gesellschaftlich wichtigen "dasgehörtsichso" Regeln zu tragen. Wenn die Gesellschaft noch nicht bereit dafür ist, dass alle chillen, muss man im Zweifel damit leben, dass man sich dann eben außerhalb der Gesellschaft selbst verwirklicht. Das ist für die jetzige Generation ein großer Vorteil, da ist man als notorischer Chiller längst nicht so einsam.
Und während ich heute noch so darüber nachdachte, dass ich Chillen als eine ausgesprochen sympathische Lebensform erachte, habe ich, (chillig bis 14h im Bett liegend und iPad lesend) das heutige Blink geöffnet.
Blinkist ist auch so eine neue Idiotenapp für den (hoffentlich bald überkommenen) Coolnessanspruch meiner Generation: anstatt mühevoll lange Bücher selber zu lesen, liest man nur eine Ultrakurzzusammenfassung in eben dieser Blinkist App und kann anschließend cool damit protzen, über was man alles Bescheid weiß.
Ich habe diese App vor ca. drei Wochen installiert, weil ich einfach neugierig war, was wirklich dahinter steckt, denn ich bin von der Werbung für diese blöde App bestimmt schon seit einem halben Jahr dauerhaft und gefühlt überall verfolgt worden.
Wenn man Geld dafür bezahlt, kann man von ca. 3000 Bücher die Kurzzusammenfassung lesen, wenn man die Umsonstversion nutzt (und natürlich reicht mir das, um meine Neugier zu befriedigen und mir eine Meinung zu bilden), kann man jeden Tag die Zusammenfassung eines Buchs als kostenloses Blink des Tages lesen.
Das habe ich jetzt von ca. 6 Büchern gemacht (natürlich immer nur am Wochenende, wenn ich Zeit hatte, ausgiebig auf dem iPad rumzulesen, denn wenn man an dem jeweiligen Tag sein Blink des Tages nicht liest, dann ist es am nächsten Tag nicht mehr verfügbar, zumindest nicht kostenlos.) und ich fand so ziemlich jedes Buch, das mir da vorgestellt wurde, reichlich überflüssig. Ich weiß natürlich nicht, ob das an Blink oder an dem jeweiligen Buch lag, aber wenn die Blinkleute nur so nichtssagende Blabla-Bücher aussuchen, für ihre Zusammenfassungen, dann ist die App genauso sinnlos, als wenn es an den Zusammenfassungen läge, die aus interessanten Büchern belangloses Zeug machen.
Das heutige Blink ging über Minimalismus und wie man es schafft, minimalistisch zu leben.
Schon während ich den Text las, hatte ich ständig das Gefühl zu sagen "Mensch, chill mal", denn außer dem als "richtig" unterstellten Wunsch des Menschen, er möchte mehr Ordnung in sein Leben bringen, gibt es keinen Grund für Minimalismus - und wieso ist Ordnung so richtig oder wichtig bzw. wieso muss ich erst alles wegwerfen, um Ordnung zu schaffen oder zu halten?
Das ist doch wirklich nur was für Leute, die nicht richtig gechillt sind.
Mich regte schon die Hetze und die als Selbstverständlichkeit unterstellte Schnelllebigkeit auf, die in diesem Buch die Basisprämisse bildete: Alles, was du ein Jahr lang nicht benutzt hast, brauchst du nicht. WTF??? Ein Jahr??? Wie kommen die denn auf dieses schmale Brett dieser lächerlichen Kurzfristigkeit? Und das in Zeiten der Nachhaltigkeit, das ist doch echt eine Frechheit.
Mir fiel sofort dieser dänische Toaster ein. Ich habe jetzt seit elf Jahren keinen dänischen Toaster mehr benutzt und ich habe ihn auch nicht vermisst - aber ich freue mich einfach, jetzt wieder einen zu haben und ihn benutzen zu können, wenn mir danach ist. Wenn ich ihn jetzt die nächsten elf Jahre wieder nicht benutzen werde, dann schadet das doch nicht, denn im Unterschied zu den letzten elf Jahren ohne Toaster habe ich künftig immerhin zusätzlich die Option, ihn jederzeit benutzen zu können, wenn ich wollte und allein das freut mich. Alles, was es dafür braucht, ist genug Platz, um all den Krempel lagern zu können, den man ganz eventuell und vielleicht mal irgendwann benutzen möchte.
Wenn ich dieser seltsamen Minimalistentheorie folge, dann wird das Leben besser, wenn ich mich jeder Option beraube.
Die Auswahl zu haben, auch mal was anders zu machen als Standard, scheint Stress zu bedeuten.
Ich denke, wer richtig chillt, entscheidet selber, wovon er sich stressen lässt.
Und ein Jahr Nichtbenutzung ist ganz sicher kein ausreichender Zeitraum, um etwas grundsätzlich auszusortieren.
Dabei sortiere ich schrecklich gerne aus und schmeiße weg, aber in aller Regel mitten aus dem vollen Leben: Das habe ich jetzt lange genug benutzt, jetzt reicht es, jetzt kommt es weg. DAS ist eine Begründung, die kann ich sofort verstehen, aber nur, weil ich nicht dazu gekommen bin, Dinge zu benutzen, die mir ansonsten grundsätzlich gut gefallen, ne, wirklich, das finde ich einen völlig blödsinnigen Grund für eine Aussortieraktion
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