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Anjesagtes, Appjefahr'nes und manchmal auch Ausjedachtes
Sonntag, 28. Januar 2018
Vom Aufräumen des Bücherregals
So, jetzt bin ich wieder ansatzweise einsatzfähig, wenngleich ich immer noch "schwere Beine" habe, wie das wohl unter Sportlern heißt.
Denn C. hat gestern ihren Gutschein eingelöst, den sie mir zu Weihnachten geschenkt hat und der lautet: "Ich helfe Dir beim Sortieren des Bücherregals."

Als ich vor fast 10 (zehn! - ich kann selber kaum glauben wie die Zeit verfliegt, aber im Sommer sind es tatsächlich zehn Jahre), also, als ich 2008 mein altes Leben gekündigt und mein neues Leben hier in Westfalen begonnen habe, bedeutete das auch, dass ich meine Wohnfläche von ca. 500m² Loft (altes Leben) auf die normale Durchschnittsfläche eines westfälischen Reihenhauses (neues Leben) reduzieren musste.
Ich musste also gründlich aussortieren und habe deshalb nur noch die Dinge mitgenommen, von denen ich annahm, dass ich sie auch in meinem neuen Leben benutzen werde.
Ganz gewaltig gekürzt habe ich beim Bücherbestand. Da CW in dem Loft wohnen blieb und es ja immer schon schick fand, viele Bücher zu besitzen, habe ich die allermeisten Bücher und Regale einfach dort gelassen. Mitgenommen habe ich nur einige wenige, ausgewählte, einzelne Bücher, die mir persönlich etwas bedeuteten, meine Gedichtbände, ein paar Bildbände und ansonsten nur Bücher, die ich noch nicht gelesen hatte, aber grundsätzlich irgendwann gerne noch mal lesen wollte. Und drei Meter Bücherregal - alles andere blieb zurück.
Verglichen mit den ca. 20m Bücherregal (ich meine Bücherregalwandstellfläche, nicht laufende Regalfläche), die zurück blieben, war das also lächerlich wenig und ich machte mir beim Einzug nicht viel Mühe mit dem Einsortieren der Bücher. Die Gedichte waren eh in einer Kiste zusammen gepackt worden, ebenso die Bildbände - und alles andere war eher ein riesengroßer Bücherstapel "nochzulesen".
Das war 2008.

Heute sind wir fast zehn Jahre weiter und ich habe (völlig überraschend...) doch tatsächlich das eine andere Buch dazu bekommen. Einige habe ich geschenkt bekommen, viele aber (leider) auch selber gekauft. Da ich so gut wie nie in der Stadt zum Einkaufen unterwegs bin, sind Buchläden auch selten eine Gefahr für mich. Wenn ich durch irgendwelche Zufälle aber doch mal einen betrete, endet das meistens übel....
Und dann war ich die ersten Jahre auch noch in der örtlichen Bücherei angemeldet (weil das für mich eine reflexartige Selbstverständlichkeit ist, wenn ich in einer neuen Stadt wohne) und diese Bücherei machte einmal im Jahr ihren großen Sonderverkauf für aussortierte Bücher. Als geborener Schnäppchenjäger kann ich an der Kombination von "Sonderverkauf" und "Büchern" nur schlecht dran vorbei gehen.
Mittlerweile habe ich meine Mitgliedschaft in der Bücherei nicht mehr verlängert, denn ich habe inzwischen begriffen, dass man auch über 50 Jahre gewachsene Angewohnheiten tatsächlich aufgeben kann und vor allem habe ich inzwischen gelernt, dass man Bücher nicht nur besitzen, sondern auch die Zeit finden sollte, sie zu lesen und das bedeutet, dass der Zustrom an Büchern in meinen Haushalt vernünftigerweise kleiner gleich Null sein sollte, denn der mittlerweile vorhandene nochzulesen-Lesestapel reicht ungefähr bis ins Jahr 2098.
Ganz auf Null werde ich wahrscheinlich aber trotzdem nie kommen, denn selbstverständlich reagiere ich immer noch auf die Rezensionen, an denen ich gar nicht vorbeilesen kann, weil sie aufs Blogs stehen, die ich regelmäßig besuche - schwupp, muss ich schon wieder dringend genau dieses eine Buch dann auch wieder haben und online sind diese Bücher blöderweise ja immer nur zwei Klicks entfernt, aber: ich habe den Zustrom schon gewaltig gebremst.
Doch insgesamt bedeutet das, dass das vor zehn Jahren angenehm überschaubar und fast nur einreihig besetzte Bücherregal mittlerweile komplett zweireihig zugestellt ist und mit den zusätzlich in größeren Mengen quergestapelten Büchern zu einem nicht mehr kontrollierbaren Durcheinander verkommen ist.
Da ich natürlich in den letzten zehn Jahren auch das eine oder andere Buch gelesen habe (längst nicht so viele wie ich gewollte hätte, aber zum Glück dann doch eine größere Menge) vermischten sich in diesem Bücherdurcheinander inzwischen auch die nochzulesen-Bücher mit den habeichgelesen-Büchern und ich war einfach nur noch unglücklich und unzufrieden mit diesem ichfindehiergarnichtsmehr-Zustand und deshalb hat mir C. den Gutschein geschenkt, dass sie mir hilft, das Regal zu sortieren, denn alleine bin ich vor dieser Aufgabe immer wieder zurückgeschreckt.

Gestern ist sie nun extra zu diesem Zweck angereist und hat sich am Nachmittag zunächst mal auch ganz alleine ans Werk gemacht, denn vor dem Sortieren musste ja alles komplett ausgeräumt werden.

Gegen 20h war dann dieser Zustand erreicht:


C. hatte fast alle Bücher ausgeräumt und nach Kategorien grob vorsortiert im restlichen Teil des Zimmers aufgestapelt.

Das mit den Kategorien bilden ist auch so eine Schwierigkeit, die ihre wahren Probleme erst im Verlauf der Tätigkeit zeigt, denn wie sortiert man seine Bücher eigentlich am besten? Alle nach Autorennamen alphabetisch zu sortieren, ist ja Unsinn, da manche gar keinen Autor haben (Anthologien), bei anderen der Autor völlig uninteressant ist (Sachbücher) und bei wieder anderen der Inhalt selber schon als "Kategorie" gebildet werden kann (Gedichte).
Zu meinem Erstaunen habe ich festgestellt, dass ich auch größere Mengen an so "Komedianbüchern" besitze, also Dieter Nuhr, Eckhart von Hirschhausen etc., für die wir deshalb die Kategorie "Sonstige" eröffnet haben.
Außerdem habe ich dann noch alle Krimis zusammengestellt und eine Ecke im Regal für Biographien reserviert.
In meiner Familie ist das ja so ein Thema mit den Geschenken und den Wünschen. Wenn man unvorsichtigerweise sagt "Dies oder jenes finde ich gut." - dann kann es einem passieren, dass man bei der nächsten Geburtstags- oder Weihnachtsgelegenheit damit überhäuft wird. So ging es mir mit Biographien.

Naja, auf alle Fälle war es so, dass ich mich dann mit dem Bilden von sinnvollen Kategorien beschäftigt habe und mit dem Aussortieren.
Ich habe zwar schon seit langem die Angewohnheit, ein Buch, was ich beim Lesen schon gräßlich finde, sofort und ohne Mitleid in die Papiertonne zu stecken, aber trotzdem fanden sich in meinem Regal immer noch einige sehr seltsame Bücher. (*)
Und es gab auch ein paar Autoren, die habe ich inzwischen durchgelesen, fand sie auch völlig okay, weiß aber genau, dass ich sie je weder erneut werde lesen wollen, noch werde ich sie jemandem empfehlen oder gar ausleihen wollen - und die habe ich dann auch alle komplett aussortiert.
Und doppelte Bücher gab es auch, wobei mich wunderte, dass es letztlich nur fünf oder sechs doppelte Bücher waren. Bei dem Zuflussdurcheinander der letzten Jahre hätte ich mit mehr gerechnet, aber vielleicht ist mein Gedächtnis doch nicht so schlecht, wie ich manchmal meine.

Gegen 1h heute Nacht waren wir dann fertig, ziemlich k.o. aber auch sehr zufrieden.



So eine riesige Büchersortieraktion habe ich schon einmal gemacht, vor rund 13 Jahren. Damals habe ich alle Bücher in dem gemeinsamen Haushalt mit CW sortiert und wieder ins Regal gestellt, da ich die Doppelbesetzung der Regale und die immer weiter in den Himmel wachsenden, wilden Bücherstapeln neben den Regalen nicht mehr ertragen konnte und deshalb kurzerhand 10 neue Billyregale gekauft hatte, die ich dann alle im Zugangsflur zu unserem Loft nebeneinander aufbaute. Die Büchermenge, die ich damals sortiert habe, war um ein Vielfaches größer als mein vergleichsweise immer noch bescheidener Bücherbestand heute, aber deshalb wusste ich auch, was für eine ungeheure Arbeit das ist und wie k.o. man ist, wenn man stundenlang auf dem Boden hockt und Bücher sortiert.
Damals hat mir meine Mutter geholfen und wir haben die Nummer tatsächlich in einem Riesengewaltakt an einem Tag durchgezogen. Allerdings haben wir vormittags angefangen und waren dann bis weit nach Mitternacht beschäftigt. Irgendwann am späten Abend kam damals CW nach Hause und ich erwartete ein großes Lob, für unsere gigantische Arbeit - stattdessen hat er die ausgeräumten und noch leeren Regale beguckt, mit dem Finger drübergewischt und erklärt, dass wir die aber alle erst gründlich sauber machen sollten, bevor wir sie wieder einräumen.
Ich habe ihn damals nur mit offenem Mund angestarrt und konnte vor lauter Enttäuschung über diese derart unverschämte Missachtung unserer Leistung lange nichts mehr sagen.

Damit mir etwas Ähnliches nicht noch mal passiert, habe ich meinen Westfalenmann diesmal vorgewarnt, als ich ihn so gegen 1h nachts ins Wohnzimmer runterrief, damit er unser fertiges Werk bewundern solle. Da mein Westfalenmann als echter Westfale nicht grade zu enthusiastischen Emotionsausbrüchen neigt und ein "kann man nicht Meckern" schon als großes Lob ansieht, habe ich ihn sehr nachdrücklich zu einer vernünftigen Bewunderungsrede aufgefordert und ihm erklärt, dass ich den letzten Mann, der nach so einer Aktion das Falsche gesagt hätte, anschließend verlassen hätte. K. hat die Gelegenheit aber nicht ausgenutzt, sondern sich tatsächlich ausreichend lobend geäußert, wir werden also weiter zusammenbleiben und haben anschließend sogar noch ein wenig die neue Aufgeräumtheit gefeiert.

(*)Ich habe hier allerdings schwer CW in Verdacht, dem ich durchaus zutraue, dass er mir jedesmal, wenn er hier war, unbemerkt ein paar Bücher ins Regal geschmuggelt hat, weil er wahrscheinlich der Meinung war, ich müsse auch solche Bücher besitzen. Eine andere Erklärung für all diese osteuropäischen Klassiker, die ich schon immer abgelehnt habe, fällt mir nicht ein.

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