anjesagt

Anjesagtes, Appjefahr'nes und manchmal auch Ausjedachtes
Dienstag, 3. August 2021
Dies und das
Die Mutter wollte Postkarten schreiben und verschicken, weshalb die erste Aufgabe des Tages darin bestand, Postkarten und Briefmarken zu kaufen.
Ich stellte fest, dass ich überhaupt keine Ahnung habe, wo man hier auf der Insel Postkarten kaufen kann. Im Zweifel aber wahrscheinlich überall, außer da, wo ich regelmäßig einkaufen gehe, bei Lidl und im Baumarkt gibt es keine Postkarten, das verwundert aber nun auch nicht wirklich.

Wir fuhren also mit den Fahrrädern los und ich realisierte, dass eine 85jährige Frau anders Fahrrad fährt als eine 27jährige, auch wenn sie dasselbe Fahrrad benutzen, also nacheinander natürlich.

Ich bin neulich mit C irgendwo hingefahren und musste mich anstrengen, von ihr nicht abgehangen zu werden. Als ich heute mit meiner Mutter fuhr, die das Rad benutzte, mit dem vorher ihre Enkeltochter unterwegs war, war das Gesamttempo etwas langsamer, to say the least.
Es wehte aber auch immer noch ein übler Wind, der uns auf der Promenade genau entgegenblies. Wir kürzten also ab, fuhren auf der ersten möglichen Abfahrt schon wieder von der Promenade runter und dann quer durchs Dorf, weil mir einfiel, dass die Post ja umgezogen ist und dass es in dem Laden, wo die Post jetzt drin ist, bestimmt auch Postkarten gibt.
Dem war dann auch so, damit mission accomplished.

Anschließend fuhren wir zum Onkel, weil der zweite Erntefeldzug für die Zuckererbsen anstand.
Die Mutter pflückte sich auch gleich noch zwei Portionen Bohnen und war sehr glücklich damit, weil Bohnen ihr liebstes Gemüse sind, wie sie mehrfach betonte.
Mein liebstes Gemüse sind Zuckererbsen, und weil ich heute gekocht habe, gab es heute natürlich erst mal Zuckererbsen (mit gebratenen Ravioli und Pesto, sehr lecker.)

Anschließend habe ich beim Onkel noch ein wenig das Zimmer mit den 1000 Kartons ausgeräumt. Die Onkelfrau hat ein ganzes Zimmer, ca. 10m² bzw. 30m³ komplett randvoll mit Kartons zugebaut. In den Kartons ist größtenteils Wolle, aber ab und zu auch Stoffe und Bastelzeug und dazwischen, also zwischen diversen Wollknäuelen oder Stoffen entdeckt man immer mal wieder ein paar ganz besonders skurrile Einzelteile.

Heute fanden wir in einer Wollkiste zwischen 40 Knäuelen veganer Acrylwolle z.B. den Einsatz der großen Saftpresse, der viele Jahre verschwunden war, bis der Onkel einen neuen kaufte.
Jetzt hat er noch einen auf Vorrat.

Ich habe heute hauptsächlich Wollkisten durchsortiert und dann den allergrößten Teil des Inhalts, geschätzt vielleicht ca. 1000-1500 Knäuel, in die Veranda getragen, dort fotografiert und dann in der örtlichen Flohmarktgruppe zum Verschenken angeboten. Es meldete sich der Organisator eines gemeinnützigen Flohmarkts, der den Erlös aus dem Verkauf von gespendeten Dingen zum Neubau des örtlichen Tierheims verwendet, ich finde das eine prima Idee, so wird die Wolle noch einem guten Zweck zugeführt und der Onkel kriegt endlich etwas Luft in diesem Chaosraum.

An diesem Zimmer räume ich schon seit zwei Jahren rum, es ist immer noch zu mehr als zur Hälfte gefüllt, aber langsam erkennt man die Konturen des Raumes wieder.

Die völlig irre Kauf- und Sammelwut der Onkelfrau ist nicht am Ende einer unglücklichen Ehe entstanden, sondern wurde bereits in die Ehe mitgebracht, in den Kartons lagen teilweise noch Kassenbons aus den allerersten Jahren der Ehe. Insgesamt hat die Gute also fast dreißig Jahre lang nonstop Wolle, Stoffe, Bücher und Bastelzeug bestellt, gekauft und eingelagert, so viel und so ausufernd, dass sie auch in 50 Leben den Kram nie hätte verarbeiten können, ganz unabhängig davon, dass sie ja selber auch nicht mehr dran gekommen wäre.

Ich finde es immer wieder faszinierend, was es für seltsame Psychoticks gibt.

Wie auch immer, ich drücke mal die Daumen, dass die Kartons, die ich heute alle in die Veranda geschleppt habe, morgen auch wirklich abgeholt werden, ich bin da aber sehr zuversichtlich.

Am Abend habe ich dann mit der Mutter Fernsehen geschaut, es lief "Wer wird Millionär?" auf RTL und ich glaube, ich habe die Sendung tatsächlich zum allerersten Mal gesehen - und irgendetwas auf einem Privatsender sicherlich seit vielen, vielen Monaten auch zum ersten Mal wieder - und ich muss sagen, die Werbung hat mich fasziniert.

Ich sehe ja sonst so gut wie nie irgendwo Werbung. Im Öffentlich Rechtlichen kommt Werbung nur sehr dosiert vor und vor allem meist nach oder vor einer Sendung, nicht mittendrin, ich bekomme es also in der Regel gar nicht mit.

Und wo sonst könnte ich sonst noch Werbung sehen? Ich schaue so gut wie nie YouTube oder andere SM-Kanäle mit (bewegten) Bildern, ich habe einen gut funktionierenden ad blocker, ich lebe also quasi in einer werbefreien Welt, was ich grundsätzlich sehr angenehm finde, was sich aber komplett cringe anfühlt, wenn ich dann doch mal unvermutet auf Werbung treffe und heute auch noch auf die, die bei RTL läuft.
Was mich so besonders fasziniert ist die Frage, wie gruselig dämlich eigentlich die Zielgruppe sein muss, wenn sie sich von so einer entsetzlich künstlichen Werbung ansprechen lässt. Ich denke, das spricht alles nicht für die Gesellschaft.

Mit der Sendung selber konnte ich so wenig anfangen wie mit anderen Rateshows auch. Wo der Sinn darin liegt, sich völlig wahllos Faktenwissen aus so ziemlich jedem denkbaren Themengebiet auswendig in den Kopf zu kloppen und sich für klug zu halten, wenn man auf komplett uninteressante Fragen (wessen Ehefrau hat einen Koffer mit unveröffentlichten Manuskripten ihres Mannes auf einem Bahnhof in Paris verloren?) die richtige Antwort weiß, das ist ein Phänomen, was in unserer heutigen Zeit weit verbreitet ist, was ich aber einfach nicht nachvollziehen kann.

Aber zum Glück muss ich ja sonst keine Rateshows gucken
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Auch
ich habe gestern nach einer gefühlten Ewigkeit mal wieder diese Rateshow konsumiert. Ich gucke die ab und zu unter dem Wilhelm-Busch-Motto: "Dummheit, die man bei andern sieht, wirkt meist erheiternd aufs Gemüt", und erheitert und fassungslos gemacht hat mich die "Coachin" mit ihrer 50 Euro-Frage. Sonst ist es meist eine bestimmte Berufsgruppe, die durch Nichtwissen glänzt und beispielsweise die Ems in die Ostsee münden lässt...
Witzigerweise fand ich die Frage nach dem abhanden gekommenen Koffer total interessant. Die Arme! Da muss ja anschließend ganz schön was los gewesen sein im Hause Hemingway. Keine Cloud, kein Stick... (nein, ich wusste die Antwort natürlich nicht!)
Und die Werbung ist so unterirdisch, dass ich meist nicht einmal verstanden habe, was mir der Dichter damit sagen wollte.
Langt mal wieder für eine ganze Weile.

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erheitert und fassungslos gemacht hat mich die "Coachin" mit ihrer 50 Euro-Frage

Das konnte ich mir sogar sehr gut vorstellen, dass man da manchmal derart auf der Leitung steht, dass man es nicht begreift. Ich musste auch erst zwei-dreimal hingucken, bis ich die Frage verstand.

Erinnerst du dich noch an Zimmer frei und die Bilderrätsel? Ich war grundsätzlich seeeehr froh, dass ich das nicht in aller Öffentlichkeit lösen musste, bzw. mich öffentlich blamieren. Da stand ich auch regelmäßig hinter einem dicken Brett.

Die Kofferfrage fand ich grundsätzlich auch sehr interessant und amüsant, ich habe mir ebenfalls sofort vorgestellt, was da anschließend wohl bei Hemingways zu Hause losgewesen sein wird, ich begreife nur nicht, weshalb man so etwas wissen sollte, oder anders ausgedrückt, weshalb jemand aus einem Spiel fliegt, wenn er es nicht weiß.

Ich bin aber auch bekennender Nichtwisser, ich weiß ja sowieso eigentlich fast nie irgendwas, weil es zwischen meinem Kurz- und meinem Langzeitgedächtnis keine funktionierende Übergabeschnittstelle gibt.
Für kurz merke ich mir den größten Nonsense und auch immense Mengen, verlegst du aber den Abrufzeitpunkt nur um einen Tag nach hinten, muss ich alles noch mal neu lernen.
Rate mal, wer ob dieser Eigenschaft einmal im Studium grandios geflucht hat, weil der angekündigte Klausurtermin kurzfristig um eine Woche verschoben wurde.