anjesagt

Anjesagtes, Appjefahr'nes und manchmal auch Ausjedachtes
Mittwoch, 6. Oktober 2021
Navigationsgeräte
Der Chef erster Ordnung steht ganz ungemein auf E-Mobilität, deshalb haben wir diverse E-Autos in unserer (buchbaren) Firmenwagenflotte.
Die Installation des Hochhauseingangs, die wir gestern besichtigten, steht in Heiden, Heiden liegt ca. 65km westlich von Münster. Für die Fahrt quer durchs Münsterland hatte sich der Chef erster Ordnung extra den E-Golf reservieren lassen, ich war nur Beifahrer.*

Ich persönlich hasse es inzwischen, mit einem Auto fahren zu müssen, mit dem auch andere Menschen fahren, weil ich in den modernen Autos ja nicht nur meine Sitz- und Spiegelposition für mich passend einstellen muss (fand ich schon immer lästig, aber naja), sondern auch alle Voreinstellungen des Infotainmentcenters überprüfen muss, denn erfahrungsgemäß haben andere Fahrer andere Vorlieben, oder, wie es der Chef erster Ordnung ausdrückte: "Welcher Vollidiot hat das Navi denn auf kürzeste Strecke gestellt?" Das bemerkte er natürlich erst, als die Feldwege, über die wir fuhren, immer kleiner und abenteuerlicher wurden und er sich über die seltsame Streckenführung des Navis wunderte.

Ich hatte bis zu dem Zeitpunkt gar nicht bemerkt, dass er nach Navi fuhr, weil die Sprachansagen des Navis auf lautlos gestellt waren und ich deshalb nicht mitbekommen hatte, dass das Navi überhaupt aktiviert war.**

*kleine Randbemerkung: Der E-Golf zeigte bei Abfahrt eine Reichweite von 330km, 130km später, bei Rückkehr in der Bürogarage, hatten wir noch 42km Restreichweite, ich warte gespannt auf den Moment, wo sich der Chef erster Ordnung auch privat ein E-Auto kauft und dann ständig von überall abgeholt werden muss, weil sein Auto leer ist, denn dass er an seiner Fahrweise noch etwas ändert, halte ich für fast vollklommen ausgeschlossen.

**weitere Randbemerkung: In 13 Jahren Zusammenarbeit mit dem Chef erster Ordnung habe ich gelernt, dass er selten die Wege geht, die man als Durchschnittsmensch erwarten würde, weshalb ich es auch nicht ungewöhnlich fand, dass er sich auf einer Fahrt durchs Münsterland für Feldwege entschied.


Als die Straßenführung aber so abstrus wurde, dass wir beide akuten Handlungsbedarf empfanden, begann ich an den Navieinstellungen rumzudoktorn, was, in einem Auto, mit dem ich nicht so vertraut bin wie mit meinem eigenem, ganz ausdrücklich nicht zu meinen Lieblingsbeschäftigungen gehört. Hätte ich mich früher immer als technikaffin bezeichnet, so nimmt diese Affinität mit jedem neuen Gerät, jeder neuen Software, jedem neuen Update kontinuierlich ab, nicht mehr lange, und ich bin im Minusbereich.
Mich regt das ganze Gefrickel mit all diesen unterschiedlichen Geräten und den sich ständig ändernden Bedieneroberflächen, von denen ganz selten etwas wirklich intuitiv bedient werden kann (also zumindest nicht mit meiner Intuition, und das ist die, die mich interessiert), mich regt das alles immer mehr auf und ich habe immer weniger Lust, mich jedesmal wieder aufs Neue mit einer neuen Anwendung rumärgern zu müssen.

Das Navi in dem E-Golf, mit dem wir gestern unterwegs waren, war Teil eines einzigen, großen Touchdisplays, auf dem man tausenderlei Dinge ein- und verstellen konnte, alles ausschließlich per Touch. Was fehlte, war ein Knopf, an dem ich ständig intuitiv hätte drehen wollen, um die Lautstärke zu verändern, aber so einen Knopf gab es nicht mehr.

Nach 27 Versuchen, die zu 80% aus hartnäckigen Wiederholungen der immerselben Menue-Tipp-Wisch-Bedienungsabfolgen bestanden, weil ich die Erfahrung gemacht habe, dass es in den allermeisten Fällen an meinen alten Frauenfingern liegt, weshalb Touchdisplaygeräte nicht so reagieren, wie ich das erwarte, nach einer langen Zeit der Rumprobiererei gelang es mir aber schließlich, die Ansagen des Navis ein, das Gedudel des Radios aber auszuschalten.
Irgendein Vorbenutzer des Wagens hatte in irgendeiner Menueinstellung festgelegt, dass die Lautstärke von Radio- und Naviansagen nur gekoppelt funktioniert. Bis ich diese Stelle gefunden und wieder entkoppelt hatte, waren fünf Minuten und viele, nicht zitierfähige Beschimpfungen auf die Vorbenutzer des Wagens vergangen.

Aber irgendwann sprach dann das Navi wieder mit uns und sagte Dinge wie: "Im Kreisverkehr an der zweiten Ausfahrt Richtung Rosholtwick ausfahren."
Das gefiel mir wiederum sehr gut und ich bekam spontan gute Laune.

Mir gefiel das deshalb so gut, weil ich daran erkannte, dass sich zwar so gut wie alle Bedienungselemente bei einem Navi von heute im Vergleich zu meinem ersten Navi von vor über 20 Jahren geändert haben mögen, dass aber die Sprachprogrammierung der Navis im Wesentlichen unverändert blieb, denn schon damals habe ich sehr darüber gekichert, dass der Navi-Jupp*** stumpf den Text der Verkehrsschilder vorlas, wie er draußen im realen Leben auch auf den Schildern gedruckt war.
***Bei mir sind grundsätzlich alle Computerstimmen männlich. In meinem Handy wohnt ein Sirius, die Alexa von Amazon verwende ich erst, seitdem es auch hier eine männliche Stimme gibt und in Navis konnte man das schon vor über 20 Jahren auswählen.
Damals hatte ich übrigens ein Navi, bei dem ich nicht nur zwischen Mann und Frau, sondern auch aus verschiedenen regionalen (und sozialen) Herkunftsfärbungen auswählen konnte. Eine lange Zeit wurde ich von einem stark rheinischen Jupp navigiert, bis es die Stimme von Winnitouch zur Auswahl gab, die schlug natürlich alles.


Ich erinnere mich an eine Fahrt im Jahr 2002 oder 2003, als ich mit dem Auto von Mönchengladbach nach Bielefeld fuhr und unterwegs meine Freundin Barbara in Oberhausen am Bahnhof einsammeln wollte. Kurz vor der Abfahrt Oberhausen-Lirich, die laut Navi wohl die richtige Abfahrt für den vereinbarten Treffpunkt war, sagte das Navi: "Verlassen Sie die Autobahn an der nächsten Abfahrt Richtung Oblirich."

Immer, wenn ich in den nächsten Jahren auf der A2 an der Abfahrt OB-Lirich vorbeikam, musste ich sehr grinsen, weil mir wieder das Navi einfiel, das genau das sagte, was auf dem Schild stand, Oblirich halt.

Das Navi gestern sagte "Rosholtwick". Gelesen wie es auf dem Schild stand: Ros.-Holtwick, denn Holtwick ist ein Stadtteil von Rosendahl. Und Rosendahl ist genau wie Oberhausen zu lang, um auf Verkehrsschildern, die in Stadtbezirke weisen, als langer Name komplett ausgeschrieben zu werden.

Im Rahmen meiner Navi-Sentalimentäten fiel mir übrigens auch noch ein, wie aufregend die erste Navi-Fahrt über die Grenze nach Holland war und wie erleichtert ich war, dass der Navi-Jupp ganz normal weiter rheinisch sprach. Auch wenn es unwahrscheinlich war, so hatte ich doch ein ganz klein wenig befürchtet, der rheinische Jupp wechsele fließend in das noch grässlichere Limburgisch, wenn ich in Venlo über die Grenze fahre
.

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