anjesagt

Anjesagtes, Appjefahr'nes und manchmal auch Ausjedachtes
Mittwoch, 11. Juli 2018
Meine Bankgeschäfte
Das hier:

ist mein Handy.
Es steckt in einer "Bumperhülle", die sich als Schutzhülle schon mehrfach bewährt hat und auf der Rückseite zwei Schlitze hat, in die genau eine Scheck- und eine Visitenkarte reinpasst, unter der Visitenkarte steckt noch ein zusammengefalteter 50 Euroschein.
Im Notfall bin ich also nie mittellos unterwegs, denn dass ich mein Portemonnaie mal vergesse, das kann vorkommen, ohne Handy würde ich mich mittlerweile aber wohl wirklich nirgendwo mehr hinbewegen, zumindest nicht, wenn ich das Haus verlasse.

Wenn es um Geld, Bezahlen und Bankgeschäfte geht, dann kollidiert mein persönliches Sicherheits- und Datenschutz-/Anonymisierungsbedürfnis mit meinem Bequemlichkeitsbedürfnis und meine tiefsitzende Abneigung gegen vermeidbare Kosten muss auch noch beachtet werden.
Es ist also alles gar nicht so einfach, hier eine vernünftige Lösung zu finden, die allen Ansprüchen gerecht wird.

Schon wegen meiner Abneigung gegen vermeidbare Kosten führe ich alle Konten als Online-Konten, gleichzeitig kommt das aber meinem Bequemlichkeitsanspruch auch sehr entgegen, denn so habe ich meine Bank ja jederzeit in der Hosentasche und muss nirgendwo mehr extra hingehen oder mit irgendwelchen Papiersachen rumhantieren.
Neulich habe ich irgendwo gelesen, dass sich jemand darüber beschwerte, dass man heutzutage ja quasi zum onlinebanking gezwungen wird, weil die Bank sonst so hohe Gebühren nimmt.
Diese Argumentation fand ich ausgesprochen niedlich, denn es ist ja wirklich eine Unverschämtheit, wenn jemand Geld dafür verlangt, wenn man ihm extra Arbeit macht. Soll sich die Bank doch lieber freuen, dass es noch echte Kerle gibt, die noch echte Papierüberweisung in einer echt unleserlichen Sauklaue falsch ausfüllen - so haben die Bankmitarbeiter wenigstens ab und zu noch echte Herausforderungen zu bestehen und verdummen nicht vor lauter langweiliger Eintönigkeit in ihrem Job.

Onlinebanking hat aber natürlich gewisse Sicherheitsrisiken, deshalb besteht meine persönliche Sicherheitsoptimierung darin, dass ich einfach mehrere Konten habe und jedes Konto nur für ganz bestimmte "Anwendungen" benutze.
Mein "Hauptkonto" - also das Konto, über das meine laufenden Einnahmen und alle Daueraufträge und Abbuchungsermächtigungen laufen, dieses Konto benutze ich niemals zum Einkaufen, zu diesem Konto habe ich auch keine Kreditkarte, über dieses Konto laufen also nur regelmäßig wiederkehrende Ein- oder Ausgaben. Alles außerhalb der Reihe fällt damit sofort auf. Dieses Konto führe ich bei einer großen deutschen Bank mit Filialbetrieb, ich habe also theoretisch die Möglichkeit, über dieses Konto "Schaltergeschäfte" zu machen, außerdem kann ich überall problemlos Geld abheben oder einzahlen. Ich benutze diese Möglichkeit nur sehr selten, finde es aber wichtig, diese Optionen zu haben.
Für diese Konto habe ich keine Kreditkarte und auch kein Depot.

Zu meinem persönlichen Bequemlichkeitsanspruch gehört auch, dass ich Bargeld umständlich finde und viel lieber mit Karte bezahle. Kartenzahlung hat den Vorteil, dass es nicht nur viel schneller geht als Bargeldzahlungen, sondern auch immer verfügbar ist (solange die Karte nicht gesperrt ist, aber um diesem Risiko vorzubeugen habe ich ja auch noch ein paar Extrakonten "in Reserve".) und man erspart sich einfach das lästige Gehampel mit dem Bargeld. Scheine gehen vielleicht noch, aber Münzen sind ja wohl nur überflüssig, beulen die Tasche aus, sind schwer, unhygienisch und stinken. Außerdem kann man sich frisches Bargeld nicht online beschaffen, ich finde den Gang zum Geldautomaten einfach nur lästig. Und je nach dem wo der Geldautomat steht, finde ich das Thema auch durchaus sicherheitsrelevant. Ich war neulich am Bahnhof an einem Geldautomaten, als ich mir die Typen angesehen habe, die da rumlungerten war mir gar nicht wohl mit so viel Bargeld in der Tasche.
Aus all diesen Gründen zahle ich wann immer möglich mit Karte.
Da ich aber neben dem Bequemlichkeitsthema auch noch ein Anonymisierungsthema und auch ein "Fraud-Thema" habe (man weiß ja nie, wo die Daten der Karte landen, wenn man sie unbekümmert in fremde Automaten reinsteckt) habe ich für alle laufenden Einkäufe ein N26 Konto. Das fülle ich regelmäßig von meinem Hauptkonto mit einem überschaubaren Betrag auf (geht online blitzschnell) und schlage so gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe. Ich habe meine Ausgaben komplett im Blick und kann mir sogar ein monatliches Budget geben bzw. nehme die Überweisung, die notwendig ist, um die Karte wieder aufzufüllen genauso bewusst wahr wie eine Geldabhebung am Geldautomaten. Wenn das Geld auf der Karte alle ist, dann ist das wie Portemonnaie leer, das ist psychologisch ein ganz wichtiger Fakt und ein N26-Konto ist dafür ideal, weil man jederzeit sieht, wie viel Geld noch da ist. Die Menuführung ist ausgesprochen einfach und sehr übersichtlich. Und da die zum Konto gehörenden Karten schon seit langem mit NFC (kontaktlosem Bezahlen) ausgestattet sind, ist das Bezahlen mit Karte im Laden auch noch sehr schnell und komfortabel. Karte kurz an das Bezahldingens halten, wenn der Betrag kleiner ist als 25€, macht es Piep und man hat bezahlt, ansonsten muss man eine (frei gewählte) Geheimzahl eingeben und fertig.
Anfangs hatte ich Sorge, dass dieses NFC so eine große Reichweite hat, dass ich aus Versehen mit meiner Karte bezahle, nur weil ich grade in der Nähe rumstehe, obwohl der Vorgang für einen anderen Kunden gedacht ist. Diese Sorge ist allerdings technischer Unsinn, kann ich nach nun fast zwei Jahren NFC-Nutzung eindeutig bestätigen. Man muss die Karte schon wirklich auf das Bezahldingens drauf- oder sehr dicht dranlegen, sonst geht gar nichts.
Sie guckt deshalb bei meinem Handy immer etwas weiter raus, weil sie nicht funktioniert, wenn sie ganz drinsteckt.
Denn mit dieser NFC-Karte "im" Handy nutze ich meine eigene "Handypay-Technik" und bin schon mehrfach bestaunt worden, dass ich jetzt sogar schon so weit bin, dass ich mit dem Handy bezahlen kann. Kann ich aber nur, wenn die Karte auf der Rückseite weit genug rausgezogen wurde :-)

Da auf dem N26 immer nur ein für mich überschaubarer Betrag drauf ist, finde ich auch das Risiko, was durch onlinebanking und Kartenbezahlung natürlich existiert, überschaubar. Worst case bin ich halt um den Betrag geschädigt, der da grade drauf ist, könnte ich aber jeweils überleben.
Anonym genug ist mir das auch alles, denn wenn jemand alle Daten von diesem Konto klaut, dann sieht er nur, wo und für wie viel ich vor Ort einkaufe - und ich denke, damit kann ich auch grade leben. Zur Verwirrung aller potentiellen Datenklauer habe ich eine der beiden zum Konto gehörenden Karten aber J. gegeben, der damit seinerseits Einkaufen geht, wenn es um Haushaltsdinge geht, neulich wurden deshalb innerhalb von 10 Minuten zwei Einkäufe bei Lidl getätigt, einmal in Greven und einmal auf Borkum. Ich finde, das ist anonym genug :-)

Und dann habe ich noch ein paar weitere "Reservekonten" auf denen sozusagen fast nie eine Bewegung stattfindet, wo ich aber diverse Geldanlagen liegen habe. Nicht alle auf einem, wegen anonym (Spuren verwischen) und Sicherheit und die bediene ich natürlich auch alle über online Banking, aber ich denke, grade wegen der Verteilung auf viele Konten und der Trennung von Gehalts- und Einkaufskonto habe ich jeden Datendieb maximal verwirrt und wenn wirklich mal ein Konto gehackt wird, dann funktionieren die anderen trotzdem ungestört weiter und so bleibe ich nie komplett mittellos zurück.
Wenn ich mir überlege, wie unsicher Bankgeschäfte sind, die nur mit einer Unterschrift auf Papier funktionieren, dann finde ich online Banking mit Pin und TAN und Freigabe und was weiß ich noch welche Sicherheitfeatures die sich alle naselang neu ausdenken doch deutlich sicherer als jede Art der "herkömmlichen" Bankgeschäfte
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(Abgelegt in appjefahren und bisher 1030 x anjeklickt)

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Mmh. Datenklau ist auch eher ein schwarzer Schwan gegenüber dem professionellen und legalen Sammeln. (Und der Schaden eines echten Datenklaus bliebe eh nicht beim Kunden hängen.)
Bewertet, im Sinne von "huch, Lidl in zwei Städten", wird beim Datensammeln gar nichts. Da sitzt nicht Nerdy Nerdnerd und macht sich Gedanken, wer denn da in welchem hinterdeutschen Kuhdorf warum zwei Limos kauft. Damit wird erst mal gar nichts angefangen (außer der Versuch des üblichen Stalkings durch Werbung), sondern weitergesammelt. Und weitergesammelt.
Wer Sie sind, ist klar, es ist ja Ihr Handy, Ihre Karte, etc. Irgendwann wird zusammengerührt mit Datenpaketen, die Ihr Auto sammelt, die Ihr Handy über Betriebssystem und Apps auf verschiedenste Weise sammelt (einschließlich Bewegungsprofil aus mehreren Quellen), Ihrer Rabattkarten, Ihres vollständigen Einkaufsverhaltens einschließlich Sexshop, Kirchenblatt und Landserzeitung, Ihrer Krankendaten, Ihrer Vereins- und Parteiinteressen, Ihres Medienkonsums, Ihrer veröffentlichten Bilder etc., etc. etc. Übermäßig Illusionen braucht man sich da keine machen. Dieser Zug ist abgefahren gen Lalaland.

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Ja, ziemlich genauso stelle ich mir das auch vor, die einzige Frage, die für mich noch offen ist, ist die Frage nach dem "wer". Also, wer rührt die Daten zusammen und vor allem, was will er mit dem Ergebnis?
Wenn es der Staat ist, dann mache ich mir eigentlich wenig Sorgen. Also ich meine, ich für mich und meine Person. Von mir aus kann der Staat das gerne alles wissen und zusammenrühren, im Moment wundere ich mir nur immer, wie langsam die Datenvernetzung beim Staat vorangeht und was der noch alles nicht weiß. (Unser Förderalismus ist nicht grade förderlich für eine Gesamtdatenkontrolle durch den Staat.) Das sieht in China oder Russland ganz anders aus, aber da wir hier im Moment noch etwas andere Verhältnisse haben, sehe ich der big brother Überwachung durch unseren Staat recht gelassen entgegen und selbst, wenn es irgendwann funktioniert: Wo ist das Problem? Sowas wie Sozialpunkte wie in China finde ich zwar nicht lustig, aber wie will ich die durch mein eigenes, individuelles Verhalten vermeiden? Wenn ich mich ausklinke und so weit es geht anonym abtauche, bekomme ich Minuspunkte, weil ich mich genau dadurch verdächtig mache - wenn ich nicht abtauche, bekomme ich die Punkte, die zu meinem Verhalten passen. Ich glaube, um hier prophylaktisch etwas zu verhindern, muss man an ganz anderen Schrauben drehen als bei der Entscheidung, ob ich mit Bargeld bezahle oder online Banking nutze.
Nun, wenn der große Datensammler und Zusammenführer aber nicht der Staat ist, wer dann, Amazon? Google? Facebook? und ebenfalls wieder spannend: Was macht er mit den Daten? Habe ich dann einen Schaden davon? Wer hat davon einen Schaden? Mit welchen schrecklichen Folgen muss ich rechnen?
Ich habe zwar noch keine Vorstellung, welcher konkrete Schaden mir dann droht, ich sehe aber jetzt schon konkrete Schäden, wenn irgendeine dieser Datenkraken zuviel von mir weiß. Wenn mir zB nur bestimmte Informationen/Dinge/Produkte eingebelndet werden, weil ein Algorhythmus das steuert und ich es nicht mehr selber entscheiden kann. Wenn sich Preise alleine dadurch verändern, ob ich mit einem iPhone oder einem Billigphone im Netz unterwegs bin. All diese Folgen kann ich mir sehr gut vorstellen und all diesen Folgen kann ich aktuell nur dadurch entgehen, dass ich systematisch versuche, mir diverse, parallel existierende Identitäten zuzulegen. Deshalb habe ich von typischen Dingen, die einer Person zuzusortieren sind, immer mehrere. Ich habe mehrere Adressen, mehrere Autos, mehrere Konten, mehrere Computer, mehrere Konten usw. und ich nutze diese Dinge auch unterschiedlich. Ob diese Redundanz irgendetwas ändert, weiß ich nicht, aber es gibt mir das gute Gefühl, wenigstens den Versuch unternommen zu haben, mich der Allmacht der Datensammler nicht gedankenlos hingegeben zu haben.