Dienstag, 5. März 2024
Gendern und die Gründe
anje, 19:26h
Auf meinem persönlich Tagezähler steht heute eine 1 vorne, noch 199 Tage brutto, davon über die Hälfte ohne Büroanwesenheit wegen Wochenende, Urlaub und Gleittage, weil ich ja auch mein gesamtes Überstundenkonto noch in den nächsten 199 Tagen abfeiern muss.
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Die Telekom schickt einen komplett durchgegenderten Newsletter an alle Aktionär*innen, aber anstatt einheitlich stringent das Gendersternchen zu benutzen, verwenden die für den Begriff "Privatanleger" diese völlig abstruse Gerundiumsform "Privatanlegende" und bei mir im Kopf ploppt sofort das Bild eines privaten Anlegesteges an einem See auf, an dem jetzt grade jemand privat sein Boot festbindet, ein Privatanlegender an einem Privatanleger eben.
Ich muss ja bei "Studierende" schon immer innerlich kichern, weil das Wort halt eigentlich nur Menschen meint, die grade intensiv am Studieren sind, um es mal in die rheinische Verlaufsform zu übersetzen, was aber in echt ja nicht die 24/7 Beschäftigung von Menschen ist, die sich an einer Hochschule immatrikuliert haben, aber sei's drum, einen Tod muss man sterben und dann opfern wir halt die Bedeutung des Gerundiums zum Wohl der geschlechtergerechten Neutralisierung, für Mitglieder*innen der heutigen Studierendenschaft scheint das ja eine entscheidende Bedeutung zu haben und dann sei es ihnen natürlich gegönnt.
Ich habe dafür neulich folgenden Dialog mit einer Frau geführt:
Frau: Was sind Sie denn von Beruf?
Ich: Steuerberater
Frau: Sie meinen, Sie sind SteuerberaterIN?
Ich: Nein, ich bin Steuerberater. Beruflich tut mein Geschlecht nichts zur Sache, Frau bin ich nur im Privatleben.
Und dann habe ich ihr noch erklärt, dass ich meine erste Bestellungsurkunde, die mir das Finanzministerium 1992 tatsächlich in der weiblichen Fassung zuschickte, mit genau dieser Begründung zurückgeschickt und reklamiert hatte. Ich finde es nicht nur eine Unverschämtheit, sondern auch einen Verstoß gegen das Datenschutzgesetz, mein privates Geschlecht beruflich so zu exponieren. Demnächst müssen aus der Berufsbezeichnung noch die Religionszugehörigkeit und die Essvorlieben erkennbar sein. Die spinnen doch, als ob das irgendetwas an der Qualifikation ändert.
Ich rege mich üblicherweise über genderkonforme Sprache nicht auf, finde es aber höchst interessant, zu beobachten, wer sie benutzt und dann mache ich mir meine eigenen Gedanken, warum jemand diese neuartige Sprachform benutzt. Denn das passiert ja nicht zufällig wie eine Ansteckung als unbeabsichtigte Angewohnheit, wie zB die invasive Verbreitung des Powerpoint-Genaus. Wer selber aktiv gendert, der weiß, was er tut und denkt sich was dabei. Und ich wiederum finde es spannend, mir zu überlegen, was sich der jeweilige Mensch dabei denkt.
Wenn Unternehmen oder Institutionen wie zB die Telekom solche Umbenennungen vornehmen, dann hat da sicherlich die PR-Abteilung einen entscheidenden Beitrag zu geleistet und die wiederum haben ihre Zielgruppe analysiert und erhoffen sich irgendwelche positiven Effekte davon. Im Falle der Telekom kann das meiner Meinung nach nur der verzweifelte Versuch sein, sich auf diesem Weg eine neue Zielgruppe erschließen zu wollen, ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass der typische Privataktionär der Telekom Genderfan ist. Ich mag mich aber natürlich auch täuschen, ich sollte mal die zuständige Mitarbeiterin aus dem Bereich Investor Relations danach befragen, die allerdings laut Ihrer Zuständigkeitsbezeichnung (noch?) nur für Privatanleger und Hauptversammlung zuständig ist.
Bei uns im Mutterhaus ist Gendern jetzt offiziell von oben verordnet, die erhoffen sich damit Vorteile bei der Personalgewinnung. In unserer kleinen Sonderfirma (Ganz Gallien? Nein!) widersetzt sich der Chef erster Ordnung hartnäckig allen Gendereien und ändert jede Vorlage und jede Anzeige, in der Sternchen oder andere neuartige Ausdrücke verwendet werden, höchstpersönlich und selber ab. Die letzten drei Mitarbeiter*innen, die wir bei uns eingestellt haben, waren alle drei sehr erleichtert, dass sie bei uns so reden und schreiben dürfen, wie sie es früher mal gelernt haben. Ich hatte in diesen Fällen das dumpfe Gefühl, dass es für unsere Personalgewinnung eher positiv ist, dass wir nicht gendern, aber nun ja, wir haben ja auch keine HR-Abteilung mit den neuesten arbeitspsychologischen Erkenntnissen.
Wir haben dafür eine junge Mitarbeiterin, die in letzter Zeit immer öfter den Glottisschlag verwendet. Ich weiß nicht, ob sie damit nur den Chef erster Ordnung provozieren will oder ob ihr das wirklich wichtig ist, ich finde es auf alle Fälle amüsant zu beobachten, weil ihre feministische Grundhaltung ansonsten ziemlich konfus ist. So hat sie zB neulich geheiratet und von mir darauf angesprochen, wie sie jetzt heißt, sagte sie, sie hätte selbstverständlich ihren Namen behalten, da würde sich nichts ändern. Als ich daraufhin wissen wollte, weshalb sie denn überhaupt geheiratet hätte, sagte sie, es wäre halt etwas anderes, ob sie ihren Partner als "mein Freund" oder als "mein Mann" vorstellen könne.
Das verwunderte mich, denn ich habe alle meine Männer stets als "mein Mann" bezeichnet, solange sie als Mann zu meiner Familie gehörten, dafür brauche ich doch keinen Trauschein. Ich habe meinen Hund ja auch als meinen Hund bezeichnet, ohne ihn geheiratet zu haben.
Als sie mir dann noch etwas von "wenn eine Frau ihrem Mann ein Kind schenkt" erzählte, gruselte mich wirklich, denn ich mag ja bekennende Rabenmutter sein, aber meine Kinder hätte ich wirklich nie verschenkt, auch nicht an "meinen Mann".
So dreht sich denn jeder die Sprache so, wie sie ihm selber gefällt. Ich habe keine Hemmungen, das Possessivpronomen zum Mann ohne rechtliche Legitimation zu benutzen und Kinder würde ich auch nicht zum Verschenken gebären, dafür ist es mir wichtig, meine Berufsbezeichnung im generischen Maskulin zu führen und nicht auf die weibliche Version reduziert zu werden
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Die Telekom schickt einen komplett durchgegenderten Newsletter an alle Aktionär*innen, aber anstatt einheitlich stringent das Gendersternchen zu benutzen, verwenden die für den Begriff "Privatanleger" diese völlig abstruse Gerundiumsform "Privatanlegende" und bei mir im Kopf ploppt sofort das Bild eines privaten Anlegesteges an einem See auf, an dem jetzt grade jemand privat sein Boot festbindet, ein Privatanlegender an einem Privatanleger eben.
Ich muss ja bei "Studierende" schon immer innerlich kichern, weil das Wort halt eigentlich nur Menschen meint, die grade intensiv am Studieren sind, um es mal in die rheinische Verlaufsform zu übersetzen, was aber in echt ja nicht die 24/7 Beschäftigung von Menschen ist, die sich an einer Hochschule immatrikuliert haben, aber sei's drum, einen Tod muss man sterben und dann opfern wir halt die Bedeutung des Gerundiums zum Wohl der geschlechtergerechten Neutralisierung, für Mitglieder*innen der heutigen Studierendenschaft scheint das ja eine entscheidende Bedeutung zu haben und dann sei es ihnen natürlich gegönnt.
Ich habe dafür neulich folgenden Dialog mit einer Frau geführt:
Frau: Was sind Sie denn von Beruf?
Ich: Steuerberater
Frau: Sie meinen, Sie sind SteuerberaterIN?
Ich: Nein, ich bin Steuerberater. Beruflich tut mein Geschlecht nichts zur Sache, Frau bin ich nur im Privatleben.
Und dann habe ich ihr noch erklärt, dass ich meine erste Bestellungsurkunde, die mir das Finanzministerium 1992 tatsächlich in der weiblichen Fassung zuschickte, mit genau dieser Begründung zurückgeschickt und reklamiert hatte. Ich finde es nicht nur eine Unverschämtheit, sondern auch einen Verstoß gegen das Datenschutzgesetz, mein privates Geschlecht beruflich so zu exponieren. Demnächst müssen aus der Berufsbezeichnung noch die Religionszugehörigkeit und die Essvorlieben erkennbar sein. Die spinnen doch, als ob das irgendetwas an der Qualifikation ändert.
Ich rege mich üblicherweise über genderkonforme Sprache nicht auf, finde es aber höchst interessant, zu beobachten, wer sie benutzt und dann mache ich mir meine eigenen Gedanken, warum jemand diese neuartige Sprachform benutzt. Denn das passiert ja nicht zufällig wie eine Ansteckung als unbeabsichtigte Angewohnheit, wie zB die invasive Verbreitung des Powerpoint-Genaus. Wer selber aktiv gendert, der weiß, was er tut und denkt sich was dabei. Und ich wiederum finde es spannend, mir zu überlegen, was sich der jeweilige Mensch dabei denkt.
Wenn Unternehmen oder Institutionen wie zB die Telekom solche Umbenennungen vornehmen, dann hat da sicherlich die PR-Abteilung einen entscheidenden Beitrag zu geleistet und die wiederum haben ihre Zielgruppe analysiert und erhoffen sich irgendwelche positiven Effekte davon. Im Falle der Telekom kann das meiner Meinung nach nur der verzweifelte Versuch sein, sich auf diesem Weg eine neue Zielgruppe erschließen zu wollen, ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass der typische Privataktionär der Telekom Genderfan ist. Ich mag mich aber natürlich auch täuschen, ich sollte mal die zuständige Mitarbeiterin aus dem Bereich Investor Relations danach befragen, die allerdings laut Ihrer Zuständigkeitsbezeichnung (noch?) nur für Privatanleger und Hauptversammlung zuständig ist.
Bei uns im Mutterhaus ist Gendern jetzt offiziell von oben verordnet, die erhoffen sich damit Vorteile bei der Personalgewinnung. In unserer kleinen Sonderfirma (Ganz Gallien? Nein!) widersetzt sich der Chef erster Ordnung hartnäckig allen Gendereien und ändert jede Vorlage und jede Anzeige, in der Sternchen oder andere neuartige Ausdrücke verwendet werden, höchstpersönlich und selber ab. Die letzten drei Mitarbeiter*innen, die wir bei uns eingestellt haben, waren alle drei sehr erleichtert, dass sie bei uns so reden und schreiben dürfen, wie sie es früher mal gelernt haben. Ich hatte in diesen Fällen das dumpfe Gefühl, dass es für unsere Personalgewinnung eher positiv ist, dass wir nicht gendern, aber nun ja, wir haben ja auch keine HR-Abteilung mit den neuesten arbeitspsychologischen Erkenntnissen.
Wir haben dafür eine junge Mitarbeiterin, die in letzter Zeit immer öfter den Glottisschlag verwendet. Ich weiß nicht, ob sie damit nur den Chef erster Ordnung provozieren will oder ob ihr das wirklich wichtig ist, ich finde es auf alle Fälle amüsant zu beobachten, weil ihre feministische Grundhaltung ansonsten ziemlich konfus ist. So hat sie zB neulich geheiratet und von mir darauf angesprochen, wie sie jetzt heißt, sagte sie, sie hätte selbstverständlich ihren Namen behalten, da würde sich nichts ändern. Als ich daraufhin wissen wollte, weshalb sie denn überhaupt geheiratet hätte, sagte sie, es wäre halt etwas anderes, ob sie ihren Partner als "mein Freund" oder als "mein Mann" vorstellen könne.
Das verwunderte mich, denn ich habe alle meine Männer stets als "mein Mann" bezeichnet, solange sie als Mann zu meiner Familie gehörten, dafür brauche ich doch keinen Trauschein. Ich habe meinen Hund ja auch als meinen Hund bezeichnet, ohne ihn geheiratet zu haben.
Als sie mir dann noch etwas von "wenn eine Frau ihrem Mann ein Kind schenkt" erzählte, gruselte mich wirklich, denn ich mag ja bekennende Rabenmutter sein, aber meine Kinder hätte ich wirklich nie verschenkt, auch nicht an "meinen Mann".
So dreht sich denn jeder die Sprache so, wie sie ihm selber gefällt. Ich habe keine Hemmungen, das Possessivpronomen zum Mann ohne rechtliche Legitimation zu benutzen und Kinder würde ich auch nicht zum Verschenken gebären, dafür ist es mir wichtig, meine Berufsbezeichnung im generischen Maskulin zu führen und nicht auf die weibliche Version reduziert zu werden
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