Mittwoch, 6. September 2017
Ich wäre besser Vater geworden
anje, 01:35h
Als Endergebnis eines interessanten Gesprächs heute habe ich festgestellt, dass ich tatsächlich noch nie ein schlechtes Gewissen hatte, weil ich mir Sorgen gemacht hätte, eine schlechte Mutter zu sein.
Ich habe schon während der ersten Schwangerschaft gemerkt, dass ich wohl anders ticke als die meisten (werdenden) Mütter.
Im Grunde habe ich das noch viel früher gewusst, denn ich habe mit Anfang 20 schon Streitgespräche mit Müttern geführt, weil ich nie verstehen konnte, warum Mütter sich so häufig so viel Umstand und Arbeit, so viele Unbequemlichkeiten und Lästigkeiten ans Bein binden, die ihnen nicht nur keiner dankt, sondern die aus meiner Sicht in den meisten Fällen sogar kontraproduktiv sind.
Sich nächte-, wochen-, monatelang von schreienden Kleinkindern terrorisieren lassen, dabei seine eigene Gesundheit ruinieren, um am Ende komplett übermüdet mit Rückenschaden zusammenzubrechen, nur weil man alles getan hat, damit das arme Kind nicht schreit. - Ich habe das nie verstehen können. Auch weshalb man sich immer und immer wieder kleine Kriegsschauplätze mit den Kindern aufbaut, weil man sich darüber streitet, was das Kind essen soll, wie es aufräumen soll, dass es nicht zu viel seiner wertvollen Kindheitszeit mit irgend einer schädlichen Freizeittodschlagaktivität (Fernsehen, Computer) vertrödelt und dass es jetzt endlich und verdammt noch mal sorgfältig seine Hausaufgaben machen muss.
Als ich 20 war, sagten mir die Mütter: "Ach, du hast doch keine Ahnung. Krieg du erst mal selber Kinder, dann wirst du schon sehen, dass dann plötzlich alles anders ist."
Also habe ich selber Kinder bekommen - und nichts war anders. Meine ausgesprochen entspannte Einstellung zur Kinderhaltung habe ich auch genauso weiter behalten als es meine eigenen Kinder betraf.
Nur wurde mein Verhältnis zu anderen Müttern immer unentspannter. Jetzt konnten sie nicht mehr sagen: "krieg doch erst mal selber Kinder, dann wirst du schon sehen." - jetzt mussten sie meine Inkompetenz und das daraus resultierende sichtbare Fehlverhalten als Mutter anders erklären, und so wurde ich zur Rabenmutter.
Ich habe natürlich mitbekommen, dass hinter meinem Rücken oft und gerne über mich getuschelt wurde, aber der alte Spruch: eine Millionen Fliegen können nicht irren, Leute fresst Scheiße, hat mich immer davon abgehalten hat, diese aus meiner Sicht völlig überdrehten Mütterbetüdeleien selber auch zu entwickeln. Und natürlich hatte ich deshalb nie ein schlechtes Gewissen.
Im Gegenteil, ich wurde sehr schnell zur bekennenden Rabenmutter - ist der Ruf erst ruiniert, lebt sich's gänzlich ungeniert - und bin damit bis heute sehr gut gefahren.
Dass andere Frauen diese (übrigens auch fast nur bei Frauen zu beobachtenden) Überkümmer-Eigenschaften entwickeln, die oft so stark ausgeprägt sind, dass sie ihr eigenes Leben dafür nicht nur komplett vernachlässigen, sondern teilweise auch nachhaltig ruinieren, weil sie von einem schlechten Gewissen getrieben werden und in der Dauersorge leben, sie wären sonst eine schlechte Mutter, fand ich eine interessante Information.
Ich habe mir ehrlich gesagt nie weitere Gedanken darum gemacht, warum so viele Frauen diese aus meiner Sicht seltsamen Eigenschaften entwickeln, ich habe es einfach hingenommen, so wie ich es eben auch hinnehme wenn jemand eine Spinnenphobie oder Flugangst hat.
Ist halt so, und wenn jemand Flugangst hat, dann macht er sich sein Leben damit ja auch an vielen Stellen deutlich unbequemer oder verzichtet auf Freiheiten, die andere haben, gleich von vornherein.
Und im Grunde ist die Angst, eine schlechte Mutter zu sein, ja auch nur eine Phobie. Scheint zwar weit verbreitet zu sein und gesellschaftlich akzeptiert, ändert aber nichts daran, dass ich diese Angst einfach nicht nachvollziehen kann. Genauso wenig wie Flugangst, denn davon bin ich auch nicht betroffen.
Natürlich gab und gibt es immer wieder Situationen, wo mir leicht mulmig wird und ich mir überlege "Uiuiuiui, ob das wohl gut geht?" zusammen mit einem leicht bis mittelschwer flauen Gefühl in der Magengegend, aber dann denke ich mir immer :"jetzt kannst du es auch nicht mehr ändern." - und warte dann mit zusammengekniffenen Augen ab, wie sich die Situation weiter entwickelt.
Aber ein schlechtes Gewissen, dass ich in den Flieger eingestiegen bin, habe ich genauso wenig, wie ein schlechtes Gewissen, wenn die Kinder bingewatching betreiben oder Junkfood essen. Und so sehr ich mich auch bemühe, mir Gründe einfallen zu lassen, warum ich vielleicht doch ein schlechtes Gewissen haben sollte, so fallen mir einfach keine Gründe dafür ein.
Vielleicht hätte ich einfach nur Vater werden sollen, denn interessanterweise haben Väter hiermit viel seltener ein Problem
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Ich habe schon während der ersten Schwangerschaft gemerkt, dass ich wohl anders ticke als die meisten (werdenden) Mütter.
Im Grunde habe ich das noch viel früher gewusst, denn ich habe mit Anfang 20 schon Streitgespräche mit Müttern geführt, weil ich nie verstehen konnte, warum Mütter sich so häufig so viel Umstand und Arbeit, so viele Unbequemlichkeiten und Lästigkeiten ans Bein binden, die ihnen nicht nur keiner dankt, sondern die aus meiner Sicht in den meisten Fällen sogar kontraproduktiv sind.
Sich nächte-, wochen-, monatelang von schreienden Kleinkindern terrorisieren lassen, dabei seine eigene Gesundheit ruinieren, um am Ende komplett übermüdet mit Rückenschaden zusammenzubrechen, nur weil man alles getan hat, damit das arme Kind nicht schreit. - Ich habe das nie verstehen können. Auch weshalb man sich immer und immer wieder kleine Kriegsschauplätze mit den Kindern aufbaut, weil man sich darüber streitet, was das Kind essen soll, wie es aufräumen soll, dass es nicht zu viel seiner wertvollen Kindheitszeit mit irgend einer schädlichen Freizeittodschlagaktivität (Fernsehen, Computer) vertrödelt und dass es jetzt endlich und verdammt noch mal sorgfältig seine Hausaufgaben machen muss.
Als ich 20 war, sagten mir die Mütter: "Ach, du hast doch keine Ahnung. Krieg du erst mal selber Kinder, dann wirst du schon sehen, dass dann plötzlich alles anders ist."
Also habe ich selber Kinder bekommen - und nichts war anders. Meine ausgesprochen entspannte Einstellung zur Kinderhaltung habe ich auch genauso weiter behalten als es meine eigenen Kinder betraf.
Nur wurde mein Verhältnis zu anderen Müttern immer unentspannter. Jetzt konnten sie nicht mehr sagen: "krieg doch erst mal selber Kinder, dann wirst du schon sehen." - jetzt mussten sie meine Inkompetenz und das daraus resultierende sichtbare Fehlverhalten als Mutter anders erklären, und so wurde ich zur Rabenmutter.
Ich habe natürlich mitbekommen, dass hinter meinem Rücken oft und gerne über mich getuschelt wurde, aber der alte Spruch: eine Millionen Fliegen können nicht irren, Leute fresst Scheiße, hat mich immer davon abgehalten hat, diese aus meiner Sicht völlig überdrehten Mütterbetüdeleien selber auch zu entwickeln. Und natürlich hatte ich deshalb nie ein schlechtes Gewissen.
Im Gegenteil, ich wurde sehr schnell zur bekennenden Rabenmutter - ist der Ruf erst ruiniert, lebt sich's gänzlich ungeniert - und bin damit bis heute sehr gut gefahren.
Dass andere Frauen diese (übrigens auch fast nur bei Frauen zu beobachtenden) Überkümmer-Eigenschaften entwickeln, die oft so stark ausgeprägt sind, dass sie ihr eigenes Leben dafür nicht nur komplett vernachlässigen, sondern teilweise auch nachhaltig ruinieren, weil sie von einem schlechten Gewissen getrieben werden und in der Dauersorge leben, sie wären sonst eine schlechte Mutter, fand ich eine interessante Information.
Ich habe mir ehrlich gesagt nie weitere Gedanken darum gemacht, warum so viele Frauen diese aus meiner Sicht seltsamen Eigenschaften entwickeln, ich habe es einfach hingenommen, so wie ich es eben auch hinnehme wenn jemand eine Spinnenphobie oder Flugangst hat.
Ist halt so, und wenn jemand Flugangst hat, dann macht er sich sein Leben damit ja auch an vielen Stellen deutlich unbequemer oder verzichtet auf Freiheiten, die andere haben, gleich von vornherein.
Und im Grunde ist die Angst, eine schlechte Mutter zu sein, ja auch nur eine Phobie. Scheint zwar weit verbreitet zu sein und gesellschaftlich akzeptiert, ändert aber nichts daran, dass ich diese Angst einfach nicht nachvollziehen kann. Genauso wenig wie Flugangst, denn davon bin ich auch nicht betroffen.
Natürlich gab und gibt es immer wieder Situationen, wo mir leicht mulmig wird und ich mir überlege "Uiuiuiui, ob das wohl gut geht?" zusammen mit einem leicht bis mittelschwer flauen Gefühl in der Magengegend, aber dann denke ich mir immer :"jetzt kannst du es auch nicht mehr ändern." - und warte dann mit zusammengekniffenen Augen ab, wie sich die Situation weiter entwickelt.
Aber ein schlechtes Gewissen, dass ich in den Flieger eingestiegen bin, habe ich genauso wenig, wie ein schlechtes Gewissen, wenn die Kinder bingewatching betreiben oder Junkfood essen. Und so sehr ich mich auch bemühe, mir Gründe einfallen zu lassen, warum ich vielleicht doch ein schlechtes Gewissen haben sollte, so fallen mir einfach keine Gründe dafür ein.
Vielleicht hätte ich einfach nur Vater werden sollen, denn interessanterweise haben Väter hiermit viel seltener ein Problem
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