Samstag, 5. März 2022
Kleiner Exkurs zur Wirtschaftlichkeit von Immobilien
anje, 00:08h
Immer noch schönes Wetter und heute gelang es mir sogar rechtzeitig vom Computer wegzukommen, weil ich mich für 11h mit einem Mieter verabredet hatte, um vor Ort Dinge zu besichtigen.
Mit diesem Haus läuft alles bestens, die Mieter sind zufrieden, freuen sich, dass sie so eine schöne Wohnung haben und kümmern sich um das Haus als sei es ihr eigenes. Besser kann man es als Vermieter ja nicht treffen.
Allerdings sollte man aus diesem positiven Fall nicht pauschal verallgemeinernd schließen, dass Immobilien grundsätzlich eine gute Kapitalanlage sind.
In der Zeit-online gibt es eine Kolumne, in der eine "Finanzexpertin" regelmäßig Tipps zur Geldanlage gibt.
J hat mir den letzten Artikel verlinkt (Euro) und fragte mich, was ich davon halte.
Es geht darum, dass die Dame davon überzeugt ist, dass vermieteter Immobilienbesitz die beste Geldanlage überhaupt sei, weil sie so super rentierlich sei, viel besser als jede Aktie oder andere Geldanlage und zum Beweis errechnet sie sich wahrlich bewundernswerte Renditen.
Ausgangswerte: Ich kaufe eine Immobilie für 3.500 € den Quadratmeter, vermiete sie für 10 € den Quadratmeter pro Monat und werde dann stinkereich.
Rechnung: 10 € im Monat = 120 € im Jahr und 120 € sind 3,4% von 3.500 €,geile Rendite. Sagt die Lady.
Spannend finde ich den selbstbewussten Ansatz von 10 € Miete pro Quadratmeter, der deutschlandweite Durchschnittssatz liegt aktuell bei 6,90 € Miete pro Quadratmeter.* Aber wenn man so eine Kolumne schreibt, müssen die Zahlen ja auch passen und das erreicht man am leichtesten dadurch, dass man sie sich einfach ausdenkt.
*Wenn es interessiert: Die Auswertung "Wohnen" von Statista finden Sie hier.
Sie übersieht dabei außerdem, dass der einfache Kaufpreis einer Immobilie nicht alles ist, was man dafür bezahlen muss, wenn man sie kauft, sondern es gibt noch so etwas wie Grunderwerbsteuer, Notarkosten, Grundbuchkosten und in vielen Fällen auch noch Maklerkosten. Das addiert sich schnell auf locker 10% Erwerbsnebenkosten und macht aus einem Kaufpreis von 3.500 € dann ruckzuck 3.850 €.
Mehr Miete bekomme ich deshalb nicht, so dass die Rendite von eben noch 3,4% plötzlich auf 3,1% sinkt. (Und das auch nur, wenn ich wirklich die 10 € kalt pro Quadratmeter bekomme, sonst möchte man lieber gar nicht mehr nachrechnen.)
Sie übersieht dabei außerdem, dass eine Immobilie Kosten verursacht, die man nicht auf den Mieter umlegen kann. Dazu gehören Instandhaltungen und Verwaltungskosten. Als branchenüblichen Durchschnittswert kann man hier ca. 1,5% der Anschaffungskosten ansetzen, von den errechneten 3,1% bleiben nach Kosten also höchstens noch 1,6%.
Und davon muss dann auch noch das Mietausfallrisiko abgedeckt werden und der Wertverlust. (und die Finanzierung, aber das lasse ich hier bewusst aus, weil es zur Zeit tatsächlich Finanzierungen gibt, die sind so günstig, dass man daran verdienen kann.)
Aber ansonsten, ja, richtig gelesen, Wertverlust. Denn dass Immobilien im Preis steigen ist leider weder garantiert noch normal. Was mit hoher Wahrscheinlichkeit im Wert steigt, das ist das Grundstück. Was aber im Wert verliert, dass ist das Gebäude.
Die durchschnittliche Lebensdauer eines Mehrfamilienhauses liegt bei 37 Jahren.…
Aber selbst wenn ich mit 50 Jahren rechne, bedeutet das immer noch 2% Wertverlust pro Jahr auf das Gebäude.
Den Wertverlust des Gebäudes kann ich natürlich mit steigenden Grundstückskosten auffangen.
Aber üblicherweise macht das Gebäude den weit größeren Teil der Anschaffungskosten aus (insbesondere bei Eigentumswohnungen), rechnen wir mal grob geschätzt (positiv geschätzt!) 20% Grundstück, 80% Gebäude.
Wenn das Grundstück also den Wertverlust des Gebäudes kompensieren soll, müssen die Grundstückspreise pro Jahr um durchschnittlich 8%* steigen.
*(linear, bezogen auf das Anschaffungsjahr)
Die Statistik sagt, dass das bisher nicht geklappt hat…(und die Statistik habe ich oben verlinkt.)
Jetzt ist es nicht so, dass ich grundsätzlich Immobilien als schlechte Kaitalanlage betrachte, ganz im Gegenteil ich habe einige und alle haben sich gerechnet, aber sie als bessere Kapitalanlage als Aktien zu bezeichnen, nun, das sollte man vielleicht etwas vorsichtiger formulieren.
Außerdem gibt es noch einen weiteren, nicht zu unterschätzenden Grund, der für Aktien und gegen Mietwohnungen spricht: Aktien rufen nicht an, wenn die Heizung ausgefallen ist oder der Wasserhahn tropft. Aktien sind so ungemein viel pflegeleichter und angenehmer im Alltagsumgang, dass meine Empfehlung für Leute, die einfach nur Geld zur Kapitalbildung anlegen wollen: Nehmt Aktien, aber keine Immobilien, für Aktien muss man kaum was können oder wissen, Immobilien sind deutlich anstrengender und komplizierter im Umgang
.
(Abgelegt in anjemerkt und bisher 620 x anjeklickt)
Mit diesem Haus läuft alles bestens, die Mieter sind zufrieden, freuen sich, dass sie so eine schöne Wohnung haben und kümmern sich um das Haus als sei es ihr eigenes. Besser kann man es als Vermieter ja nicht treffen.
Allerdings sollte man aus diesem positiven Fall nicht pauschal verallgemeinernd schließen, dass Immobilien grundsätzlich eine gute Kapitalanlage sind.
In der Zeit-online gibt es eine Kolumne, in der eine "Finanzexpertin" regelmäßig Tipps zur Geldanlage gibt.
J hat mir den letzten Artikel verlinkt (Euro) und fragte mich, was ich davon halte.
Es geht darum, dass die Dame davon überzeugt ist, dass vermieteter Immobilienbesitz die beste Geldanlage überhaupt sei, weil sie so super rentierlich sei, viel besser als jede Aktie oder andere Geldanlage und zum Beweis errechnet sie sich wahrlich bewundernswerte Renditen.
Ausgangswerte: Ich kaufe eine Immobilie für 3.500 € den Quadratmeter, vermiete sie für 10 € den Quadratmeter pro Monat und werde dann stinkereich.
Rechnung: 10 € im Monat = 120 € im Jahr und 120 € sind 3,4% von 3.500 €,geile Rendite. Sagt die Lady.
Spannend finde ich den selbstbewussten Ansatz von 10 € Miete pro Quadratmeter, der deutschlandweite Durchschnittssatz liegt aktuell bei 6,90 € Miete pro Quadratmeter.* Aber wenn man so eine Kolumne schreibt, müssen die Zahlen ja auch passen und das erreicht man am leichtesten dadurch, dass man sie sich einfach ausdenkt.
*Wenn es interessiert: Die Auswertung "Wohnen" von Statista finden Sie hier.
Sie übersieht dabei außerdem, dass der einfache Kaufpreis einer Immobilie nicht alles ist, was man dafür bezahlen muss, wenn man sie kauft, sondern es gibt noch so etwas wie Grunderwerbsteuer, Notarkosten, Grundbuchkosten und in vielen Fällen auch noch Maklerkosten. Das addiert sich schnell auf locker 10% Erwerbsnebenkosten und macht aus einem Kaufpreis von 3.500 € dann ruckzuck 3.850 €.
Mehr Miete bekomme ich deshalb nicht, so dass die Rendite von eben noch 3,4% plötzlich auf 3,1% sinkt. (Und das auch nur, wenn ich wirklich die 10 € kalt pro Quadratmeter bekomme, sonst möchte man lieber gar nicht mehr nachrechnen.)
Sie übersieht dabei außerdem, dass eine Immobilie Kosten verursacht, die man nicht auf den Mieter umlegen kann. Dazu gehören Instandhaltungen und Verwaltungskosten. Als branchenüblichen Durchschnittswert kann man hier ca. 1,5% der Anschaffungskosten ansetzen, von den errechneten 3,1% bleiben nach Kosten also höchstens noch 1,6%.
Und davon muss dann auch noch das Mietausfallrisiko abgedeckt werden und der Wertverlust. (und die Finanzierung, aber das lasse ich hier bewusst aus, weil es zur Zeit tatsächlich Finanzierungen gibt, die sind so günstig, dass man daran verdienen kann.)
Aber ansonsten, ja, richtig gelesen, Wertverlust. Denn dass Immobilien im Preis steigen ist leider weder garantiert noch normal. Was mit hoher Wahrscheinlichkeit im Wert steigt, das ist das Grundstück. Was aber im Wert verliert, dass ist das Gebäude.
Die durchschnittliche Lebensdauer eines Mehrfamilienhauses liegt bei 37 Jahren.…
Aber selbst wenn ich mit 50 Jahren rechne, bedeutet das immer noch 2% Wertverlust pro Jahr auf das Gebäude.
Den Wertverlust des Gebäudes kann ich natürlich mit steigenden Grundstückskosten auffangen.
Aber üblicherweise macht das Gebäude den weit größeren Teil der Anschaffungskosten aus (insbesondere bei Eigentumswohnungen), rechnen wir mal grob geschätzt (positiv geschätzt!) 20% Grundstück, 80% Gebäude.
Wenn das Grundstück also den Wertverlust des Gebäudes kompensieren soll, müssen die Grundstückspreise pro Jahr um durchschnittlich 8%* steigen.
*(linear, bezogen auf das Anschaffungsjahr)
Die Statistik sagt, dass das bisher nicht geklappt hat…(und die Statistik habe ich oben verlinkt.)
Jetzt ist es nicht so, dass ich grundsätzlich Immobilien als schlechte Kaitalanlage betrachte, ganz im Gegenteil ich habe einige und alle haben sich gerechnet, aber sie als bessere Kapitalanlage als Aktien zu bezeichnen, nun, das sollte man vielleicht etwas vorsichtiger formulieren.
Außerdem gibt es noch einen weiteren, nicht zu unterschätzenden Grund, der für Aktien und gegen Mietwohnungen spricht: Aktien rufen nicht an, wenn die Heizung ausgefallen ist oder der Wasserhahn tropft. Aktien sind so ungemein viel pflegeleichter und angenehmer im Alltagsumgang, dass meine Empfehlung für Leute, die einfach nur Geld zur Kapitalbildung anlegen wollen: Nehmt Aktien, aber keine Immobilien, für Aktien muss man kaum was können oder wissen, Immobilien sind deutlich anstrengender und komplizierter im Umgang
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strelnikov,
Samstag, 5. März 2022, 02:24
Oder in einem Satz: Vermieten ist kein passives Einkommen!
anje,
Sonntag, 6. März 2022, 23:10
Das ist sehr gut zusammengefasst, wenn man passives Einkommen durch Vermieten haben möchte, sollte man Aktien von Vonovia kaufen ;-)