anjesagt

Anjesagtes, Appjefahr'nes und manchmal auch Ausjedachtes
Donnerstag, 24. Dezember 2020
Heiligabend
Heute ist also offiziell Heiligabend, sagt der Kalender und auch wenn wir uns heute den ganzen Tag nicht benommen haben wie Heiligabend, wird es wohl trotzdem so sein. Das ist eine sehr tröstliche Feststellung, denn sie beweist, dass man sich Heiligabend gar nicht benehmen muss wie Heiligabend, der Kalender zieht das trotzdem durch und irgendwann ist der Tag um, das Ereignis ist vorbei und man hatte den ganzen Tag keine Last mit lästigen Traditionen.

Ich finde es faszinierend, dass ich dafür erst 58 Jahre alt werden musste, um das so präzise festzustellen, aber es ist ja nie zu spät. Wenn ich nicht vorzeitig durch Corona oder eine andere Misslichkeit dahingerafft werde, habe ich noch ein paar Jahre - und für die kommenden Jahre habe ich heute gelernt: Heiligabend ist am allerbesten, wenn man sich keine Mühe gibt, Heiligabend zu begehen.

Nach dem ausgiebigen Ausschlafen überlegten wir, was wir denn heute so tun könnten. Nach Borkum fliegen war nicht, wegen Wetter, also bleiben wir in Greven und warten auf bessere Wetterzeiten. Morgen ist das Wetter vorhergesagt deutlich besser, aber morgen ist der Flugplatz auf Borkum geschlossen, wir schauen dann mal, wie es übermorgen wird.

Weil dann klar war, dass wir nicht fliegen, brauchten wir eine Beschäftigung für den Tag und entschieden uns für Shoppen, das ist immer eine brauchbare Abwechslung. Wir fuhren zum Großmarkt, weil der so groß ist, dass es dort fast nie voll ist, als wir ankamen (eine halbe Stunde bevor er schloss), war er sogar so leer, wie ich den Großmarkt bisher selten erlebt habe. Sehr entspanntes Coronashoppen und mehr als eine halbe Stunde brauchten wir auch nicht, weil wir ja eigentlich sowieso nichts brauchten, aber im Großmarkt findet man ja immer irgendwas, das war insgesamt sehr nett.
Ich kaufte unter anderem einen Romanescu und grübele seitdem, wann wir den überhaupt essen werden, denn wir haben wirklich bis ca. Ostern genug an Essen im Haus, aber nun, ein Romanescu mehr oder weniger macht den Kohl dann auch nicht mehr fett. Es wird sich finden.

Weil der Großmarkt schon um 13h schloss und wir irgendwie noch nicht shoppingmüde waren, beschlossen wir, noch rasch bei Lidl vorbeizufahren, da hatte ich in meiner App noch einen Gutschein für ein Paket Käse für umme, wenn ich was anderes für mindestens 2€ kaufe, das sollte gelingen, denn wir brauchten noch Brot.

In der Lidl App gab es seit 24 Tagen den Lidl-Adventskalender mit jedem Tag irgendeinem anderen Spezialangebot, heute gab es einen 5 € Gutschein, wenn man für mindestens 35 € einkauft. 5 von 35, das sind mehr als 14% Rabatt, sowas finde ich ja grundsätzlich ganz wunderbar und natürlich kaufe ich dann irgendwas für 35€ ein, wenn ich dabei über 14% Rabatt bekomme.
2 € hatte ich ja schon eingeplant, aber auch für die anderen 33€ fand sich was. Wir haben jetzt sehr viel Heilbutt und Ramazotti brauchten wir auch, fand ich und dann noch dies und das, als ich grob überschlug, stellt ich fest, dass ich sogar übers Ziel hinausgeschossen war und schon für 40€ Kram im Wagen hatte. Da fiel mir ein, dass K die App ja auch auf dem Handy hat und dass er dann doch auch diesen Gutschein in seinem 24. Türchen haben wird. So war es und deshalb mussten wir noch mehr einkaufen, es galt schließlich, sich nun 2 x € Rabatt zu erkaufen.
Um es kurz zu machen: Wir haben jetzt sehr viel Alkohol im Haus, aber der wird ja nicht schlecht.

So sparten wir uns also reich mit unseren Einkäufen und kamen am frühen Nachmittag sehr vergnügt wieder in Greven an. Zwar haben wir die Kühlschränke voll mit Leckereien, aber weil wir inzwischen beide sehr hungrig waren, hatte keiner mehr Lust auf aufwändiges Kochen. Aber wir hatten ja zum Glück noch Reste von vorgestern, die haben wir fix in der Pfanne warm gemacht und ruckzuck waren wir beide satt und bereit für den gemütlichen Teil des Tages.

K zog sich zurück, um mit seiner Schwester zu telefonieren, ich funkte die Kinder an und fragte nach, wie es dort auf Borkum so geht.
Die drei hatten es sich auch gemütlich gemacht und freuten sich darüber, dass es keinerlei Vorgaben zu befolgen gab, das ist eine ziemlich perfekte Lösung. Die Kinder hatten nämlich von sich aus auch keinen Bock auf Weihnachten und Baum und Gedöns und all diesen lästigen Tüddelkram da drumherum, hätten das aber von sich aus nie gesagt, weil sie ja meinten, ich würde da drauf stehen.
Ich dagegen finde das Weihnachtsgetute schon seit Ewigkeiten schrecklich, dachte aber, ich müsse wenigstens einen formalen Restrahmen beibehalten, damit die Kinder nicht ganz so traditionslos aufwachsen müssen. Und so kam es, dass wir uns alle gegenseitig seit Jahren einen Gefallen tun wollten und uns selber zu seltsamen Weihnachtsveranstaltungen gezwungen haben.
Aber dieses Jahr ist ja zum Glück alles anders und keiner von uns ist daran schuld. Das ist genial, weil wir jetzt endlich alle mal die Chance hatten, das zu tun, was wir tun würden, wenn wir nicht immer (ausgedachte) Rücksicht auf die jeweils andere Partei genommen hätten. Die Kinder feierten also Weihnachten ohne Eltern und die Eltern ohne Kinder und nirgendwo gab es einen Baum oder ein Festessen oder irgendwas, sondern alle schlunzten sich nur völlig entspannt durch einen Schlechtwetterwintertag, an dem niemand arbeiten musste, es war für alle ein echt schöner Tag.

Nach einigem Hin und Her merkten wir, dass Telefonieren zu viert blöd ist, Facetime nicht richtig funktioniert, wenn auf einer Seite drei Leute nebeneinander sitzen, also machten wir Zoom an und dann hatten wir es richtig gemütlich.
Irgendwann kam noch K dazu, dann waren wir zu fünft und es war ein sehr witziger Heiligabend, bis plötzlich die zwei Jungs verschwunden waren und nur noch C auf der Kinderseite tapfer durchhielt. N lag auf dem Sofa und schlief ein wenig, J hatte sich in sein Zimmer verzogen und pflegte sonstige soziale Kontakte, nach anderthalb Stunden Kernfamilienzoom ist es dann ja auch mal gut.

Inzwischen hatten wir hier doch wieder ein wenig Hunger bekommen und nach dem Abschalten von Zoom machte ich für uns beide ein paar Häppchen mit Heilbutt zurecht, dazu ein leckerer Dip, schnelles Festmahl. K hat in den letzten Tagen herausgefunden, wie dieser Chromcast funktioniert und warf zum Essen als Hintergrundbegleitung Loriots "Weihnachten bei Hoppenstedt" an. Das ist so gut, ich hatte längst vergessen, wie gut das tatsächlich ist, es ist einfach unfassbar gut, das könnte meine neue Tradition werden: Immer am 24.12. gucken wir Weihnachten bei Hoppenstedts. Echte Empfehlung
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