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Anjesagtes, Appjefahr'nes und manchmal auch Ausjedachtes
Mittwoch, 26. Februar 2020
Sterbehilfe und Coronavirus
Heute morgen wurde im Aufstehfernsehen* über die anstehende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Thema Sterbehilfe berichtet und ich wurde wieder daran erinnert, wie sehr mich dieses Thema gruselt.

*Unter der Woche schalten wir morgens nach dem Wachwerden aber vor dem Aufstehen immer das Morgenmagazin im Fernsehen an und weil sich dort die Beiträge alle halbe Stunde wiederholen, ersetzt es wunderbar die SnoozeTaste am Wecker. Wenn man einen Beitrag zum dritten Mal hört, aber immer noch nicht gesehen hat, weiß man, dass es langsam Zeit wird, die Augen zu öffnen und sich der Herausforderung des Aufstehens zu stellen.

Dieses Sterbehilfethema gruselt mich vor allem deshalb, weil es verboten ist und die Leute so ein Geschrei darum machen, wie schrecklich es ist, wenn es nicht mehr verboten wäre (bzw. ja jetzt nicht mehr verboten sein darf, weil das Bundesverfassungsgericht das gesetzliche Verbot tatsächlich (hurra!) gekippt hat.)
Ich stehe ja eh auf grundsätzlichem Kriegsfuß mit Verboten, aber dieses Verbot finde ich wirklich ganz besonders schrecklich, was wohl vor allem daran liegt, dass ich tot sein einfach nicht schlimm finde, zumindest nicht für den, der tot ist, denn der ist ja tot und merkt es nicht mehr.
Dass der Tod eines Menschen genau für die, die dann nicht tot sind, also für die, die übrig bleiben, etwas ganz Schreckliches sein kann, dem stimme ich sofort zu, aber wenn jemand wirklich ganz dringlich sterben möchte, weil er sein Leben einfach nur noch als Qual empfindet, dann hat man das verdammt noch mal zu respektieren, auch wenn man das selber nicht will.

Hier kann man sich jetzt ausführlich über Depressionen und Suizide Gedanken machen, aber meiner Meinung nach stehen diese Diskussionen alle nicht im Zusammenhang mit "Sterbehilfe", denn wenn jemand ansonsten quietschegesund ist und als einzige Krankheit eine schwere Depression mit sich rumschleppt, die ihn in den Suizid treibt - dann kann er das absolut alleine erledigen und braucht dafür niemanden, der ihm dabei hilft.

Sterbehilfe brauchen diejenigen, die sich eben nicht mehr alleine umbringen können, grade weil sie eine so schwere Krankheit haben, die sie daran hindert, die aber genau nicht schwer genug ist, als dass sie von alleine und kurzfristig daran versterben würden, sondern die nur dazu führt, dass sie elendig lange vor sich hin vegetieren müssen, bevor irgendwann der eigene Körper dann doch aufgibt.

Jetzt mag es Leute geben, die finden es nicht schlimm, wenn sie hilflos vor sich hin vegetieren, nun, die müssen ja auch nicht nach Sterbehilfe verlangen.
Ich persönlich finde diese Vorstellung aber so gruselig, dass ich mich im Zweifel dann lieber rechtzeitig früher eigenhändig suizidieren würde, solange ich das noch selbstständig erledigen kann, als Gefahr zu laufen, nachher einem System ausgeliefert zu sein, was mich gnadenlos zu einer Überlebensmaschinerie verdonnert, egal ob ich das will oder nicht.

Der Vater ist seit über einem Jahr im Seniorenwohnheim und seit dem ich ihn dort regelmäßig besuche, weiß ich erst recht, dass ich niemals, N.I.E.M.A.L.S!!! so enden möchte.

Der Vater findet das nicht schlimm, er hat sich bewusst und selber dafür entschieden, das hat mich schon damals gewundert, aber so wie ich damals seine Entscheidung respektiert habe, respektiere ich sie auch heute noch.

Meine eigene Einstellung hat sich deshalb nicht bewegt, ich war auch damals schon der Überzeugung, dass das für mich auf keinen Fall in Frage käme - und an dieser Überzeugung hat sich nichts geändert, im Gegenteil.

Weil es dieses Verbot der Sterbehilfe aber nun schon seit langem gibt (gab), habe ich für mich privat natürlich vorgesorgt. Ich habe nicht nur zwei Söhne, die sich im Medizin- und Pharmabereich bewegen, ich habe denen vor allem das absolut feste Versprechen abgenommen, dass sie mich im Fall der Fälle mit irgendeinem Zeug versorgen, dass ich dann nur noch zu mir nehmen muss und das haben sie mir schon deshalb versprochen, weil sie meine Kompromisslosigkeit fürchten und Sorge haben, dass ich mich ansonsten rein aus Angst, dass es demnächst zu spät sein könnte, schon mal deutlich früher und rein prophylaktisch entleibe. Aber zu früh muss ja auch nicht sein, nur weil man verhindern möchte, zu spät nicht mehr ändern zu können.

Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes hagelte es Mecker, weil die Kritiker meinen, dass jetzt die Einsamen, Alten und Schwachen vermehrt in den Tod getrieben würden. "Gut die Hälfte aller Leute würden lieber Suizid begehn als in ein Pflegeheim zu ziehen" hat irgend so ein Sprecher einer Patientenschutzvereinigung gesagt.**
Ich kann mir durchaus vorstellen, dass er damit recht hat, weil, genau das würde ich ja auch tun, aber ich verstehe nicht, wo das Problem ist?

**ich bin ganz grottig darin, mir Links zu merken, um sie hier zitieren zu können. Ich lese Dinge im Internet und lese dann den nächsten Bericht und noch einen und noch - und natürlich weiß ich nachher nicht mehr, wo ich was gelesen habe. Blogautoren, die ihre Blogs regelmäßig mit Links füttern, was sie wo gelesen haben, bewundere ich sehr, ich kann das nicht.

Neben dem Sterbehilfethema war heute dann noch das Coronavirus Gesprächsthema, die Börsen sind schon wieder eingekracht, diesmal gründlich, ich finde, es ist eine wunderbare Kaufgelegenheit.
Außerdem habe ich mich vor Lachen bald verschluckt, als ich bei einem Kollegen heute Atemschutzmasken sah, die er heimlich in seiner Schreibtischschublade bunkerte. Das ist der Kollege, der im Sommer auch nicht mit mir im offenen Cabrio fahren kann, wenn er vergessen hat, ein Käppi mitzunehmen, weil die Sonne zu sehr brennt und das ja ganz schlecht für alles mögliche ist. Vor Grippe hat er übrigens längst nicht so viel Angst wie vor diesem COVID-19, weil, das ist ja eine bekannte Krankheit, also Grippe, sagt er.
Impfen lässt er sich allerdings nicht, denn auch hier lauern ja reihenweise unbekannte Gefahren. Verschwörungstheorien galore
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