Freitag, 14. Oktober 2016
Kochen und Geruch
anje, 01:46h
Heute wollte ich mich gleich nach dem Aufstehen an den PC setzen. Das war der Plan.
Aber dann hatte ich erst Hunger und fand, Frühstück vor der Arbeit ist völlig legitim.
Da ich ansonsten aber so gut wie nie frühstücke und eigentlich auch nie so genau weiß, was ich zum Frühstück überhaupt essen könnte oder möchte, ist Frühstück eine der kompliziertesten Mahlzeiten überhaupt - sie besteht bei mir hauptsächlich aus Genörgel.
Brötchen mag ich nur so, wie es sie früher mal gab. Als der Schnee noch weiß und die Bäcker noch echte Handwerker waren. Die heutigen Brötchen bestehen doch nur aus langweiliger Kruste und viel Wind innen drin. Das Beste, das Weiche, das kommt sozusagen nicht mehr vor. Brötchen vom echten (modernen) Bäcker finde ich deshalb noch viel schrecklicher als Brötchen vom Discounter. In diesen Backshopselbstbedienungsdingern gibt es wenigstens näherungsweise manchmal Brötchen, die ich akzeptiere, blöderweise sind das auch meistens die, die immer als erste ausverkauft sind.
Aber es gibt ja auch Frühstück ohne Brötchen. Baked beans mit bacon and fried eggs - lecker! Aber danach riecht das Haus immer für drei Tage nach billiger Würstchenbraterei, knusprigen Bacon herzustellen führt leider zu olfaktorischen Kollateralschäden, die ich nicht immer bereit bin zu akzeptieren. Und außerdem überfresse ich mich an diesem Frühstück immer, danach bin ich bis Nachmittags komplett quietschesatt, bekomme dann aber gegen 16h ganz plötzlich und auch ganz akut ganz großen Hunger, der dann mit einer Tüte Chips bekämpft wird, was wiederum dazu führt, dass ich anschließend nicht mehr genug Hunger habe, um noch etwas vernünftiges essen zu wollen, was gleichzeitig bedeutet, dass ich auch keine Lust mehr habe, irgendwas zu kochen.
Das mit dem Kochen ist ja auch so ein Ding.
Meine Schwester sagt immer, dass ich gerne koche, sie dagegen hasst Kochen. Ich sage dann immer, dass das so nicht stimmt, ich koche nicht gerne, aber es macht mir nichts aus - und es ist mir in aller Regel wesentlich lieber, dass ich selber koche, bevor ich irgendeinen Fraß essen muss, den andere gekocht haben. Ich esse nämlich gerne, aber auch entsetzlich mäkelig. (siehe oben die Brötchen).
Ich stehe also sehr auf "leckeres Essen", betrachte das Kochen dafür aber weder als Kunst noch als Religion oder irgendetwas anderes "Heiliges", sondern im Gegenteil, alles was das Kochen erleichtert und verschnellert ist hochwillkommen.
CW dagegen war ein wahrer "Ritualkoch". Er konnte stundenlang Gemüse in genau gleich große Stückchen schnibbeln, um sie anschließend mit viel Salz und noch mehr Pfeffer und Chili zu einem "Gemüsefond" auszukochen, der damit endete, dass er die Flüssigkeit auffing und die Gemüseeinlage (wohlgemerkt, alle Stücke exakt gleich groß) wegwarf. Nach meinem Geschmack hatte er anschließend sehr scharf gewürztes heißes Wasser hergestellt, aber die Zeiten sind ja nun vorbei und de mortuis nil nisi bene, aber ich verwende kurzerhand einen Brühwürfel und finde, das schmeckt ausreichend gut.
Ich bin extrem begabt im Aufpimpen von Fertiggerichten bzw. "Halbfertiggerichten" und ein erklärter Fan des Paretoprinzips. 80% Perfektion reichen dicke.
Ich versuche also meist so unaufwändig wie möglich zu kochen, meine Benchmark ist dabei meine eigene Zunge: Wenn ich den Unterschied schmecke, dann lohnt sich im Zweifel auch etwas mehr Mühe. Kartoffelbrei aus der Tüte zB. schmeckt ätzend, so lästig es ist, aber den mache ich immer frisch.
Leider habe ich dadurch aber wohl die Geschmacksnerven meiner Familie entschieden zu empfindlich gezüchtet. Sie essen zwar klaglos Kantinenessen - aber nur, wenn sie nicht zu Hause sind und Hunger haben. Falls ich also versuche, mit einer fertigen Salatsauce aus der Flasche den Zubereitungsprozess des Salates deutlich zu verkürzen, gibt es großes Gemecker. Da hätten sie schon gerne alle die selbstgerührte Himbeervinaigrette, die nicht nur das mühsame Schalottenwürfeln beinhaltet, sondern auch viel Saubermachen von Töpfchen, Löffeln und Rührquirl.
Überhaupt ist das Saubermachen natürlich das eigentlich Aufwändigste bei der ganzen Kocherei, aber das versuche ich oft an einen der "Nuresser" zu übertragen.
Und insgesamt koche ich überhaupt nur, wenn ich auch selber Hunger habe. Wenn ich selber gar keine Lust habe, etwas zu essen, dann muss der Rest der Familie sehen, wie er klarkommt. Wir haben immer genug TK-Pizza und Dosenravioli im Haus und einen Topf Nudeln mit Ketchup konnten sich die Kinder schon zubereiten als sie noch sehr klein waren.
Vielleicht ist das aber auch der Grund, weshalb mir Kochen nichts ausmacht: Ich habe mich noch nie verpflichtet gefühlt. Wenn ich koche, koche ich freiwillig, und dann bin ich auch daran interessiert, dass es wirklich lecker wird. Irgendwelche anderen, hehren Ziele, wie gesunde Ernährung, ökologisch, ökumenisch oder anders ökomäßig korrekt oder gar irgendeiner überlieferten Handwerkstradition folgend - das hat mich alles noch nie interessiert, so wie ich ja die meisten Vorschriften sehr gerne und sehr üblich mit einem lockeren Schulterzucken und einem "Mir doch egal" meist pfeifend ignoriere.
Zum Frühstück gab es heute übrigens Rührei mit Krabben und geröstetem Kartoffelbrot, danach habe ich mich an den PC gesetzt und ungefähr vier Stunden zugeschaut, wie der sich updatete und Dateien lud und Zicken machte.
Dann bin ich mit K. in den Ort gefahren, habe schon mal einen Schwung Fährkarten gekauft (weil ich es satt hatte, dass ich mangels Reservierung immer auf alternativ Termine ausweichen musste) und anschließend habe ich noch 20 Unterhosen, 14 Socken (durchnummeriert mit Wochentagen) und einen Stapel T-Shirts für meinen Vater gekauft und werde ihn jetzt zwingen, dass er jeden Tag frische Kleidung anzieht. Wenn ich in 14 Tagen wiederkomme, zähle ich den Inhalt der Wäschekiste durch, und wehe, da ist nicht genug drin, das gibt Mecker, habe ich ihm schon angedroht, und hoffe so, das Geruchsproblem etwas in Griff zu bekommen. Außerdem habe ich eine Flasche "Spezialsportkleidungswaschmittel" gekauft, das einen extra starken, professionellen Geruchsentferner eingebaut hat, sagt die Werbung, damit wasche ich morgen dann noch mal all die Teile, die immer noch müffeln. Nur wer aufgibt hat wirklich verloren
.
anje,
Freitag, 14. Oktober 2016, 15:13
>> und es ist mir in aller Regel wesentlich lieber, dass ich selber koche, bevor ich irgendeinen Fraß essen muss, den andere gekocht haben.<<
hierzu muss ich noch dringend was klarstellen: Ich meine mit "Fraß, den andere gekocht haben" schlechtes Restaurantessen.
Ich bin nämlich der Geschmacksmeinung, dass das Essen in den allermeisten Restaurants auch nicht besser, oft sogar deutlich schlechter und immer entschieden teurer ist als das, was ich selber koche. Und weil ich halt gerne esse, aber leider nicht reich genug bin, um mir einen eigenen Spitzenkoch einzustellen oder täglich in einem Toprestaurant essen zu gehen, koche ich halt selber.
Wenn ich essen gehe, dann fast nur in Restaurants, wo sie Dinge kochen, die ich nicht kochen kann, zB zum Griechen, Chinesen oder Japaner. Zum Italiener nur, wenn er eine gute Pizza hat, die "gute italienische oder französische Küche" löst bei mir fast immer größere Mengen an Genörgel aus, denn genau so etwas kann ich auch selber kochen.
hierzu muss ich noch dringend was klarstellen: Ich meine mit "Fraß, den andere gekocht haben" schlechtes Restaurantessen.
Ich bin nämlich der Geschmacksmeinung, dass das Essen in den allermeisten Restaurants auch nicht besser, oft sogar deutlich schlechter und immer entschieden teurer ist als das, was ich selber koche. Und weil ich halt gerne esse, aber leider nicht reich genug bin, um mir einen eigenen Spitzenkoch einzustellen oder täglich in einem Toprestaurant essen zu gehen, koche ich halt selber.
Wenn ich essen gehe, dann fast nur in Restaurants, wo sie Dinge kochen, die ich nicht kochen kann, zB zum Griechen, Chinesen oder Japaner. Zum Italiener nur, wenn er eine gute Pizza hat, die "gute italienische oder französische Küche" löst bei mir fast immer größere Mengen an Genörgel aus, denn genau so etwas kann ich auch selber kochen.