anjesagt

Anjesagtes, Appjefahr'nes und manchmal auch Ausjedachtes
Samstag, 31. Dezember 2022
Mein persönlicher Jahresrückblick
2018 habe ich begonnen, für den letzten Tag des Jahres eine neue Tradition zu begründen, also fülle ich den Jahresrückblickfragebogen auch dieses Jahr aus.

Die Vorjahre finden sich jeweils hier:
2021
2020
2019
2018


Wie schnell ist das Jahr 2022 vergangen?
Angemessen.
Es hatte 365 Tage und ich habe jeden davon rückwärts gezählt, aber auch die allermeisten bewusst erlebt. Im Unterschied zu 2021, das ich nur so im Vorbeiwuschen wahrgenommen habe, war 2022 ein vollständiges Jahr mit allem Drum und Dran.

Welche Farbe hatte das Jahr?
Helles, blasses jadegrün ohne Gelbstich.

Auf einer Skala von 1-10?
6-7

Zusammengefasst?
Für mich war das Jahr geprägt von ganz viel Durchhaltewillen auf der einen Seite, aber auch sehr viel Fatalismus auf der anderen Seite. Wenn Dinge sind wie sie sind, dann ist das eben so. Ich habe in immer mehr Bereichen einfach losgelassen und meine eigenen Erwartungen, Vorstellungen und Wünsche reduziert, fallengelassen oder geändert.
Ich habe mich dieses Jahr mehrfach gründlich vertan in der Beurteilung anderer Menschen, so dass meine ohnehin schon nur schwach ausgeprägte Erwartungshaltung, was Vertrauen, Zuverlässigkeit und Einsatzbereitschaft anderer Menschen angeht, sozusagen nicht mehr existent ist.


Familie:
Im Wesentlichen unverändert. Jeder ist auf seinem eigenen Weg gradeaus weitergegangen, keiner ist vom Weg abgekommen oder gar umgedreht, läuft also alles.
Niemand hatte eine neue, erwähnenswerte Krankheit, es gab keine Unfälle, zumindest nicht mit Personenschaden. Der Onkel bekam im Januar ein neues Kniegelenk und auch wenn es sehr lange dauerte, bis er wieder einigermaßen fit war, so kann er inzwischen doch wieder Fahrrad fahren und trainiert eifrig weiter an der Beweglichkeit.
Der Vater wohnt immer noch im Heim und wegen der strengen Coronaregeln waren Besuche nur sehr selten möglich, aber außer dass er nach und nach immer älter wird, hat sich an seinem Gesundheitszustand kaum etwas verändert.
Die Mutter wird ebenfalls älter, ist aber noch um viele Längen fitter als der Vater, ansonsten ebenfalls unverändert.
Zwei Kinder sind komplett fertig mit dem Studium, J immerhin mit dem theoretischen Teil.
N ist in Berlin und steckt jetzt in der Facharztausbildung zum Dermatologen, C hat eine Promotionsstelle an der Uni Bielefeld und wird dort die nächsten Jahre an ihrer Doktorarbeit rumwerkeln und J hat sein zweites Staatsexamen bestanden und wohnt seit November in Hamburg, wo er für anderthalb Jahre als PhiP (Pharmazeut im Praktikum) angeheuert hat.

Häuser und Wohnen:
Ja, hier ist in diesem Jahr eine Menge passiert. Zu Ostern bekam das Haus auf Borkum neue, weiße Türen und der Flur wurde komplett renoviert. Im Sommer wurden dann Kammer und Wohnküche renoviert, in dem Zusammenhang wurde die Küche umgestellt und der Gasherd vom Gas genommen. Die erste Miele Waschmaschine meine Lebens zog ein und im Herbst bekam auch die Wohnküche einen neuen Fußboden und im November wurde dann sogar der Stellplatz und der Weg zum Haus neu gepflastert.
Für nächstes Jahr ist ein neues Bad und eine neue Küche geplant, das Bad ist bereits beauftragt, um die Küche müssen wir uns noch kümmern. Im Garten soll ein neues Gartenhaus aufgestellt werden, dann wird das alte abgerissen, um dort einen Terrassenplatz anzulegen, außerdem fehlt noch eine Mauer im Vorgarten.

Für das Haus in Rheda liegt die Baugenehmigung vor, nach ersten Verhandlungen mit einem Generalunternehmer planen wir jetzt doch eine Einzelausschreibung. Das macht zwar deutlich mehr Arbeit, spart aber auch eine große Menge Geld. Erhoffter Baubeginn dann nächsten Sommer.

Pläne:
Durchhalten.

Reisen
Keine. D.h. doch, ich war dieses Jahr zweimal in Hamburg, einmal zu Ns Approbationsball und einmal zu Js Mietvertragsunterschrift und J erwartet uns nächstes Jahr so schnell wie möglich wieder in Hamburg, d.h. eigentlich erwartet er nur K samt Bohrmaschine und Akkuschrauber, aber ich denke, ich darf auch mitkommen.

Zum ersten Mal gemacht:
Ich bin das erste Mal in meinem Leben sehr bewusst an meine Grenzen gestoßen. Ich habe gelernt, dass es Dinge gibt, die ich nicht mehr steuern kann, die ich aber auch nicht akzeptieren kann, wenn sie laufen, wie sie laufen.
Leiwer duad as slav - nie war es wahrer als in diesem Jahr und mir ist sehr klar geworden, wie treffend dieser Satz meinen Charakter beschreibt und vor allem, wie viel mehr er passt mit jedem Jahr, das ich älter werde.
In dem Maße, wie die Zukunft, die mir noch bleibt, schrumpft, wächst die Bedeutung der Selbstachtung. Und wenn denn nichts mehr bleibt, so will ich wenigstens im Stehen sterben.

Häkchen auf der Bucketlist:
Überlebt

Entdeckt und Spaß dran gefunden:
Bruschetta selber machen

Gesundheitliche Veränderungen:
Augen:
Interessanterweise so gut wie unverändert, was ich weiß, weil ich im Dezember noch bei einem Sehtest war, um mir zwei neue Brillen zu bestellen, die ich aber nur bestellt habe, damit Ks Brillen noch mehr Rabatt bekommen.
Meine bisherigen Brillen sind anderthalb Jahre alt und die Werte der neuen Brillen sind nur minimal anders, so dass es keinen Grund gibt, die alten Brillen auszusortieren.
Mit den Brillen, die ich davor hatte, kann ich dagegen kaum noch was erkennen, es gab offensichtlich von 2020 auf 2021 einen großen Dioptriendrift, der aber wieder zum Stillstand gekommen ist.

Ohren
Ich habe neulich einen Hörtest gemacht und wenn ich es richtig verstanden habe, sagte man mir, ein Hörgerät wäre sehr sinnvoll für mich, ich glaube aber, ich bin im Moment nicht in der Verfassung, dass ich noch mehr mitbekommen möchte.

Unfälle
Keine, ist es zu fassen. D.h. doch, ich bin ja einmal auf dem Fahrrad von so einem Badegast-E-Bike-Rentner umgefahren worden, habe mir dabei zwar ein blaues Kinn geholt, aber weder etwas gebrochen noch aufgeschürft.
Und ein Mensch fuhr in mein parkendes Auto, bei dem Unfall war ich also nicht live beteiligt, hatte aber viel Rennerei und Ärger deswegen, denn der Mensch war Ausländer und sein ausländisches Auto war nicht versichert.

Neue Krankheiten
Keine bekannt

Sonstiges
Die Familienerbkrankheit schreitet fort und ich werde mich nächstes Jahr wohl mal um eine OP bemühen. Mittlerweile behindert mich der krumme Finger nicht nur beim Klavierspielen, sondern auch beim Tippen und das ist auf Dauer wirklich kein sinnvoller Zustand.


Optische Veränderungen:
Gewicht
Verglichen mit vor genau einem Jahr sozusagen unverändert, während des Jahres waren es mal fast 4kg weniger, die in den letzten beiden Monaten plötzlich wieder angewachsen sind.

Haare
Inzwischen ist auch der letzte Fitzel künstliche Farbe rausgewachsen und abgeschnitten, ich trage jetzt also zu 100% Naturfarbe, die natürlich immer grauer wird, das aber interessanterweise stets strähnchenweise, so dass es aussieht, wie von einem sehr teuren Friseur sehr natürlich eingefärbt.

Sonstiges
Seitdem N sich ernsthaft mit Dermatologie befasst, konnte er mich überzeugen, Vitamin D als Nahrungsergänzungsmittel regelmäßig zusammen mit meinen Schilddrüsentabletten einzunehmen. Und wenn ich dann eh einmal dabei war, habe ich mir auch Vitamin B und Biotin als Ergänzungstabletten besorgt, stelle aber keine körperliche Veränderung fest,
Biotin soll gut sein, um die Nägel zu stärken, ich glaube da also fest dran, dumm nur, dass meine Nägel davon noch nichts wissen. Die bekommen immer mehr altersbedingte Längsrillen, was mich ärgert. Was Falten für die Haut sind, sind Längsrillen für die Nägel. Ich dachte, ich könnte die einfach glattfeilen, was eine blöde Idee war, jetzt habe ich glatte Nägel, die aber an einigen Stellen papierdünn sind. Genaugenommen habe ich deshalb jetzt sehr kurze, eingerissene, glatte Nägel.
Vitamin B soll gegen Müdigkeit helfen. Ich merke da nichts von, aber ich traue mich jetzt auch nicht, das Vitamin B abzusetzen, denn schlimmer geht immer.


Finanzen, Veränderung zum Vorjahr:
regelmäßiger Zufluss
Mehr. Außer der normalen Gehaltserhöhung ist auch die abgesoffene Immobilie wieder vermietet, das ist sehr angenehm.

regelmäßiger Abfluss
Weniger, nur J bekommt jetzt noch einen kleinen Unterhaltszuschuss, die anderen beiden verdienen ihren Lebensunterhalt inzwischen komplett selber.

variable Ausgaben
Eine Miele Waschmaschine und diverse Kleingeräte, ein Auto für J und die Bafögablösung für C

Gesamtvermögen
Deutlich weniger, die Börsen liefen schlecht

Besondere Anschaffungen
Neue Türen und ein gepflasterter Stellplatz auf Borkum und zwei neue E-Bikes

Uns sonst noch so:
Letztes Jahr um diese Zeit war ich davon überzeugt, dass 2022 ein wunderbares Jahr werden wird, weil ich so viele Dinge vorhatte, die in 2022 alle ein Stück weiter vorangetrieben werden sollten - und so kam es tatsächlich auch.
Das Haus auf Borkum wurde gründlich verbessert, die Pläne für das Haus in Rheda sind so weit fertig, dass es jetzt nur noch gebaut werden muss und in meinem Countdown bin ich bei 629 angekommen, die Zahlen werden immer kleiner und das Ende ist immer näher.

Und grundsätzlich war 2022 auch ein gutes Jahr, weltpolitisch sicher nicht, aber für mich privat hat das meiste funktioniert.
Es gab keine Katastrophen und verglichen mit heute vor 365 Tagen bin ich eben genau die 365 Tage weiter, allein das ist schon eine Feier wert.
Ich stelle aber fest, dass das Durchhalten mit jedem weiteren Tag mühsamer wird, es ist ein Marathon und der wird logischerweise immer anstrengender je näher man dem Ziel kommt, weil man immer mehr Kraft bereits verbraucht hat und mit dem, was noch bleibt, sich unter immer größeren Qualen durchkämpfen muss. Zwischendurch gerate ich regelmäßig in Versuchung, einfach alles hinzuwerfen, es hängt aber mehr dran als nur ein schnöder Job und ein bisschen Geld, es ist halt, wie so oft im Leben, nicht so einfach, wie es aussieht, oder kurz gesagt: Es ist kompliziert.

Deshalb bin ich dieses Jahr gar nicht so sehr davon überzeugt, dass das nächste Jahr ein tolles Jahr werden wird. Ich gehe eher davon aus, dass es ganz ungemein anstrengend werden wird und ich hoffe nur ganz stark, dass neben all den Dingen, von denen ich jetzt schon weiß, dass sie getan werden müssen, nicht noch zusätzliche, unerwartete Katastrophen aufploppen, die alles noch viel schlimmer machen.
Andererseits wird es kommen, wie es kommen wird, man muss einfach immer das Beste draus machen und bisher hat ja auch alles stets gut funktioniert
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Freitag, 30. Dezember 2022
Menschengewusel
Durchhängetage, sich um nichts kümmern, Kopf abschalten und alles egal sein lassen, sehr angenehm.

Gegen Mittag machten wir eine kleine Fahrradtour.
Der Wind kommt mit 5-6 Windstärken ziemlich genau aus Süden, d.h. perfekter Rückenwind auf der Promenade, wir ließen uns fast ohne zu treten bis ins Dorf pusten, so macht Fahrradfahren Spaß.
Ein Schlenker an der Kulturinsel vorbei befriedigte meine Flohmarktneugier. Heute sollte dort nämlich Flohmarkt sein, d.h. es war auch Flohmarkt, aber nur genau zwei Stände und dann auch noch die mit dem selbstgemachten Touristenkram, ich musste noch nicht mal vom Fahrrad absteigen, um zu erkennen, dass sich Absteigen nicht lohnt.

Im Dorf ein Abstecher zum City-Markt, N bat mich, ihm dort etwas zu besorgen, was er vergessen hatte zu kaufen und mir fiel ein, dass ich ja sinnvollerweise ein paar Rollen Müllsäcke auf Vorrat kaufen könne, die werden nämlich ab nächstem Jahr teurer.

Ich staunte über die Preise der sonstigen Produkte und über die Menge an Menschen, die im Dorf und im City-Markt unterwegs waren.
Die Insel ist ziemlich voll, aber zu 95% halten sich die Menschen im Dorf und am Hauptstrand auf, ein Fakt, den ich einerseits zwar sehr positiv, andererseits aber auch sehr erstaunlich finde. Als einzige Erklärung fällt mir nur wieder dieses seltsame Bedürfnis nach menschlicher Nähe ein, was wohl wirklich ein Massenphänomen ist. Es wäre interessant zu erfahren, wie nah die Menschen mit den Lemmingen verwandt sind. Dass es zu den Hörnchen nicht weit ist, habe ich schon in der Schule gelernt.

Die großen Müllsäcke waren im City-Markt schon ausverkauft, ich war aber inzwischen so sehr menschengenervt, dass ich keine Lust hatte, noch zu einem anderen Markt zu fahren, ich nahm ein paar Rollen mit kleinen Säcken mit und verspürte den dringenden Wunsch, direkt nach Hause zu fahren.

Grundsätzlich stört es mich nicht, wenn Läden voll sind, aber diese Urlauber, die sich heute in diesem City-Markt rumtrieben, kamen mir vor wie eine Spezies von einem anderen Stern. Aber vielleicht bin ich auch nur nachhaltig Gäste-entwöhnt, ich gehe ihnen ja üblicherweise weiträumig aus dem Weg.

Am Abend kochte ich AWM-Suppe,

das Gemüsefach ist jetzt angenehm aufgeräumt
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Donnerstag, 29. Dezember 2022
Du bist ja auch anders
"Du bist ja auch anders" ist ein Satz, der mich seit meiner Kindheit begleitet und mir immer dann gesagt wird, wenn ich Lösungsvorschläge für sozialinduzierte Probleme anderer Menschen mache.

Wenn ich mich mit Verwandten oder Freunden (also Menschen, die mich gut oder zumindest schon lange kennen) über Dinge unterhalte, die für andere Leute ein Problem darstellen, fällt dieser Satz fast immer irgendwann, denn die Art der Lösung, die ich in der Regel vorschlage, scheint für Menschen, die andere soziale Bedürfnisse haben als ich, nicht umsetzbar zu sein.
Meine Lösung lautet nämlich meistens: "Reg dich doch einfach nicht auf." kombiniert mit "Ja, dann mach's doch nicht." bzw. "Ja, dann mach's doch einfach selber."

"Du bist ja auch anders!" ist für die meisten Menschen die kurze Zusammenfassung der Tatsache, dass sie selber zwar keine rationale Erklärung für ihr Handeln oder ihre Empörung über andere haben, ihren eigenen Standpunkt oder ihr eigenes Handeln aber als "ganz normal" betrachten, weil das ja "alle" machen.

Seitdem die Medizin nicht nur offensichtlich kommunikationsgestörte Personen wie Rainman als Autisten definiert, sondern unter dem Bogen eines irre weit gespannten Autismusspektrums problemlos jeden einsortiert, der sich außerhalb der Massen bewegt, fällt es mir leicht, das eigene Anderssein zu erklären.
Ich habe ganz sicher Merkmale einer autistischen Störung, ich finde es allerdings zunehmend lustig, dass diese Diagnose traditionell pathologisch konnotiert ist, d.h. dass es als Krankheit (Störung) und damit als etwas Unerwünschtes definiert ist.

Meiner Meinung nach kann das massenübliche, also das sogenannte neurotypische Sozialverhalten dagegen viel eher ein durchaus behindernder Part der persönlichen Disposition sein, mir fällt dazu immer der folgende Satz ein:
"Eine Millionen Fliegen können nicht irren, Leute fresst Scheiße."
Nur weil die große Mehrheit der Menschen Dinge auf eine bestimmte Art und Weise tut, heißt das doch nicht, dass das der beste Weg ist.

Ich habe deshalb eine Theorie entwickelt und die geht so:
Der Mensch ist von seiner Veranlagung her ein Rudeltier.
Das wiederum bedeutet, dass das Bedürfnis nach sozialen Kontakten ein elementares Grundbedürfnis ist mit einer angeborenen Antriebsgrundlage, die Nähe anderer Menschen aktiv zu suchen.

Weil die Mehrzahl der Menschen allein nicht überlebensfähig wäre, war es von der Natur sehr klug, dieses Sozialbedürfnis im Instinkt zu verankern, denn dann verhalten sich die Menschen ohne Nachzudenken gleich so, wie es aus Sicht der Natur für die Spezies allgemein am praktischsten ist.

Ich glaube zwar, dass die Natur da eher an das Zusammenrotten von Gruppen zwecks gemeinsamer Jagd und besserem Gruppenschutz gegenüber Angreifern gedacht hat und weniger an die Förderung kultureller Großereignisse wie Sportevents oder Musikfestivals, aber Gruppe ist Gruppe und Instinkt ist Instinkt, weshalb der moderne Mensch seine sozialen Grundbedürfnisse gerne mal in solchen Großveranstaltungen befriedigt und das Rumsitzen in Cafes oder Kneipen kombiniert mit der Aufnahme gesundheitsschädlicher Nahrung (Zucker, Alkohol) als notwendige soziale Teilhabe beschreibt.

In der massenüblichen Ausführung dieses angeborenen Bedürfnisses führt das dazu, dass Menschen die körperliche Nähe von anderen Menschen nicht nur als angenehm, beruhigend und insgesamt positiv empfinden, sondern dass sie auch ein Mangelgefühl verspüren, wenn sie über einen gewissen Zeitraum keine oder deutlich weniger Kontakte zu anderen Menschen hatten.

In der Coronazeit ist bei vielen Menschen so ein Mangel entstanden, so dass viele gradezu "ausgehungert" waren nach realen Treffen und Zusammensein mit anderen Menschen.
Der Begriff "ausgehungert" beschreibt dabei dieses Mangelgefühl sehr gut, weil das Fehlen von ausreichenden Kontakten tatsächlich so etwas ähnliches wie ein Hungerfühl erzeugt.

Jetzt kann es aber in Einzelfällen passieren, dass der Natur da was daneben geht, dass einzelne Instinkte also nur sehr schwach oder vielleicht sogar gar nicht ausgeprägt sind. Wir kennen das vom Hunger, es gibt Menschen, die haben ständig Hunger und es gibt welche, die kommen mit einem Apfel und einem Butterbrot gut durch den Tag, ohne dass sie sich schlecht fühlen dabei.

Auf Sozialkontakte übertragen bedeutet das, dass es Menschen gibt, die empfinden fehlende Sozialkontakte nicht als Mangel, im Gegenteil, zu viele Kontakte führen schnell zu einer Form des "Überfressens" und für Menschen mit diesem fehlenden Sozialbedürfnis sind dann größere Menschenmengen wie eine sinnlose Völlerei, von der ihnen schon übel wird, wenn sie nur daran denken.

Ein anderer, angeborener "Instinkt" ist das Schmerzempfinden.

Es ist bekannt, dass es Menschen gibt, die keine Schmerzen spüren, bei denen ist irgendein Nervenempfänger oder -sender kaputt, so dass ihnen einfach niemals irgendetwas weh tut.
Wenn die sich einen Finger abschneiden, fühlt sich das für diese Menschen so an wie für andere das Fingernägelschneiden.

Diese Menschen müssen lernen, auf ihren Körper auf eine rein vom Kopf gesteuerte, angelernte Weise aufzupassen, weil Schmerz ja etwas ist, was von der Natur als eingebautes Warnsignal gedacht ist. Wenn ich eine heiße Herdplatte anfasse, tut es weh und ich ziehe meine Hand zurück. Wenn es nicht weh tut, würde ich meine Hand verbrennen lassen, was böse Folgen haben kann. (Deshalb ist übrigens auch Radioaktivität so gefährlich, die tut nicht weh.)

So wie Menschen normalerweise Schmerz oder Hunger verspüren, haben sie also auch ein instinktives Bedürfnis nach sozialen Kontakten bzw. spüren das Fehlen dieser Kontakt als unangenehmes Mangelgefühl (Hungerschmerz).

Und meine Theorie sagt jetzt, dass bei mir dieses instinktive Grundbedürfnis nach sozialen Kontakten nicht oder nur sehr schwach vorhanden ist.

Grundsätzlich wäre es sicherlich auch sehr angenehm, wenn meine Schmerzrezeptoren kaputt wären, hier begreife ich aber immerhin, dass es viele Alltagsabläufe deutlich umständlicher machen würde, eben weil man immer, immer mit eingeschaltetem Kopf auf seinen Körper aufpassen muss.

Das fehlende, instinktgetriebene Sozialbedürfnis hat aus meiner Sicht dagegen gar keine Nachteile, ganz im Gegenteil.
Unsere moderne, technikgestützte Welt ist für Einzelgänger längst nicht mehr so lebensfeindlich wie für den Steinzeitmenschen.
Mit meinem Dauermantra "ich kann alles alleine" bin ich bisher sehr gut durchs Leben gekommen und wenn ich versuche, mit ein bisschen Abstand auf mein Leben zu gucken, dann denke ich, grade weil ich mich an keiner Stelle von instinktgetriebenen Sozialbedürfnissen zu irgendwelchen schlechten Kompromissen habe treiben lassen, konnte ich sehr viele Entscheidungen sehr rational und gleichzeitig sehr entspannt treffen.

Ich kann für mich behaupten, dass mir dieses fehlende, im Instinkt verankerte Sozialbedürfnis noch nie gefehlt hat, im Gegenteil, ich bin sehr, sehr zufrieden, dass ich es nicht habe und bilde mir ein, dass es mir dadurch entschieden leichter fällt, ein zufriedenes und sorgenfreies Leben zu führen. Ich kann halt alles alleine und Dinge, die mir nicht gelingen, nun, die sind eben so, denn - und das ist in meinen Augen der extrem wichtige Teil eines Einzellebens - ich habe keine Erwartungen an andere.

Mein fehlendes Sozialbedürfnis führt natürlich auch dazu, dass ich keine intuitive soziale Empathie besitze. So kann ich ganz, ganz viele Situationen, in denen andere Menschen Kummer haben, überhaupt nicht nachempfinden, z.B. immer dann, wenn der Kummer nicht durch ihr direktes Umfeld ausgelöst wurde, sondern eher global ist.
Weshalb also Menschen Kummer empfinden, wenn jemand stirbt, den sie gar nicht gekannt haben, ist für mich nicht nachvollziehbar bzw. nicht nachspürbar. So wie jemand, der keine Schmerzen empfindet, sich eben auch nicht vorstellen kann, wie sich Schmerzen anfühlen.
Die Millionen von heulenden Menschen beim Tod von Lady Di habe ich bis heute als besonders beeindruckendes Beispiel meines völligen Unverständnisses für so einen Kummer in Erinnerung.

Ich kann mir allerdings sehr gut vorstellen, dass es jemanden betrübt, wenn er künftig gezwungen ist, sein eigenes Leben zu ändern, nur weil sich sein Umfeld verändert. Wenn also ein naher Verwandter stirbt, ist das für den, der nachher sein Leben anders einrichten muss, sicher sehr unschön.
Kummer über den Verlust einer Beziehung, deren Fehlen direkte Folgen auf das eigene Leben hat, den kann ich nachempfinden, aber welche Veränderungen und Probleme kommen auf mich zu, nur weil Lady Di stirbt?

Weil meine emotionale Empathie kaum vorhanden ist, ist meine soziale Intelligenz dagegen überdurchschnittlich hoch, denn das, was die Psychologie als soziale Intelligenz bezeichnet, das kann man lernen.
Wenn man keine angeborenen sozialen Bedürfnisse hat, MUSS man soziale Intelligenz sogar sehr gründlich lernen, denn sonst wäre man im Umgang mit den meisten anderen Menschen komplett verloren.
So wie Menschen, die keinen Schmerz empfinden, lernen, auf ihren Körper aufzupassen, so habe ich gelernt, wie man am besten mit anderen Menschen umgeht bzw. sich im Umfeld von anderen Menschen verhält.

Ich besitze also keine emotionale, sondern eine kognitive Empathie, die im Unterschied zur emotionalen Empathie den großen Vorteil hat, dass man sie bewusst ein- und ausschalten kann.

Das ist wie Schwimmen können im Unterschied zu schwimmen müssen. Ein Fisch fühlt sich an Land extrem unwohl, ein Fischotter dagegen kann einfach beides.

Und genau deswegen bin ich so ungemein zufrieden damit, dass ich keine angeborenen sozialen Bedürfnisse habe und damit allem, was davon gesteuert wird, nicht hilflos ausgeliefert bin, sondern selber steuern kann.
Deshalb war ich auch nie gezwungen, mich in irgendeine klassische Rollenerwartung unserer Gesellschaft einzuordnen, sondern konnte immer sehr zufrieden meine ganz persönliche Rosinenpickerei betreiben.
Heiraten zum Beispiel, wieso sollte ich das tun, es bringt doch keine Vorteile.

Ohne jede emotional romantische oder soziokulturelle Verklärung, ist eine Ehe nichts anderes als ein Vertrag mit einem anderen, den man nach andererleuts (staatlichen) Regeln abschließt.
Ich dagegen ziehe es vor, die Regeln meiner Beziehung mit meinem Partner selber zu definieren, ich brauche dafür keine fremden Leute.
Weil aber die Mehrheit der Menschen diese Regeln braucht, eben weil sie so ein enormes Verlangen danach haben, Teil einer Menge zu sein, die sich wiederum genau über diese Regeln definiert, gibt es einerseits den verfassungsrechtlich garantierten Schutz von Ehe und Familie und andererseits jede Menge staatliche Unterstützung für all die armen Geschöpfe, die unverschuldet nicht Teil dieser großen Gruppe sind.

Ich kenne die Statistiken über die prekäre Situation von alleinerziehenden Frauen, da gibt es nichts schön zu reden, die wenigstens haben sich dieses Schicksal bewusst ausgesucht.
Ich persönlich habe aber ganz unbestreitbar sehr lange davon profitiert, dass ich als alleinerziehende Mutter mit drei Kindern staatliche Unterstützungen bekommen habe, die verheiratete Frauen nicht bekommen hätten.
Ich habe nichts Illegales getan, ich habe einfach nur gerechnet.

Mich fasziniert es regelmäßig, dass viele der Probleme, über die sich Menschen gerne ausführlich beschweren und die sie lautstark beklagen und bejammern, aus dem Umgang mit anderen Menschen entstehen.
Schlechtes Benehmen der Kinder steht da regelmäßig ganz weit oben.
Direkt gefolgt von schlechtem Benehmen des jeweiligen Partners.
Aber auch alle anderen Menschen um einen herum verhalten sich oft nicht erwartungsgemäß und dann regt man sich auf, weil man meint, das konkrete Problem nicht lösen zu können, schließlich ist es der andere, der sich schlecht verhält.
Rücksichtslosigkeit wirft man anderen Menschen gerne vor, und Interesselosigkeit, also fehlende empathische Zuwendung.
Der Mann/das Kind/Mensch X interessiert sich gar nicht dafür, was ich möchte. Wenn ich nicht ständig hinterherrenne/-fege/-wische/-räume, bräche alles zusammen.

Mein Rat: Ja und?, dann lass es doch zusammenbrechen.
Wenn Mann/Kind/Mensch X sich nicht dafür interessieren, was du möchtest, warum solltest du dich dann dafür interessieren, was die möchten? Mach's doch einfach nicht.
Ein einfacher Rat, wenn man das Leben instinktiv als Einzelperson angeht, ein nicht umsetzbarer Rat, wenn Menschen mit einem instinktgetriebenen Sozialbedürfnis totverzweifelt versuchen, die Gruppe zusammenzuhalten.

Meiner Meinung und meiner Erfahrung nach funktioniert das Leben ganz wunderbar, wenn sich jeder zunächst mal für sich selber verantwortlich fühlt und sich deshalb auch mit dem nötigen Verantwortungsbewusstsein um sich selber kümmert, was gleichzeitig auf keinen Fall heißt, dass man sich nicht auch um andere kümmert.
Natürlich kümmert man sich auch um andere, weil man sich ja ganz bewusst in ein soziales Gefüge integriert hat, das einem Spaß macht und angenehm ist und natürlich ist das gesamte Leben ein Nehmen und ein Geben.

Wenn man aber von diesem sozialen Gefüge abhängig ist, weil es einem nicht gelingt, sich von diesem zwingenden, drängelnden instinktiven Grundbedürfnis zu befreien, das Menschen gerne mal dazu bringt, an den absurdesten Gruppenkonstellationen festzuhalten, dann kann dieses soziale Grundbedürfnis schnell böse Folgen haben.

Wenn ich mich dagegen mit kognitiver Empathie um andere kümmere, dann kann ich meinen Kümmereinsatz steuern und gerate weder in die Fänge der sozialen Erpressung, noch in eine Schieflage wegen enttäuschter Erwartungen.

Nehmen wir zur Veranschaulichung mal folgende Konstellation:
Ich wohne mit meiner Familie in einem Haus mit Garten und keiner hat Lust, sich um die Gartenarbeit zu kümmern.
Jetzt könnte ich mich zum Beispiel immer wieder aufs Neue darüber aufregen, dass sich niemand um den Garten kümmert, weil doch alle in der Familie wissen, dass ich das nicht selber machen kann, weil ich einen kaputten Rücken/Hüfte/Knie, habe und dazu körperlich nicht in der Lage bin, weil es aber keiner macht, mache ich es trotzdem und habe anschließend regelmäßig sehr schlechte Laune.
Ich könnte aber auch einen Gärtner beauftragen, wenn sich sonst keiner kümmert.
Können wir uns nicht leisten? Na, dann gibt es eben weniger zu essen bzw. nur noch Nudeln mit Ketchup, bis irgendjemand aus der Familie feststellt, dass er nun selber ein Problem hat mit dem bescheidenen Essen und dadurch gezwungen ist, sich um sein Problem zu kümmern. Er kann jetzt entweder (mehr) Geld verdienen, um das Lebensmittelbudget wieder aufzustocken, oder er könnte Rasen mähen, dann ist auch sofort wieder mehr Geld für Essen im Haushaltstopf.

Ich will damit sagen, dass es aus meiner Sicht völlig legitim ist, ein Problem, was man selber hat, so zu lösen, dass dadurch ein anderer auch ein Problem bekommt und plötzlich aus eigenem Antrieb bereit ist, mich bei der Lösung meines Problems zu unterstützen, weil er damit ja sein eigenes Problem auch in den Griff bekommt.
Wenn sich jeder nur um seine Probleme kümmert, heißt das nicht, dass man die Probleme der anderen völlig ignoriert und gar nicht wahrnimmt. Ganz im Gegenteil, denn natürlich ist Teil der individuellen Problemlösung auch die Vorsorge. Dadurch, dass ich weiß, dass ich mittelbar sehr wohl ein Problem bekomme, wenn ich den Rasen nicht mähe, mähe ich den Rasen spätestens dann, wenn ich Hunger habe oder wenn ich das irre Glitzern in den Augen der Mutter sehe und weiß, gleich greift sie zum Hörer und bestellt den Gärtner und dann ist wieder Schmalhans Küchenmeister.
Das ist ja grade der Trick, dadurch, dass jeder ein durchaus gesteigertes Interesse daran hat, seine eigenen Probleme zu lösen, löst er auch gerne Probleme von anderen, wenn ihm damit gleichzeitig auch geholfen ist.

Und obwohl mir diese Struktur der Problemlösungen im zwischenmenschlichen Bereich genau so pragmatisch wie logisch erscheint, wird sie von den meisten Menschen doch nur sehr selten verwendet. Zu groß ist die Angst vor Zurückweisung, vor Streit und Disharmonie in der Gruppe.

Wenn mir jetzt noch mal jemand erklären könnte, weshalb es positiv sein sollte, ein angeborenes Verlangen nach menschlicher Nähe und Gruppenzugehörigkeit zu haben? Nur weil ich damit zur Masse der Millionen von Fliegen gehöre
?

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Mittwoch, 28. Dezember 2022
Abreise, kaputte Pumpe und Sturm
Die Heizung läuft immer noch, das Haus ist warm.
Das war die gute Nachricht.


Dafür stand der Keller heute 5cm hoch unter Wasser: Die Kondensatpumpe pumpte das Kondenswasser nicht mehr ab, das lief also über und hatte so seit gestern Vormittag den Keller gründlich vollgetropft.

K saugte das Wasser mit dem Wasserstaubsauger auf, zwei volle 10l Eimer kamen dabei zusammen.
Zum Glück sind wir inzwischen für solche Zwischenfälle technisch gut ausgerüstet, das Haus hier ist schon öfter mal abgesoffen, K konnte also sehr schnell reagieren als er das Unheil bemerkte.

Ich alarmierte den Installateur, der auch zügig wieder erschien und feststellte, dass die Pumpe nicht kaputt ist, sondern nur einen Wackelkontakt im Stecker hat, das ließ sich rasch beheben und jetzt warten wir mal ab, was morgen als Gimmick auf dem Programm steht.

Die Kinder sind alle drei wieder abgefahren und auch schon gut in Hamburg bzw. Bielefeld angekommen. Die Herausforderung war der Abtransport der Geschenke, denn N hatte einen sehr großen Karton mit Mikrowelle zu transportieren und C einen Staubsauger, es hat aber wohl alles gut geklappt.

Wir haben hier am Nachmittag den Keller trockengelegt und ich habe die erste Maschine Wäsche angeworfen, danach gammelten wir nur noch auf dem Sofa rum und genossen die Ruhe.

Mit Kindern im Haus ist es auch heute noch so wie halt mit Kindern im Haus, egal wie alt sie sind. Wenn sie gemeinsam da sind, dann benehmen sie sich heute genauso wie vor 20 Jahren. Es wird gepöbelt, geprügelt, gestritten, gekuschelt und umarmt. Die drei sind schon eine schräge Truppe.

Als die Heizung streikte, sind sie für einen Filmeabend gemeinsam in ein Bett gekrochen und haben sich dabei benommen wie die drei Spatzen, möglichst eng zusammenkuscheln für maximale Wärme.
Dabei wollte natürlich jeder in die Mitte, J erklärte, ihm wäre am kältesten, er müsse in die Mitte, das hat C verweigert, sie sei die Mittlere, sie müsse in die Mitte, es kam zu einem Handgemenge, was N schlichten musste, in dem er sich zwischen die beiden in die Mitte legte, um die Streithähne zu trennen.
Wie es danach weiterging, habe ich nicht mehr verfolgt, ich verließ das Zimmer.

Früher habe ich mir in solchen Momenten gesagt, wenn eines kaputt geht, mache ich halt ein neues, heute kann ich nur noch die Schultern zucken und denken: "Es hat halt nicht sollen sein."

Sie tauchten am nächsten Tag aber alle drei sehr lebendig wieder auf, auch hier hat sich mein uralter Spruch wieder bewahrheitet: Kinder gehen gar nicht so schnell kaputt, wie viele immer meinen.

Der angekündigte Sturm stürmt grade mit viel ekligem Regen draußen rum, ich bin sehr froh, dass die Heizung wieder läuft und ich nicht draußen rumlaufen muss, um es anschließend drinnen warm zu finden
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Dienstag, 27. Dezember 2022
Repariert
Die Heizung läuft wieder, Halleluja.

Heute morgen um 10h erschien der Installateur und warf uns aus dem Bett. Wenn es überall so kalt ist, dann besteht nur wenig Neigung, das warme Bett zu verlassen.
Der Installateur wohnt aber in einem Haus mit funktionierender Heizung, ihm fällt das Aufstehen also nicht ganz so schwer und entgegen seiner Ankündigung, dass die Firma zwischen den Tagen geschlossen sei und er maximal Notfälle bearbeiten würde, war ihm dann wohl doch etwas mulmig bei der Vorstellung, er lässt uns bis nächstes Jahr in der Kälte sitzen und deshalb hatte er sich über die Feiertage noch mal schlau gemacht, was es wohl sein könnte, das unsere Heizung so nachhaltig außer Gefecht setzte.
Grundsätzlich hatte er ja Freitag und Samstag schon einige Stunden lang alles mögliche getestet, aber mit Unterstützung von Fachhandwerkerforen war ihm über die Feiertage dann doch noch etwas eingefallen, was er noch nicht ausprobierte hatte und genau das Teil hatte er heute morgen um 10h dabei, um es probehalber auszutauschen - und siehe da, die Heizung lief.

Wir haben jetzt also wieder eine funktionierende Heizung, aber noch keine Rechnung.
K befürchtet schon das Schlimmste, ich nehme das alles aber eher schicksalsergeben hin, wenn ich Dinge nicht selber kann - und Heizung reparieren gehört dazu - muss ich damit leben, was andere Leute dafür als Preis haben wollen und dann ist das eben so. Alles besser als für immer ohne Heizung zu leben.

Am Nachmittag machten wir dann einen Familienradausflug, über die Promenade bis ins Dorf.
Dort habe ich größere Mengen Fahrkarten gekauft für das kommende Jahr und mich ein bisschen erschrocken als ich die neuen Preise sah, das ist alles ganz schön angestiegen.

Überhaupt beginnt Borkum sich nach und nach von seinem bisherigen Niedrigverdiener-Klientel zu verabschieden und peilt auf Dauer die wohlhabenderen Schichten an, das gilt nicht nur für die Fähre, auch die Kurtaxe ist mit 4,80 € pro Tag ganz schön angehoben worden.

Dazu gab es natürlich schon jede Menge Beschwerden, nicht nur von Gästen, sondern auch von Borkumern, die keinen Bock haben, sich das Gemecker ihrer Gäste anzuhören, denn natürlich sind die Vermieter die ersten, an denen der gemeine Badegast seine Unmut über die hohen Preise entlädt.

Bei allem Verständnis für einkommensschwache Menschen, aber ohne eine entsprechende Kurtaxe fehlen der Stadt die Mittel, die Insel wenigstens in Ansätzen sauber und attraktiv zu halten und zu gestalten, und irgendjemand muss es halt bezahlen. Da die Insel fast ausschließlich von und für die Gäste lebt, liegt es nahe, dass die Gäste auch diejenigen sein müssen, die mit einer entsprechenden Kurtaxe genau das bezahlen müssen, was ihnen hier geboten wird: saubere Strände und ein (klar, Geschmackssache, aber immerhin man bemüht sich) einigermaßen abwechslungsreiches Freizeitprogramm.

Nun, wie auch immer, ich bin davon nur sehr mittelbar betroffen, die gestiegenen Preise für die Fähre werde ich verkraften und bei allem anderen bin ich maximal interessierter Beobachter.

Morgen fahren die Kinder wieder ab, dann haben K und ich noch anderthalb Wochen einsamen Pärchenurlaub vor uns, andererseits, spätestens ab 2025 ist das unser 365 Tage Alltag und ich freue mich da jetzt schon drauf
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Montag, 26. Dezember 2022
Familienessen
So, das war's jetzt erstmal wieder mit den Feiertagen, am Wochenende noch ein bisschen Jahreswechsel, dann sind wir aber auch durch und gut ist.

Aus Arbeitnehmersicht lagen die Feiertage dieses Jahr ja echt ungünstig, aber es war mein vorletztes Weihnachten als Arbeitnehmer, nächstes Jahr sieht das schon viel besser aus und überhaupt habe ich gar keine Lust mehr, mich darüber zu echauffieren, ich bin schließlich Boomer und nicht Gen Z, ich sollte also wenigstens so tun, als betrachtete ich Arbeit als eine Pflichtveranstaltung, die erledigt werden muss, ohne sich ständig zu beklagen.

Die Heizung hat ihren Dienst seit gestern zu 100% eingestellt, bis Samstag machte sie ja wenigstens noch lauwarm, jetzt ist ihre Heizleistung bei exakt 0, d.h. das Haus kühlt systematisch weiter aus, am späten Vormittag war es in der Wohnküche heute nur noch 12,7 °C, wie mir C etwas verstört im Familienchat mitteilte, ich war um die Uhrzeit natürlich noch nicht unten gewesen.*

*Es handelt sich um eine Ersatzsteuerung, die der Installateur probehalber ausgetauscht hat, um sicherzugehen, dass der Fehler nicht in der Steuerung liegt, deshalb hat da jemand etwas mit Edding draufgemalt, das ist also nicht dauerhaft so, sondern nur jetzt mal grade zum Ausprobieren.

Zum Glück haben wir noch einen elektrischen Heizlüfter gefunden, damit gelang es dann im Laufe des Tages die Raumtemperatur fast auf 18°C zu heben, das ist einigermaßen erträglich.

Wir hatten nämlich heute den Onkel zum Weihnachtsessen eingeladen und kurz überlegt, ob wir einfach den Essraum nach oben, in das vom Holzofen angenehm warm geheizte Wohnbüro verlagern, aber erstens kommt der Onkel nur sehr schlecht die Treppen rauf und zweitens haben wir hier zwar einen (Ess)tisch, der aber ganz klar nicht für sechs Personen ausgelegt ist, das würde ungemütlich eng.

Mit den 18°C, auf die wir die Wohnküche schließlich hochgeheizt hatten, war es unten am großen Esstisch deutlich angenehmer und es hat auch keiner gefroren, es gab Glühwein zur Ente.

Außerdem habe ich das erste Mal in meinem Leben eine komplett selbstgemachten Sauce Orange probiert (so à la Sterneköcherezept, mit stundenlangem Einkochen zwecks Reduktion und finaler Saucenbindung über gefrorene Butter) und bin mit dem Ergebnis sehr zufrieden.
Ich hatte versucht, per Google ein passendes Rezept zu finden, fand dann aber nur sechs unterschiedliche, von denen mir keines komplett gefiel, aber die daraus selbsterfundene Schnittmenge hat wunderbar funktioniert. Zu blöd, dass ich mir nicht gemerkt habe, was ich da alles an Gewürzen reingekippt habe, aber das Grundprinzip ist mir jetzt klar und zur nächsten Ente werde ich diese Sauce so ähnlich noch mal wiederholen.

Mein Geheimtipp zur Ente ist übrigens die Knusperente aus dem TK vom Discounter, egal welche Marke, bisher hat noch jede funktioniert.
Die ist wirklich immer wieder extrem lecker und weil ich den Gästen nie verrate, dass es sich nur um schlichte TK-Ware handelt, bei der meine einzige Kochkunst darin besteht, sie für eine halbe Stunde in einen vorgeheizten Backofen zu schieben, werde ich auch regelmäßig sehr für diese perfekte Ente gelobt.
Ich genieße das Lob auch ohne Einschränkungen, denn genau darauf hatte ich es ja auch angelegt, als ich mir überlegte, dass es Ente gibt, wenn ich Gäste einlade.

Als Nachtisch gab es Applecrumble, jetzt sind endlich alle Äpfel verbraucht und die Reste von Cs veganer Butter habe ich auch erfolgreich verarbeitet, es war insgesamt ein sehr leckerer und ein netter Abend, der Onkel ist zwischen zwei Regenschauern wieder gut nach Hause gekommen, besser kann man einen zweiten Weihnachtstag nicht abschließen
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Sonntag, 25. Dezember 2022
Alles friedlich
Die Heizung verweigert hartnäckig den Dienst, das Haus kühlt immer weiter aus, aktuell sind wir bei 15°C Innentemperatur im Erdgeschoss.

Grundsätzlich war das zwar zu erwarten, eine kaputte Heizung ist eine kaputte Heizung und heizt nicht, aber schließlich haben wir Weihnachten, da habe ich gedacht, vielleicht hilft ja hoffen.
Half aber nicht, zumindest heute nicht. Vielleicht morgen, außer hoffen können wir grade eh nichts tun, also hoffe ich einfach unverdrossen weiter.

Draußen war es aber noch kälter als im Haus, deshalb machten wir einen langen Strandspaziergang, als wir nach anderthalb Stunden wieder zu Hause waren, erschien uns das Haus plötzlich mollig warm, geht doch.

Für die nächsten Tage ist Sturm angesagt, heute war aber zunächst mal die sprichwörtliche Ruhe vor dem Sturm.

Es war fast windstill und das Meer bewegte sich so wenig, dass ich schon Sorge hatte, jemand hätte die Nordsee geklaut und gegen die Ostsee getauscht.
Da ich ja glaube und hoffe, dass es möglich ist, dass sich die Heizung von alleine wieder auf ihre Kernaufgaben besinnt, halte ich es auch für möglich, dass die Ostsee hier zwischendurch für ein paar Tage aushilft, während die Nordsee sich krank gemeldet hat, im Moment ist die Welt so bekloppt, warum sollte das nicht auch möglich sein?

Der Strand immerhin sah aus wie immer, nur leerer, was ja grundsätzlich eine positive Verbesserung ist.


Während wir am Wasser langliefen und uns über unsere Einsamkeit freuten, zog ein Seenebel auf, was ich immer wieder ein faszinierendes Ereignis finde, weil es so schnell geht. Man kann quasi zusehen, wie die Welt um einen herum verschwindet. Vielleicht ist das der Trick, bei dem Nord- und Ostsee dann wieder zurücktauschen, wär ja möglich.
Auf alle Fälle kamen wir an den Borkumer Stonehengesteinen vorbei und ich habe zugeschaut, wie der Nebel vom Meer herankroch und begann, sie zu verschlucken.


Als wir wieder zuhause waren, heizten wir den Ofen
im Wohnbüro an, immerhin haben wir so wenigstens eine Wärmekammer, es könnte schlimmer kommen.
Das war insgesamt ein sehr ruhiger erster Weihnachtstag, von mir aus kann das jetzt so bleiben
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