anjesagt

Anjesagtes, Appjefahr'nes und manchmal auch Ausjedachtes
Mittwoch, 15. März 2023
Alle 15 Jahre
Eine Kollegin aus dem Mutterhaus wird 50 und wir unterhalten uns über die Vorbereitungen, die sie für ihre Feier trifft, weil sie beschlossen hat, dass sie wie in ihrer Kindheit feiern möchte - für jedes Lebensjahr darf man einen Gast einladen.

Sie findet die Gästeliste mit 50 viel schwieriger als früher beim Kindergeburtstag, weil an jedem Gast, den sie gerne einladen möchte, im Zweifel noch eine bestimmte Anzahl von anderen Menschen hängt (Partner, Kinder, Netzwerk), die sie nicht einfach nicht einladen kann, weil das eben nicht mehr geht, wenn man fünfzig wird.

Wenn man fünf wird, lädt man seine Freunde ein und wenn man außer Susi, Ute, Andrea, Jens, und Peter auch Sabine, Heike und Michael gerne einladen möchte, weil das doch alles Freunde sind, dann lernt man, zwischen guten, sehr guten und allerbesten Freunden zu unterscheiden, denn wenn man nur fünf Plätze zu vergeben hat, kommt man um eine Freundes-Triage nicht drumherum.

Wenn man fünf wird, unterteilt man die Welt eigentlich nur nach Freunden oder Nichtfreunden. Eine Abstufung nach der Intensität des Freundschaftsgrades ist der erste Schritt auf dem Weg zum Erwachsenwerden, Erwachsene unterscheiden später zwischen Freunden und Bekannten. Mit fünf hat man noch keine Bekannten.

Wir grübeln kurz, ab welchem Alter wir wohl Bekannte hatten und einigen uns auf irgendeine Zeit zwischen 15 und 20.
Je selbstständiger man wird, umso mehr erweitert sich auch die eigene Umgebung und die Menge der Menschen, denen man mehr oder minder regelmäßig begegnet, wird immer größer.
Und irgendwann werden die einfachen Freunde dann zu Bekannten und nur die allerbesten Freunde bleiben Freunde.
Erwachsen werden kann man auch an der Veränderung der Freundschaftsbezeichnungen erkennen.

Mit 50 hat man viel weniger Freunde als mit fünf, dafür hat man eine große Menge an Bekannten und genau die machen die Planung der Einladungsliste so schwierig, weil man Bekannte eben nur so nebenbei kennt und deshalb viele Dinge nicht weiß oder nicht richtig einschätzen kann.

Ich habe mir die Klagen der Kollegin geduldig angehört, weil ich mir grundsätzlich sehr gerne Klagen von anderen Menschen anhöre, nämlich immer dann, wenn ich mich innerlich dabei wie Bolle freue, dass ich diese Probleme alle nicht mehr habe bzw. manche auch nie hatte.

Die Kollegin ist nämlich erst sehr spät Mutter geworden, was bedeutet, dass sie mit 50 noch zwei kleine Grundschulkinder zu Hause hat und daraus erwachsen für ihre Geburtstagsplanung noch mal ganz eigene Probleme, weil sie sich nicht entscheiden kann, welche Eltern aus den beiden Eltern-WhatsApp-Gruppen, in denen sie Mitglied ist, sie zu ihrer Geburtstagsparty einladen soll bzw. einladen muss und was man mit den Kindern macht.

Während sie mir ausführlich die Netzwerkdynamik in diesen Gruppen erklärt und weshalb das für sie so wichtig ist, denke ich darüber nach, wie viele Jahre lang ich in dieser Elternrolle gefangen war und stelle fest, dass das rückwärts betrachtet alles sehr schnell vorbei ging.

Rückwärts betrachtet ist immer alles sehr schnell vorbei gegangen, nur nach vorne dauert es lange.
Aber ich glaube, meine Mutterschaft, in der ich das alles noch wirklich ernst und wichtig nahm, dauerte nicht länger als 15 Jahre.

Genaugenommen kann ich mein ganzes Leben in 15 Jahres-Scheiben schneiden.
Von 0-15 war ich Kind
Von 15-30 habe ich mich sehr erwachsen und selbstständig gefühlt, war frei, unabhängig und damit beschäftigt, das Leben zu entdecken.
Von 30-45 war ich Mutter. Wir waren eine große Familie mit allem Zipp und Zapp und ich war zuständig. Für alles.
Von 45-60 war ich damit beschäftigt, mich selber wieder zu finden, mir ein neues, eigenes Leben aufzubauen und gleichzeitig meine Zuständigkeit immer weiter abzubauen
Von 60-75 werde ich ohne jede weitere Verantwortung einfach ungehemmt tun und lassen, wonach mir der Sinn steht, ich muss keine Rücksicht mehr auf irgendetwas in der Zukunft nehmen, ich muss nicht mehr sparen und habe keinerlei Zwänge mehr, die mich einschränken
Ab 75 bin ich entweder tot oder genieße die Verlängerung der letzten Etappe

Vielleicht ist das mit den exakt 15 Jahren nicht zu 100% trennscharf, zwischen den einzelnen Etappen gab und gibt es immer Überleitungsphasen. Wirklich final frei werde ich erst mit 62 sein, aber auch jetzt genieße ich ja so viele Freiheiten, wie ich sie in meinem Leben bisher nicht hatte.
Zwischen 15-30 war ich vielleicht auch frei, aber damals hatte ich noch die Verantwortung für meine eigene Zukunft und der war ich mir nicht nur bewusst, sondern die hat genau deshalb auch viel beeinflusst.

Ich erinnere mich an meinen eigenen 50 Geburtstag, ich war mit CW in Prag und wir hatten drei ungemein lustige Tage. Wenn ich mir damals um irgendetwas ganz absolut sicher gar keine Gedanken mehr gemacht habe, dann waren es Elterngruppen und schulische Netzwerkthemen der Kinder.
Manmanman, was bin ich froh, dass ich mit diesen Themen nichts mehr zu tun habe
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