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Donnerstag, 16. September 2021
Kochboxen
anje, 23:52h
Das zweite Stichwort von meinem Zettel und nach dem ich eben mit meinem Westfalenmann gemeinsam das Abendessen gekocht habe, kann ich mir spontan tatsächlich vorstellen, was für Menschen Kochboxen kaufen.
Ich weiß gar nicht genau, wann dieser Kochboxhype so richtig Fahrt aufnahm, ich habe aber grade mal nachgesehen, Hello Fresh wurde 2011 gegründet und wird ab Montag ein Dax-Titel sein, das ist schon ein ziemlicher Senkrechtstart, aus finanztechnischer Sicht ernsthaft bewundernswert und zudem ein erstklassiges Beispiel dafür, wie wenig Ahnung ich vom Bedarf unserer aktuellen Gesellschaft habe.
Als ich nämlich das erste Mal von Hello Fresh hörte, das muss so Ende 2013, Anfang 2014 gewesen sein, habe ich mich totgelacht und CW gegenüber eine lange Lästerrede über den neuen Idiotentrend gehalten.
CW aber, der weise alte Mann, sagte damals, dass er sich sehr gut vorstellen kann, dass das eine geniale Marktidee ist, denn die Zeit der klassischen Hausfrau ist vorbei. Die jüngeren Menschen haben schon alle keine Mütter mehr, bei denen sie Kochen hätten gelernt haben können, weil ihre Mütter schon keinen Bock mehr hatten, es zu lernen und außerdem sorgt die wachsende Gleichstellung zwischen Mann und Frau dafür, dass Kochen eine Trendsportart geworden ist und man als Mann damit richtig punkten kann, wenn man am Herd eine gute Figur macht.
Dass die Menschen mehr und mehr verlernt haben, wie man kocht, darin gab ich ihm sofort recht - aber wieso brauchen sie deshalb eine Kochbox, in der doch nichts anderes ist als die genau abgewogenen, frischen Zutaten für ein Gericht samt passendem Rezept???
Ein Rezept, was ich problemlos kostenlos im Internet finde und die Zutaten dann einzeln und völlig problemlos in jedem Laden kaufen könnte, wo sie dann nur ein Fünftel von dem kosten, was ich dafür bezahle, wenn ich sie mir als Fertigpack in einer Kochbox kaufe.
Ich habe das Konzept nicht verstanden, ich gebe es zu.
Ich verstehe aber oft nicht, weshalb Menschen für Dinge, die ich als völlig überflüssig betrachte, ein Höllengeld bezahlen und das auch noch eine gute Idee finden.
Seitdem ich vorhin mit meinem Westfalenmann eine Suppe gekocht habe, habe ich aber doch eine Vorstellung, was den Charme von Kochboxen ausmacht: Man muss nichts suchen, nichts abwiegen und vor allem: Nicht selber denken und deshalb weder Entscheidungen treffen noch Verantwortung übernehmen. Das perfekte Konzept für den modernen Mann mit Managerambitionen: Wenn es klappt, ist man selber das Genie, wenn nicht, war die Kochbox scheiße, wie genial und wie simpel. Kein Wunder, dass Menschen bereit sind, für diese Garantie locker das Fünffache von dem zu bezahlen, was die gleichen Zutaten - dann aber ohne Garantie und mit jeder Menge zusätzlichem Aufwand wie selber suchen und abwiegen, im Supermarkt kosten würden.
Außerdem bleiben bei einzeln gekauften Zutaten ja auch immer Reste, weil man halt nicht 50g Broccoli kaufen kann und auch nicht 2g Bio-Cayenne-Pfeffer und wenn man dann Reste hat, ist das Leben erst recht unschön, denn was macht man damit? Für Reste gibt es kein Rezept, zumindest nie für exakt die Reste, die man selber da hat.
Jetzt könnte man einwenden, dass man die doch einfach wegwerfen kann, wenn einem wirklich gar nichts einfällt, wie man sie verarbeitet - aber Lebensmittel wegwerfen, Nein!, Never, ich kann förmlich die Empörung hören, die mir bei so einem Vorschlag entgegenwallt. Lebensmittel wegwerfen kommt gleich nach kleine Kinder schlagen, das macht man einfach nicht, pfui Spinne, da stirbt die Umwelt, das Klima und überhaupt das gesamte Karma.
Dass der gesamte Kochboxschnickschnack dafür in einer Verpackungsorgie ohnegleichen angeliefert wird, und ja: geliefert!, eine Dienstleistung, die der moderne Mensch ja auch immer öfter in Anspruch nimmt, weil er ja kein Auto mehr hat, um die Umwelt zu schonen. Sollen halt andere fahren - aber ich schweife ab, das ist ein anderes Aufregerthema.
Wo war ich? Ach ja - der irrsinnige Verpackungsmüll, den diese Kochboxen produzieren, der ist aber ja nicht so schlimm, denn der ist ja von vornherein als Müll so vorgesehen, das ist ja etwas ganz anderes als Lebensmittel wegzuwerfen.
Auf alle Fälle habe ich heute Abend mit meinem Westfalenmann eine Suppe gekocht. Eine Kartoffelsuppe mit Einlage, ohne Kochbox, einfach so frei Schnauze und nach einem Blick in den Kühlschrank, von dem ich meistens abhängig mache, was es zu essen gibt.
Im Zweifel immer das, was weg muss.
Ich koche fast nie nach Rezept, weil es ja selten Rezepte gibt für das, was weg muss, ich habe aber ein paar Standardgerichte, die mag ich (und die meisten in der Familie) sehr gerne und die eignen sich auch häufig perfekt als Restesammler, dann benutze ich die Grundversion eines Rezeptes und variiere alles andere so, wie es mir grade gefällt.
Diese Grundversionen der Rezepte habe ich irgendwann mal alle zusammengetragen, sortiert und mir daraus mein ganz eigenes, selbstgemachtes Kochbuch gebastelt.
Natürlich stehen auch n diesen "Grundversion-Rezepten" exakte Maßangaben, sie dienen aber nur als Richtwert. Wenn da also 80g Butter und 250g Sahne steht, dann weiß ich: dreimal so viel Sahne wie Butter. So in etwa. Ganz genau kommt es da sowieso nicht drauf an.
Mir zumindest nicht.
Meinem Westfalenmann schon.
Dass ich statt Butter Margarine verwendet habe, fand er schon bedenklich, dass ich dann aber nicht mal zuckte, als die Waage 82g anzeigte, war für ihn ein eindeutiges Zeichen, dass die Suppe wohl heute misslingen wird.
Dafür stand im Rezept nur "Brühwürfel" und nicht welche Sorte. In meiner Zutatenschublade gibt es Fleischbrühwürfel, Gemüsebrühwürfel und Hühnerbrühwürfel - wie soll da ein Koch wissen, was gemeint ist? Ne wirklich, so kann man nicht kochen.
Und dann habe ich noch jede Menge Dinge in die Suppe geworfen, die alle nicht im Rezept erwähnt waren: Möhren, Frühlingszwiebeln und viel zu wenig Lachs - davon hätte er gerne mehr gehabt, traute sich aber nicht, darauf zu bestehen, denn Lachs stand ja auch nicht im Rezept.
Im Ergebnis hat ihn diese Kocherei also ganz ungemein gestresst, so ein regelloses, nein falsch, regelverstoßendes Lotterkochen (es gab ja ein Rezept, ich habe es nur nicht genau befolgt, jetzt echt mal)
Insgesamt bleibt festzustellen: Mit Kochbox wär das nicht passiert.
Blöd nur, dass die Suppe echt lecker war - nur zu wenig Lachs
.
Ich weiß gar nicht genau, wann dieser Kochboxhype so richtig Fahrt aufnahm, ich habe aber grade mal nachgesehen, Hello Fresh wurde 2011 gegründet und wird ab Montag ein Dax-Titel sein, das ist schon ein ziemlicher Senkrechtstart, aus finanztechnischer Sicht ernsthaft bewundernswert und zudem ein erstklassiges Beispiel dafür, wie wenig Ahnung ich vom Bedarf unserer aktuellen Gesellschaft habe.
Als ich nämlich das erste Mal von Hello Fresh hörte, das muss so Ende 2013, Anfang 2014 gewesen sein, habe ich mich totgelacht und CW gegenüber eine lange Lästerrede über den neuen Idiotentrend gehalten.
CW aber, der weise alte Mann, sagte damals, dass er sich sehr gut vorstellen kann, dass das eine geniale Marktidee ist, denn die Zeit der klassischen Hausfrau ist vorbei. Die jüngeren Menschen haben schon alle keine Mütter mehr, bei denen sie Kochen hätten gelernt haben können, weil ihre Mütter schon keinen Bock mehr hatten, es zu lernen und außerdem sorgt die wachsende Gleichstellung zwischen Mann und Frau dafür, dass Kochen eine Trendsportart geworden ist und man als Mann damit richtig punkten kann, wenn man am Herd eine gute Figur macht.
Dass die Menschen mehr und mehr verlernt haben, wie man kocht, darin gab ich ihm sofort recht - aber wieso brauchen sie deshalb eine Kochbox, in der doch nichts anderes ist als die genau abgewogenen, frischen Zutaten für ein Gericht samt passendem Rezept???
Ein Rezept, was ich problemlos kostenlos im Internet finde und die Zutaten dann einzeln und völlig problemlos in jedem Laden kaufen könnte, wo sie dann nur ein Fünftel von dem kosten, was ich dafür bezahle, wenn ich sie mir als Fertigpack in einer Kochbox kaufe.
Ich habe das Konzept nicht verstanden, ich gebe es zu.
Ich verstehe aber oft nicht, weshalb Menschen für Dinge, die ich als völlig überflüssig betrachte, ein Höllengeld bezahlen und das auch noch eine gute Idee finden.
Seitdem ich vorhin mit meinem Westfalenmann eine Suppe gekocht habe, habe ich aber doch eine Vorstellung, was den Charme von Kochboxen ausmacht: Man muss nichts suchen, nichts abwiegen und vor allem: Nicht selber denken und deshalb weder Entscheidungen treffen noch Verantwortung übernehmen. Das perfekte Konzept für den modernen Mann mit Managerambitionen: Wenn es klappt, ist man selber das Genie, wenn nicht, war die Kochbox scheiße, wie genial und wie simpel. Kein Wunder, dass Menschen bereit sind, für diese Garantie locker das Fünffache von dem zu bezahlen, was die gleichen Zutaten - dann aber ohne Garantie und mit jeder Menge zusätzlichem Aufwand wie selber suchen und abwiegen, im Supermarkt kosten würden.
Außerdem bleiben bei einzeln gekauften Zutaten ja auch immer Reste, weil man halt nicht 50g Broccoli kaufen kann und auch nicht 2g Bio-Cayenne-Pfeffer und wenn man dann Reste hat, ist das Leben erst recht unschön, denn was macht man damit? Für Reste gibt es kein Rezept, zumindest nie für exakt die Reste, die man selber da hat.
Jetzt könnte man einwenden, dass man die doch einfach wegwerfen kann, wenn einem wirklich gar nichts einfällt, wie man sie verarbeitet - aber Lebensmittel wegwerfen, Nein!, Never, ich kann förmlich die Empörung hören, die mir bei so einem Vorschlag entgegenwallt. Lebensmittel wegwerfen kommt gleich nach kleine Kinder schlagen, das macht man einfach nicht, pfui Spinne, da stirbt die Umwelt, das Klima und überhaupt das gesamte Karma.
Dass der gesamte Kochboxschnickschnack dafür in einer Verpackungsorgie ohnegleichen angeliefert wird, und ja: geliefert!, eine Dienstleistung, die der moderne Mensch ja auch immer öfter in Anspruch nimmt, weil er ja kein Auto mehr hat, um die Umwelt zu schonen. Sollen halt andere fahren - aber ich schweife ab, das ist ein anderes Aufregerthema.
Wo war ich? Ach ja - der irrsinnige Verpackungsmüll, den diese Kochboxen produzieren, der ist aber ja nicht so schlimm, denn der ist ja von vornherein als Müll so vorgesehen, das ist ja etwas ganz anderes als Lebensmittel wegzuwerfen.
Auf alle Fälle habe ich heute Abend mit meinem Westfalenmann eine Suppe gekocht. Eine Kartoffelsuppe mit Einlage, ohne Kochbox, einfach so frei Schnauze und nach einem Blick in den Kühlschrank, von dem ich meistens abhängig mache, was es zu essen gibt.
Im Zweifel immer das, was weg muss.
Ich koche fast nie nach Rezept, weil es ja selten Rezepte gibt für das, was weg muss, ich habe aber ein paar Standardgerichte, die mag ich (und die meisten in der Familie) sehr gerne und die eignen sich auch häufig perfekt als Restesammler, dann benutze ich die Grundversion eines Rezeptes und variiere alles andere so, wie es mir grade gefällt.
Diese Grundversionen der Rezepte habe ich irgendwann mal alle zusammengetragen, sortiert und mir daraus mein ganz eigenes, selbstgemachtes Kochbuch gebastelt.
Natürlich stehen auch n diesen "Grundversion-Rezepten" exakte Maßangaben, sie dienen aber nur als Richtwert. Wenn da also 80g Butter und 250g Sahne steht, dann weiß ich: dreimal so viel Sahne wie Butter. So in etwa. Ganz genau kommt es da sowieso nicht drauf an.
Mir zumindest nicht.
Meinem Westfalenmann schon.
Dass ich statt Butter Margarine verwendet habe, fand er schon bedenklich, dass ich dann aber nicht mal zuckte, als die Waage 82g anzeigte, war für ihn ein eindeutiges Zeichen, dass die Suppe wohl heute misslingen wird.
Dafür stand im Rezept nur "Brühwürfel" und nicht welche Sorte. In meiner Zutatenschublade gibt es Fleischbrühwürfel, Gemüsebrühwürfel und Hühnerbrühwürfel - wie soll da ein Koch wissen, was gemeint ist? Ne wirklich, so kann man nicht kochen.
Und dann habe ich noch jede Menge Dinge in die Suppe geworfen, die alle nicht im Rezept erwähnt waren: Möhren, Frühlingszwiebeln und viel zu wenig Lachs - davon hätte er gerne mehr gehabt, traute sich aber nicht, darauf zu bestehen, denn Lachs stand ja auch nicht im Rezept.
Im Ergebnis hat ihn diese Kocherei also ganz ungemein gestresst, so ein regelloses, nein falsch, regelverstoßendes Lotterkochen (es gab ja ein Rezept, ich habe es nur nicht genau befolgt, jetzt echt mal)
Insgesamt bleibt festzustellen: Mit Kochbox wär das nicht passiert.
Blöd nur, dass die Suppe echt lecker war - nur zu wenig Lachs
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