anjesagt

Anjesagtes, Appjefahr'nes und manchmal auch Ausjedachtes
Donnerstag, 5. März 2020
Kofferraum zu und Bankveranstaltung
Der Tag begann mit einem ungewöhnlichen Hindernis: Als ich vorm Büro aus dem Auto stieg und wie üblich meine Computertasche aus dem Kofferraum holen wollte, ließ sich der Kofferraum nicht mehr öffnen. Das war vor allem deshalb schlecht, weil ich ohne Computer sozusagen nicht arbeitsfähig bin, ich musste also irgendetwas tun, um das Problem zu lösen, und zwar sofort und ohne längere Wartezeit.
Mein erster Versuch bestand darin, im Kollegenkreis nachzufragen, ob irgendeiner der klugen Kollegen eine Idee hätte, wie ich den Kofferraum aufkriege, wenn das Schloss offensichtlich nicht mehr auf das Funksignal vom Schlüssel reagiert. Aber außer so untauglichen Vorschlägen wie "kann man doch bestimmt irgendwie von innen öffnen" oder "kann man die Rücksitze nicht umklappen?" hatten die auch keine Idee - und die Vorschläge klappten nicht, weil ich halt ein Cabrio habe und bei dem ist der Kofferraum schon ziemlich sicher verschlossen, auch damit man den Wagen mit offenem Verdeck mal abstellen und trotzdem noch Dinge verschlossen im Wagen lassen kann.

Ich kam dann auf die Idee, mal im Handbuch nachzuschauen, dort stand, ich solle länger als eine Sekunde auf das Kofferraum-Symbol auf dem Schlüssel drücken - das hat aber dem Kofferraumschloss nicht imponiert, es blieb ungerührt zu.

Meine nächste Idee war dann ein Anruf bei der VW-Werkstatt meines Vertrauens. An dieser Stelle kann ich nur Werbung dafür machen, dass man sich eine Autowerkstatt suchen sollte, die besonders viel Wert auf nette Mitarbeiter legt. Nicht die Verkaufskanonen bevorzugt, sondern die wirklich netten.
So einen hatte ich dann auch am Telefon und der hat sich echt Mühe gegeben, zunächst mal rauszufinden, wo die Notentriegelung bei genau meinem Auto ist und hatte dann auch noch die Geduld, mich hartnäckig fünfmal an derselben Stelle suchen zulassen, weil er steif und fest behauptete, dass es diese Notentriegelung gäbe. Ich habe die nämlich ziemlich lange nicht als solche erkannt, auch wenn sie genau da war, wo der nette Mensch sagte, dass sie sein müsse, sie ist halt wirklich gut versteckt. Was aber, wenn ich mir das in Ruhe überlege, auch wirklich ein guter Trick von VW ist, denn nur so lässt sich in gewissem Umfang verhindern, dass jeder Hans und Franz bei einem offen abgestellten Cabrio doch einfach den Kofferraum öffnet.

Im Ergebnis ist es mir dann also letztlich doch gelungen, meinen PC aus dem Kofferraum zu holen, übrigens unter feixender Beobachtung der halben Kollegenschaft, die alle oben im vierten Stock aus dem Fenster hingen und viel Spaß beim Zugucken hatten. Ich glaube, ich sollte doch mal dafür sorgen, dass ich einen Geschäftsführungsparkplatz in der Tiefgarage bekomme, da kann dann keiner mehr zugucken, wenn ich mich öffentlich blöd anstelle.

Danach war "Büro normal" mit Bergen an Post und Kram und Mitarbeiterfragen, ich hatte mich schließlich fast drei ganze Arbeitstage nicht um Post und E-Mail und andere Wichtigkeiten gekümmert. Und obwohl ich mich tatsächlich gar nicht drum gekümmert hatte, ist die Welt nicht untergegangen, das finde ich eine wirklich wichtige Erfahrung.
Mit dem Leiter Rechnungswesen habe ich dann auch gleich mal Notfallvertretungsregeln abgesprochen und angedeutet, dass so ein Notfall auch durchaus mal häufiger vorkommen könne, nämlich immer dann, wenn ich wirklich mal Urlaub mache und nicht mehr ständig per Handy erreichbar bin, einfach deshalb, weil ich weiß, das es auch qualifizierte andere Menschen gibt, die sich kümmern können. Das hat ihm sehr geschmeichelt und ich sehe mich schon entspannt einer Rentnerzukunft entgegen segeln. Leider musste ich ihn im Anschluss sofort auf drei dicke Fehler hinweisen, die er sich geleistet hatte, da war das gute Gefühl sofort wieder weg. Aber wir arbeiten dran.

Am Abend gab es dann noch eine Bankveranstaltung in ziemlich kleinem Kreis, nur acht geladene Gäste, davon zwei Ehefrauen. Meine alten Vorurteile, dass Millionäre sehr oft keine Ahnung von Geldanlage haben und dass Millionärsgattinen etwas sehr überflüssiges sind, wurden um eine weitere Erkenntnis erweitert, nämlich dass Millionärsgattinen auf Bankveranstaltung wirklich das allerüberflüssigste sind, was man sich überhaupt nur vorstellen kann.
Puh, sage ich dazu nur.
Eine der beiden war sehr still und hat kaum was gesagt, die andere aber, mein lieber Scholli, die strotzte nur so von Meinung und offenbarte mit jeder neuen Meinungsäußerung ihre komplette Ahnungslosigkeit.

Mich macht so etwas mittlerweile schlagartig aggressiv. Ich habe nix dagegen, wenn jemand von Dingen keine Ahnung hat und nachfragt, um sich Sachen erklären zu lassen, mit denen er sonst wenig zu tun hat.
Aber extrem offensichtlich keine Ahnung zu haben, dies dafür mit einer sehr selbstsicheren und laut vorgetragenen Meinung zu untermauern, nun, das hat nix mit Fragen und Informationen beschaffen zu tun, das ist nur völlig überzogene, unangemessene Selbstdarstellung, der die freundlichen Banker nur deshalb keine Grenze setzen, weil so unendlich viel Geld bei dieser Familie vorhanden ist.

Ich glaube, ich bin ein bisschen sehr zynisch geworden.
Nun ja, dafür habe ich mir die Sympathien der Banker verdient, die dürfen nicht so gemein sein wie ich, die müssen Kunden gegenüber immer die Contenance bewahren, als die Dame gegangen war, haben sich aber alle bei mir bedankt
.

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