anjesagt

Anjesagtes, Appjefahr'nes und manchmal auch Ausjedachtes
Samstag, 29. Oktober 2016
Waschen ohne Wasser
Wochenende, uffffff.
Diese Woche war einfach nur anstrengend und ich bin sehr froh, dass jetzt erst mal vier Tage Pause ist.
Allerheiligen ist in NRW Feiertag, weshalb sich der Montag als Brückentag gradezu aufdrängt, deshalb tatsächlich vier Tage frei.
J. ist schon auf Borkum und hat gleich als erstes Bad und Klo ausgiebig geschrubbt. Es war ja leider zu erwarten, dass mein Vater in meinem Haus genauso ferkelig lebt wie er das seit Jahrzehnten in seinem eigenen tut.
J. schickte ein Foto der reichlich bekleckerten Badezimmermatte, ich schüttelte mich und war dankbar, dass J. sich spontan darum kümmert, K. dagegen regte sich für seine Westfalenverhältnisse sehr auf und fragte empört, ob mein Vater schon immer so ein Ferkel gewesen wäre.
Die traurige Antwort ist "ja", war er schon immer. So lange ich mich zurückerinnern kann, fand ich meinen Vater schon immer eklig. Putzen ist was für Frauen, echte Männer putzen nicht. Oder noch präziser: Akademiker putzen nicht, das ist einfach nicht wichtig genug, um damit wertvolle Akademikerlebenszeit zu verschwenden. Was so ein echter Akademiker ist, der ist nur für Aufgaben zuständig, die man mit dem Kopf lösen kann, Hände sind höchstens zum Schreiben da. Man ist ja schließlich kein Handwerker.
Mein Vater hat immer zwischen wichtiger und unwichtiger Arbeit unterschieden. Wichtig ist alles, was er tut, unwichtig damit alles, was er nicht tut. So einfach und so schnell erklärt. Und da er nicht putzt, ist Putzen auch nicht wichtig.
Und gemeint ist dabei Putzen in jeder Ausprägung. Auch waschen ist putzen. Wobei mein Vater natürlich immer intensiv darauf bestehen wird, dass er sich doch täglich wäscht. Was genau er wäscht, weiß ich nicht, ich fürchte aber, er meint damit, dass er seine Hände wäscht und sich Wasser ins Gesicht spritzt. Mehr wird ziemlich sicher nicht gewaschen, das riecht man. Und hat man auch schon immer gerochen.

Ein ganz klein wenig davon ist allerdings insulanertypisch. Erstens ist jeder gute Insulaner angeboren wasserscheu und zweitens ist Wasser auf der Insel knapp und damit teuer. Es gibt genug Wasser UM die Insel, aber das kann man schlecht für irgendetwas benutzen, außer als trennendes Element vom Festland. (weshalb das auf der Insel auch viele oft als "Europa" bezeichnen.)
Süßwasser, und damit eben auch Waschwasser, ist kostbar und darf nicht verschwendet werden. Damit ist mein Vater groß geworden und hat es nie geschafft, das abzulegen.
Früher hatten die Gästezimmer in den Pensionen deshalb alle ein Waschbecken, eine Dusche oder ein Badezimmer gab es auf jeder Etage aber nur einmal. Wenn also ein Gast duschen oder gar baden wollte, dann musste das extra bezahlt werden und damit niemand einfach so ein Bad nahm, waren die entsprechenden Räumlichkeiten immer abgeschlossen.
Bei uns war es so, dass meine Oma den Schlüssel verwaltete und den nur gegen Vorkasse rausrückte. Einmal Duschen kostete 2,50 DM, eine Übernachtung mit Frühstück gab es für 20 DM (pro Person im Doppelzimmer), aber eben nur mit Waschbecken auf dem Zimmer.
Ich sehe heute noch meine Oma vor mir, die wie ein Schießhund aufpasste, dass für 2,50 DM dann aber auch wirklich nur EINE Person duschte. Denn Badegäste sind ja alle Schlitzohren. Die holen sich für 2,50 DM den Schlüssel und gehen dann zu zweit in die Dusche. Hah! - Aber nicht bei meiner Oma. Da war sie immer auf dem Quivive und stand zur Not Wache vor der Dusche. Sie kannte ihre Pappenheimer da ganz genau. Was aber natürlich auch lästig und anstrengend war, reichlich Grund zum Klagen also, was sie deshalb ebenfalls ausgiebig tat.
Irgendwann hatte ihr dann jemand den guten Tipp gegeben, dass sie doch einfach die Übernachtungspreise auf 22,50 DM erhöhen könnte, und dann könnte jeder jeden Tag duschen und es wäre automatisch alles bezahlt.
So geschah es auch, aber es kam, wie es kommen musste, die Badegäste nutzen natürlich ihre Großzügigkeit ungehemmt aus.
Denn was taten diese Schmocks plötzlich? Richtig, man ahnt es, die duschten plötzlich zweimal! Morgens UND abends. Kann man sich sowas vorstellen? Kein normaler Mensch duscht überhaupt schon jeden Tag, aber diese Badegäste......, logisch, wenn es umsonst ist, dann nimmt man natürlich mit, was man kriegen kann. Lieber den Magen verrenken als dem Wirt was schenken. Wahrscheinlich fuhren die überhaupt nur in Urlaub, um endlich mal ungehemmt duschen zu können.

Mein Vater wuchs also ausgesprochen wassersparsam auf - und hat es nie mehr gelernt, das abzulegen.

Morgen bin ich auch auf Borkum, und dann Gnade ihm Gott, wenn ich nicht mindestens 14 benutzte Unterhosen in der Wäschekiste finde
!

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