anjesagt

Anjesagtes, Appjefahr'nes und manchmal auch Ausjedachtes
Dienstag, 10. Dezember 2019
Viel Arbeit und Gedanken über Menschen
Als der Wecker schellte, Unsinn, ich höre keine schellenden Wecker, der richtige Anfang lautet: Als ich wach wurde, weil K neben mir auch war geworden war und sich im Bett aufsetzte, um etwas zu lesen, war es gefühlt noch mitten in der Nacht, als ich die Augen dann so weit auf hatte, dass ich die Uhrzeit ablesen konnte, war es bereits kurz vor 7h.
K meinte, er müsse aufstehen, weil er Termine hätte, er würde deshalb jetzt schon mal Kaffee machen, ich zog mir die Decke über den Kopf und hoffte, dass der Himmel hinterherfällt, weil, dann wäre das Thema durch. Tat er aber nicht, der Himmel meine ich, statt dessen kam K mit Kaffee und das Elend des MonTages nahm seinen Lauf.
Im Büro habe ich dann alles erledigt, was erledigt werden musste, ich habe schon wieder vergessen, was ich dort überhaupt gemacht habe, aber ich glaube, ich war ziemlich produktiv.

In der Mittagspause habe ich dann noch ganz viel privaten Bürokram erledigt, die Krankenhausabrechnung vom Vater geklärt, mich ein wenig mit Krankenkasse und Beihilfe rumgestritten und weil ich grade dabei war, mich auch noch mit dem Seniorenheim und einem Taxidienst gezankt, ich finde, nach einem Jahr Vorlauf können die jetzt wirklich mal meine Adresse als Rechnungsadresse eingespeichert haben und wenn die das nicht können, dann werden die Rechnungen eben auch nicht bezahlt. Basta.

Am Abend hatte ich zwei Drittel der seit Donnerstag aufgelaufenen Mails abgearbeitet, der Rest muss bis morgen warten.

Zwischendurch habe ich immer mal wieder über seltsame Argumente nachgedacht: Es ist mir jetzt zum wiederholten Mal passiert, dass mir jemand vorwirft, ich würde zu "wortgewaltig" argumentieren, da hätten normale Leute keine Chance gegen. - Und im Anschluss folgt die Feststellung, dass es noch lange nicht heißt, dass meine Sichtweise besser oder richtiger wäre, nur weil ich rhetorisch besser argumentiere, es heißt eben nur, dass ich rhetorisch besser argumentiere.
So einem Argument kann dann aber auch der weltbeste Rhetoriker nichts mehr entgegensetzen, so ein Argument ist wie 21 oder Che Guevara, das schlägt alles.
Wir fassen zusammen: Menschen, die für ihre Meinung, ihr Verhalten, ihre Einstellung, ihren Geschmack, ihre Wünsche oder auch nur für die Art, wie sie leben, als einziges Argument vorbringen können: "Weil das normal ist" oder "weil das alle so sehen" oder vergleichbare unwiderlegbare Begründungen heranziehen, sehen keinen Grund darin, ihre Meinung, ihr Verhalten, ihre Einstellung, ihren Geschmack, ihre Wünsche oder Teile ihrer eigenen Lebensweise auch nur ansatzweise zu reflektieren oder gar kritisch zu hinterfragen, weil genau ihre Art eben einfach nur “normal“ ist.
Treibt man sie durch eine bösartige, weil nicht zu widerlegende Logik in die Enge, ziehen sie ihr Totschlagargument: Der andere argumentiert unfair, weil zu wortgewaltig.

Mich fasziniert das jedes Mal sehr und ich gebe Diskussionen mit solchen Menschen dann üblicherweiser auch sehr schnell auf, weil es ja eh fruchtlos ist, ich frage mich aber gleichzeitig jedesmal, wie es sich lebt, wenn man noch nicht mal den leisesten Zweifel an seinen Meinungen, Verhalten etc hat. Solche Menschen müssen ein ziemlich feines Leben haben, denn ohne den leisesten Selbstzweifel muss es sich toll leben, oder?

Ich dagegen stelle meine eigene Meinung ständig in Frage und versuche unentwegt noch neue Blickwinkel zu entdecken, von denen aus betrachtet eine Meinung vielleicht noch mal neue oder auch gänzlich andere Farbschattierungen bekommt. Und wie außer durch Erörterung und Diskurs gelangt man zu Einsichten, die man bisher noch nicht hatte?
Und wie gelingt es Menschen, an einer Meinung festzuhalten, ohne dass sie dafür gute Gründe haben?

In Summe stelle ich immer wieder nur fest, dass ich Menschen seltsam finde und zu vielen Personen vor allem deshalb keinen Zugang finde, weil es mir nicht gelingt, so sehr nicht zu denken, wie es wohl für viele Menschen normal ist
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Wortgewalt wurde mir auch schon vorgeworfen, gerne auch in Form des Totschlagarguments "Rhetorik". Dabei ist der Vorwurf an das Gegenüber, er argumentiere rhetorisch, auch nichts anderes als ein rhetorisches Manöver.

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Faszinierender Vorwurf, nicht wahr?
Ich frage ja gerne mit großer Hartnäckigkeit "warum?".
Warum jemand dies oder jenes denkt oder macht oder wünscht interessiert mich immer sehr und wenn Leute keinen Grund nennen können, frage ich nach, warum sie es dann nicht anders machen, beispielsweise so wie ich, denn ich habe ja stets sehr ausführliche Gründe für alles, was ich mache, denke, plane oder wünsche. Und natürlich kann ich mir dann auch immer nur meine Lösung vorstellen, weil das die ist, die mich selber am meisten überzeugt hat.
Wenn ich dann vortrage, warum ich meine Lösung für am sinnvollsten erachte - dann wird mir fast mit 95%iger Sicherheit Wortgewalt vorgehalten und dass es im Leben eben Dinge gibt, die seien einfach so, die müsse man nicht begründen.

Ich muss das dann allerdings auch nicht verstehen.