anjesagt

Anjesagtes, Appjefahr'nes und manchmal auch Ausjedachtes
Sonntag, 12. März 2017
Frei
Ich habe mein Haus zurück!
Mein Vater schläft heute die erste Nacht wieder in seinem eigenen Haus, fast alle Sachen hat er schon wieder rübergebracht und ich fühle mich so frei wie an meinem 18. Geburtstag.
Mein 18. Geburtstag war für mich auch etwas ganz besonderes und wichtiges, denn ab diesem Tag hatte mein Vater keine Macht mehr über mich. Er konnte nicht mehr über mich bestimmen, sondern ich konnte gehen wohin ich wollte und er konnte es nicht verbieten.
Damals bin ich auch sehr schnell zu Hause ausgezogen - überall war es besser, bloß nicht dort, wo ich jeden Tag diesem Palaver ausgesetzt war.
Und 36 Jahre später holt mich das Schicksal wieder ein - mein Vater muss aus seinem Haus ausziehen, weil es nach einem Wasserschaden grundsaniert werden muss und es gibt keinen vernünftigen Grund, dass er nicht solange mit in meinem Haus wohnt. Irgendwo muss er ja hin, der Wasserschaden ist auch nicht seine Schuld, und bei mir zu wohnen ist enorm praktisch, mein Haus ist nur 300m von seinem entfernt, da kann er jeden Tag dort vorbei fahren, nach Post sehen und kontrollieren, wie weit die Handwerker sind.

Fünf Monate hat es jetzt gedauert.
Fünf Monate, die er in meinem Haus gewohnt hat und das Haus dadurch für mich zu einer Hölle gemacht hat.
Sein Verhältnis zu Wasser und Seife war schon immer eher liberal, d.h. er war noch nie von Hygiene abhängig und lebte schon immer sehr gut auch ohne. Je älter er wurde, um so schlimmer wurde es aber, mittlerweile ist er schlicht nur noch eklig. Und das Problem war, dass er mein Haus mit seinem Geruch infiziert hat. Es war zum Schluss wirklich unerträglich und ich habe mi8r große Sorgen gemacht, ob ich den Gestank je wieder rauskriege.
Lüften alleine hilft nicht, das habe ich ja ständig getan. Aber ich war nur alle 14 Tage da, dazwischen hatte er jeweils zwei Wochen Zeit, seinen Gestank nach Mief und Modder tief in alle Poren des Hauses einzumassieren, dagegen kann man nicht anlüften.
Als ich aber heute realisierte, dass er tatsächlich auszieht, habe ich sofort alle Register gezogen und bi8n mit viel Elan in den Geruchskillerkrieg gezogen.

Mittlerweile habe ich vier Maschinen Wäsche durch, die fünfte läuft grade, ich habe einfach alle Textilien, die irgendwie Geruch aufnehmen können und in der Wohnung rumhingen, in die Waschmaschine gesteckt. Mein Onkel hat eine große Gewerbewaschmaschine, da werde ich morgen die Oberbetten waschen und für die Matratzen hat er eine Spezial-Hotelreiniger-Maschine, er meint, damit kriegen wir die Matratzen aus dem Bett, in dem Vater geschlafen hat, problemlos wieder frisch und sauber.
Und ansonsten habe ich heute geputzt, erst die Küche und das Wohnzimmer und dann das Bad. Alleine das Bad habe ich ca. 3 Stunden lang geputzt, ich glaube, so sauber war das noch nie. Auch wenn wir es demnächst komplett neu machen, so musste ich es doch allein schon deshalb putzen, um den Geruch ab sofort und ohne Verzögerung zu killen. Aber ich glaube, es ist mir gelungen.

Außerdem habe ich eine Flasche Raumparfüm (das gute, teure von Blomus, denn bei dem weiß ich genau, dass es wirklich wirkt) im Haus versprüht, alle Böden mit viel Essigreiniger gewischt, alle Textilien gewaschen - und eben bin ich statt Pause einfach mal für eine Viertelstunde am Strand spazieren gegangen (denn wenn ich mich hingesetzt hätte, wäre ich nicht mehr hochgekommen, deshalb blieb als Pause nur einfach weiterlaufen, aber immerhin draußen) - und als ich vom Strand wieder in Haus kam - ROCH ES HIER GUT!
Ich könnte mich überschlagen vor Freude, aber ich glaube, es klappt tatsächlich, ich schaffe es, den Mief zu besiegen.

Morgen noch den Rest in Wohnzimmer und Küche, da habe ich heute schon die groben Vorarbeiten begonnen und vor allem den Esstisch und die Arbeitsplatten abgeschliffen, die sind aus Holz und so versifft, dass mit Abwischen nix mehr zu retten war, in der Küche sind alle Fliesen abgewaschen und alle draußen stehenden Tassen und Gläser einmal durch die Spülmaschine gelaufen.
Es wird - und ich glaube, es wird gut. Ich bin da ganz zuversichtlich. Und diese wilde Putzaktion macht sogar Spaß, denn ich mache es jetzt ja wirklich für mich. Außer mir wird es jetzt auch niemand anderes mehr schmutzig machen, allein das gibt der Putzerei einen komplett anderen Sinn. Ich hasse es, für andere Leute sauber zu machen - aber für mich selber, da finde ich das völlig okay.

Insgesamt war es also ein wunderwunderschöner Tag, mir tut jetzt zwar jeder Knochen im Körper einzeln weh - aber das war es wert.
Endlich wieder frei
!
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