anjesagt

Anjesagtes, Appjefahr'nes und manchmal auch Ausjedachtes
Freitag, 10. Februar 2017
Steh auf
Ein ganz wichtiges Lied:



Normalerweise sind die Toten Hosen ja ganz weit weg von der Musik, die ich so höre, weil viel zu laut und viel zu krawallig.
Normalerweise finde ich Musik in laut ziemlich gräßlich, genauso gräßlich wie scharf gewürzte Speisen. Vor lauter Krach bleibt nichts mehr von der Musik, zu viel Schärfe tötet jeden Geschmack.
Normalerweise.

Aber dieses Lied ist anders. Ich habe es in einem ganz alten Schimanskitatort entdeckt und seit der Zeit habe ich es als Notfallset immer bei mir.
Es muss laut sein, es muss einen aufwecken, wachrütteln, durchschütteln. Es soll nicht schön sein, da gibt es nichts zu genießen und mitzuschwingen. Es ist auch im eigentlichen Sinn keine Musik - nicht für mich in meiner Definition, sondern es ist eher so etwas wie Medizin, wie ein Defibrillator.

Ich denke, jeder kennt diese Zeiten, wo man hintereinanderweg immer wieder ein paar auf die Zwölf bekommen hat, jeder einzelne Schlag hätte schon gereicht, andere Leute von den Beinen zu holen, aber man hat standgehalten. Man hat lange ausgehalten und eingesteckt. Sich gewehrt, verteigt, ausgewichen, selber angegriffen. Drei-, vier-, fünfmal. Aber irgendwann knickt man einfach ein. Klappt man zusammen und dann ist alles aus. Licht aus, dunkel. Man mag auch nicht mehr, man liegt ganz unten, das Leben trampelt über einen drüber. Kopf einziehen, Augen zu und warten, bis es vorbei ist. Man will nichts mehr wahrnehmen, der Widerstand ist gebrochen, die Kraft schon lange verloren.
Dann braucht man dieses Lied.
In laut. Ganz laut.
Als Defibrillator.

Dann steht man wieder auf und dann geht es auch wieder weiter.
Halt den Kopf in den Wind und geh los, denn nur wer aufgibt hat wirklich verloren.

Deshalb, Mesdames et Messieurs, faites vos jeux, es geht wieder weiter, allez, allez,
morgen wieder bunte Lichter und Lampions in diesem Theater
.
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... ¿hierzu was sagen?

 
So ein musikalisches Survival-Kit ist wichtig. Meins ist Until it sleeps" von Metallica. Das kam 1996 raus, kurz nachdem meine Verflossene aus der gemeinsamen Wohnung ausgezogen war und ich meinen Seniorpartner in der Firma auszahlen musste, den es zu neuen Herausforderungen trieb. Ich verbinde mit dem Lied zwar auch noch sehr stark den Schmerz jener Zeit, aber auch das Bewusstsein, es irgendwann überwunden gehabt zu haben.

... ¿noch mehr sagen?  

 
Das hat auch einen sehr guten Text. Gefällt mir. (Der Text, die Töne dazu sind mir, wie nicht anders zu erwarten, zu viel und zu laut.)
Ich brauche allerdings immer etwas, dass mich in Hintern tritt und nichts, was mir mitteilt, das wird schon wieder, da ich selber zu sehr dazu neige, mich lethargisch in einer Ecke zu verkriechen und darauf zu warten, dass es zu Ende geht.

 
Ach, das ist ja noch recht gemäßigt, ich habe auch paar richtig harte Arschtritte im Sortiment. "Eisenkopf" von "Die Schweisser" zum Beispiel. Auch sehr guter Text, aber musikalisch/vokal ziemlich krank. ;-)