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Anjesagtes, Appjefahr'nes und manchmal auch Ausjedachtes
Mittwoch, 22. Januar 2020
Ethik
Heute bestand der Tag nur zur Hälfte aus Büro, während der anderen Hälfte war ich auf einer Investorenkonferenz eines großen Vermögensverwalters und habe über Ethik nachgedacht.
Geld mit Geld zu verdienen ist bei den heutigen Negativzinsen ja deutlich komplizierter als noch vor 10 Jahren, als man noch Zinsen aufs Staatsanleihen bekam statt sie zahlen zu müssen.
Parallel zu den in den letzten 10 Jahren kontinuierlich gesunkenen Zinsen, sind auch die Renditeerwartungen der Anleger gesunken, während man sich gleichzeitig aber auch Gedanken darüber machte, ob es ethisch positive bzw. negative, also unethische Geldanlagen gibt. Mittlerweile sind die sogenannten "ESG-Kriterien" ein fester Bestandteil des Anlagemanagements und Unternehmen, die nach diesen Kriterien als "gute Unternehmen" definiert werden, haben eine höhere Chance auf langfristig höhere Gewinne und bessere Wertentwicklung.
So weit alles so sinnvoll, was mich aber immer wieder aufs Neue fasziniert, ist die Tatsache, wie unterschiedlich diese ESG-Kriterien definiert werden, abhängig davon, wer grade welcher Gesinnungsform anhängt und als wie selbstverständlich jeder Gesinnungsanhänger seine eigene "Grundethik" betrachtet.
Diskussionen darüber sind grundsätzlich nicht möglich, weil man "Selbstverständlichkeiten" nicht diskutieren kann, denn jeder hält seine "Religion" für das einzig wahre Menschenbild.
Vom Prinzip her so ähnlich wie Diskussionen über Impfen oder Homöopathie. Oder Organspenden.

Im Gesamtergebnis habe ich für mich mal wieder festgestellt, dass meine Ethikvorstellungen nicht massentauglich sind, weil ich an die meisten Dinge viel zu rational herangehe und im Zweifel Statistikzahlen bemühe, um "Schäden" zu messen, was für einen emotional aufgeladenen Ethikhysteriker die denkbar unethischste Variante ist, mit so sensiblen Dingen umzugehen.

Was allerdings nun wirklich so dramatisch daran ist, wenn durch irgendeine Situation mal ein paar hundert oder tausend Menschen sterben - das kann mir keiner erklären, weil es eben selbstverständlich ist, dass es dramatisch ist.
Dann frage ich halt nicht mehr, was aber nicht heißt, dass ich es verstanden hätte, sondern nur, dass ich gelernt habe, die Klappe zu halten, weil es niemanden gibt, der es sinnvoll erklären kann, sich aber jeder aufregt, wenn tatsächlich mal einer fragt
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