anjesagt

Anjesagtes, Appjefahr'nes und manchmal auch Ausjedachtes
Mittwoch, 29. Januar 2020
Mülltonnenmissbrauch
Mülltonnenmissbrauch ist das Stichwort, das ich eigentlich gestern schon erwähnen wollte, weil es gestern mal wieder passiert ist: Jemand hat unsere Mülltonne missbraucht und ich habe mich mal wieder sehr darüber geärgert.

Aber von vorne: Bei mir ist "Müll" ja schon seit immer ein wichtiges Thema, und wenn jetzt jemand einwendet, dass "immer" ja wohl nicht der korrekte Zeitraum ist, nun gut, dann eben seitdem Müll in unserer Gesellschaft zu einem Thema wurde.

Ich weiß nicht genau wann das passierte, wann wir also mit dieser deutschtypisch pingeligen Mülltrennung angefangen haben, ich weiß aber, dass der grüne Punkt im Jahr 1990 an den Start ging* und seit mindestens 1990 ist bei mir Müll auch zu einem zentralen Thema geworden, weil ich zu dem Zeitpunkt auch CW kennenlernte und ich damit in ein Sammleruniversum eintauchte, von dem ich mich in dieser absoluten und nahezu kritiklos unbegrenzten Sammelleidenschaft sehr schnell sehr dezidiert entfernte.**

*weil ich im Sommer 1998, immerhin mit dem dritten Kind im achten Monat schwanger und vielleicht deshalb mental besonders instabil, aber damals lernte ich den Geschäftsführer ebendieser Gesellschaft kennen und begann eine heimliche, nichtsdestotrotz aber äußerst intensive und ans stalkermäßig grenzende Schwärmerei für diesen Mann, für die ich heute keine Erklärung mehr habe, die aber der Grund ist, warum ich sehr viel über den grünen Punkt weiß.

**Für CW war Wegwerfen ein Gräuel und er verteidigte sein Hab und Gut grundsätzlich mit Klauen und Zähnen und sehr viel Energie. So brachte er zB in unsere Beziehung und damit in unseren gemeinsamen Haushalt eine weiße Keramikpfanne ein. Die Pfanne war sehr groß und sehr hübsch und nahezu unbenutzt, weil sie nahezu unbenutzbar war. Wenn man sie nämlich benutzte, brannte sofort alles an, das Essen schmeckte schrecklich und es war eine Höllenarbeit, die Pfanne anschließend wieder sauber zu bekommen.
Nach dem dritten misslungenen Versuch, mit dieser Pfanne etwas zu braten, schmiss ich sie wutentbrannt in die Mülltonne, wo CW sie entdeckte und natürlich sofort wieder rausholte - weil sie schließlich sehr schön und nahezu unbenutzt war, man musste sie nur mal sauber machen.
Ich gab der Pfanne also eine weitere Chance, die im selben Desaster endete, die Pfanne war schlicht eine Fehlkonstruktion, diesmal hatte ich dazu gelernt und schmiss die Pfanne bei den Nachbarn in die Mülltonne.
CW hatte aber auch dazu gelernt, wusste, dass ich seiner Pfanne nach dem Leben trachtete und bewachte sie sorgfältig. Als er sie nicht mehr im Topfregal fand, schaute er natürlich sofort in unsere Mülltonne, wo sie auch nicht war, aber Anfang der 90er kannte ich CW noch nicht so lange, ich hatte ihn also peinlich unterschätzt, denn natürlich kontrollierte er anschließend auch die Mülltonnen in der näheren Umgebung und zog die Pfanne deshalb auch triumphierend bei den Nachbarn aus der Tonne. Wir hatten anschließend eine unserer heftigen und lauten Unterredungen, für die wir berühmt waren und ich hatte wichtige Details für den Umgang mit CW gelernt.
Mir war klar, dass ich auf normalem Weg diese Pfanne nicht mehr aus dem Haushalt entfernen kann, es gelang mir dann schließlich ca. sechs Monate später, als CWs Wachsamkeit mal kurz für einen Moment nachließ und er nicht bemerkte, dass ich die Pfanne aus dem Topfregal nahm und dann sorgfältig in Geschenkpapier wickelte, mit einer großen Schleife verzierte und mitnahm zu einer (erfundenen) Geburtstagseinladung nach Düsseldorf, wo ich sie dann nach viel Herumgekurve schließlich mitsamt Geschenkpapier im Hafen versenkte.


Seit ca. 30 Jahren achte ich also sehr genau darauf, dass ich den Müll, den ich in die Mülltonne stecke, auch garantiert loswerde, auf Borkum hat das Müllproblem noch mal ganz andere Hintergründe***, ist aber nichtsdestotrotz mindestens genauso groß, ich habe also insgesamt im Laufe der Jahre ein dezentes Mülltrauma entwickelt.

***dort gibt es keine Mülltonnen, sondern nur Müllsäcke - und die werden mit Begeisterung von den Möwen aufgehackt, weil die genau wissen, dass da oft wunderbare Möwenleckereien drin versteckt sind, auf Borkum ist die Müllentsorgung also mit einem extra Twist versehen, der für eine besondere Herausforderung sorgt.

So, zurück zum Anfang der Geschichte: Ich habe ein "Müllthema" in meiner Biographie und deshalb achte ich sehr genau darauf, dass meine Mülltonnen immer pünktlich rausgestellt werden, damit ich keine Leerung verpasse - und ich hole sie nach der Leerung auch gerne so schnell wie möglich wieder ans Haus, weil ich aus Erfahrung**** den Mülltourismus kenne und meine Tonne nicht für fremden Müll zur Verfügung stellen will. Meine soziale Ader ist eh nicht sehr groß, aber hier ist sie definitiv nicht existent: In meiner Mülltonne soll kein fremder Müll entsorgt werden.

****ein sehr großer, sehr hartnäckiger, aber auch mehrfach ertappter Mülltourist war mein Vater. Der weigerte sich einfach, einen eigenen Müllsack an die Straße zu stellen, weil man den a) kaufen muss und b) auch noch das Palaver mit den Möwen hat.
Er schmiss seinen Müll also grundsätzlich in die öffentlichen Mülleimer, die auf einer Nordseeinsel natürlich überall aufgestellt sind. Dass Einheimische ihren Müll so entsorgen ist allerdings nicht vorgesehen und ertappt wurde er dadurch, dass bei dem von ihm entsorgten Müllkonvolut auch an ihn adressierte Umschläge dabei waren. Da das wohl mehrfach vorkam und mehrfach entdeckt wurde, bekam er irgendwann richtig Ärger. Seitdem schnitt er seine Adresse immer sorgfältig aus, bevor er die Umschläge entsorgte, die ausgeschnittenen Adressen wurden dann einmal im Jahr verbrannt.


Ich weiß also, dass es Menschen wie meinen Vater gibt - und achte deshalb sehr auf den Schutz meiner Mülltonne, wenn ich könnte, würde ich sie abschließen, jedem seine Macke.
Jetzt ist es aber so, dass mir genau das regelmäßig passiert, dass also irgendjemand seinen Müll in meine Mülltonne schmeißt.
Wenn das jemand macht kurz bevor die Mülltonnen sowieso abgeholt werden, also jemand, der sieht, dass in meiner Tonne noch Platz ist und er diesen Platz nutzt, um seinen Krempel auch noch schnell loszuwerden - da habe ich überhaupt nichts gegen. Jeder kann meine Mülltonne nutzen BEVOR sie geleert wird.
Wir haben aber einen Menschen im Umfeld, der schmeißt seinen Müll in meine Mülltonne NACHDEM sie grade geleert wurde. Und das kann ich ja nun mal gar nicht leiden.
Seitdem die Kinder alle ausgezogen sind, ist die Mülltonne viel zu groß für uns. Ich müsste eigentlich endlich mal daran denken, eine kleinere zu bestellen, um nicht immer noch weiter das große, teure Müllvolumen dieser 200l Tonne zu bezahlen, das ist aber eine ganz andere Geschichte und geht außer mir, meinem (verschwenderischen) Gewissen und der städtischen Müllabfuhr niemanden etwas an.
Und auch wenn ich mein eigenes Müllvolumen sozusagen nie aufbrauche, so ärgere ich mich doch sehr, wenn jemand anderes es wie selbstverständlich mitbenutzt.
Der Müll wird hier in Greven so zwischen 7h und 8h morgens abgeholt. Nachdem ich mehrfach feststellte, dass in der frisch geleerten Tonne, die ich abends nach Rückkehr aus dem Büro wieder von der Straße ans Haus holte, bereits wieder neuer, frischer, FREMDER Müll drinliegt, habe ich mir angewöhnt, Dienstags, wenn der Müllwagen kommt, erst die Tonne reinzuholen bevor ich ins Büro fahre.
Neulich war aber bereits um 9h morgens schon fremder Müll in der Tonne, die ich von der Straße reinholte. Sapperlot.
Gestern habe ich deshalb extra darauf geachtet, möglichst früh die Tonne wieder reinzuholen und war ca. 10 Minuten nach dem das Müllauto durch war, schon vor der Tür, um unsere Tonne aus der Fremdmüllgefahrenzone zu holen.
Aber es war schon zu spät. Schon um 8.10h, eine Zeit, zu der ich üblicherweise nur mühsam wach bin, lag bereits fremder Müll in der ansonsten grade frisch geleerten Tonne - und so etwas macht mich sprachlos. Warum tut das jemand? Und was denkt der sich dabei?

Ich habe die (sorgfältig zugeknotete, fremde) Mülltüte mit spitzen Finger wieder aus meiner großen Mülltonne rausgeholt und bin ein Haus weiter zu unseren Floddernachbarn gegangen, wo die Mülltonne üblicherweise sowieso bis Mittwochs mindestens vor der Tür steht - und habe den Fremdmüll einfach eine Tonne weitergeräumt.

Ich habe keine Ahnung, welcher Nachbar Dienstags früh extra so lange wartet, bis das Müllauto grade vorbeigefahren ist, um dann seinen Müll in unserer Mülltonne zu entsorgen, aber ich werde das nicht dulden!
Leiver duad as slaav
!
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... ¿hierzu was sagen?

 
Ich erinnere mich, wie das mit der Mülltrennerei Anfang der 90er losging, und meine damalige Freundin (eine Schwäbin) nahm das alles sehr genau. Allerdings habe ich es irgendwann nicht mehr eingesehen, dass sie unser teures und kostbares Trinkwasser dafür vergeudet, jeden blöden Joghurtbecher penibelst auszuspülen. Ich sagte, wenn ihr das so wichtig ist, soll sie das Wasser dafür entweder aus dem Neckar holen oder eine Regentonne im Hof aufstellen.

Später haben wir auch Krach gekriegt, weil ich nicht alles Papier aus dem Restmüll draußengehalten habe - im Wissen, dass Tonnen von extra gesammeltem Altpapier dem Restmüll vor der Verbrennung wieder zugegeben werden, um die nötige Mindestbrenntemperatur zu gewährleisten. Aus verschmierten Pizzakartons wird eh kein Recyclingpapier mehr, aber das war der Dame nicht zu vermitteln. Sie sagte dann immer: "Aner man muss doch was tun!"

... ¿noch mehr sagen?  

 
Ja, über Mülltrennung kann ich auch viele Geschichten erzählen.
Wir hatten ja viele Jahre Au Pairs, jedes Jahr ein neues. Und jedes brauchte ungefähr ein Jahr, bis es das System der Mülltrennung richtig begriffen hatte. Knapp war es in Punkto Müll fertig angelernt, fuhr es wieder nach Südafrika - und wir bekamen ein neues, frisches, ungelerntes AuPair, und das Spiel begann von vorne.
Da waren schon eine Menge Skurrilitäten bei.