Freitag, 31. August 2018
Wartezimmer
anje, 00:57h
Heute hatte ich einen Termin beim Unfallchirurgen, der am Montag ja geschlossen hatte, weshalb ich in der Notfallambulanz im Krankenhaus notdürftig versorgt wurde, aber die Nachbehandlung des Gipsarms sollte auf alle Fälle der Unfallchirurg übernehmen, deshalb also heute dort Termin.
In der Praxis war es extrem voll, Wartezeit bis zu vier Stunden hieß es am Ticketcounter, was dort aber wohl Normalzustand ist, für Unfälle kann man schlecht Termine im Vorhinein machen.
Spannend, was für Leute da im Wartezimmer rumsitzen und spannend auch, wie sie warten.
Im Durchschnitt saßen ca. 20 Menschen auf den 30 Stühlen, die als Wartezimmerkreis an der Wand aufgereiht waren, alters- und herkunftsmäßig sehr gemischt, von allem was dabei.
Plötzlich singt ein Telefon eine Klingeltonmelodie vom Typ „Frühlingsklang“ in voller Lautstärke, eine ältere Dame, Kategorie Beigeling, zuckt zusammen und kramt hektisch in ihrer Handtasche, findet schließlich ihr Handy und versucht verzweifelt, den Anruf durch wildes Gewische anzunehmen. Sie wischt und wischt, die Frühlingsklänge füllen weiter das Wartezimmer bis es ihr schließlich gelingt, sich mit dem Telefon zu einigen. Jetzt quillt eine laut quäkende Stimme aus dem Gerät und erzählt irgendwas von Anneliese, die am Wochenende nicht mit zum Geburtstag bei Karl-Heinz kommen will. Die Frau scheint aus Versehen den Lautsprecherknopf bei ihrer wilden Wischerei erwischt zu haben, jetzt weiß sie nicht, wie sie das wieder abstellen soll, sie presst das Telefon ganz stark und verzweifelt an ihr Ohr, ändert aber nichts daran, dass der Lautsprecher das Wartezimmer beschallt und alle mitbekommen, dass Anneliese im Alter immer schwieriger wird. Ich finde das lustig, weil die Telefonfrau genau so aussieht, wie die Leute in meinem Schubladendenken, die sich über Leute, die in der Öffentlichkeit telefonieren, aufregen.
Die allermeisten Wartenden warten im übrigen taten- und bewegungslos, ganz faszinierend. Nur zwei Leute schauen in ihr Handy, interessanterweise beides ältere, die jüngeren lassen ihr Gerät unberührt in der Tasche stecken.
Auf dem Tisch liegen viele Zeitschriften, 90% Yellow Press, der Rest Autobild, die Zeitschrift mit dem intellektuellsten Niveau scheint mir die Für Sie zu sein, nur einer der Wartenden blättert in einer Zeitung, er hat ein Down-Syndrom und einen verbundenen Finger.
Im Wartezimmer ist es völlig still, die Telefonfrau hat es geschafft, ihr Telefonat zu beenden, jetzt hört man nichts mehr, kein Geräusch, niemand spricht, niemand hat Kopfhörer im Ohr.
Mir wird langweilig, ich krame meine Kopfhörer raus und entdecke Wartezimmerwarterei als perfekte Gelegenheit, um Podcasts zu hören, vier Stunden Wartezeit stören mich nicht mehr, ich bin aber schon nach zwei Stunden dran und habe jetzt immer noch ungehörte Podcast auf meiner Liste.
Außerdem habe ich einen neuen Gips bekommen, einen "Rundgips", der die Beweglichkeit des rechten Arms deutlich mehr einschränkt, als die halbe Gipsschiene, die ich bisher hatte. Jetzt ist alles viel komplizierter.
Am 27. September soll ich wieder kommen, dann kommt der Gips wieder ab.
Vier Wochen, jammer
.
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In der Praxis war es extrem voll, Wartezeit bis zu vier Stunden hieß es am Ticketcounter, was dort aber wohl Normalzustand ist, für Unfälle kann man schlecht Termine im Vorhinein machen.
Spannend, was für Leute da im Wartezimmer rumsitzen und spannend auch, wie sie warten.
Im Durchschnitt saßen ca. 20 Menschen auf den 30 Stühlen, die als Wartezimmerkreis an der Wand aufgereiht waren, alters- und herkunftsmäßig sehr gemischt, von allem was dabei.
Plötzlich singt ein Telefon eine Klingeltonmelodie vom Typ „Frühlingsklang“ in voller Lautstärke, eine ältere Dame, Kategorie Beigeling, zuckt zusammen und kramt hektisch in ihrer Handtasche, findet schließlich ihr Handy und versucht verzweifelt, den Anruf durch wildes Gewische anzunehmen. Sie wischt und wischt, die Frühlingsklänge füllen weiter das Wartezimmer bis es ihr schließlich gelingt, sich mit dem Telefon zu einigen. Jetzt quillt eine laut quäkende Stimme aus dem Gerät und erzählt irgendwas von Anneliese, die am Wochenende nicht mit zum Geburtstag bei Karl-Heinz kommen will. Die Frau scheint aus Versehen den Lautsprecherknopf bei ihrer wilden Wischerei erwischt zu haben, jetzt weiß sie nicht, wie sie das wieder abstellen soll, sie presst das Telefon ganz stark und verzweifelt an ihr Ohr, ändert aber nichts daran, dass der Lautsprecher das Wartezimmer beschallt und alle mitbekommen, dass Anneliese im Alter immer schwieriger wird. Ich finde das lustig, weil die Telefonfrau genau so aussieht, wie die Leute in meinem Schubladendenken, die sich über Leute, die in der Öffentlichkeit telefonieren, aufregen.
Die allermeisten Wartenden warten im übrigen taten- und bewegungslos, ganz faszinierend. Nur zwei Leute schauen in ihr Handy, interessanterweise beides ältere, die jüngeren lassen ihr Gerät unberührt in der Tasche stecken.
Auf dem Tisch liegen viele Zeitschriften, 90% Yellow Press, der Rest Autobild, die Zeitschrift mit dem intellektuellsten Niveau scheint mir die Für Sie zu sein, nur einer der Wartenden blättert in einer Zeitung, er hat ein Down-Syndrom und einen verbundenen Finger.
Im Wartezimmer ist es völlig still, die Telefonfrau hat es geschafft, ihr Telefonat zu beenden, jetzt hört man nichts mehr, kein Geräusch, niemand spricht, niemand hat Kopfhörer im Ohr.
Mir wird langweilig, ich krame meine Kopfhörer raus und entdecke Wartezimmerwarterei als perfekte Gelegenheit, um Podcasts zu hören, vier Stunden Wartezeit stören mich nicht mehr, ich bin aber schon nach zwei Stunden dran und habe jetzt immer noch ungehörte Podcast auf meiner Liste.
Außerdem habe ich einen neuen Gips bekommen, einen "Rundgips", der die Beweglichkeit des rechten Arms deutlich mehr einschränkt, als die halbe Gipsschiene, die ich bisher hatte. Jetzt ist alles viel komplizierter.
Am 27. September soll ich wieder kommen, dann kommt der Gips wieder ab.
Vier Wochen, jammer
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