anjesagt

Anjesagtes, Appjefahr'nes und manchmal auch Ausjedachtes
Dienstag, 28. August 2018
Notfallambulanz


So, die Notfallambulanz im örtlichen Krankenhaus habe ich jetzt auch ausgiebig durchgetestet, kann ich also von meiner Bucketlist streichen - blöd nur, dass es gar nicht drauf stand.

Nein, ich hatte nicht noch einen Unfall, immer noch derselbe von Sonntagnacht, aber auf Borkum haben sie im Krankenhaus zwar Nadel und Faden und konnten die Lippe nähen, ein Röntgengerät haben sie aber nicht und hätte ich über Schmerzen im Handgelenk gejammert, dann hätten sie mich im Zweifel ausgeflogen, weshalb ich es sehr pragmatisch vorgezogen habe, mich von K ausfliegen zu lassen, alles andere wäre eine logistische Katastrophe geworden.

Ich hatte angenommen, es sei eine Kleinigkeit, wenn ich heute einfach hier in Greven noch mal zum Arzt gehe, erstens muss der ja sowieso irgendwann die Fäden ziehen (für selbstauflösende Fäden hat es dann auf Borkum wohl auch nicht mehr gereicht) und zweitens machte mir mein Handgelenk tatsächlich Sorge, es schwoll immer mehr an und tat halt auch immer mehr weh.
Übersehen hatte ich dabei, dass hier in Greven heute Kirmes ist - für Grevener Verhältnisse der höchste Feiertag des Jahres, die gesamte Stadt steht still, alle regulären Läden sind geschlossen, die Kinder haben schulfrei (wobei das dieses Jahr voll ins Leere läuft, da sowieso noch Ferien sind) und ansonsten fahren heute alle Autoscooter, Riesenrad oder Achterbahn und essen Zuckerwatte oder Paradiesäpfel. Kirmes wird hier noch sehr traditionell gefeiert, dafür aber gründlich.
Dementsprechend hatte auch der Hausarzt heute nur eine eingeschränkte Notfallsprechstunde, ich fand aber, ich sei genug Notfall und habe auf einen Termin bestanden. Der Arzt meinte dann, es wäre wohl doch sehr sinnvoll, wenn der Arm mal geröntgt wird, nach fünf Telefonaten hat er dann die Notfallaushilfe des Radiologen ans Telefon bekommen, die sich bereit erklärte, mein Handgelenk zu röntgen, wenn ich jetzt sofort käme. Ab 11h wäre bei ihnen alles geschlossen.
Um 10.55h war ich beim Radiologen - ich musste einmal durch die Stadt laufen, denn Parkplätze gibt es bei Kirmes auch nicht - es ist alles großräumig abgesperrt.
Die Röntgenaufnahme ergab dann einen Abriss des Prozessus styloideus radii. Was auch immer das ist, die Ärztin meinte, es hätte deutlich schlimmer kommen können und ich bekäme jetzt eine Gipsschiene und dann wäre bald wieder alles okay. Ärzte sehen die Dinge oft anders locker als ich. Vor sechs Jahren habe ich mir auch irgendwas am Radius gebrochen, genau genommen das Radiusköpfchen, was sich als Diagnose sehr niedlich anhörte, insgesamt aber weit über drei Monate dauerte, bis ich den Arm wieder normal bewegen konnte. Diesmal ginge es aber viel schneller, hat sie mir versprochen, nun, dann schauen wir mal.

Die Praxis des Unfallchirurgen hatte heute allerdings geschlossen (Kirmes!), so dass zum Gipsen nur die Notfallambulanz des Krankenhauses blieb.
Weitere dreieinhalb Stunden später hatte ich dann tatsächlich meinen Gips, was aber nicht daran lag, dass es dort so entsetzlich überfüllt gewesen wäre oder der Gips so lange zum Trocknen brauchte, sondern weil die Besetzung in dieser Notfallambulanz auch locker von Extra3 hätte portraitiert werden können. Es war schon sehr faszinierend. Patienten gab es eigentlich nicht so viele, als ich kam, warteten zwei vor mir, in den drei Stunden, die ich da verbrachte, kamen dann noch drei weitere dazu - insgesamt eigentlich überschaubar. Dafür gab es sehr viele Leute im weißen oder blauen Kittel, die meisten waren aber entweder Praktikanten (die erkennt man daran, dass es a) auf ihrem Namensschild steht und sie b) überhaupt keinen Plan haben, was sie tun sollen, dafür aber sehr bemüht sind), oder PJ'ler (die erkennt man daran, dass sie ein Namensschild ohne jede Dienstbezeichnung tragen und tatsächlich noch verpeilter sind als die Praktikanten, weil sie ja tatsächlich wirklich nichts vernünftiges machen dürfen. Wenn ein PJ'ler Schwesternarbeit macht, wird er von einer Schwester angepfiffen, wenn er Arztarbeiten macht, wird er von einem Arzt angepfiffen, am besten macht er also nichts, sondern schaut nur auf sein Handy, daran kann man PJ'ler einwandfrei erkennen). Die diensthabende Stationsschwester erinnerte mich schwer an unseren tiefbegabten Assistenten der Geschäftsführung - ich hatte ihr meine Diagnose vom Radiologen persönlich übergeben, weil sie meinte, dass sie den Papierkram schon mal vorbereiten wolle - als aber dann endlich irgendwann ein handlungsfähiger Arzt erschien, schwor sie Stein und Bein, dass sie das Diagnosepapier nie von mir bekommen hätte - aus der Reaktion des Arztes entnahm ich, dass das wohl häufiger passiert.
Und ansonsten passierte überwiegend nichts, außer dass jede Menge Menschen in weißen oder blauen Kitteln durch die Gänge liefen, immer wieder in einen der Behandlungsräume guckten (die immer alle leer waren) und schrecklich beschäftigt taten.
Nach ca. anderthalb Stunden Warten erschien ein Arzt, ging auf mich zu und fragte: "Warten Sie schon lange?" - ich sagte "ja", worauf er meinte "na, dann kommen Sie mal mit." - Der Mensch neben mir wartete noch länger als ich, weil er schon da saß, als ich ankam, der wurde aber nicht befragt und musste deshalb weiter warten. Pech gehabt.
Der Arzt ließ sich dann lang und breit von mir schildern, wie der Unfall passiert ist und tippte dabei ständig in seinen Computer. Es war alles ausgesprochen skurril, denn als ich sagte, es gäbe doch schon längst einen Befund und den hätte ich der Schwester geben, war er sehr eingeschnappt und meinte, das hätte ich doch gleich sagen können. Blöd nur, dass die Schwester den Befund nicht hatte.... Es wurde dann ein Praktikant in die Radiologie geschickt, um den Befund ein zweites Mal zu besorgen, es lebe der Datenschutz, wir übertragen natürlich auf keinen Fall irgendetwas elektronisch.

Naja, im Endergebnis habe ich dann schließlich einen Gips bekommen, jetzt juckt es darunter, die Lippe juckt auch und mich nervt das alles ganz schrecklich
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