anjesagt

Anjesagtes, Appjefahr'nes und manchmal auch Ausjedachtes
Freitag, 17. August 2018
Geärgert
Heute habe ich mich den ganzen Tag damit beschäftigt, mich zu ärgern. Ist ja auch mal nett, so ein ganzer Ärgertag - dann weiß man, wie gut es einem geht, wenn man sich nicht ärgert.
So ein Dauerärger kann einem den ganzen Tag versauen, man glaubt es kaum, aber ehrlich, selbst die Ankunft von einem wunderbaren Paar Schuhe, das ich mir als Spontanbelohnng zum Ferienende geschenkt hatte, konnte mich nur sehr kurz von menem Ärger ablenken.
Dabei sind die Schuhe in echt sogar noch viel toller als im Internet. Handschuhweiches Leder, wirklich flüsterzart, supergemütlich, geschlossen genug, um für seriöse Auftritte akzeptabel zu sein (ich finde so nackichte Sandalen und Bürooutfit verträgt sich nicht), aber trotzdem ein paar hübsche Löcher an der Seite, um als luftiger Sommerschuh zu gelten und schließlich insgesamt ausgesprochen ausgefallen und ungewöhnlich, dabei farblich sehr dezent, der perfekte Widerspruch in sich also, ich mag solche Schuhe.


Aber auch die Ankunft samt sofortiger Anprobe mit der Entscheidung "ich lass sie gleich an" konnten meine Stimmung nur kurz aufhellen, irgendwann musste ich mich ja wieder zu meiner Arbeit umdrehen und sofort kochte der Ärger wieder hoch.
Ich habe nämlich heute den Geschäftsbericht unserer Firma Korrektur gelesen, weil er bis morgen in der Kontrollabteilung im Mutterhaus sein muss, das ist schon die verlängerte deadline.

Es gibt natürlich schon lange einen offiziellen, testierten Jahresabschluss, aber der liest sich ziemlich umständlich und ist eigentlich nur was für Fachleute, die auch wissen, welche Vorschriften dahinterstehen und überhaupt die ganzen Zahlen deuten können.
Da es darüberhinaus aber auch jede Menge "einfach strukturierter Menschen" gibt, die an Informationen über unsere Firma interessiert sind, erstellen wir zusätzlich immer noch einen Geschäftsbericht. Das ist im Grunde der Jahresabschluss in leichter Sprache. Da der Geschäftsbericht eine freiwillige Sache ist, muss er sich an keine gesetzlichen Formvorschriften halten, gleichwohl haben wir natürlich irgendwann mal ein Schema entwickelt, wie der aufgebaut ist und das halten wir dann auch jedes Jahr bei.
Wenn man den Jahresabschluss hat und zusätzlich den Bericht des Wirtschaftsprüfers ist es aus meiner Sicht eine Kleinigkeit, den Geschäftsbericht zu erstellen - man muss die gegebenen Informationen nur etwas verständlicher aufbereiten. Es ist also eine perfekte Aufgabe für den tiefbegabten Assistenten der Geschäftsführung, der diese Aufgabe auch schon seit 15 Jahren eifrig erledigt.
Leider trage ich die Verantwortung für den Geschäftsbericht und aus leidvoller Erfahrung aus der Vergangenheit weiß ich, dass es klüger ist, ich schaue mir den von dem tiefbegabten Assistenten vorbereiteten Geschäftsbericht unbedingt noch einmal sorgfältig an, schreibe ihn im Wesentlichen neu korrigiere alles, was notwendig ist und gebe ihn erst dann weiter ins Mutterhaus.
Nun, und das war also meine Beschäftigung heute und deshalb habe ich mich in einer Tour und ohne Unterbrechung (bis auf ganz kurz wegen der Schuhe) geärgert.
Über diesen unsäglichen Assistenten und darüber, wie ein Mensch, der auf dem Papier nicht nur eine sehr gute Ausbildung hat (und deshalb ein entsprechend sehr gutes Gehalt bezieht), sondern der zusätzlich mittlerweile auch schon 15 (fünfzehn!) Jahre Erfahrung in dem Job hat, so unglaublich viele und vor allem so unglaublich dumme Fehler in einen einzigen Geschäftsbericht einbauen kann. (Randnotiz: Solche Assistenjobs sind eigentlich nur als Karrieresprungbrett gedacht, das macht man zwei, maximal drei Jahre und dann wird man irgendwo selber Chef, oder wenigstens zweiter Chef, aber auf alle Fälle ist ein Assistentenjob nicht als Lebensaufgabe ausgelegt.)
Ich ahnte ja schon, was da auf mich zukam, deshalb habe ich die Kontrolle dieses unseligen Geschäftsberichts immer weiter geschoben - aber heute gab es kein Entkommen, heute musste er raus.
Die gute Nachricht zum Schluss: Er ist jetzt raus und morgen kann ich wieder heiter, beschwingt unnd unbelastet ins Büro gehen
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... ¿hierzu was sagen?

 
Das Positive sehen.
Ich nenne sowas immer gerne „Gruppenarbeit“. Dann ist für mich klar, wie es läuft - ich teile auf, gebe mir einen recht kleinen Teil, den ich groß aussehen lasse; damit sich niemand beschwert. Und am Ende baue ich dann alle Einzelteile zusammen - und „korrigiere“ eben. Ist natürlich Arbeit und man ärgert sich über (insbesondere dumme) Fehler, aber hat dann zumindest den Grundstock an Arbeit schon erledigt vor sich liegen. Weil das „Korrigieren“ liegt mir halt, auf die Arbeit, alles komplett zu formulieren, habe ich keine Lust.

Außerdem, wie Sie sagten: Man merkt, wie gut es einem geht, wenn man sich mal nicht ärgert. Und über sich selbst ärgert man sich ja auch häufig, ich halte den Ärger über andere für wesentlich erträglicher.

... ¿noch mehr sagen?  

 
Ja, grundsätzliche sehe (und mache) ich das auch so.
In diesem Fall habe ich mich aber nicht darüber geärgert, dass ich den Bericht korrigieren musste, sondern dass es so sagenhaft ungerecht ist, dass dieser blöde Idioten-Assi so viel Geld verdient und dafür nur so eine Minderleistung abliefern muss, während andere Leute, die deutlich mehr leisten, trotzdem deutlich weniger verdienen, (bzw. weniger Geld bekommen. Verdienen würde sie ja viel mehr)
Das ist einfach nur unfair, unfair, unfair. Und deshalb habe ich mich so sehr doll geärgert.