anjesagt

Anjesagtes, Appjefahr'nes und manchmal auch Ausjedachtes
Donnerstag, 11. Mai 2017
OneNote rules
oder: wie Texte entstehen

Schreiben ist für mich die effizienteste Methode, meine eigenen Gedanken zu sortieren.
Beim Schreiben kann ich quasi mit mir selber diskutieren. Dadurch, dass ich versuche, Dinge so präzise, oder besser: so verständlich wie möglich auszudrücken, finde ich oft Löcher in meiner eigenen (bisherigen) Argumentation, bzw. ich bemerke, dass ich zwar eine Meinung habe, aber nicht genug Wissen, um die Meinung überhaupt zu rechtfertigen. Oder ich habe einfach noch nicht lange genug nachgedacht, um mir wirklich meine "Meinung" zu bilden. Dann ist es eher eine "Anderung", also irgendetwas, was ich von jemand anderem übernommen habe, ohne es ausreichend zu hinterfragen.

Deshalb schreibe ich gerne, nicht für andere, sondern für mich.
Ich denke gerne über alle möglichen Dinge nach, aber komplexere Dinge nur im Kopf zu bewegen, dafür bin ich zu dumm. Oder zu wenig multitasking begabt - ich kann mir nicht mehrere Gedankenstränge merken, sie fortführen, gleichzeitig in Frage stellen und darüber nachdenken, was jetzt besser passt oder ob es noch mehr Gedankenansätze gibt, die auch noch berücksichtigt werden müssten.
Während ich also versuche, Gedanke eins fortzuspinnen und zu entwickeln, fällt mir schon Gedanke zwei als Gegenargument auf, den ich natürlich aufgreife und auch wieder fortführe, nur um dann über Gedanke drei zu stolpern, der das gesamte Thema aus einer ganz anderen Perspektive betrachtet - und wenn ich soweit bin, habe ich mit hoher Wahrscheinlichkeit Gedanke eins schon wieder vergessen.
Gedanke eins war aber noch nicht fertig zu Ende gedacht, ich komme da unterwegs nur immer wieder vom Weg ab, verzettel mich, drehe mich im Kreis und komme zu keinem vernünftigen Ergebnis.

Wenn ich das alles aufschreibe, dann kann ich für jeden Gedanken einen neuen Absatz anfangen, mir geht nichts durch Vergessen verloren und ich kann nach und nach die Absätze so sortieren, dass sie sinnvoll zueinander passen, im Idealfall aufeinander aufbauen - und ich kann jede Menge Absätze mit gutem Gefühl wieder löschen, weil ich beim Nachdenken festgestellt habe, dass der Ursprungsgedanke trivial, verkehrt, albern, widersprüchlich oder nutzlos ist.

Ich mag es natürlich auch mit anderen Leuten über Dinge zu diskutieren, aber am liebsten ist es mir, wenn solche Diskussionen auf einem gewissen Niveau stattfinden, d.h. dass keine tumben Stammtischparolen wiedergegeben werden, sondern dass sich jeder schon so weit mit dem Thema befasst hat, dass er selber auch tatsächlich eine "Meinung" hat und eben keine gesellschaftskonforme "Anderung".

Ich würde spontan von mir behaupten, dass ich grundsätzlich an allen möglichen Dinge interessiert bin, was aber natürlich nur eine sehr subjektive Wahrnehmung ist, denn wenn ich genauso spontan jetzt mal fünf Dinge aufzählen sollte, die mich so sehr interessieren, dass ich auch länger darüber nachdenken möchte, fällt mir natürlich eben genau nichts ein.
Deshalb finde ich es sehr nützlich, dass ich ein System gefunden habe, mit dem ich Dinge, die mich so sehr interessieren, dass ich gerne mal länger drüber nachdenken möchte, festhalten kann. Und wenn ich meine Gedanken dann vernünftig sortiert habe, wird ein Blogbeitrag daraus, denn auch das Blog führe ich ja unterem genau deshalb, weil ich meine eigenen Gedanken irgendwo zusammenfassen möchte.

Ich könnte das theoretisch im selben System und alles "offline" machen - aber dann fehlte mir der Druck von außen, mit dem Sortieren meiner Gedanken auch mal zu Potte zu kommen. Dadurch, dass ich hartnäckig versuche, jeden Tag irgendetwas in diesem Blog zu veröffentlichen, habe ich mir das für mich notwendige Korsett zur Selbstdisziplin geschaffen und kann so sicherstellen, dass das Blog überhaupt lebt. Und für ein lebendes Blog lohnt es sich natürlich, auch mal länger an einem Beitrag zu feilen. So hängt also alles mit allem zusammen, ich stelle aber nach anderthalb Jahren täglichem Bloggen fest, dass es mir auch immer leichter fällt, meine Gedanken zu sortieren und allein deshalb hat es sich ja schon gelohnt.

Wenn mir ein Thema, eine Idee oder eine Anregung für künftige Blogbeiträge begegnet, (also irgendetwas, über das ich gerne mal länger nachdenken möchte), dann habe ich mir angewöhnt, dazu eine neue Seite in meinem OneNote-Notizbuch "anjesagt" anzulegen, um dort im Laufe der Zeit alle Wörter/Begriffe, Satzfetzen und sich langsam entwickelnde Texte zu speichern, die mir dazu so durch den Kopf gehen. Manchmal muss die Zeit dabei sehr lange laufen, manchmal verläuft sie sich auch und dann weiß ich gar nicht mehr, welcher Gedanke oder welche Idee zu den gespeicherten Wörter gehört, manchmal geht es aber auch sehr schnell, bis sich aus einem einfachen Wort ein langer Text entwickelt.
Was allerdings unstreitig schon ganz lang geworden ist, das ist die Liste mit den angelegten Seiten - und dabei lösche ich jeden Text aus dem OneNote-Notizbuch, wenn ich ihn im Blog veröffentlich habe.
Aktuell habe ich aber mindestens 50 angefangene "Themen", und dieser Text entwickelte sich als zweiter Gedanke zu einem ganz anderen Thema, deshalb habe ich ihn dort abgetrennt und jetzt alleine fertig gestellt.
Damit habe ich jetzt aber auch eine Erklärung, weshalb ich manchmal mit komplett "vom Himmel gefallenen Beiträgen" um die Ecke komme. Die haben dann nichts mit meinem aktuellen Tag zu tun, sondern sind nur durch Zufall an genau diesem Tag mal fertig ausformuliert worden.

OneNote ist deshalb das aus meiner Sicht perfekte Programm, um dort alle Ideen und Texte zu sammeln, weil es geräte- und systemübergreifend synchronisiert.
Inzwischen leiste ich mir ja sogar den Irrsinn, mit vier verschiedenen Geräten gleichzeitig zu arbeiten, d.h. neben meinem Laptop schreibe ich auch immer mal wieder auf meinem iPad und seit 14 Tagen habe ich ja auch noch dieses Surface Pro 4 Tablet-Netbook-Kombiteil (was mir übrigens wirklich gut gefällt) und schließlich arbeite ich auch noch oft mit auf dem iPhone, denn dieses Gerät habe ich wirklich immer bei mir und je nach dem wo und in welcher Situation ich grade bin, ist es dann auch das einzige Gerät, auf dem ich (oft heimlich) meine Notizen weiter ergänzen kann. Da OneNote auf allen Geräten gleich gut läuft und sich alle Texte jederzeit und problemlos synchronisieren, finde ich es tatsächlich ideal, für diesen Zweck
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