anjesagt

Anjesagtes, Appjefahr'nes und manchmal auch Ausjedachtes
Dienstag, 23. Februar 2016
Fremde Menschen
Da ich nur sehr selten mit dem Bus oder der Bahn unterwegs bin, habe ich leider auch nur sehr wenig Gelegenheit, den Gesprächen anderer Menschen zu lauschen oder mich gar selber mit fremden Menschen zu unterhalten. Im Winter fällt mir das verstärkt auf, denn da fallen auch die lustigen Beobachtungsbesuche in Straßencafes oder Biergärten weg. Und auf Flohmärkten, ansonsten noch eine weitere Quelle für Gespräche mit fremden Leuten, findet im Winter auch nur wenig statt.
Einkaufen gehe ich meist nur bei Lidl oder Aldi, wo traditionell eher wenig geredet wird. (Übrigens im Unterschied zu Rewe, Edeka oder allen Biomärkten, wo man immer irgendwelche Frauen Leute sieht, die sich dort zufällig getroffen haben und eben mal schnell die wichtigsten Neuigkeiten austauschen.)

Privat treffe ich ebenfalls nur ganz wenige Menschen. Die Zeiten für wilde Partys mit zig neuen Kontakten sind schon etwas länger her, und überhaupt habe ich ja mit dem Alter eine immer ausgeprägtere Smalltalk-Langeweile entwickelt, so dass ich zu vielen Einladungen nicht mehr hingegangen bin und heute werde ich schon gar nicht mehr eingeladen, was die logische Folge ist, wenn man jahrelang immer nur alles abgesagt hat.

Kurz: Im Winter habe ich fast gar keinen Kontakt zu fremden Menschen, sondern bewege mich sehr abgeschottet nur zwischen den Kollegen im Büro und den im Wesentlichen auch längst bekannten und immer gleichen Geschäftspartnern außerhalb des Büros.
Grundsätzlich stört mich das nicht, im Gegenteil, je älter ich werde umso weniger Lust habe ich auf Menschen. Die paar ganz wenigen Menschen, die heute noch zu meinem privaten Leben gehören, die also über die Jahre die Hartnäckigkeit besessen haben, mich zu ertragen und den von mir nicht gepflegten Kontakt trotzdem unverdrossen zu halten, die reichen mir komplett, mehr wäre schon wieder Stress.

Andererseits - ganz fremde Menschen, die auch fremd bleiben, die nur kurz aufblitzen und dann wieder weg sind, die man nur wie vorbeiflirrende Glitzerpunkte wahrnimmt, die sind schon interessant. Meistens höchst unterhaltsam, weil oft so skurril und damit so unfassbar komisch, dass man gar nicht die Phantasie hat, sich so etwas selber auszudenken.

Deshalb fehlt mir das im Winter manchmal, dass ich so wenig Kontakt zu fremden Leuten habe.
Heute fahre ich endlich mal wieder Zug, nachher, nach Düsseldorf. Und dort dann auch noch weiter mit dem ÖPNV.
Ich freu mich schon und bin sehr gespannt, was ich da unterwegs so erlebe
.
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Erkenne mich da in manchem wieder, lebe ja auch recht abgeschottet. Aber den Punkt, wo mir da explizit was fehlt, erreiche ich verdammt selten. Zugfahrten oder gar ÖPNV, das hat für mich sehr schnell was von Straf-Expedition. ;-) Dafür folge ich auf Twitter dem Account "Rheinbahn intim", der das tägliche Gequatsche der Leute in der Bimmel schonungslos dokumentiert.

Wünsche Ihnen aber trotzdem eine unterhaltsame Fahrt.

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Liveblogging aus dem Zug #1
Westfalenbahn:
Ich reise mit einem Handyticket, das ich mir vorsichtshalber aber auch noch ausgedruckt habe.
Im ersten Zug, kann der Schaffner nicht mit meinem Handyticket umgehen und freut sich über den Papierausdruck, den er tatsächlich mit seiner Zange abknipst.

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Vor dem Zug
In Münster habe ich 10 Minuten Zeit zum Umsteigen, vier Gleise weiter sollte auch in dem chaotischen Baustellenbahnhof kein Problem sein.
Der nächste Zug geht um 17.03h
Auf dem Bahnsteig angekommen sehe ich die Anzeige: Zug nach Düsseldorf, planmäßig 16.03h heute 60 Minuten Verspätung.
Und dann kommt auch eine Durchsage, dass der Zug nach Düsseldorf nicht nur 1h Verspätung hat, sondern auch nur bis Dortmund fährt.
Ich habe ein zuggebundenes Handyticket, bei der Buchung wurde ich mehrfach darauf hingewiesen, dass ich nur den gebuchten Zug und keinen anderen benutzen darf.
Ich will nicht in Dortmund stranden, also franse ich mich durch den Baustellenbahnhof bis zur Bahninformation, die draußen in einem Container wohnt.
Habe Glück, Schalter ist frei, ich erkläre die Sache mit zuggebundenem Ticket und Verspätung und Ende in Dortmund, Frau im Schalter guckt auf mein Handyticket und sagt: "Sie haben aber ein Ticket für den Zug um 17.03h. Der ist planmäßig. Dann laufen Sie jetzt lieber mal."
Ich galoppiere mit Highspeed zurück zum Bahnsteig, den ich um 17.03'10'' erreiche. Der Zug ist noch da, aber die Türen gehen nicht mehr auf.

 
#3
Die nette Dame am Infoschalter grinst mich an: "Zu langsam gerannt?"
Dann lässt sie sich den Ausdruck meines Handytickets geben und schreibt irgendetwas unleserliches darauf, was sie dann abstempelt und mir mitteilt: "Betrachten Sie es als ganz große, einmalige Ausnahme. Nehmen Sie jetzt den Zug um 17.18h, Gleis 14."

In diesem Zug sitze ich jetzt und warte auf den Schaffner, dem ich dann ein zuggebundenes Handyticket mit einmaliger Abweicherlaubnis auf dem bereits abgeknipsten Papierausdruck präsentiere.

Spannend bleibt die Frage, ob damit auch die veränderte Anschlussverbindung im ÖPNV genehmigt ist.

 
#4
Der Zug ist rappelvoll.
Ich habe die Wahl zwischen einem Platz neben einem kopfwackelnden Jugendlichen, aus dessen Kopfhörern die Musik so laut rauswummert, dass es bis zu mir dröhnt oder einem Platz neben einer Frau, die in meinem Schubladensystem bei "Münsteraner Geldschnepfe" einsortiert wird.

Ich entscheide mich für den Platz neben der Frau, schließlich will ich was erleben unterwegs und da ist ein hörgeschädigter Teenie eher suboptimal als Konterpart.

Es geht auch schon gut los, denn ich muss die Frau bitten, ihre Handtasche vom Sitz zu nehmen, damit ich mich setzen kann. Das scheint ihr schon sehr zu missfallen.

Ich ignoriere ihre bösen Blicke, hole mein iPad aus der Tasche und setze mein Liveblogging fort.

Münsteraner Geldschnepfen sind eine ganz besondere Spezies Mensch: üblicherweise führen sie ein sehr abgeschottetes Leben in ihren eigenen Kreisen, die sich vor allem durch gesteigerte Homogenität auszeichnen. Hier haben nicht nur alle ähnlich viel Geld, sondern auch ähnlich konservative wertewahrende Einstellungen, einen sehr einheitlichen und wenig Abweichungen duldenden Geschmack in Sachen Kleidung, Einrichtung und Styling, sowie einen Humor, der sich vor allem durch Nichtexistenz hervortut.

Ich habe die zweite Zwischenmeldung online gestellt und checke kurz mein Handy, weil ich gemerkt habe, das neue Whatsapp eingegangen sind. Da kommt es: "Können Sie das bitte lassen, mich stört das."

Ich habe ja mit allerlei Nörgeleien gerechnet, aber diese fasziniert mich sehr.
Ich ignoriere sie.
Lege das Handy weg und hole das iPad wieder raus, um weiter zu schreiben.
Zwei Minuten später meldet sie sich erneut: "Können Sie das bitte lassen oder setzen sich woanders hin?"
Ignorieren ist mir jetzt zu langweilig, da will jemand Streit, also fühle ich mich in der Pflicht, ihr den Gefallen zu tun: "Ich fände es auch eine gute Idee, wenn Sie sich woanders hinsetzen, Ihr Parfum riecht sehr stark und belästigt mich."

Essen HBf, noch fünf Stationen, bin gespannt, wie es weitergeht.

 
#5
D'dorf Flughafen, die Frau ist ausgestiegen ( ohne vorher den Platz gewechselt zu haben), allerdings hat sie die letzten 10 Minuten beständig etwas vor sich hingebrabbelt im Sinne von: überall wird man von Strahlung belästigt und das nimmt alles ein böses Ende, mit diesen Geräten.
Sowas, dass ich das tatsächlich erleben durfte :-)

 
#6
Jetzt nur noch Straßenbahn

Jetzt nur noch Straßenbahn

 
Ah,
nicht die K-Linie. ;-)

 
Hach, da haben Sie schön was erlebt.

Ich saß auch mal einer Dame im Zug gegenüber, die das Handy schwierig fand. Wenn ich es schon benutze, solle ich es doch bitte nicht "auf sie richten", sagte sie ;-)

 
@ Herr Mark: Stimmt, nicht die K-Bahn, ich wollte ja auch nicht nach Meererbusch :-)
Wobei Ihr Begriff "K-Linie" sich für mich so fremd anhörte, dass ich das spontan gegoogelt habe und dabei fasziniert feststellte, dass die K-Bahn es sogar zu einem eigenen Wikipediaartikel gebracht hat.
An "76" kann ich mich auch noch dunkel erinnern, schließlich habe ich erst 1982 Abitur gemacht, aber als "U76" hätte ich sie sowieso nicht wiedererkannt, denn die K-Bahn hatte schließlich nichts mit Untergrund zu tun.

Ich bin gestern mit der 709 gefahren - und die kannte ich auch noch von früher, denn in den 80ern war ich viel in Neuss und da fuhr man entweder 705 oder 709, ein ganz kleiner Rest "Wiefrühergefühl" kam also doch auf. Leider kam kein Kontrolleur, so dass ich nie mehr erfahren werde, ob ich gestern mit oder ohne gültigen Fahrschein in dieser Bahn saß. Auf alle Fälle aber mit gutem Gewissen, denn insgesamt hatte ich ja eine "Rail-Plus-Fahrkarte", das wird also schon alles korrekt gewesen sein so.
Nette Leute, oder eher ein netter Leut, war auch in der Bahn, dem ich ein Gespräch aufzwang, weil ich nicht sicher war, welches die richtige Aussteigehaltestelle ist. Ich wollte in die Altstadt - und in Höhe Graf-Adolf-Platz begann ich gefühlt mit der Parkplatzsuche und hätte es deshalb akzeptiert, wenn ich von da hätte laufen müssen, er hat mir aber glaubhaft versichert, es gibt auch noch eine Haltestelle Poststraße, so dass ich ihm da tapfer vertraute. Als er recht behielt und es die wesentlich günstigere Haltstelle Poststraße tatsächlich gab, hätte ich ja gerne noch Kontaktdetails mit dem netten (und übrigens sehr ansehnlichen Herrn) getauscht, aber da musste ich ja aussteigen. Da hat der Herr Glück gehabt.

 
Da sehnse mal. Von einer Haltestelle Poststraße hätte ich auch nicht gewusst. Und nachdem die Strab jetzt wegen Wehrhahn-Linie sowieso anders verkehrt, müsste ich mich vor Fahrtantritt auch erst mal aufschlauen, was wo und wie. Und ja, natürlich sagt der Einheimische K-Bahn und nicht K-Linie (letzteres ist eher Rheinbahn-Veteranen-Sprech).

Hier ist es ja so, dass ich in den 10-15 Minuten, die ich zu Fuß zur K-Bahnhaltestelle brauche, mit dem Auto schon über der Rheinbrücke bin, und das selbst im Feierabendverkehr, da drängt sich der ÖPNV nicht gerade mit Macht als Alternative auf. Ich hab das paarmal mit Töchterlein als "Expedition" in Angriff genommen, wenn das Darkmobil Werkstatt-Termin hatte. Für sie war das ein Abenteuer und mal eine nette Abwechslung, aber ich hätte das nicht unbedingt haben müssen.