anjesagt

Anjesagtes, Appjefahr'nes und manchmal auch Ausjedachtes
Freitag, 28. September 2018
Dauerquasseln
Manmanman, ich bin immer noch ganz benommen, wenn ich nur daran denke, wie mein Tag heute startete.
Ich hatte nämlich um 8h einen Termin beim Zahnarzt.
Nichts schlimmes, nur eine turnusmäßige Zahnreinigung, seit der großen Paradontosebehandlung Anfang des Jahres übernimmt sogar die Kasse die Kosten dafür. Den Termin habe ich schon vor Monaten gemacht und weil ich weiß, dass so eine Zahnreinigung rund eine Stunde dauert und ich im Anschluss nicht erst gegen Mittag im Büro aufschlagen will, lege ich solche Termine gerne auf 8h, bisher hat das stets wunderbar geklappt.

Nun ist ja 8h morgens nicht unbedingt meine Zeit, und ja ich weiß, wie privilegiert ich bin, dass ich oft genug um diese Zeit noch immer im Bett liege und versuche, wach zu werden, aber als Patient im Zahnarztstuhl, der nichts anderes tun muss, als nur den Mund offen zu halten, kann man ja auch mal um 8h versuchen, am Leben teilzunehmen.

Dachte ich. Ich meine, ich dachte, dass ein Patient im Zahnarztstuhl nichts anderes tun müsse, als nur den Mund offen zu halten und das habe ich mir halt so grade eben noch zugetraut.
Aber Fehler, ganz großer Fehler, denn mein Zahnarzt, der bisher nur angenehm mundfaule, lokal-westfälische Zahnarzthelferinnen beschäftigte, hat seit neuestem eine Berlinerin im Team. Und zwar eine von der ganz üblen Sorte, nämlich eine, die nicht nur ohne Pause redet, sondern dabei auch noch ständig Fragen stellt. Fragen wie: "Ist es so okay für Sie? Möchten Sie vorher noch mal umspülen? Soll ich den Stuhl etwas flacher stellen? Benutzen Sie Zahnseide oder Interdentalbürstchen?" - Und wenn der fachliche Teil keine weiteren Fragen mehr bietet, geht es weiter mit: "Heute ist ja schon Freitag, geht für Sie die Woche auch immer so schnell rum? Wussten Sie, dass in weniger als drei Monaten schon wieder Weihnachten ist? Wir hatten ja einen wunderbaren Sommer, haben Sie den auch so genossen? Freuen Sie sich auch schon aufs Wochenende? usw. usw. usw."

Ganz unabhängig davon, dass ich um 8h morgens ganz nachdrücklich nicht für so ein verbales Dauerfeuer gerüstet bin, hat mich die Fragerei endgültig fertig gemacht, denn wie antwortet man als Patient mit offenem Mund auf einem Zahnarztstuhl? Ich meine, da gibt es schon eine technische Unmöglichkeit, ich zumindest kann mit offenem Mund, in dem jemand mit Spuckesauger und Poliergerät rumhantiert, nur sehr schlecht reden und kann es deswegen hassen, wenn ich in so einem Zustand mit Fragen beworfen werde.

Ich lag also mehr oder weniger hilflos auf diesem Zahnarztstuhl, es war 8h morgens, ich war überwiegend damit beschäftigt, überhaupt nur zu existieren, da passiert mir diese Zahnarzthelferin, die mich plattgequatscht und dabei fröhlich versucht, Konversation zu machen. Ich konnte nicht weglaufen, ich konnte nicht antworten, ich konnte ihr noch nicht mal die Meinung sagen und das sofortige Schweigen für immer verlangen, ich konnte einfach nur still leiden und leise wünschen, dass die Dame umgehend vom Blitz getroffen wird.
Solche edlen Wünsche werden ja leider nie erfüllt, ich schlage aber vor Dauerquasseln als D-Waffe in eine Ergänzung der Genfer Konventionen aufzunehmen, vor allem Dauerquasseln um 8h morgens
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