anjesagt

Anjesagtes, Appjefahr'nes und manchmal auch Ausjedachtes
Dienstag, 9. Mai 2023
Berlin
Heute habe ich dann mal gleich mehrere Dinge getan, die in meinem normalen Alltagsleben nicht vorkommen und weil ich mir selber eingeredet habe, das wäre alles eine große Challenge, sozusagen ein Abenteuerspiel, für das andere Leute viel Geld bezahlen, um überhaupt so etwas Aufregendes spielen zu dürfen, hatte ich die gesamte Zeit eine positive Grundstimmung und ich denke, ich habe mich da wunderbar selber ausgetrickst.

Ich bin nämlich heute nach Berlin gefahren und das auch noch mit dem Zug.

Ich fahre so selten Zug, dass ich es tatsächlich jedes Mal ganz interessant finde, all die Leute um mich herum zu beobachten, außerdem ist es für mich ja schon eine Herausforderung, den richtigen Zug in die richtige Richtung und dort dann auch noch das richtige Abteil mit den reservierten Sitzplätzen zu finden.
Wir (ein Arbeitskollege und ich) fuhren ab Hamm, weil der Kollege dort in der Nähe wohnt und deshalb bis Hamm mit dem Auto fahren wollte. In Hamm stiegen wir in den nur leicht verspäteten ICE - und drei Stunden später in Berlin wieder aus. Erlebt haben wir unterwegs sozusagen gar nix, keine Bahnkatastrophe, keine Zwischenfälle, alles lief reibungslos und ordnungsgemäß, für mich als Abenteuersuchende war es enorm enttäuschend.

In Berlin angekommen wollte der Kollege mit einem Taxi bis zum Hotel fahren, was ich energisch verweigerte, das ist ja wohl wirklich endgültig nur noch langweilig. Ich bestand darauf, dass wir mit S-Bahn und Tram weiterfuhren, weil ich in der Bahn-App herausgefunden hatte, dass die Anschlusstickets für den ÖPNV im Zugpreis inkludiert sind und außerdem sagte mir die Bahn-App auch ganz genau, mit welcher S-Bahn und welcher Tram wir weiterfahren mussten.

Aber auch dieser Reiseabschnitt war gänzlich unspektakulär. Am Bahnhof folgten wir der Beschilderung Richtung S-Bahn, der einzige Fehler war dann nur, dass wir zunächst mal eine S7 einstiegen, die in die falsche Richtung fuhr, das bemerkten wir aber schnell, sind am nächsten Halt wieder ausstiegen und haben die Richtung korrigiert. Mehr Abenteuer ist nicht passiert.

Auch Trambahnfahren war nicht so aufregend wie erhofft, die Tram hielt rund 100m vom Hotel entfernt, auch mit Gepäck also alles problemlos zu meistern, die gesamte Reise hatte perfekt funktioniert, ich habe leider keine Katastrophen zu erzählen.

Das, was als letztes nicht so gut funktionierte, war die Restaurantsuche, weil ich gerne zum Japaner wollte, aber der erste, den wir vom Hotel aus zu Fuß angelaufen waren, war ausgebucht, der zweite, 500m weiter, hatte geschlossen und der dritte, noch mal 500m weiter, entpuppte sich als eine Vietnamesische Take-Away-Bude, den wollte ich nicht. Wir gingen dann einfach noch weiter und fanden schließlich ein koreanisches Restaurant. Ich habe heute gelernt, dass koreanisch nicht so meine Stilrichtung ist.…

Im Hotel hatte ich aber zum Glück noch die Butterbrote von heute morgen aus dem Büro, also alles gut, ab morgen ist hier dann durchgängig Programm bis Donnerstag, ich werde mich also zunächst mal nicht mehr mit dem Problem der Essensbeschaffung beschäftigen müssen.

Erkenntnis meines 2x2,5km Marsches durch Berlin: Freiwillig würde ich hier niemals wohnen wollen. Es ist so ein unaufhörlicher Krach, dass ich schon nach sechs Stunden Berlin ganz nervös davon bin, wie um alles in der Welt kann man das dauerhaft aushalten? Und dann diese Unmengen an Wohnhochhäusern, ich finde es ungemein gruselig. Ich bin hier grade in Friedrichshain, keine Ahnung, ob das nur in diesem Teil von Berlin so ist, aber man läuft 2,5km nonstop zwischen Wohnhochhäusern lang und ich stelle mir diese irre Menge an Menschen vor, die alle in diesen Häusern wohnen - und bekomme akute Fluchtreflexe.
Was habe ich doch für ein Glück, dass mir diese Sorte Leben erspart geblieben ist
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