anjesagt

Anjesagtes, Appjefahr'nes und manchmal auch Ausjedachtes
Montag, 9. April 2018
Leben im Fluss
Es ist natürlich eine Binsenweisheit, dass sich im fortschreitenden Zeitablauf auch die eigenen Lebensumstände ändern, aber mir ist heute noch mal bewusst klargeworden, dass ich wohl die glückliche Grundeinstellung habe, meine jeweils aktuellen Lebensumstände stets besser zu finden als die vergangenen.
Gleichzeitig bin ich aber auch der festen Überzeugung, dass ich nichts anders machen würde, könnte ich mein Leben noch mal leben. Ich bereue nichts, im Gegenteil, selbst die Fehler, die ich gemacht habe, finde ich völlig okay und würde sie alle noch mal machen, denn es war kein Fehler dabei, der nicht gleichzeitig auch die positive Seite hatte, dass ich gründlich daraus gelernt habe.
Deshalb bin ich aber auch froh, dass ich so viele Fehler schon gemacht habe und dass so viele Lebensabschnitte schon vorbei und erledigt sind, denn wiederholen möchte ich keinen davon.

Aktiv aufgefallen ist mir das heute auf der Fähre. Morgen geht die Schule in NRW wieder los, dementsprechend war heute Familienabreisetag und die Fähre voll mit Familien mit Kindern.
Am Tisch neben uns eine Großfamilie mit fünf Kindern zwischen drei und zwölf.
Als ich dem fröhlichen Treiben am Nachbartisch so zuschaute, fiel mir auf, dass sich in meinem Zwischenbewusstsein eine sehr große Erleichterung breit machte, dass diese Zeit inzwischen hinter mir liegt. Wenn ich mir vorstelle, ich müsste mein Leben heute immer noch mit (kleinen) Kindern teilen, dann gruselt‘s mich.

Als meine Kinder klein waren, fand ich das alles okay und ich war (im Vergleich zu anderen Müttern) auch nur relativ selten genervt. Das lag natürlich auch daran, dass ich mir das Mutterleben mit den Kindern ziemlich perfekt eingerichtet und organisiert hatte. Aber ungefähr so ausgeglichen wirkte auch die Mutter am Nebentisch und letztlich ist es dann egal ob man drei oder fünf Kinder hat.
Was mich froh machte, war einfach der Gedanke, dass ich mein Leben nicht mehr so sehr auf andere fokussieren muss. Dass ich heute mein Leben tatsächlich überwiegend für mich lebe, dass ich keine Verantwortung mehr habe und dass ich keine Rücksicht mehr nehmen muss.

Wie gesagt, als die Kinder noch alle im „Mutterhaus“ lebten, fand ich mein Leben auch okay. Damals habe ich mich darüber gefreut, wie selbstständig sie schon sind und dass sie keine 24 Stunden Überwachung mehr brauchen. Mit jedem Jahr, dass die Kinder älter wurden, fand ich es toll.
Ich fand auch die Babys o. k., denn natürlich war es eine beeindruckende Erfahrung, so ein frisch geschlüpftes, kleines Etwas in den Armen zu halten und zu wissen, dass es zu 100 % davon abhängig ist, wie man sich selber darum kümmert. Aber gleichzeitig habe ich auch jeden Fortschritt gefeiert und mich darüber gefreut, dass die Kinder selbstständig und unabhängig werden.
Wenn ich Leute sagen höre, wie schade es ist, dass die Kinder „viel zu schnell groß werden“ und dass man „jede Sekunde genießen soll, solange sie noch klein sind, weil sie ja viel zu schnell….“ dann stehe ich immer Kopfschütteln davor und frage mich, ob diese Leute vielleicht so etwas wie einen Sprung in der Schallplatte haben, was das Genießen der Lebensabschnitte angeht.
Ich fand den Lebensabschnitt mit den ganz kleinen Kindern auf keinen Fall besser, als den Lebensabschnitt heute, wo ich erwachsene Kinder habe, auf die ich grottenstolz bin, die ich bewundere und mit denen ich interessante Gespräche führen kann. Kleine Kinder haben doch eher etwas haustierhaftes, die werden versorgt und betüddelt, aber viel anfangen kann man doch mit ihnen noch nicht.
Das kommt erst später, wenn sie größer werden.
Weshalb also sollte ich die Haustierphase besonders genießen? Finde ich ehrlich gesagt wirklich eine eigentümliche Einstellung und insgesamt denke ich, dass Menschen, die diese Zeit besonders toll finden, sich besser ein Hund zulegen sollten. Der wird nie selbstständig, sondern muss sein Leben lang betüddelt werden.
ich dagegen finde es ganz toll, dass sich die Kinder genauso verändert haben wie ich auch, und dass wir inzwischen alle miteinander und gleichzeitig jeder für sich ein selbstständiges, zufriedenes Leben führen.
So muss das
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