anjesagt

Anjesagtes, Appjefahr'nes und manchmal auch Ausjedachtes
Freitag, 6. Januar 2023
Fremdes Leben und ein zunehmender Egalnessfaktor
So, das war heute der letzte Urlaubstag und ich stelle fest, dass ich mal wieder jede Menge Dinge nicht erledigt habe, von denen ich vor dem Urlaub fest überzeugt war, dass ich das alles locker in den zwei Wochen schaffen werde.
Ich weiß auch nicht wie alt ich noch werden muss, um zu begreifen, dass gute Vorsätze bei mir einfach komplett vergeudet sind, ich reagiere nur auf harte deadlines mit Katastrophenandrohung, und selbst dann nicht immer.

Aber immerhin bin ich inzwischen wenigstens schon so alt, dass es mich nicht mehr stresst, wenn ich Dinge nicht erledige, die eigentlich erledigt werden müssten.
Die Schnurzpiepegalmentalität , die viele Menschen in ihrer Pubertät entwickeln, ist mit rund 45 Jahren Verspätung endlich auch bei mir angekommen.

Weil aber einige Dinge dann heute doch langsam sehr dringlich wurden und ein dauerhaftes Ignorieren eine offensichtliche Harakirinummer ist, habe ich den größten Teil des Tages heute am Rechner verbracht und Bürodinge erledigt.

Außerdem habe ich ein wenig aufgeräumt und ca. 37 alte Sonnenmilchflaschen entsorgt, jetzt ist plötzlich sehr viel Platz in beiden Bädern. Wenn sowohl der Dermasohn als auch der Pharmasohn unisono erklären, dass man sich bei Sonnencreme tatsächlich an das Haltbarkeitsdatum halten sollte, weil sie erstens nach spätestens einem Jahr ihre Wirkung verlieren und wenn sie noch älter sind, sogar schädliche Folgen haben können, wenn man sich damit eincremt, wenn also diese beiden Söhne, die sonst traditionell und schon aus Prinzip meist gegensätzlicher Meinung sind, wenn die zwei sich einig sind, dann erscheint es mir klug, ihnen zu glauben.

Jetzt gibt es in diesem Haushalt also keine einzige Flasche mit Sonnenschutz mehr, zum Glück war das Wetter heute auch nicht nach Sonnenbaden.

Weil wir die letzten Tage soviel gesundes Gemüse und Salat und Hühnersuppe gegessen haben, habe ich heute als Gegengewicht die Fritteuse rausgekramt, zwei Flaschen Öl reingekippt und eine Frittierorgie gestartet.

Es geht doch wirklich nichts über selbstgemachte Pommes mit selbstgemachter Mayonnaise, dazu gab es als TK gekaufte gebackene Zwiebelringe und gebackenen Camembert. Wir haben zu zweit alles aufgegessen, jetzt ist mir erwartungsgemäß schlecht, es hat sich aber bis zur letzten Pommes gelohnt.

Weil ich so kugelrund vollgefressen war, bin ich einfach sitzengeblieben und habe das Erstbeste geguckt, was grade im Fernseher kam, das war die Sendung Brisant im Ersten und dort wurde über eine Sängerin berichtet, die wochenlang auf Platz 1 der Charts stand und zig Millionen Platten verkauft hat und deren Namen ich noch nie in meinem Leben gehört habe.

So ähnlich ging mir das schon mit Andrea Berg, deren prominente Existenz ich auch erst vor einigen Jahren wahrnahm, heute habe ich gelernt, dass es wohl noch viel mehr Andrea Bergs gibt, die heutige hieß Daniela Alfinito und ich fand den gesamten Bericht und alle Menschen, die darin vorkamen deutlich exotischer als jede Terra X Reportage über Leben im Urwald.

Das für mich Faszinierende ist nicht nur, dass es Millionen von Menschen gibt, die ein Leben führen, von dem ich zu 100% überhaupt keine Ahnung habe, denn wenigstens das kann ich mir immerhin grundsätzlich noch irgendwie vorstellen, was mich wirklich fasziniert ist die Tatsache, dass dieses Leben so komplett von meinem getrennt ist, dass die Schnittmenge exakt Null ist und ich normalerweise noch nicht mal mitbekomme, dass dieses millionenfache Leben existiert.

Manchmal komme ich mir vor wie der hinterletzte Höhlenmensch
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