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Anjesagtes, Appjefahr'nes und manchmal auch Ausjedachtes
Freitag, 22. Januar 2021
Gendersprache
Zunächst hatte ich "Gendern" als Überschrift gewählt, daraus machte meine Autokorrektur aber "Geldern". Ich glaube, meine Autokorrektur kann sich nicht vorstellen, dass ich wirklich gendern will.
Ich habe deshalb die Überschrift angepasst, jetzt akzeptiert es auch meine Autokorrektur.

Ich habe mir ja schon mal Gedanken zur Gendersprache gemacht und bin dabei für mich zu dem Schluss gekommen, dass ich lieber meine eigene, alterspassende Sprachversion weiterverwende und lehne es deshalb aktiv ab, gegenderte Ausdrücke zu benutzen. Genausowenig wie ich "Alter" , "Digga" oder "Babo" sage, sage ich Mitarbeit*ende oder Arbeiter*innen. Wobei, Mitarbeit*ende, mit einem Glottal-Stop beim Sternchen, macht mir ja schon wieder Spaß.
Neulich habe ich den Kindern erklärt, wo die Außenbeleuchtung für das Haus bedient wird: "Ihr müsst den Schalter innen benutzen." - Was meine Tochter dazu brachte, mich verwundert zu fragen, weshalb ich jetzt doch gendere und dann ausgerechnet Schalter.

Nun ist es allerdings gesetzlich verankert, dass bestimmte Stellen eine "geschlechtsneutrale" Sprache benutzen müssen und da ich mit solchen Stellen viel zusammenarbeite, bin ich immer dann beruflich gezwungen Formulierungen in einer Sprache zu schreiben, die sich für mich an vielen Stellen anhört wie eine ziemlich abstruse Jugendsprache, wenn ich "offizielle" Schriftstücke erstelle. Dazu gehören Gesellschaftsverträge, Vorlagen und Protokolle, also all die Texte, die sowieso schon nicht mit schöner Sprache punkten. Konsequent durchgegendert werden diese Texte dann allerdings zu einer ungemein spaßigen Lachnummer, im Zweifel muss man also nur die richtige Brille aufsetzen, dann geht es schon wieder.

Da ich für all diese Texte jetzt also eine 150%ige Folgsamkeit plane, denn erst mit wirklich umfänglich umgesetzter Gendersprache wird es ein Spaß, alles andere ist nur peinlich und albern, habe ich mich im Netz informiert, wie hardcore Gendern professionell funktioniert und bin dabei auf diese Seite gestoßen:

Geschickt gendern


Genau genommen habe ich die Seite schon vor ein paar Tagen gefunden, ich konnte aber noch nichts dazu schreiben, weil ich vor lauter Kichern nicht mehr tippen konnte. So viel Spaß hatte ich wirklich selten. Andererseits muss man dazu auch gar nichts mehr schreiben, das Wörterbuch spricht einfach für sich.

Unabhängig von dem Spaßfaktor, den ich dem Ganzen verzweifelt versuche abzuringen, und unabhängig von der Tatsache, dass ich es schlicht eine Vergewaltigung der Sprache finde, wenn man mit der Brechstange versucht, Wörter zu ersetzen, die einer bestimmten Gruppe von Menschen (allerdings zugegeben, einer sehr lauten und sehr durchsetzungsstarken Gruppe von Menschen), die also einem Teil der Bevölkerung nicht mehr genehm sind, habe ich mir auch noch mal Gedanken darüber gemacht, wie ich die grundsätzliche Idee dahinter beurteilen würde, wenn ich 30 Jahre jünger wäre.

Ich habe als Begründung, weshalb Gendern in der Sprache wichtig ist, verstanden, dass es um die Sichtbarkeit der Frau geht und dass Feministen meinen, dass es für Frauen wichtig sei, dass sie sichtbarer werden, damit sie mehr Rechte bekommen.

Wenn das der einzige Grund ist, und ich habe tatsächlich noch keinen anderen gefunden, der sich nicht auf diese grundlegende Kernthese bezieht, ist es für mich relativ einfach, tatsächlich auch selber eine Meinung zum Gendern zu haben, dann lehne ich Gendern nämlich schon deshalb ab, weil ich bei der Kernthese nicht mitgehe.

Meine Grundüberzeugung ist, dass ich nicht glaube, dass man der Mehrheit der Frauen damit einen Gefallen tut, wenn man sie "sichtbarer" macht, weil "Rechte" überhaupt nichts mit Sichtbarkeit zu tun haben. Die kann man komplett unabhängig davon regeln und hat hier auch schon sehr, sehr viel geregelt.

Dass die Mehrheit der Frauen von einer erhöhten Sichtbarkeit nicht profitiert, ist soweit allerdings auch wirklich eine "Glaubensfrage", denn es wird schwer sein, die Mehrheit der Frauen danach zu befragen, ob sie sprachlich und damit in der Gesellschaft sichtbarer werden möchten. Eine einfache Umfrage brächte hier kein sinnvolles Ergebnis, weil ich gleichzeitig der festen Überzeugung bin, dass die allermeisten Frauen sich der Folgen dieses Sichtbarseins gar nicht bewusst sind. Auf den ersten Blick hört sich das nämlich nur positiv an, sichtbar zu sein, mit "unsichtbar" lassen sich spontan viel mehr negative Attribute verknüpfen.

Dabei hat sichtbar sein tatsächlich eine ganze Menge Nachteile. Das kennt doch jeder aus der Schule - in der letzten Reihe saß es sich einfach bequemer und friedlicher als vorne in der ersten Reihe, wo man pausenlos sichtbar war.
Wer sichtbar ist, muss sich auch sichtbar benehmen. Der muss vorangehen, die komplizierten Dinge im Leben regeln, die Verantwortung übernehmen und sich im Zweifel auch totschießen lassen.
Ich habe noch nie verstanden, wo dabei der Vorteil ist, ich kann aber sehr gut verstehen, dass die Männer keinen Bock mehr haben, immer alleine vorne zu stehen. Deshalb ist meine Theorie, dass der moderne Feminismus im Grunde ein reines Männerprojekt ist, weil es natürlich ärgerlich ist, dass Frauen heute alles dürfen und alles können, aber nicht alles müssen. Das ist ungerecht, das sehe ich durchaus, aber ich sehe nicht, weshalb ich mithelfen sollte, das zu ändern, so viel Altruismus bringe ich schlicht nicht auf.

Und deshalb lehnte ich eine Gendersprache auch dann ab, wenn ich 30 Jahre jünger wäre und mich nicht mehr bequem über das Alterstürchen rausmogeln könnte.
Denn hier kommt wieder Sprache ins Spiel: Worte machen Dinge wahr.
Genau deshalb möchte ich eigentlich gar nicht über eine unterschiedliche Sichtbarkeit reden und fände es perfekt, wenn man es lässt wie es ist. Jede Frau, die gerne sichtbar sein möchte, setzt sich in die erste Reihe und fertig.
Quoten für die Platzverteilung finde ich deshalb vollkommen in Ordnung, nur so kann man vermeiden, dass sich die Jungs, denen die hintere Reihe verwehrt wird, zusammentun, als Rüpelclique den Ton angeben und Frauen einen Platz in der ersten Reihe nur aus Nickeligkeit verwehren.
Da ich übrigens schon seit vielen Jahren sehr viel mit Politikern und politisch besetzten Verwaltungsbeamten zu tun habe, hat sich meine Meinung zum Thema "Quotenfrau" um 180° gewendet. Ich bin absolut für Quotenfrauen, weil ich finde, dass es nur fair ist, wenn neben den großen Mengen an inkompetenten Netzwerkjungs auch eine passende Anzahl an inkompetenten Frauen ihren Platz in der Verwaltung findet.


Zurück zur Gendersprache, da geht es viel um das generische Maskulin und dass das von übel ist.
Unabhängig davon, dass ich das mit dem "sichtbar machen" ja anders sehe, finde ich es auch ausgesprochen sinnvoll, einen einheitlichen, geschlechtsübergreifenden Begriff für alle Geschlechter zu haben, oder, um es andersherum auszudrücken, eben nicht permanent geschlechtsspezifische Unterschiede sprachlich zu markieren, weil es in ganz vielen Begriffen schlicht egal ist, ob der Mensch, von dem man redet, ein Männlein oder ein Weiblein oder etwas Unbestimmtes ist, weil es schlicht GAR NICHT auf das Geschlecht ankommt. Man unterscheidet ja auch nicht nach Schuhgrößen oder nach Haarlänge und erwähnt das jeweils extra. Frauen und Männer mögen sicherlich unterschiedlich sein, wenn es um körperliche Fähigkeiten wie Kraft, Stärke und Ausdauer geht, sie in sportlichen Disziplinen also nach Mann und Frau getrennt zu bewerten, scheint sinnvoll, aber alle Tätigkeiten, die nur was mit der Menge Grips im Kopf zu tun haben, kann man komplett geschlechtsneutral bewerten, denn hier gibt es keine messbaren Unterschiede. (außer dass Frauen natürlich klüger sind, aber das ist ein anderes Thema…)
Insoweit konzediere ich einer Sprachveränderung im Rahmen der geschlechtsneutralen Sprache eine gewisse Berechtigung, wobei ich persönlich als bekennender Chauvinist mit dem generischen Maskulin als geschlechtsneutrale Grundform sehr gut klar komme. Ich kann halt alles, was ein Mann kann, und was eine Frau kann, kann ich noch zusätzlich, das ist eine ganz natürliche Überlegenheit, die muss ich doch nicht verleugnen
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