anjesagt

Anjesagtes, Appjefahr'nes und manchmal auch Ausjedachtes
Donnerstag, 11. Oktober 2018
Tagesdramen
Manchmal passieren ja Dinge, da zuckt man richtig zusammen, bekommst kurz einen Adrenalinschub oder/und Kreislauf, je nach Konstitution und ist im ersten Moment völlig überfordert, einen vernünftigen Lösungsplan zu entwerfen.
Außerdem ärgert man sich darüber, dass das Problem überhaupt aufgeploppt ist, man hätte auch gut darauf verzichten können, und zieht als spontane Problemlösung zunächst mal die gute alte Vogel-Strauß-Methode in Betracht.
Allerdings ist das mehr eine emotionale als eine vernünftige Reaktion und als erwachsener Mensch lässt man diese Idee dann auch irgendwann mit leisem Bedauern wieder fallen, sortiert seufzend die rationalen Synapsen der in Deckung gegangenen Vernunftsebene, akzeptiert größere Mengen an Umständlichkeiten, Ärger und Arbeit und beschäftigt sich dann widerstrebend mit den meist mühsamen Lösungsmöglichkeiten.
Es gibt halt so Tage, da passieren solche Dinge.

Und dann gibt es Tage, da passieren hintereinander weg solche Dinge. Das sind dann die Tage, wo man sich am Abend fast freut, dass man die Flasche mit Fassbrause, die einem grade in der Hand explodiert ist, nicht schon nebenbei während der Fahrt öffnen wollte. Positiv denken ist dann das einzige, was einen noch aufrecht hält.

Mein Tag heute begann mit einer Whatsapp von einem fremden Menschen, der mir mitteilte, dass sein Kumpel heute Nacht ganz plötzlich und unerwartet abgeschoben worden sei und der hätte ja bei mir in meiner Wohnung gewohnt und er - also dieser Fremde, der mich da anschrieb, hätte seine Sachen bei seinem Kumpel in der Wohnung untergestellt und ich solle ihm jetzt helfen, dass er da wieder dran kommt.
Es stellte sich dann raus, dass das tatsächlich stimmt: Ich habe eine Eigentumswohnung in Mönchengladbach. mit der ich eigentlich seit dem erste Tag als ich sie auf CWs Bitten hin aus einer Zwangsversteigerung erwarb, nur Ärger hatte. Ständiger Mieterwechsel und irgendwann habe ich Mietnomaden erwischt, die ich nur mit viel Umstand und Ärger irgendwann rausklagen konnte, danach stand die Wohnung zweieinhalb Jahre leer, weil sich nun überhaupt kein Mieter mehr für die Wohnung fand. Die Wohnung ist eigentlich wirklich sehr schön, nur ist Mönchengladbach eine schwierige Lage und der Stadtteil, wo diese Wohnung liegt, ist noch mal extra schwierig, deshalb dieser lange, ungewollte Leerstand. Wie auch immer, seit 2015 wohnt dort eine albanische Flüchtlingsfamilie und ich hatte das Gefühl, da ist jetzt endlich Ruhe drin.
Bis heute.
Und ich habe ehrlich gesagt aktuell noch überhaupt keine Ahnung, wie das nun weitergeht.
Die sind wohl tatsächlich alle fünf mitten in der Nacht abgeholt worden und wurden ins Kosovo ausgeflogen. Hat mir der Vater der Familie dann selber per Whatsapp bestätigt.
Gruselig finde ich das, aber für mich als Vermieter ergeben sich ein paar ganz praktische Fragen:
Wer hat den Schlüssel? Was mache ich mit den Sachen, die die Familie doch sicherlich in der Wohnung zurückgelassen haben wird? Wie finde ich jetzt einen neuen Mieter? Wer renoviert die Wohnung? Fragen über Fragen und ich habe doch so überhaupt keinen Bock auf diese Art von Umstand.

Eine Stunde später ein Telefonanruf: Eine Maklerin möchte einen Termin ausmachen, weil sie Interessenten hat, die das Haus kaufen wollen, in dem ich in Greven wohne und die möchten das jetzt besichtigen. Und ja, die möchten dort selber einziehen. - Okay, ich weiß, dass es da Mieterschutzrechte gibt, aber es ist halt alles kompliziert und ich sehe den Ärger schon in dicken Stiefeln heranstapfen. Ich möchte dort doch nur noch sechs Jahre wohnen, dann ziehe ich freiwillig aus - muss das jetzt alles vorher sein?

Die Fähre geht um 16:45h, ich verlasse das Büro um 13:30h. Während ich das Büro verlasse, telefoniere ich mit einem Banker, die Börse ist grade recht turbulent, bei uns ist einiges los. Google Maps sagt, ich brauche 2,5h, vom Büro aus bin ich noch nie nach Eemshaven gefahren, ich kann das also schlecht beurteilen und der Weg ist die ersten 70km auch komplett neu für. Ich wollte eigentlich eine Stunde Zeitpuffer einbauen, aber herrje nun, eine 3/4 Stunde Zeitpuffer wird auch reichen, Hauptsache ich kann mir in Appingedam noch mein Standard-Mc-Kroket-Menu bei McD holen. Weil ich etwas abgelenkt und leicht hektisch wegen Verspätung aus dem Büro verschwunden bin, habe ich mein Brötchen, das ich mir heute Morgen als Reiseproviant eingepackt hatte, im Büro vergessen. Eigentlich mache ich ja Teilzeitfasten und es sollte mir deshalb nichts ausmachen, bis 16h nichts zu essen, wenn ich aber weiß, dass ich auch nichts essen könnte, wenn ich wollte, werde ich schlagartig hungrig. Blöd, aber nicht zu ändern.

Mein Navi hat Schluckauf und will mich unbedingt Richtung Greven führen, ich habe aber ja extra vorher auf Google Maps nachgeschaut und weiß, dass der beste Weg aus Münster raus über die B54 und von dort direkt auf die A31 geht, ich ignoriere das Navi und irgendwann gibt es nach und akzeptiert die B54. Nach 40km lässt es mich aber rechts abbiegen, ich sehe ein blaues Autobahnschild und denke, das wird eine dieser verdrehten Auffahrten sein, und weil ich schon wieder telefoniere, fahre ich einfach nur dem Navi hinterher. Nach weiteren 3km kommt mir das aber alles seltsam vor und ich begreife, dass mich das Navi mit einer großen Schleife über die B54 jetzt doch wieder Richtung Rheine führt, also auf meine "normale" Strecke, wenn ich ab Greven losfahre, und ich wundere mich. Bis ich auf die Idee komme, mal die Routenoptionen zu checken und voilà: "Autobahnen meiden" war angeklickt. Mittlerweile war ich dann aber schon so weit wieder in die falsche Richtung gefahren, dass eine Kehrtwende sich auch nicht mehr gelohnt hätte, mein Zeitpuffer schmolz gewaltig dahin und ich bin einen wunderbaren Umweg gefahren. Da freut man sich. Nicht. Aus hungrig wurde hangry.

Bis Haren ging alles gut, immerhin kannte ich die Strecke ja nun auch. Ab Haren fahre ich immer auf der holländischen Seite weiter, hier wurde jedoch in letzter Zeit viel gebaut, die Straßenführung ist komplett neu, deutlich neuer als mein Navi. Eigentlich weiß ich das auch, aber grade als die komplizierte Stelle kam, wo ich statt links, wie das Navi meint, rechts fahren muss, klingelte das Telefon und ein Banker teilte mir mit, dass ein Firmenkonto ab Morgen wohl irgendwie mit ein paar Millionen ins Minus rutscht, und dass ich dringend eine Umbuchung veranlassen müsse. Der Banker hatte recht, ich habe mich bedankt, dass er mich erinnert hat, habe im Büro angerufen, um die Umbuchungen zu veranlassen - und fuhr natürlich links dem Navi hinterher. Nochmal 10km blödsinniger Umweg, zum Glück hatte ich den verlorenen Zeitpuffer durch konsequentes 200 km/h fahren wieder reingeholt, aber nun war er wieder weg und in Holland ist 200 km/h zu fahren teuer. Bis Appingedam lief aber wieder alles problemlos, ich hatte noch 30 Minuten Zeit, das reicht, um schnell ein McKroket Menu zum Mitnehmen zu ordern. Um 16.25h war ich wieder zurück auf der Straße, von Appingedam sind es noch 20km bis zur Fähre, das schafft man locker in 20 Minuten - wenn nicht unterwegs die Straße wegen eines Großunfalls komplett gesperrt gewesen wäre. Es ging aber alles gut, um 16.40h war ich am Fähranleger und stürzte mich hungrig auf meine McD-Tüte. Weil ich schon ahnte, dass die letzten Kilometer trotz unzähliger Kurven eine etwas schärfere Fahrweise verlangen, hatte ich kein Getränk bei McD gekauft, ich lerne ja aus Fehlern, ich hatte mir außerdem heute morgen eine Flasche Fassbrause ins Auto gelegt und kam mir sehr klug und vorausschauend vor.
Dass diese Flasche beim Öffnen explodiert, weil sie die etwas schärfere Fahrweise auf dem Autoboden liegend hin und her rollernd mitgemacht hatte, habe ich dabei nicht bedacht.
Aber wie gesagt, es hätte ja schlimmer kommen können, und ich freue mich, dass ich die Flasche nicht während der Fahrt geöffnet habe (ich hatte nämlich kurz darüber nachgedacht).

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