anjesagt

Anjesagtes, Appjefahr'nes und manchmal auch Ausjedachtes
Freitag, 23. Juni 2017
Mein rotes Schippchen
Ich schreibe jetzt seit vier oder fünf Stunden (mit Unterbrechungen) an einem Thema rum, bei dem mir immer noch viele Gedanken recht wirr und unverknüpft einzeln durch den Kopf gehen, aber ich versuche verzweifelt, da irgendwie Struktur reinzukriegen, um letztlich eine Begründung zu finden, warum ich in bestimmten Situationen so seltsam emotional reagiere.
Ich mag nämlich manche Dinge nicht teilen.
So wie früher im Sandkasten: Es ist einfach mein rotes Schippchen und da soll kein anderer mit spielen, auch nicht, wenn ich es unbenutzt hinter mir rumliegen lasse, weil ich grade etwas ganz anderes mache.

In meinem Kopf gibt es dann die vernünftige, erwachsene AnJe, die versucht sich selber gut zuzureden, weil es ja so gar keinen Grund gibt, das rote Schippchen nicht auch mal jemand anderem zu leihen, wenn man es doch grade nicht selber braucht - und es gibt die eingeschnappte, jammernde AnJe, die diese vernünftigen Gründe alle vom Tisch fegt und immer nur wütend wiederholt: "Es ist aber mein Schippchen."

Einen Grund, warum ich es nicht mag, dass jemand anderes mein rotes Schippchen benutzt, habe ich nicht. Es ist eben einfach meins und ausgerechnet das rote will ich nicht hergeben. Die anderen Kinder können gerne das blaue Schippchen haben oder das grüne, den Sandeimer oder das Seesternförmchen, ist mir alles egal, kann ich gut mit leben, wenn auch andere Kinder damit spielen, ich habe ja genug davon - nur das rote Schippchen, das eben nicht.

Ich finde mich selber sehr albern, das ist mir durchaus bewusst und ich ärgere mich auch sehr über mich selber, dass ich überhaupt so albern reagiere, so dass das einzige, was ich tun kann, ist, die Zähne zusammenzubeißen und lächelnd vernünftig sein, während ich gleichmäßig immer mehr Bauchschmerzen bekomme. Denn die Wut darüber, dass da jetzt einfach jemand mit meinem roten Schippchen spielt und ich das nicht verhindern kann, weil ich mich sonst zu sehr schämen würde, dass ich mich so albern aufführe, die kann ich nicht verhindern. Die ist da und kocht und brodelt hinter meinen zusammengebissenen Zähnen und ich kann und kann keine vernünftigen Gründe finden, warum ich das nicht will.

Ich habe mit diesem Thema schon seit jeher ein Problem und früher war es dann meistens so, dass ich dem anderen dann einfach das rote Schippchen geschenkt habe, um mich anschließend damit zu beschäftigen, wie ich an ein neues rotes Schippchen komme. Immer in der Hoffnung, dass es doch reichen muss, wenn ich alle anderen Spielsachen teile, nur eben das rote Schippchen nicht und dass beim nächsten Mal hoffentlich keiner mehr danach fragt.

Aber wenn ich das nächste Mal wieder mit all meinen Spielsachen im Sandkasten sitze, kommt garantiert wieder jemand und will unbedingt das rote Schippchen, denn das ist das schönste. Jetzt ist es auch noch ganz neu und glänzt und funkelt, so weckt es erst recht Begehrlichkeiten bei den anderen - und warum kann es denn nicht mal jemand anderes benutzen, wenn ich selber doch grade das große blaue benutze?

Ich weiß keinen Grund, warum ich ausgerechnet das rote Schippchen nicht teilen will, ich mag es eben einfach nicht, wenn in meinem Kopf dann Bilder rumspuken, wie ein anderes Kind mit seinen dreckigen, verschmierten Händen mein schönes, rotes Schippchen begrabbelt.
Ja, ich weiß, Schippchen sind abwaschbar.
Aber das sind Zahnbürsten auch und interessanterweise findet es jeder normal, dass man seine Zahnbürste nicht teilt, auch wenn man sie grade nicht benutzt.
Männer sind übrigens auch abwaschbar und werden auch nicht ständig benutzt, da hat auch jeder Verständnis, dass man nicht teilen will, nur das rote Schippchen, da werde ich nach dem Grund gefragt und muss darüber diskutieren
.

Und jedes Mal ärgere ich mich.

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