anjesagt

Anjesagtes, Appjefahr'nes und manchmal auch Ausjedachtes
Mittwoch, 6. Oktober 2021
Navigationsgeräte
Der Chef erster Ordnung steht ganz ungemein auf E-Mobilität, deshalb haben wir diverse E-Autos in unserer (buchbaren) Firmenwagenflotte.
Die Installation des Hochhauseingangs, die wir gestern besichtigten, steht in Heiden, Heiden liegt ca. 65km westlich von Münster. Für die Fahrt quer durchs Münsterland hatte sich der Chef erster Ordnung extra den E-Golf reservieren lassen, ich war nur Beifahrer.*

Ich persönlich hasse es inzwischen, mit einem Auto fahren zu müssen, mit dem auch andere Menschen fahren, weil ich in den modernen Autos ja nicht nur meine Sitz- und Spiegelposition für mich passend einstellen muss (fand ich schon immer lästig, aber naja), sondern auch alle Voreinstellungen des Infotainmentcenters überprüfen muss, denn erfahrungsgemäß haben andere Fahrer andere Vorlieben, oder, wie es der Chef erster Ordnung ausdrückte: "Welcher Vollidiot hat das Navi denn auf kürzeste Strecke gestellt?" Das bemerkte er natürlich erst, als die Feldwege, über die wir fuhren, immer kleiner und abenteuerlicher wurden und er sich über die seltsame Streckenführung des Navis wunderte.

Ich hatte bis zu dem Zeitpunkt gar nicht bemerkt, dass er nach Navi fuhr, weil die Sprachansagen des Navis auf lautlos gestellt waren und ich deshalb nicht mitbekommen hatte, dass das Navi überhaupt aktiviert war.**

*kleine Randbemerkung: Der E-Golf zeigte bei Abfahrt eine Reichweite von 330km, 130km später, bei Rückkehr in der Bürogarage, hatten wir noch 42km Restreichweite, ich warte gespannt auf den Moment, wo sich der Chef erster Ordnung auch privat ein E-Auto kauft und dann ständig von überall abgeholt werden muss, weil sein Auto leer ist, denn dass er an seiner Fahrweise noch etwas ändert, halte ich für fast vollklommen ausgeschlossen.

**weitere Randbemerkung: In 13 Jahren Zusammenarbeit mit dem Chef erster Ordnung habe ich gelernt, dass er selten die Wege geht, die man als Durchschnittsmensch erwarten würde, weshalb ich es auch nicht ungewöhnlich fand, dass er sich auf einer Fahrt durchs Münsterland für Feldwege entschied.


Als die Straßenführung aber so abstrus wurde, dass wir beide akuten Handlungsbedarf empfanden, begann ich an den Navieinstellungen rumzudoktorn, was, in einem Auto, mit dem ich nicht so vertraut bin wie mit meinem eigenem, ganz ausdrücklich nicht zu meinen Lieblingsbeschäftigungen gehört. Hätte ich mich früher immer als technikaffin bezeichnet, so nimmt diese Affinität mit jedem neuen Gerät, jeder neuen Software, jedem neuen Update kontinuierlich ab, nicht mehr lange, und ich bin im Minusbereich.
Mich regt das ganze Gefrickel mit all diesen unterschiedlichen Geräten und den sich ständig ändernden Bedieneroberflächen, von denen ganz selten etwas wirklich intuitiv bedient werden kann (also zumindest nicht mit meiner Intuition, und das ist die, die mich interessiert), mich regt das alles immer mehr auf und ich habe immer weniger Lust, mich jedesmal wieder aufs Neue mit einer neuen Anwendung rumärgern zu müssen.

Das Navi in dem E-Golf, mit dem wir gestern unterwegs waren, war Teil eines einzigen, großen Touchdisplays, auf dem man tausenderlei Dinge ein- und verstellen konnte, alles ausschließlich per Touch. Was fehlte, war ein Knopf, an dem ich ständig intuitiv hätte drehen wollen, um die Lautstärke zu verändern, aber so einen Knopf gab es nicht mehr.

Nach 27 Versuchen, die zu 80% aus hartnäckigen Wiederholungen der immerselben Menue-Tipp-Wisch-Bedienungsabfolgen bestanden, weil ich die Erfahrung gemacht habe, dass es in den allermeisten Fällen an meinen alten Frauenfingern liegt, weshalb Touchdisplaygeräte nicht so reagieren, wie ich das erwarte, nach einer langen Zeit der Rumprobiererei gelang es mir aber schließlich, die Ansagen des Navis ein, das Gedudel des Radios aber auszuschalten.
Irgendein Vorbenutzer des Wagens hatte in irgendeiner Menueinstellung festgelegt, dass die Lautstärke von Radio- und Naviansagen nur gekoppelt funktioniert. Bis ich diese Stelle gefunden und wieder entkoppelt hatte, waren fünf Minuten und viele, nicht zitierfähige Beschimpfungen auf die Vorbenutzer des Wagens vergangen.

Aber irgendwann sprach dann das Navi wieder mit uns und sagte Dinge wie: "Im Kreisverkehr an der zweiten Ausfahrt Richtung Rosholtwick ausfahren."
Das gefiel mir wiederum sehr gut und ich bekam spontan gute Laune.

Mir gefiel das deshalb so gut, weil ich daran erkannte, dass sich zwar so gut wie alle Bedienungselemente bei einem Navi von heute im Vergleich zu meinem ersten Navi von vor über 20 Jahren geändert haben mögen, dass aber die Sprachprogrammierung der Navis im Wesentlichen unverändert blieb, denn schon damals habe ich sehr darüber gekichert, dass der Navi-Jupp*** stumpf den Text der Verkehrsschilder vorlas, wie er draußen im realen Leben auch auf den Schildern gedruckt war.
***Bei mir sind grundsätzlich alle Computerstimmen männlich. In meinem Handy wohnt ein Sirius, die Alexa von Amazon verwende ich erst, seitdem es auch hier eine männliche Stimme gibt und in Navis konnte man das schon vor über 20 Jahren auswählen.
Damals hatte ich übrigens ein Navi, bei dem ich nicht nur zwischen Mann und Frau, sondern auch aus verschiedenen regionalen (und sozialen) Herkunftsfärbungen auswählen konnte. Eine lange Zeit wurde ich von einem stark rheinischen Jupp navigiert, bis es die Stimme von Winnitouch zur Auswahl gab, die schlug natürlich alles.


Ich erinnere mich an eine Fahrt im Jahr 2002 oder 2003, als ich mit dem Auto von Mönchengladbach nach Bielefeld fuhr und unterwegs meine Freundin Barbara in Oberhausen am Bahnhof einsammeln wollte. Kurz vor der Abfahrt Oberhausen-Lirich, die laut Navi wohl die richtige Abfahrt für den vereinbarten Treffpunkt war, sagte das Navi: "Verlassen Sie die Autobahn an der nächsten Abfahrt Richtung Oblirich."

Immer, wenn ich in den nächsten Jahren auf der A2 an der Abfahrt OB-Lirich vorbeikam, musste ich sehr grinsen, weil mir wieder das Navi einfiel, das genau das sagte, was auf dem Schild stand, Oblirich halt.

Das Navi gestern sagte "Rosholtwick". Gelesen wie es auf dem Schild stand: Ros.-Holtwick, denn Holtwick ist ein Stadtteil von Rosendahl. Und Rosendahl ist genau wie Oberhausen zu lang, um auf Verkehrsschildern, die in Stadtbezirke weisen, als langer Name komplett ausgeschrieben zu werden.

Im Rahmen meiner Navi-Sentalimentäten fiel mir übrigens auch noch ein, wie aufregend die erste Navi-Fahrt über die Grenze nach Holland war und wie erleichtert ich war, dass der Navi-Jupp ganz normal weiter rheinisch sprach. Auch wenn es unwahrscheinlich war, so hatte ich doch ein ganz klein wenig befürchtet, der rheinische Jupp wechsele fließend in das noch grässlichere Limburgisch, wenn ich in Venlo über die Grenze fahre
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Mittwoch, 29. September 2021
Zeitflut
Vor einiger Zeit schon ist mir aufgefallen, dass die Zeit begonnen hat, an mir vorbeizufliegen.
Erst wollte ich schreiben "Gestern ist mir aufgefallen", aber das stimmt ja gar nicht, ich habe dazu ja schon hier etwas geschrieben, ich habe da also nicht gestern drüber nachgedacht, sondern gestern ist schon fast einen Monat als - als ob es noch eines weiteren Beweises bedurft hätte, dass ich den Zugriff auf die Verortung der Zeit verloren habe.

Es sind viele Kleinigkeiten, die in der letzten Zeit durcheinandergeraten sind und einiges erstaunt mich immer wieder maßlos. So gibt es bestimmte Tätigkeit, die sind absolut regelmäßig zu erledigen, manche täglich, manche wöchentlich und manche monatlich.
Zu den täglichen Tätigkeiten gehört zB das Bloggen, aber auch das lokale Abspeichern des Blogeintrags. Das öffentlich sichtbare Bloggen habe ich ja so grade immer noch irgendwie geschafft, jedoch oft nur durch quick and dirty Einträge vom Handy aus. Auf dem Handy speichere ich natürlich nichts lokal ab, das mache ich nur auf dem PC - und vorhin stelle ich fest, dass ich mit dem Abspeichern auf dem PC schon fast einen Monat im Rückstand bin. Auch hier ist mein gefühltes Gestern schon einen Monat alt. Dass seit gestern ein ganzer Monat vergangen, erstaunt mich maßlos, denn ich habe es einfach nicht bemerkt. Genauso unbemerkt verging der Monat zur Erstellung der Umsatzsteuervoranmeldung. Die muss monatlich erstellt werden, immer bis zum 10. des Folgemonats und ich habe mir eine Dauerfristverlängerung erbeten, habe damit also Zeit bis zum 10. des Überfolgemonats und ich habe diese Frist in den letzten 15 Jahren noch nie in voller Länge gebraucht. Als ich am 15. September die Voranmeldung für August abgeben wollte, stellte ich völlig überrumpelt fest, dass ich den Juli vergessen hatte. Ich habe dafür keine Erklärung außer: ich habe es nicht bemerkt.

Ich habe nicht bemerkt, dass ein ganzer Monat Tag für Tag vergangen ist.
Es waren aber auch überwiegend Tage, in denen ich mich immer wieder nur grade eben noch so in letzter Sekunde durchgemogelt habe. Tage vollgestopft mit Tätigkeit, die sich um sich selber drehen. Sisyphosarbeiten. Immer wieder die gleichen Besprechungen, nichts geht wirklich voran und man findet keinen Pack-An, um aus dem irren Kreislauf des Löcherstopfens durch Aufreißen neuer Löcher auszubrechen, man ist aber dauerhaft beschäftigt.

Platz für ein systematisches und entspanntes Abarbeiten all der kleinen, nicht überlebensnotwendigen Alltagspflichten war auf jeden Fall nicht und wenn ich abends ins Bett fiel, dann war wieder ein Tag an mir vorübergerauscht und ich war froh, einen weiteren Tag überhaupt irgendwie überstanden zu haben. Zeit, mir den Tag zu merken, gab es nicht, es gab aber auch keinen Anlass, sich überhaupt irgendetwas von diesem Tag zu merken, denn es war nichts Merkenswertes passiert. Sisyphos, schwer beschäftigt, und doch passiert nichts.

Zwischendurch hat man immer mal wieder solche Tage, an denen man sich abends fragt, was man eigentlich den ganzen Tag gemacht hat. Man ist am Ende des Tages zwar völlig erschöpft, aber irgendwie ist kein sichtbares Ergebnis als Arbeitsleistung entstanden. Solche Tage sind völlig normal.
Nicht normal ist es, wenn man solche Tage über Wochen hintereinanderweg und ohne Pause hat. Dann sind nämlich irgendwann ganze Monate rum und man hat noch nicht mal in der Summe von 30 Tagen ein sichtbares Ergebnis als Arbeitsleistung. Wenn man nichts hat, womit man einzelne Tage als bemerkenswert markieren kann, dann hat man auch keine Erinnerungsmarker - und ohne Erinnerung überrollt einen die Zeit wie das Meer den Strand ohne Buhnen.

Vielleicht muss ich mal ein paar Dinge eskalieren lassen, eine richtige Sturmflut hinterlässt einfach durch die simple Menge der Verwüstung Erinnerungen und rammt Markierungen ein.
Erinnert sich noch jemand an den 28. Oktober 2013? An dem Tag deckte das Sturmtief Christian das Haus auf Borkum ab


Morgen In einem Monat jährt sich das Ereignis, das wäre doch mal eine Gelegenheit, dem Vorbeistürmen der Zeit die Stirn zu bieten
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Donnerstag, 16. September 2021
Kochboxen
Das zweite Stichwort von meinem Zettel und nach dem ich eben mit meinem Westfalenmann gemeinsam das Abendessen gekocht habe, kann ich mir spontan tatsächlich vorstellen, was für Menschen Kochboxen kaufen.

Ich weiß gar nicht genau, wann dieser Kochboxhype so richtig Fahrt aufnahm, ich habe aber grade mal nachgesehen, Hello Fresh wurde 2011 gegründet und wird ab Montag ein Dax-Titel sein, das ist schon ein ziemlicher Senkrechtstart, aus finanztechnischer Sicht ernsthaft bewundernswert und zudem ein erstklassiges Beispiel dafür, wie wenig Ahnung ich vom Bedarf unserer aktuellen Gesellschaft habe.

Als ich nämlich das erste Mal von Hello Fresh hörte, das muss so Ende 2013, Anfang 2014 gewesen sein, habe ich mich totgelacht und CW gegenüber eine lange Lästerrede über den neuen Idiotentrend gehalten.
CW aber, der weise alte Mann, sagte damals, dass er sich sehr gut vorstellen kann, dass das eine geniale Marktidee ist, denn die Zeit der klassischen Hausfrau ist vorbei. Die jüngeren Menschen haben schon alle keine Mütter mehr, bei denen sie Kochen hätten gelernt haben können, weil ihre Mütter schon keinen Bock mehr hatten, es zu lernen und außerdem sorgt die wachsende Gleichstellung zwischen Mann und Frau dafür, dass Kochen eine Trendsportart geworden ist und man als Mann damit richtig punkten kann, wenn man am Herd eine gute Figur macht.

Dass die Menschen mehr und mehr verlernt haben, wie man kocht, darin gab ich ihm sofort recht - aber wieso brauchen sie deshalb eine Kochbox, in der doch nichts anderes ist als die genau abgewogenen, frischen Zutaten für ein Gericht samt passendem Rezept???
Ein Rezept, was ich problemlos kostenlos im Internet finde und die Zutaten dann einzeln und völlig problemlos in jedem Laden kaufen könnte, wo sie dann nur ein Fünftel von dem kosten, was ich dafür bezahle, wenn ich sie mir als Fertigpack in einer Kochbox kaufe.

Ich habe das Konzept nicht verstanden, ich gebe es zu.
Ich verstehe aber oft nicht, weshalb Menschen für Dinge, die ich als völlig überflüssig betrachte, ein Höllengeld bezahlen und das auch noch eine gute Idee finden.

Seitdem ich vorhin mit meinem Westfalenmann eine Suppe gekocht habe, habe ich aber doch eine Vorstellung, was den Charme von Kochboxen ausmacht: Man muss nichts suchen, nichts abwiegen und vor allem: Nicht selber denken und deshalb weder Entscheidungen treffen noch Verantwortung übernehmen. Das perfekte Konzept für den modernen Mann mit Managerambitionen: Wenn es klappt, ist man selber das Genie, wenn nicht, war die Kochbox scheiße, wie genial und wie simpel. Kein Wunder, dass Menschen bereit sind, für diese Garantie locker das Fünffache von dem zu bezahlen, was die gleichen Zutaten - dann aber ohne Garantie und mit jeder Menge zusätzlichem Aufwand wie selber suchen und abwiegen, im Supermarkt kosten würden.

Außerdem bleiben bei einzeln gekauften Zutaten ja auch immer Reste, weil man halt nicht 50g Broccoli kaufen kann und auch nicht 2g Bio-Cayenne-Pfeffer und wenn man dann Reste hat, ist das Leben erst recht unschön, denn was macht man damit? Für Reste gibt es kein Rezept, zumindest nie für exakt die Reste, die man selber da hat.

Jetzt könnte man einwenden, dass man die doch einfach wegwerfen kann, wenn einem wirklich gar nichts einfällt, wie man sie verarbeitet - aber Lebensmittel wegwerfen, Nein!, Never, ich kann förmlich die Empörung hören, die mir bei so einem Vorschlag entgegenwallt. Lebensmittel wegwerfen kommt gleich nach kleine Kinder schlagen, das macht man einfach nicht, pfui Spinne, da stirbt die Umwelt, das Klima und überhaupt das gesamte Karma.

Dass der gesamte Kochboxschnickschnack dafür in einer Verpackungsorgie ohnegleichen angeliefert wird, und ja: geliefert!, eine Dienstleistung, die der moderne Mensch ja auch immer öfter in Anspruch nimmt, weil er ja kein Auto mehr hat, um die Umwelt zu schonen. Sollen halt andere fahren - aber ich schweife ab, das ist ein anderes Aufregerthema.

Wo war ich? Ach ja - der irrsinnige Verpackungsmüll, den diese Kochboxen produzieren, der ist aber ja nicht so schlimm, denn der ist ja von vornherein als Müll so vorgesehen, das ist ja etwas ganz anderes als Lebensmittel wegzuwerfen.

Auf alle Fälle habe ich heute Abend mit meinem Westfalenmann eine Suppe gekocht. Eine Kartoffelsuppe mit Einlage, ohne Kochbox, einfach so frei Schnauze und nach einem Blick in den Kühlschrank, von dem ich meistens abhängig mache, was es zu essen gibt.
Im Zweifel immer das, was weg muss.

Ich koche fast nie nach Rezept, weil es ja selten Rezepte gibt für das, was weg muss, ich habe aber ein paar Standardgerichte, die mag ich (und die meisten in der Familie) sehr gerne und die eignen sich auch häufig perfekt als Restesammler, dann benutze ich die Grundversion eines Rezeptes und variiere alles andere so, wie es mir grade gefällt.

Diese Grundversionen der Rezepte habe ich irgendwann mal alle zusammengetragen, sortiert und mir daraus mein ganz eigenes, selbstgemachtes Kochbuch gebastelt.
Natürlich stehen auch n diesen "Grundversion-Rezepten" exakte Maßangaben, sie dienen aber nur als Richtwert. Wenn da also 80g Butter und 250g Sahne steht, dann weiß ich: dreimal so viel Sahne wie Butter. So in etwa. Ganz genau kommt es da sowieso nicht drauf an.
Mir zumindest nicht.
Meinem Westfalenmann schon.

Dass ich statt Butter Margarine verwendet habe, fand er schon bedenklich, dass ich dann aber nicht mal zuckte, als die Waage 82g anzeigte, war für ihn ein eindeutiges Zeichen, dass die Suppe wohl heute misslingen wird.

Dafür stand im Rezept nur "Brühwürfel" und nicht welche Sorte. In meiner Zutatenschublade gibt es Fleischbrühwürfel, Gemüsebrühwürfel und Hühnerbrühwürfel - wie soll da ein Koch wissen, was gemeint ist? Ne wirklich, so kann man nicht kochen.

Und dann habe ich noch jede Menge Dinge in die Suppe geworfen, die alle nicht im Rezept erwähnt waren: Möhren, Frühlingszwiebeln und viel zu wenig Lachs - davon hätte er gerne mehr gehabt, traute sich aber nicht, darauf zu bestehen, denn Lachs stand ja auch nicht im Rezept.

Im Ergebnis hat ihn diese Kocherei also ganz ungemein gestresst, so ein regelloses, nein falsch, regelverstoßendes Lotterkochen (es gab ja ein Rezept, ich habe es nur nicht genau befolgt, jetzt echt mal)

Insgesamt bleibt festzustellen: Mit Kochbox wär das nicht passiert.

Blöd nur, dass die Suppe echt lecker war - nur zu wenig Lachs
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Dienstag, 14. September 2021
Lastenräder und Krankenstand
Ich habe vorhin diesen Zettel entdeckt



Der Zettel ist schon etwas älter, ich schleppe ihn auch schon etwas länger in meiner Handtasche mit mir rum, die Stichworte sind aber nach wie vor aktuell, denn es handelt sich um Themen, die ich im Büro in Gesprächen mit Kollegen aufgeschnappt habe und mich darüber wundere, wie diese Dinge so beliebt und so erfolgreich werden konnten, weil ich sie allesamt nur für völlig blödsinnige, überteuerte Modeerscheinungen halte, die von Menschen gekauft werden, die ganz offensichtlich über viel zu viel Geld verfügen und nicht gelernt haben, sich beim Geldausgeben automatisch um die effizienteste Lösung für einen gefühlten Bedarf zu kümmern.

Fange ich oben an und erkläre zunächst mal ausführlich, was ich von Menschen halte, die ihren SUV gegen ein Lastenrad tauschen und sich damit als ökologisch korrekte Vorbilder fühlen, weil ja auch der Staat dieses Verhalten steuerlich fördert:

Ich halte es für extrem sinnvoll und ökologisch lobenswert, aktiv nach Alternativen zum Auto zu suchen.
Wenn man sich deshalb entscheidet, so viel wie möglich mit dem Fahrrad zu erledigen und wenn das Fahrrad damit die Alltagsmobilität gewährleisten soll, dann muss es halt mehr können, als nur ein Hobby-Freizeit-Ausflugsartikel sein.
Wenn ich kein Auto mehr hätte, sondern alles mit dem Fahrrad erledigen wollte, müsste mein Rad folgende Anforderungen erfüllen:
- Es muss einigermaßen komfortabel zu benutzen sein
- Ich muss auch größere Mengen an Einkäufen damit transportieren können, nur zwei Satteltaschen sind zu wenig
- Ich muss im Zweifel auch meine Kinder damit transportieren können.

Meine Lösung für all diese Anforderungen wäre ein E-Bike (Komfort!) mit Anhänger und zwar je nach Bedarf und verfügbaren Mitteln sogar mit zwei verschiedenen Anhängern, also einen, um Kram zu transportieren und einen, um Kinder zu transportieren und wenn wir als Familie unterwegs sind, kann jedes Elternteil einen ziehen.

Was mir ganz sicher nicht in den Sinn käme, wäre ein Lastenrad, bei dem der Anhänger quasi fest verbaut ist und nicht abgehangen werden kann, denn dann hätte ich ja kein normales Fahrrad mehr und ein einfaches, normales, leichtes, wendiges Fahrrad ist etwas, auf dass ich ganz sicher nicht verzichten möchte.
Denn ganz ehrlich: Ich definiere mich durchaus als Mensch mit einem eigenen Leben, einer eigenen Persönlichkeit sowie eigenen Vorstellungen und Wünschen und ich möchte deshalb mein Fahrrad hauptsächlich auch einfach nur als Fahrrad benutzen, um mich selber halbwegs komfortabel von a nach b zu bringen, ohne dabei jedesmal die halbe Familienentourage oder einen Großeinkauf mitzuschleppen. Genau deshalb hätte ich auch keine Lust, grundsätzlich nur mit so einem Monstertrum unterwegs zu sein, das hat nämlich nichts mehr mit Komfort zu tun.

Alternativ bräuchte ich nicht mehrere Anhänger, sondern mehrere Fahrräder.
Das wäre natürlich auch eine Lösung, die ich sofort akzeptieren würde, dann wäre so ein Lastenrad aber nicht mein Hauptfahrrad, sondern das, was so ein Lastenrad traditionell schon immer war: Ein Arbeitsrad, das man benutzt, wenn man arbeitet, sprich also Einkaufen fährt oder Kinder rumkutschiert.

Eine vergleichbare Lösung hatten wir früher ja auch immer mit Autos, da haben wir uns den großen Familien-Van auch als Drittwagen geleistet, ansonsten fuhr CW seinen Sportwagen und ich mein Cabrio.
Auf Fahrräder übersetzt hieße das, dass ich mir so ein Lastenrad einfach als komfortablen Luxus noch zusätzlich leiste, wenn ich mal mehr zu transportieren habe oder nicht alleine mit dem Rad unterwegs bin, dann habe ich ein Rad mit festverbautem Anhänger schon fertig da stehen und cooler aussehen tut es natürlich auch als die Billiglösung Rad mit austauschbarem Anhänger.

Ein Lastenrad als Familiendrittfahrrad ist in meinen Augen also völlig okay, weil ich privaten Luxus grundsätzlich immer völlig okay finde, wenn man sich sowas als aktive und bewusste Entscheidung pro Luxus leisten möchte.
Es ist aber nichts, was der Gesetzgeber steuerlich fördern sollte und es ist auch nichts, mit dem man sich besonders ökologisch korrekt verhält, weil der einzig ökologisch korrekte Luxus der Verzicht auf Luxus ist.
Fahrrad statt Auto ist ökologisch gut und für Transportbedarf gibt es Fahrradanhänger, alles andere ist Augenwischerei oder, wie es im modernen Fachjargon heißt: Greenwashing.

Und weil ich über Leute, die sich ob ihrer ach so grünen Grundeinstellung gerne als besondere Vorbilder gerieren, nur leicht genervt den Kopf schütteln kann, fällt mir hierzu auch nur der Begriff Fake-Attitude ein.

Außerdem habe ich heute noch über einen Artikel aus dem Handelsblatt gegrinst, da stand nämlich (und ich habe es extra per Screenshot rauskopiert, weil ich davon ausging, dass es schnell berichtigt wird, jetzt im Moment steht es da aber immer noch so)


Auf je 100 AOK Mitglieder kommen 144,2 Fälle von Arbeitsunfähigkeitsmeldungen, das erinnert mich doch sehr stark an "fünf von vier Wirtschaftsprüfern können nicht rechnen"
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Samstag, 28. August 2021
Andererseits
"Jetzt beginnen die Spiele der reichen Länder" schrieb neulich irgendeine Zeitung über die Paralympics und seitdem geht mir dieser Satz durch den Kopf. Es ist tatsächlich noch mal eine komplett andere Sichtweise, nicht den Reichtum im eigenen Land anzuprangern, sondern sich klarzumachen, dass bei uns auch der Ärmste der Armen tendenziell reich und privilegiert ist, wenn man den weltweiten Kontext bemüht.
So eine Flüchtlingsdebatte bekommt dann noch mal einen ganz anderen Touch.

"Wenn der Westen nicht so hartnäckig auf die Frauenrechte gepocht hätte, wäre der der Widerstand der Taliban nie so unversöhnlich gewesen." sagte irgendein Kenner der Szene über die eigentlichen Hintergründe der Abgründe in Afghanistan - und ich kann mir diese Begründung sehr gut vorstellen. "Manche Menschen muss man zu ihrem Glück zwingen", sagte mein Vater gerne - und manche Menschen wehren sich dann, stellen wir mit einem Blick auf Afghanistan fest.

Bei der Debatte um die vierte Welle und der Frage, wie viel Rücksicht man noch auf Ungeimpfte nehmen sollte, fehlt mir jede Sorte Verständnis. Ich begreife das Problem einfach nicht.

Ich glaube, ich bin heute etwas gegen den Strich gebürstet
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Samstag, 21. August 2021
Entwarnung und Enttäuschung
Das Wichtigste vorab: Ich bin weder tot noch kurz davor, im Gegenteil, ich bin quietschfidel und jede theoretische Kopfschmerzfolgenhintergrundbegründung hat sich erübrigt, ich bin ziemlich sicher, dass ich keine Hirnthrombose habe, weil sich dann die Kopfschmerzen nicht von einer abgelaufenen Ibu komplett hätten vertreiben lassen.

Diejenigen aus dem wohlmeinenden Teil der Verwandtschaft können sich also beruhigen, für diejenigen aus dem ablehnenden Teil der Verwandtschaft bleibt mir nur ein schlichtes "Sorry, Ihr müsst noch was warten.".

Ist ja schon lustig, fällt mir dazu ein und ich amüsiere mich darüber schon seit längerem, wie viele Leute hier immer wieder mitlesen, die mich zwar im echten Leben kennen, mir aber genau dort maximal weit aus dem Weg gehen und lieber nicht mit mir reden möchten.

Ich meine, wenn ich mit jemandem nichts zu tun haben möchte, dann ignoriere ich ihn einfach und gut ist. Aber dann käme ich doch im Leben nicht auf die Idee, heimlich und stickum immer wieder irgendwo nachzulesen, was der so über sein Leben schreibt und den Link zu dieser Seite dann auch noch anderen Leuten weiterzugeben, von denen ich weiß, dass sie im realen Leben auch nichts mit mir zu tun haben wollen.
Ich meine, das ist doch ein Widerspruch in sich - oder verstehe ich da grade etwas nicht?

Oder ist es die eigene Sorge, dass da jemand, den man selber nicht mag, etwas Schlechtes über einen schreiben könnte? Man weiß um die eigenen Leichen im Keller und will deshalb unbedingt darüber informiert sein, wenn die jemand anderes ausbuddelt, weil, grade so Menschen wie mir ist das natürlich jederzeit zuzutrauen?
Das ist dann natürlich blöd, für diesen Fall kann ich auch keine bequeme Lösung anbieten, dann müsst Ihr hier einfach weiter mitlesen. Sorry.

Und grundsätzlich ist das selbstverständlich eine passende Überlegung, also ich meine, hier regelmäßig zu überprüfen, was ich jetzt schon wieder für Unverschämtheiten geschrieben habe, dann kann man sich anschließend mit dem guten Gefühl der berechtigten Empörung zurücklehnen und sich selber bestätigen: "was für ein Glück, dass ich mit der sonst nichts zu tun habe." - diese Überlegung hat nur den Haken, dass ich wiederum sehe, wer hier so alles mitliest und dass ich mir deshalb durchaus den Spaß mache, Dinge zu schreiben, die absichtlich provozieren sollen. Und ob alles, was ich hier so schreibe, stimmt oder auch nicht - tja, wer weiß das schon?

Und vielleicht noch ein Hinweis: Grade weil ich weiß, wer hier alles so mitliest, schreibe ich natürlich viele Dinge bewusst nicht.
Zumindest nicht hier.
Ich gebe zu, dass ich Dinge, die mich selber bewegen, am allerbesten dadurch verarbeite, dass ich mich schriftlich darüber auskotze.
Aber grade weil ich inzwischen weiß, wer alles diese Seite kennt, werde ich genau das, was Euch am allermeisten interessiert, ganz bestimmt hier nicht hinschreiben. Jeder mag sich hier selber ein ansprechendes Stinkefingeremoji vorstellen.

Andererseits kann ich natürlich aber auch immer ganz unschuldig behaupten, dass ich keine Ahnung habe, wer das hier alles so liest, und wenn dann jemand doch irgendwelche Dinge, die ich hier so schreibe, auf sich persönlich bezieht - ja sorry, das war ganz bestimmt nicht so gemeint. Alle Ähnlichkeiten mit lebenden oder realen Personen sind vollkommen unbeabsichtigt und rein zufällig entstanden.
Hat nichts mit irgendjemandem zu tun. Außer vielleicht dem Spruch:
Der Lauscher an der Wand. . .

In diesem Sinne:
Enjoy
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Mittwoch, 21. Juli 2021
Wenn man plötzlich uralte Steinzeitprobleme lösen kann
So, jetzt ist der Besuch abgefahren und ich bin tatsächlich mal für ein paar Tage komplett alleine.

Die letzten Tage waren gründlich anders als mein sonstiges Leben, haben aber sehr viel Spaß gemacht.

Wir haben jeden Abend stundenlang geredet, wir haben uns unterhalten, gemeinsam über Dinge nachgedacht, nach Erklärungen gesucht und uns gegenseitig von unseren Vorstellungen für die Zukunft, von Wünschen, Träumen und Hoffnungen erzählt und plötzlich entstand eine Idee, die uns alle ein wenig fassungslos machte, weil sie einerseits so simpel, andererseits aber auch so folgenschwer ist, dass man sie durchaus als "life changer" bezeichnen kann und genau die wird jetzt umgesetzt.

Manchmal bieten sich ja durch das zufällige Zusammentreffen von komplett verschiedenen Sachverhalten Möglichkeiten, uralte Probleme lösen zu können, dass man nur staunend davor steht und es selber nicht fassen kann, weil alles so plötzlich und unerwartet passiert.

Solche Chancen müssen dann aber auch sehr beherzt und vor allem sofort genutzt und umgesetzt werden, denn es gibt meist nur ein kurzes Zeitfenster, in dem die Gesamtumstände so perfekt zusammenwirken, dass eine Lösung als Ergebnis möglich ist.

Genau so etwas ist uns in den letzten Tagen passiert.
Wir haben uns durch Zufall in unseren Gesprächen gegenseitig Informationen geliefert, die uns jeweils vorher fehlten, die aber zusammengenommen plötzlich zu einer wirklich wunderbaren Problemlösungsidee führten - und die wird jetzt umgesetzt.

Es ist dann allerdings ein seltsam skurriles Gefühl, wenn sich plötzlich eine Möglichkeit auftut, ein uraltes, schon über dreizehn Jahre altes Problem zu lösen, mit dem man sich schon fast behaglich eingerichtet hatte, weil man im Grunde fast nicht mehr daran glaubte, dass es überhaupt zu lösen sei - und dann gibt es diese Chance.
Die aber auch nur dann eine gute Chance ist, wenn man sie sofort umsetzt.
Keine Bedenkzeit, kein Aufschub, sofort.
In ein Paar Tagen hat sich das Fenster für diese Chance schon wieder geschlossen und es ist nur ein riesengroßer Zufall, dass man sie überhaupt im richtigen Moment entdeckt hat.

Ich bin immer noch ein bisschen atemlos, wenn ich darüber nachdenke, wie viele Zufälle da gleichzeitig zusammenkamen, dass diese Chance überhaupt entstehen konnte und drücke jetzt alle Daumen, dass es auch wirklich funktioniert.

Es wird zumindest nicht daran scheitern, dass sich keiner traut, es wirklich anzugehen, der erste wichtige, große Schritt wurde heute Abend nämlich schon eingeleitet.

Schneller geht nicht
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Montag, 5. Juli 2021
Arbeit
Manchmal habe ich das Gefühl, ich müsste mal so lange nichts tun, bzw. richtiger: nichts tun müssen, bis mir richtig gründlich bis tief unten auf den Boden des Gemüts langweilig ist. Vielleicht vergeht dann meine ewige Sehnsucht nach "nicht arbeiten" und ich begreife Arbeiten endlich wieder als das, was es sein könnte, oder, positiver ausgedrückt, was es sein sollte: eine Sinn stiftende Beschäftigung.

Ich habe nämlich darüber nachgedacht, was für mich "Arbeiten" bedeutet, welche Tätigkeiten ich als Arbeit empfinde und welche nicht, und dabei ist mir gleich als erstes aufgefallen, dass es nicht an den Tätigkeiten selber liegt, sondern an dem Zwang, der entweder dahintersteht oder eben nicht.
"Zwang" hört sich jetzt martialischer an als es gemeint ist, in den allermeisten Fällen zwinge ich mich ja selber oder akzeptiere, dass es die normative Kraft des Faktischen ist, die mich zwingt, weil ich nicht rechtzeitig genug Vorsorge getroffen habe, aber dazu hätte ich mich ja auch zwingen müssen.

Ist alles ein wenig unkonkret und verschwurbelt, aber um ein Beispiel zu nennen, passt "Küchenarbeit" ganz gut.
Weder Kochen noch Küche saubermachen sind Tätigkeiten, die bei mir auf demselben Wohligkeitslevel liegen wie auf dem Sofa liegen und ein Buch lesen.
Grundsätzlich würde ich Kochen und Küche saubermachen als Arbeit bezeichnen, nämlich als etwas, das ich zur Zweckerreichung betreibe und nicht, weil der Weg das Ziel ist.

Es gibt ja auch Leute, für die ist Kochen ein sinnliches Erlebnis, im Spaß- oder Wohligkeitsfaktor vergleichbar z.B. mit Sport treiben (ich rede hier von anderen Leuten, nicht von mir, aber es gibt ja eindeutig viele Menschen, die treiben Sport, weil sie es gerne tun), oder, wenn ich es mit mir vergleiche: mit auf dem Sofa liegen und ein Buch lesen.
Ich treibe aber weder gerne Sport noch koche ich gerne, ich esse aber gerne und vor allem esse ich gerne leckere Dinge, und genau deshalb bin ich auch bereit, zu kochen. Zumindest dann, wenn die Kombination aus Hunger und Appetit genau die Intensität hat, die ich mit Kochen bedienen kann. Wenn ich zu viel Hunger oder zu wenig Appetit habe, fällt bei mir Kochen meistens aus, dann gibt es nämlich oft eine bessere Zweckerreichung als selber kochen (auswärts essen bei ganz viel Hunger) oder nur ein Butterbrot essen (bei wenig Appetit).

Zweckerreichung ist also mein Antrieb=Zwang und wenn ich gerne leckere Dinge essen möchte, dann muss ich sie vorher zubereiten. Auswärts essen ist meist nur bei sehr akutem Hunger eine Alternative, weil ich für viele Dinge, auf die ich sonst Appetit habe, kein Restaurant kenne, wo man es bestellen kann und überhaupt habe ich beim auswärts essen fast immer irgendwas zu mäkeln, nur bei sehr großem "jetzt und sofort Hunger" überwiegen die Vorteile.

Küche saubermachen ist im übrigen ein Kollateralzwang, wenn man eine Küche benutzt, muss man sie auch wieder saubermachen, Einwegküchen sind noch nicht erfunden.

Grundsätzlich habe ich sowohl meine Küche als auch meine Kochorganisation dem Umstand angepasst, dass ich nicht aus Leidenschaft koche, aber erfahrungsgemäß besser als viele andere Leute, zumindest was meinen Geschmack angeht.
Das bedeutet, alles, was nach meiner Definition "Arbeit" ist, versuche ich so professionell wie möglich zu organisieren, um eine maximale Effizienz der kostbaren Ressource "Anjezeit" zu gewährleisten.

So viel zur Voraberklärung, wie ich normalerweise zum Thema "Küchenarbeit" stehe. Es ist Arbeit, aber immerhin habe ich sie angemessen effizient organisiert.

Heute stand ich über vier Stunden in der Küche und habe mit viel Spaß allerlei Dinge auf Vorrat zubereitet. Sogar am Saubermachen hatte ich Spaß, weil ich mich grundsätzlich nur in einer sauberen Küche wohlfühle und weil ich ja so viele verschiedene Dinge nacheinander gemacht habe, musste ich zwischendrin immer wieder saubermachen, tat das aber gerne, weil ich insgesamt einfach Spaß daran hatte, all diese Dinge zu tun. Heute war Küchenarbeit für mich eindeutig keine Arbeit, weil mich weder irgendein Verpflichtungsgefühl (anderen Leuten gegenüber), noch Hunger oder Appetit antrieben, sondern nur die Freude an der Vorstellung, dass ich endlich mal Zeit habe, all diese leckeren Dinge zuzubereiten, weil ich anschließend (also in den nächsten Tagen) auch genug Zeit haben werde, sie in Ruhe zu genießen.
Das, was ich sonst also als Arbeit empfinde, war plötzlich eine sinnstiftende Beschäftigung und ich hatte wirklich viel Spaß daran.

Und über diese Feststellung bin ich zu der Erkenntnis gelangt, dass es in den meisten Fällen die fehlende Zeit ist, die Dinge zu einer lästigen Arbeit macht, statt sie als sinnstiftende Beschäftigung zu erleben, was sie genauso gut sein könnten, wenn man sie denn freiwillig machte und nicht, weil es irgendwelche äußeren Zwänge gibt. Die fehlende Zeit wiederum resultiert aus dem Anspruch, alles gleichzeitig zu wollen. Einen Fulltimejob, einen, ach was zwei perfekte Haushalte, immer etwas leckeres zu essen und gaaanz viel Zeit, um auf dem Sofa zu liegen und Bücher zu lesen.
Ich glaube, in der Vorstellung ist einfach nur ein Rechenfehler und wenn ich den korrigiert habe, dann wird das Leben toll
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Donnerstag, 24. Juni 2021
Zeugnis- und Gendervarianten
J schickte mir eine Anfrage: "Kannst du mal über das Zeugnis schauen, was meine Chefin mir schreiben möchte, ob es da noch Verbesserungsbedarf gibt?"
Er zeichnet sich durch ein treffsicheres Urteilsvermögen, eine große Beharrlichkeit und kreative Lösungsvorschläge aus und demonstrierte in der Zielerreichung beständiges Durchsetzungsvermögen.
Ich sag mal so: Sie hat ihn wirklich treffend beschrieben, aber als Karrierecoach befragt, rate ich ihm, da noch mal etwas an den Formulierungen zu feilen, weil jeder Personaler daraus nur liest, dass er ein sturer und verbohrter Esel mit wirren Ideen ist. Und so deutlich muss man es doch nun wirklich nicht sagen.


Ein Mitarbeit:endes schrieb ein gegendertes Protokoll über eine Teambesprechung. Ich stelle fest, die Kombination von Rechtschreib- und Grammatikschwäche (die ist alt und lässt sich wohl nicht mehr ändern), kombiniert mit seiner/ihrer (ich gender hier komplett neutral und sage nicht, welches Geschlecht das Mitarbeit:ende hat), also: kombiniert mit der neuen Schwäche für Genderformen, ergibt in der potenzierten Form einen Text, dessen Inhalt sich mir auch nach dem dritten Lesen nicht mehr erschließt.
Normalerweise repariert mein Hirn beim Lesen die üblichen Orthographie- und Grammatikfehler so fließend, dass ich locker darüber hinweglesen kann und am Ende doch weiß, was mit dem fehlerhaften Text gesagt werden soll. Kommen außer den normalen Fehlern aber auch noch Partizipformen vor, schaltet mein Hirn ab und es gelingt mir nicht mehr, sinnerfassend zwischen Projektleitende, Projektende, geleiteten Projekten und Leiden ohne Ende zu unterscheiden.
Wahrscheinlich gibt es auch gar keine Unterschiede, denn das ist ja grade, weshalb gegendert werden soll, alle Unterschiede egalisieren.
Dann soll es also so sein, dann ist am Ende auch alles egal
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Montag, 14. Juni 2021
Luxus
In der Welt stand ein Artikel mit dem Titel "Der neue Luxus" (hinter der Paywall), in dem in allerlei Statistiken gezeigt wurde, was die Deutschen sich aktuell so gönnen und was für sie Luxus ist.
Mich hat die Frage auch interessiert und ich habe erst selber darüber nachgedacht, was für mich Luxus ist und wofür ich mehr Geld ausgebe als sein müsste und dann habe ich auch J noch danach gefragt.
Leider hatten wir nicht genug Zeit, das Thema ausführlich zu besprechen, weil ich am Nachmittag erst noch dringend einen Text fürs Büro schreiben musste und dann musste ich unbedingt noch die Spargelsuppe fertig kochen, für die ich ja gestern schon das Kochwasser vom Spargel und von den Spargelschalen extra beiseite gestellt hatte und dann musste J zum Zug und die Gesprächschance war vertan, aber seine erste Antwort fand ich schon spannend, denn sie lautete: "Nicht denken müssen."

Aber ich schlage noch mal einen Bogen zurück, ich hatte ja als erstes den Artikel mit den Statistiken gelesen und in der ersten Statistik wurde danach gefragt, für welche Luxusartikel die Leute in der letzten Zeit Geld ausgegeben hätten und hier stehen Smartphone, Schuhe und Kleidung auf den obersten drei Plätzen. Jeweils etwas mehr als ein Drittel aller Befragten hat also für Smartphone, Schuhe und Kleidung mehr Geld als notwendig ausgegeben, denn das ist ja wohl die einfachste Definition von Luxus, die man hier ansetzen kann.
Auf Platz 4 folgt mit 26% "TV und Hi-Fi", dann "Taschen & Accessoires" sowie "Kosmetik & Körperpflege" mit jeweils 20% auf den Plätzen 5 und 6.
Für "Essen & Getränke" wird nur von 16% aller Befragten so viel Geld ausgegeben, dass sie es als Luxus bezeichnen.
Da die Befragung in der Zeit von Februar 2020 bis März 2021 stattfand, war auswärts essen ja die meiste Zeit nicht möglich, Urlaub und Reisen kam deshalb gar nicht erst vor.
Auf Platz 8 findet sich "Möbel & Haushalt" mit 11% und schließlich "Schreibwaren & Hobby" sowie "Spielzeuge und Babyprodukte" auf den Plätzen 9 und 10 mit 7 bzw. 6%.

Dass Schuhe und Kleidung soweit oben stehen, hat mich erstaunt, denn gefühlt hätte ich gedacht, dass die Leute solche Dinge deutlich weniger kaufen, weil sie ja schließlich nirgendwo mehr hingehen können, um den Kram vor- und auszuführen, aber auch Handtaschen und Kosmetik waren nach wie vor sehr beliebt, es sieht also nicht so aus als ob die oder der Durchschnittsdeutsche gerne zu Hause auf dem Sofa verlottert, auch nicht in der Pandemie.

Dass Smartphones ganz oben auf der Liste stehen, kann ich sofort verstehen und dass Leute grade in der Pandemie, wo das Smartphone für viele zum Hauptkommunikationstool zum Rest der Welt geworden ist, hier auch auf hohe Qualität und Funktionalität achten, ist nachvollziehbar, schließlich hat man ja sonst nichts.

Ich selber hätte mal wieder Probleme gehabt, die Frage überhaupt sinnvoll zu beantworten, weil es mir aus grundsätzlichen Überlegungen widerstrebt, für Dinge mehr Geld als notwendig auszugeben und ich deshalb bei fast nichts, was ich so kaufe, das Gefühl habe, das sei Luxus. Es mag zwar sein, dass ich mir letzte Woche tatsächlich das vierte Paar dieser Merino Sneakers gekauft habe, weil ich schließlich noch keines in weiß hatte, aber erstens war es gründlich reduziert und zweites ist ein weiteres Paar Schuhe nie Luxus, sondern immer echte Notwendigkeit. Wo käme ich da hin, wenn ich so etwas anders definierte.

Weil ich also diese Frage für mich selber gar nicht gut beantworten konnte, habe ich mich lieber mit der Frage zur zweiten Statistik beschäftigt: "Was verstehen Sie unter Luxus?"
J findet hier, dass "nicht denken müssen" Luxus ist und je mehr ich darüber nachdenke (anders geht es nicht), umso mehr stimme ich ihm zu.
Es geht nämlich nicht um das Denken als solches, sondern um das "müssen". Es gibt mittlerweile so viele Situationen im Leben, die man nur mit viel Konzentration und intensivem Denken lösen kann, dass es einfach nur nervig ist.
Es geht schon mit den einfachsten Alltagssituationen los: J wollte sich vorhin ein Zugticket online buchen, einen Vorgang, den er schon x-mal auf dem Handy gemacht hat, wo er seit Jahren trainiert und geübt ist, der aber immer wieder neue Überraschungen parat hält, weil es natürlich nie sicher ist, ob alles auch so funktioniert, wie es sollte. Das heutige Zugticket war besonders widerspenstig, nachdem er es gebucht und gekauft hatte, wurde es in der App nicht angezeigt, dafür war das Geld aber schon abgebucht. Nach dem Neustart der App wurde das Ticket zwar angezeigt, es hatte aber noch den Status "weiter zur Zahlung", der sich auch nur durch eine zweite Bezahlung desselben Ticket lösen ließ. Im Endergebnis hatte J mit viel hin und her zwar sein Ticket, aber auch eine doppelte Belastung auf der Kreditkarte und im nächsten Schritt muss er jetzt darüber nachdenken, wie er das am besten wieder grade biegt.
Dass er also denken muss, wenn er nicht unnötig viel Geld ausgeben will, ist ärgerlich - oder anders ausgedrückt: Nicht denken zu müssen ist Luxus.
Wer hat sich noch nicht einen persönlichen Butler gewünscht, der einem all die kleinen Lästigkeiten des Alltags abnimmt? Tausenderlei Kleinigkeiten, die einen zwingen zu denken, weil man es sich schlicht nicht leisten kann, sich davon übern Tisch ziehen zu lassen, aber Lust hat man doch eigentlich nie dazu, oder?

Ich stimme J also komplett zu, "nicht denken zu müssen", das ist echter Luxus.

Dieser Luxus kam allerdings auf der Liste der Umfrageergebnisse gar nicht vor. Ich glaube, das liegt daran, dass es wahrscheinlich eine vorgegebene Liste zum Ankreuzen war und die Umfrageersteller diese Antwort gar nicht auf dem Plan hatten, deshalb bin ich bei den Ergebnissen solcher Umfragen ja eh immer sehr skeptisch. Dass aber ausgerechnet "Gesundheit" mit 82% an oberster Stelle steht, finde ich dann gleichzeitig doch auch sehr trivial. - Und nein, das liegt nicht an der Pandemie, denn diese Umfrage ist bereits 2018 gemacht worden, allein an der Tatsache, dass die Welt hier völlig veraltete Statistiken als "neue Erkenntnisse" verkaufen will, zeigt sich mal wieder die Qualität der Springerpresse - aber ich schweife ab.

Natürlich ist Gesundheit ein Luxus, weil ohne Gesundheit ist alles nichts, aber welche Zusatzerkenntnis bringt es mir, wenn das 82% aller Befragten auch so sehen?
Gleich auf Platz 2 und 3 mit jeweils 80% folgt dann aber auch schon "Zeit für Freunde und Familie" und "Zeit für mich", danach wird "Selbstoptimierung" von 75% und "Well-Being" von 67% aller Befragten als Luxus bezeichnet.
Auf Platz 1-5 also keine käuflich erwerbbaren Güter, sondern eher so allgemeine Oberbegriffe aus irgendeinem Weltverbessererratgeberhandbuch, wobei ich zugebe, dass ich keine Ahnung habe, was man sich unter "Well-Being" vorstellen soll und weshalb Selbstoptimierung ein Luxus sein soll, entzieht sich erst recht meiner Vorstellung. Ich zumindest habe ganz ausdrücklich keinerlei Bedarf daran, mich selber zu optimieren, was soll denn der Quatsch? Wozu und für wen? Ich finde es viel sinnvoller, wenn man lernt sich selber mit all seinen Fehlern zu mögen, dann ist man nämlich mit sich zufrieden und Zufriedenheit wäre für mich ein ähnlich wichtiges Luxusgut wie "nicht denken müssen", kam aber wahrscheinlich wieder nicht vor in der Abfrageliste.

Ab Platz 6 kamen dann aber auch auf dieser Liste endlich die käuflichen Luxusgüter, angeführt von "Hochwertige Technik" (66%), gefolgt von den ganz allgemein gehaltenen "Luxusgütern" (64%) und spätestens da wird die Laienhaftigkeit dieser Umfrage endgültig deutlich.
Frage: Was ist für Sie Luxus?
Antwort: Luxusgüter.
Ach was, fällt mir da nur ein.

Bevor es auf den weiteren Plätzen dann mit den bekannten Klassikern wie "große, eigene Immobilie" , "ausgefallene Reisen" und "exklusiver Konsum" (alle drei jeweils 62%) weitergeht, wird mit 63% noch einmal ein allgemeiner Oberbegriff genannt, nämlich die mittlerweile begrifflich schon etwas abgenudelte "Work-Life-Balance".

Platz 12 = Gourmetrestaurants (59%), dann "5-Sterne-Hotels" und "Exklusiver Zugang" mit jeweils 58%.
Ein "sportliches, dynamisches Leben" betrachten 57% als Luxus, noch vor "Spa und Wellness" mit 56%.

Ein Auto wird überhaupt erst auf den letzten beiden veröffentlichten Rängen genannt, und zwar rangiert ein "fortschrittliches Auto" mit 50% sogar noch einen Prozentpunkt vor dem "schnellen, großen Auto". (49%)

Als interessante Feststellung kann man also mitnehmen, dass hochwertige Technik heute von immer mehr Leuten als Luxus und damit wahrscheinlich als erstrebenswert angesehen wird, wohingegen das Auto deutlich an Bedeutung verliert. Ist ja auch keine zu schlechte Entwicklung.

In einer dritten Statistik wurden dann noch die Gründe für den Kauf von Luxusprodukten genannt, aber das fand ich dann endgültig eine überflüssige Statistik, weil sich die Menschen üblicherweise hier selber was in die Tasche lügen. Natürlich steht als oberster Grund "Qualität und Langlebigkeit", tatsächlich ist das bei vielen Luxusartikeln aber nur ein Wunschdenken, wirtschaftlich lässt sich das sehr häufig absolut nicht rechtfertigen. Aber für die Hersteller von Luxusartikeln ist das natürlich sehr wichtig, sie müssen ganz dringend so tun, als hätten ihre Produkte eine besonders hohe Qualität mit besonderer Langlebigkeit. In der Volkswirtschaft nennt man das "Abschöpfen der Konsumentenrente" und ist ein sehr gewinnbringender Zweig der Preisfindung.

Wenn ich abschließend zusammenfasse, was für mich Luxus ist, dann würde ich es definieren als: "Keine Dinge tun zu müssen, die ich nicht tun will."
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