Donnerstag, 10. November 2016
English
anje, 23:38h
K. hat einen neuen Zusatzjob. Nächste Woche ist erstes Treffen der "Neuen" und er muss vorher einen Fragebogen ausfüllen und seinen Lebenslauf (aktualisiert) abgeben.
Nachdem er schon über drei Stunden an seinem Lebenslauf rumgetippt hatte, begann ich mir Sorgen über sein Alter zu machen. Ich meine, mein Lebenslauf ist inzwischen auch länger als eine Seite, aber doch keine drei Stunden Tipparbeit lang. Ich fragte ihn also, ob er statt Lebenslauf gleich eine komplette Familienchronik seit dem Mittelalter fertigt, es stellte sich aber heraus, dass die Arbeitspapiere alle auf Englisch ausgefüllt werden müssen, und das ist dann schon hart, das kann ich verstehen, wenn man mit Englisch sonst nix zu tun hat.
Mein Englisch war ja mal ziemlich gut. So gut, dass es mir egal war, ob ein Gespräch auf Deutsch oder auf Englisch geführt wurde, ich habe viele Jahre mit beiden Sprachen parallel gelebt und in den Amiforen bin ich nur deshalb als Ausländer aufgefallen, weil ich kaum Rechtschreibfehler machte.
Aber seit über neun Jahren habe ich kaum noch "englische Situationen". Beruflich sozusagen gar nicht, wenn man mal von einer Konversation mit den italienischen Steuerbehörden absieht, bei denen ich die Erstattung der italienischen Quellensteuer beantragt habe, was zu einem langwierigen Briefwechsel führte, und privat im Grunde auch kaum noch, weil ich ja nicht mehr in der Weltgeschichte rumreise. Mein Englisch ist also in Rente, um nicht zu sagen quasi scheintot, was mir aber erst auffiel, als mir noch nicht mal einfiel, was Lebenslauf auf Englisch heißt. Gut, dafür gibt es auch kein richtiges englisches Wort, aber wenigstens das hätte ich ja wohl wissen können.
Aber auch sonst fiel mir hauptsächlich Schulterzucken ein.
Faszinierend, in welchem Tempo sich ein Wissen verflüchtigt, wenn man es nicht benutzt.
Andererseits bin ich aber auch gar nicht sicher, ob ich überhaupt noch Englisch können möchte, wenn ich sehe, welche Floddergestalten sich da aktuell, rein verbal, hervortuen. Vielleicht ist es viel besser, ich verstehe die gleich gar nicht, dann rege ich mich auch nicht auf
.
(Abgelegt in anjesagt und bisher 1237 x anjeklickt)
Nachdem er schon über drei Stunden an seinem Lebenslauf rumgetippt hatte, begann ich mir Sorgen über sein Alter zu machen. Ich meine, mein Lebenslauf ist inzwischen auch länger als eine Seite, aber doch keine drei Stunden Tipparbeit lang. Ich fragte ihn also, ob er statt Lebenslauf gleich eine komplette Familienchronik seit dem Mittelalter fertigt, es stellte sich aber heraus, dass die Arbeitspapiere alle auf Englisch ausgefüllt werden müssen, und das ist dann schon hart, das kann ich verstehen, wenn man mit Englisch sonst nix zu tun hat.
Mein Englisch war ja mal ziemlich gut. So gut, dass es mir egal war, ob ein Gespräch auf Deutsch oder auf Englisch geführt wurde, ich habe viele Jahre mit beiden Sprachen parallel gelebt und in den Amiforen bin ich nur deshalb als Ausländer aufgefallen, weil ich kaum Rechtschreibfehler machte.
Aber seit über neun Jahren habe ich kaum noch "englische Situationen". Beruflich sozusagen gar nicht, wenn man mal von einer Konversation mit den italienischen Steuerbehörden absieht, bei denen ich die Erstattung der italienischen Quellensteuer beantragt habe, was zu einem langwierigen Briefwechsel führte, und privat im Grunde auch kaum noch, weil ich ja nicht mehr in der Weltgeschichte rumreise. Mein Englisch ist also in Rente, um nicht zu sagen quasi scheintot, was mir aber erst auffiel, als mir noch nicht mal einfiel, was Lebenslauf auf Englisch heißt. Gut, dafür gibt es auch kein richtiges englisches Wort, aber wenigstens das hätte ich ja wohl wissen können.
Aber auch sonst fiel mir hauptsächlich Schulterzucken ein.
Faszinierend, in welchem Tempo sich ein Wissen verflüchtigt, wenn man es nicht benutzt.
Andererseits bin ich aber auch gar nicht sicher, ob ich überhaupt noch Englisch können möchte, wenn ich sehe, welche Floddergestalten sich da aktuell, rein verbal, hervortuen. Vielleicht ist es viel besser, ich verstehe die gleich gar nicht, dann rege ich mich auch nicht auf
.
kjfalf,
Donnerstag, 10. November 2016, 23:39
C.V. curriculum vitae
anje,
Donnerstag, 10. November 2016, 23:42
Sag ich doch, es gibt kein ordentliches englisches Wort dafür.
kjfalf,
Donnerstag, 10. November 2016, 23:45
das ist ein ordentliches wort. das ist wie zu sagen dass portmonä oder wie man das schreibt kein ordentliches wort ist nur weil es ausländisch ist
anje,
Freitag, 11. November 2016, 00:05
Es ist noch nicht mal ein ordentliches lateinisches Wort, denn seitdem sich das Englische den Begriff gekrallt hat, dreht sich jeder ordentliche Lateiner im Grab um, wenn er die neue Aussprache hört.
Und natürlich ist Portemonnaie (und ich habe keine Ahnung, wie man das mit neuer Rechtschreibung schreibt) kein ordentliches deutsches Wort. Wäre es das, wäre es ja eine Geldbörse.
Und natürlich ist Portemonnaie (und ich habe keine Ahnung, wie man das mit neuer Rechtschreibung schreibt) kein ordentliches deutsches Wort. Wäre es das, wäre es ja eine Geldbörse.
mark793,
Montag, 14. November 2016, 08:53
(...) und in den Amiforen bin ich nur deshalb als Ausländer aufgefallen, weil ich kaum Rechtschreibfehler machte.
Meine Cousine, die seit 30 Jahren in London lebt, ist bei den britischen Kollegen in der Bank auch immer als Rechtschreib-Instanz herangezogen worden. "Wenn Beate sagt, dass man immediately mit zwei m und einem l schreibt, dann ist das Gesetz."
Ansonsten stelle ich fest, dass ich in Englisch auch nach längerer Pause wieder ganz gut reinkomme wenn ich muss, aber Französisch ist und bleibt une catastrophe.
Meine Cousine, die seit 30 Jahren in London lebt, ist bei den britischen Kollegen in der Bank auch immer als Rechtschreib-Instanz herangezogen worden. "Wenn Beate sagt, dass man immediately mit zwei m und einem l schreibt, dann ist das Gesetz."
Ansonsten stelle ich fest, dass ich in Englisch auch nach längerer Pause wieder ganz gut reinkomme wenn ich muss, aber Französisch ist und bleibt une catastrophe.
anje,
Montag, 14. November 2016, 09:51
das mit der Rechtschreibung ist lustig, habe ich immer wieder festgestellt. Die scheinen die Deutschen, egal in welcher Sprache, entschieden wichtiger zu nehmen als englischsprachige Menschen.
Und "reinkommen" tue ich natürlich auch wieder ins Englische, es ist halt nur lange nicht mehr so wie es mal war. So selbstverständlich, so quasi muttersprachlich.
Ich muss zum Beispiel den Redner anschauen, wenn ich etwas verstehen will. Wenn jemand auf deutsch redet, verstehe ich ihn auch, wenn er hinter meinem Rücken flüstert.
Und meine Übersetzerskills sind noch schlechter geworden als sie schon immer waren. Als Dolmetscher bin ich eine Katastrophe, weil ich zwar immer weiß, was jemand gesagt hat und ich kann es auch problemlos mit meinen eigenen Worten zusammenfassen - nur eben nicht in einer anderen Sprache. Und heute fallen mir noch nicht mal auf Nachfrage einzelne Vokabeln ein.
Das war aber auch schon immer ein Problem bei mir, ich erinnere mich dabei an eine Rede, die ich mal vor einem "gemischten Publikum" halten musste. Eine Hälfte Amis, eine Hälfte Deutsche. Mein Vorredner hat einfach jeden Satz zweimal gesagt, einmal auf Deutsch, einmal auf Englisch. Das hat mich beeindruckt, weil ich das eine geniale Lösung für eine zweisprachige Rede hielt, alsohabe wollte ich das auch gemacht machen. Allerdings habe ich den ersten Satz auf Deutsch, den zweiten auf Englisch, den dritten wieder auf Deutsche, den vierten auf Englisch usw. gesagt und es gar nicht gemerkt, bis irgendwann jemand grinste und meinte, ich hätte eine sehr spezielle Art, nur diejenigen anzusprechen, die beide Sprachen sprechen.
Und "reinkommen" tue ich natürlich auch wieder ins Englische, es ist halt nur lange nicht mehr so wie es mal war. So selbstverständlich, so quasi muttersprachlich.
Ich muss zum Beispiel den Redner anschauen, wenn ich etwas verstehen will. Wenn jemand auf deutsch redet, verstehe ich ihn auch, wenn er hinter meinem Rücken flüstert.
Und meine Übersetzerskills sind noch schlechter geworden als sie schon immer waren. Als Dolmetscher bin ich eine Katastrophe, weil ich zwar immer weiß, was jemand gesagt hat und ich kann es auch problemlos mit meinen eigenen Worten zusammenfassen - nur eben nicht in einer anderen Sprache. Und heute fallen mir noch nicht mal auf Nachfrage einzelne Vokabeln ein.
Das war aber auch schon immer ein Problem bei mir, ich erinnere mich dabei an eine Rede, die ich mal vor einem "gemischten Publikum" halten musste. Eine Hälfte Amis, eine Hälfte Deutsche. Mein Vorredner hat einfach jeden Satz zweimal gesagt, einmal auf Deutsch, einmal auf Englisch. Das hat mich beeindruckt, weil ich das eine geniale Lösung für eine zweisprachige Rede hielt, also
mark793,
Montag, 14. November 2016, 10:14
Immer noch besser alternierend englische und deutsche Sätze sprechen als das grauenhafte Jil-Sander-Denglisch.
Mein großes Problem sind ja Filme/Serien im Originalton. Habe da oft das Gefühl, ich würde völlig auf den Ohren sitzen. Aus Anlass unserer Fahrt nach Brügge habe ich mir gestern auf Youtube diverse Ausschnitte aus "Brügge sehen und sterben" angeguckt, schlimm was da im Originalton zum Teil zusammengenuschelt wird, da versteht man immer nur "f*cking".
Mein großes Problem sind ja Filme/Serien im Originalton. Habe da oft das Gefühl, ich würde völlig auf den Ohren sitzen. Aus Anlass unserer Fahrt nach Brügge habe ich mir gestern auf Youtube diverse Ausschnitte aus "Brügge sehen und sterben" angeguckt, schlimm was da im Originalton zum Teil zusammengenuschelt wird, da versteht man immer nur "f*cking".