anjesagt

Anjesagtes, Appjefahr'nes und manchmal auch Ausjedachtes
Freitag, 1. Januar 2021
Sehr ruhiger Start ins Jahr
Da bei anhaltend unfliegbarem Sichtflugflugwetter das Thema Borkum derzeit kein Thema ist, wurde es wieder ein sehr ruhiger Tag hier im Haus auf dem Festland, mir gefällt das alles sehr und ich könnte einfach immer so weiter machen.
Wir haben hier ein wenig im Haus rumgepröttelt und u.a. eine Steckdose getauscht. Es gab neulich bei Aldi klassische Einbau-Steckdosen, in die man nicht nur einen normalen Schuko-Stecker stecken konnte, sondern die gleichzeitig auch zwei USB-Anschluss-Löcher hatten, so dass man also sein Handyladekabel ohne Zwischenstecker direkt in die Steckdose stecken kann, was ich ungemein praktisch finde.
Heute identifizierte ich die Steckdose neben dem Fernseher als ideale Steckdose für den Austausch und weil ich Anstalten machte, dass ich die Steckdose selber wechseln würde, konnte mein Westfalenmann das nur dadurch verhindern, dass er das spontan selbst in die Hand nahm.
Solche Arbeiten ziehen dann regelmäßig Folgearbeiten nach sich, in diesem Fall war das der Anschubser gleich mal die gesamte Ecke neben und unter dem Fernseher sauber zu machen und die dort gesammelten Zeitschriften durchzusortieren. Next stop: Papiertonne.

K beschäftigte sich derweil mit Pakete packen und vorher die zu verkaufende Technik wieder auf Werkseinstellungen zurückzusetzen.
Da geht dann schon mal ein Tag schnell rum, ich habe aber immer noch keinen Lagerkoller, sondern freue mich schon wieder auf mein Bett
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Donnerstag, 31. Dezember 2020
Mein persönlicher Jahresrückblick
2018 habe ich begonnen, für den letzten Tag des Jahres eine neue Tradition zu begründen, also fülle ich den Jahresrückblickfragebogen auch dieses Jahr aus.

Den von 2019 gibt es hier und den von 2018 hier.



Wie schnell ist das Jahr vergangen?
Unglaublich schnell, gefühlt vielleicht 100 Tage

Welche Farbe hatte das Jahr?
rosa

Auf einer Skala von 1-10?
9-10

Zusammengefasst?
Es ist mir zwar etwas unangenehm, es zuzugeben, aber ich habe die Einschränkungen der Pandemie unglaublich genossen. Die weltbeste Ausrede, um Leute nicht treffen zu müssen, die man sonst nur aus Höflichkeit, Rücksichtsnahme, Gewohnheit, moralischer Verpflichtung oder fehlender Ausrede getroffen hätte. Die, die ich treffen wollte, habe ich getroffen, ich hatte deshalb keinen Moment das Gefühl, dass ich eingeschränkt bin, sondern im Gegenteil, so frei wie dieses Jahr habe ich mich noch nie gefühlt.

Familie:
Es ist keiner krank geworden, es geht allen gut, das finde ich schon mal das allerwichtigste.
Sonst: Das erste Kind ist komplett und vollständig fertig mit dem Studium. N arbeitet seit dem Spätsommer auf Borkum als Arzt in einer Rehaklinik, weil er zunächst noch seine Promotion fertigstellen möchte, bevor er sich den Herausforderungen einer echten Facharztausbildung stellt. Er will nach Berlin an die Charité, eine Wohnung hat er schon, zusammen mit seinem Freund, der ebenfalls in Berlin seine Facharztausbildung anfangen wird.
C schreibt an ihrer Masterarbeit und arbeitet nebenher mit einer halben Stelle an der Uni, sie bekommt seit Oktober keinen Unterhalt mehr, weil sie meint, sie verdient genug und braucht nicht mehr.
J ist immer noch nicht durch alle Klausuren gefallen, sondern hat sogar sein 1. Staatsexamen unter den besten 10% abgelegt, die alte Jammertüte. Weil er sich von seinem Studium nicht ausgelastet fühlt, hat er sich in diverse Ehrenämter wählen lassen und vertritt jetzt seine Mitstudenten nicht nur in der Fachschaft, sondern auch im Bundesverband.
Der Vater lebt unverändert im Heim, es geht ihm unverändert gut, wegen der allgemeinen Beschränkungen habe ich ihn dieses Jahr deutlich seltener besuchen können.
Der Mutter geht es auch gut, ich habe zumindest nichts Gegenteiliges gehört. Der Bruder kümmert sich um sie und das finde ich sehr gut.
Gemeldet hat sich der älteste Sohn von CW, also der Halbbruder der Kinder. D.h. er persönlich hat sich nicht gemeldet, sondern hat einen Anwalt einen Brief schreiben lassen, der Auskunft begehrt, was mit dem Erbe des Vaters sei, er fordere da seinen Anteil. CW ist seit 5 1/2 Jahren tot und es war stets allen bekannt, dass er nichts außer Schulden hinterlassen hat, insofern gibt es da auch nichts zu verteilen, es fühlt sich aber schon seltsam an, Menschen so dicht in der Verwandtschaft zu haben, die sich derart seltsam verhalten.

Häuser und Wohnen:
Sozusagen keine Veränderung. Nach dem Verkauf der zwei Immobilien im Vorjahr ist der Bestand unverändert.
Der geplante Umbau für das Haus auf Borkum wurde wegen der Reisebeschränkungen während der Pandemie nur sehr eingeschränkt umgesetzt, es ist aber schon eine Menge angeleiert und nächstes Jahr wird alles fertig.
Das Haus hier in Greven hat einen neuen Eigentümer, der aber erst 2025 hier einziehen will, es sieht also so aus, als wäre der Stress vom Tisch.

Pläne:
Den Umbau auf Borkum voranbringen, ein neues Gartenhaus kaufen und aufbauen, das alte abreißen, ein Waldsofa kaufen, eine Terrasse plastern und einen Stellplatz auf dem Grundstück anlegen. Küche, Wohnküche und Flur neu tapezieren und in der Küche den Boden erneuern, gerne auch neue Türen innen und wenn ich einen guten Planer finde, dann auch zwei neue Bäder. Für das Wohnbüro zwei neue Schreibtische kaufen und das Bett im Schlafzimmer umrüsten auf Tempurmatratzen.
Für das neue Haus im Ostwestfälischen einen Architekten finden und konkrete Pläne entwerfen lassen.
Meinen Westfalenmann regelmäßig in den Hintern treten, damit er seinen IFR-Schein fertig macht.

Reisen
Wir waren dieses Jahr Anfang März in Berlin und dann war Pandemie.

Zum ersten Mal gemacht:
Sushi mit Fleisch innen gegessen. Kann man auch lassen.

Häkchen auf der Bucketlist:
Pandemie erlebt. (Habe ich spontan der Bucketlist hinzugefügt, damit ich was zum Abhaken habe)

Entdeckt und Spaß dran gefunden:
Lockdown.

Gesundheitliche Veränderungen:
Augen:
Schlechter geworden, ich brauche dringend neue Brillen, aber der im Herbst abgestimmte Augenarzttermin für den 8. April wurde von der Augenarztpraxis wegen deraktuellensituation abgesagt und einem neuen Termin stand erst meine Arztterminvereinbarungsschwäche entgegen und seit neuestem wieder die aktuellesituation.

Ohren
Toitoitoi, nach einem halben Tag Panik mit dem Verdacht auf Hörsturz hat sich das selber repariert, ansonsten würde ich sagen, es funktioniert noch alles zufriedenstellend.

Unfälle
Tja, mein gebrochener Fuß mit den gerissenen Bändern natürlich, am 29.7.2020, was im übrigen bis heute noch nicht wieder akzeptabel ist.

Neue Krankheiten
Kaputter Fuß, das scheint ein Dauerthema zu werden.

Sonstiges
Mein Arztsohn hat, nach dem ich ausführlich genug gejammert habe, gelernt, wie man Alterswarzen entfernt und kann das jetzt schon sehr gut. Ich habe aktuell also eine fast komplett glatte Haut (Falten ausgeklammert) und finde das ungemein prima.

Optische Veränderungen:
Gewicht
Unverändert

Haare
Ein Jahr länger. Ich war dieses Jahr nur einmal beim Friseur, der das fransige des "Styleschnitts" entfernt hat (das war ein Kalligraphiecut, den ich unter "gemachte Erfahrungen" verbuchen möchte.). Ich plane, die Haare noch ein Jahr weiter wachsen zu lassen, damit sie wieder so lang sind, dass sie ohne rausstippende Zipfel in einen doppeltgewickelten Dutt passen, das ist nämlich die bequemste Frisur, die ich kenne. Haarfarbe insgesamt mehr ins aschige, was dem natürlichen Grauton, der sich immer stärker entwickelt, deutlich näher kommt, so dass der seit September rausgewachsene Ansatz nur auffällt, wenn man genau guckt.

Sonstiges
Ich habe mich das letzte Mal im März geschminkt, als wir auf einer offiziellen Veranstaltungen in der Symphonie in Berlin waren. Und ich finde es einfach nur supertoll, dass ich es mir mit Unterstützung der Pandemie inzwischen komplett abgewöhnt habe. Ich habe festgestellt, dass ein Leben ohne Lidstrich und Wimperntusche genauso perfekt funktioniert bzw. dass es sogar eindeutig besser funktioniert. Ich habe ein Alter erreicht, wo ich mich nicht mehr schminken muss, und das genieße ich sehr. Lippenstift benutze ich allerdings immer noch, aber als Labelloersatz, und deshalb nur in hellen Farben. Knallrot fand ich schon immer scheußlich, übrigens bei jedem, selbst für Frauen, denen das gut steht, weil ich es schon immer eindeutig zu angemalt finde. Ich mag aber ja auch keine Tattoos.
Dafür mag ich grade Zähne, hier ist der Plan für 2020 nicht aufgegangen, der Zahnarzt/Kieferorthopäde hat die geplanten Termine genauso abgesagt wie der Augenarzt, aber ich bin jetzt positiv gestimmt für 2021.

Finanzen, Veränderung zum Vorjahr:
regelmäßiger Zufluss unverändert
regelmäßiger Abfluss
Weniger geworden, weil ich ein Darlehen abgelöst habe, was nun nicht mehr bedient werden muss und seit Oktober bekommt nur noch J Unterhalt. Außerdem habe ich Anfang des Jahres ein Abo gekündigt, was wir nie benutzt, aber viele Jahre bezahlt haben, da freue ich mich schon wieder drüber, wenn es mir jetzt wieder einfällt.
variable Ausgaben
Weniger als letztes Jahr, weil: wofür?
Gesamtvermögen
Naja, mehr geworden, ließ sich quasi nicht vermeiden, weil es kaum Gelegenheit zum Ausgeben gab und weil das "Geldvermögen" fast vollständig in Aktien steckt und die sind nun mal gut gelaufen.
Besondere Anschaffungen
Die Türen auf Borkum

Uns sonst noch so:
Ich sagte es ja oben schon: Entgegen dem allgemeinen Trend hat mir das Jahr 2020 ausgesprochen gut gefallen. Okay, ich hätte auf den Unfall im Sommer verzichten können und ich fände es prima, wenn ich wieder schmerzfrei laufen könnte, aber das sind auch wirklich die dicksten Minusse, die ich diesem Jahr ankreide.
Ansonsten habe ich es ganz ungemein genossen, dass alles insgesamt ungemein ruhig lief, so fühle ich mich definitiv inzwischen am wohlsten. (Vor 20 Jahren wäre ich wahrscheinlich ungemein zappelig geworden, aber die Zeiten sind nun mal vorbei. Uff.)

Beruflich war das Jahr ziemlich erfolgreich, da hat sich vieles in die richtige Richtung bewegt und wir haben erfolgreich die Verträge für dieses große Projekt abgeschlossen, das insgesamt genau dann beendet sein wird, wenn ich die Firma verlasse. Im Plan für 2021 sind zwei neue Stellen vorgesehen, die, wenn sie passend besetzt und die neuen Kollegen eingearbeitet sind, für mich eine ganz ungemeine Entlastung bedeuten werden. Es bewegt sich also etwas und das macht mich froh.

Im Privatbereich ist durch den Verkauf der zwei Immobilien letztes Jahr sehr viel Arbeit und Ärger weggefallen, mein Westfalenmann hat insgesamt nun auch deutlich mehr Zeit, er muss nur noch diesen IFR-Schein machen, und dann können wir uns gemeinsam intensiv mit den Plänen für das neue Haus beschäftigen.

Und ab morgen gilt dann: Nur noch drei Jahre und dieses
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Mittwoch, 30. Dezember 2020
Techniktag
Heute Mittag bekam ich eine E-Mail, dass der gestern bestellte Drucker zugestellt worden sei, allerdings nicht in meinem Büro (was ich mir nach gründlicher Logistikplanung als sinnvollste Zustelladresse überlegt hatte), sondern bei der Firma, die die Büros im Erdgeschoss hat.
Da habe ich ziemlich gestaunt, denn mit so einer Turbolieferung hatte ich überhaupt nicht gerechnet, sonst hätte ich den Drucker natürlich direkt hier nach Greven liefern lassen.
Nun war der Drucker aber schon ausgeliefert und da wollte ich ihn auch so schnell wie möglich haben. Ein Anruf bei dem freundlichen Paketannehmer-Nachbarbüro ergab, dass die Dame dort nur noch bis 14h vor Ort sein würde. und dass bei uns im Büro wohl tatsächlich niemand anwesend ist, es stände auch kein Auto auf dem Parkplatz.
Also blieb nur, dass ich mich blitzschnell ins Auto setzte und den Drucker abholte, zum Glück fand ich im Keller noch eine alte Minisackkarre, die vielleicht keine Waschmaschine aushält, aber für den 30kg Drucker reichte es, die ursprünglich geplante Logistik (einen der Hausmeister lieb anlächeln und um Hilfe bitten) fiel ja heute aus, weil niemand da war.
Wieder zuhause wuchtete K das schwere Ding die Treppe hoch bis ins Arbeitszimmer im 1. OG, hier musste dann erst mal die alte Technik abgebaut und ca. 5kg Staub weggesaugt werden. Irre, was sich hinter so einem Druckerregal an Dreck ansammelt.

Wir hatten den neuen Drucker grade im Netz, da schellte es und unser Postbote brachte eine neue Fritzbox. Hier wurde ja letzte Woche der Kabel-Internetzugang neu verhandelt und wir haben jetzt nicht nur 500MB Download und 50MB Upload, sondern bekommen auch die allerneueste Fritzbox dazu gratis gestellt. Ist alles Folge des quasi Neukunden-Services, weil ich ja formell erstmal gekündigt hatte und dann konnten sie mir ein tolles Neukundenangebot machen. Der Spaß kostet jetzt exakt 5€ mehr als vorher, aber das ist es ja schon für die Fritzbox wert.
Die neue Fritzbox ist jetzt gleich drei Generationen neuer als die alte, was zur Folge hat, dass wir die Einstellungen der alten Fritzbox nicht einfach übertragen können, was wiederum bedeutet, dass nun alles komplett neu eingerichtet werden muss. Großer Spaß, denn es müssen leider auch alle Geräte einzeln neu verbunden werden und davon gibt es in unserem Haushalt reichlich. K turnt hier seit über eine Stunde rum, schimpft leise vor sich hin und kämpft sich da durch, immerhin ist anschließend alles frisch und sauber eingerichtet und wir sind sicher, dass auch kein versteckter Hacker mehr drin wohnt, positiv denken. Weiterer positiver Effekt der neuen Fritzbox ist eine um ein vielfaches schnellere Übertragung im WLan, ohne die wäre das neue, schnelle Internet auch ziemlich nutzlos verpufft.

Der neue Drucker druckt auf alle Fälle schon ganz hervorragend, nicht nur mit einer sehr guten Qualität, sondern er hat auch einen einstellbaren, automatischen Duplexdruck, das wollte ich unbedingt haben, weil ich mir beim manuellen Bedrucken von Rückseiten grundsätzlich das Hirn verrenke und dann doch vier Versuche brauche, bis endlich richtigrum eingelegt beide Seiten vernünftig bedruckt sind. Das hat also jetzt endlich ein Ende.
Wenn das mit dem Scannen genauso schnell und problemlos klappt, bin ich hochzufrieden, das werden wir aber erst morgen ausprobieren, für heute war erst mal genug Technik.

Plan für morgen: Jede Menge Pakete verschicken (Ks ebay-Auktionen sind erfolgreich verlaufen und die alte Fritzbox geht auch zurück an Vodafone), die weiteren Funktionen des Druckers einrichten - und ganz viel in den Büroregalen aufräumen, um dann frisch sortiert ins neue Jahr zu starten
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Mittwoch, 30. Dezember 2020
Frei, einfach nur frei - und Druckerkauf
Inbox zero und dabei ist heute erst der 29. Noch zwei Tage Zeit, also quasi fast ein halbes Leben und ich habe alle deadlines für dieses Jahr schon erledigt, sogar gestern schon, mir ist ein bisschen unheimlich vor mich selber, so früh und vor allem ohne jede Verlängerung war ich noch nie mit allem fertig.
Und ich stelle fest, dass ich das Gefühl unglaublich genieße. Das erste Mal seit - ich weiß gar nicht seit wie vielen Jahren oder Jahrzehnten, dass ich tatsächlich alles, und ich meine wirklich ALLES, was es an theoretisch denkbaren "Schreibtischverpflichtungen" so gibt, erledigt habe. Es ist in diesem Moment einfach nichts mehr offen.
Das ändert sich schlagartig ab dem 1.1., denn ab dem Moment ist 2020 beendet und man könnte alle Steuererklärungen, die für 2020 abgegeben werden müssen, abgeben, rein theoretisch zumindest. Praktisch scheitert es am Anfang des Jahres noch daran, dass die neuen Formulare noch nicht zur Verfügung stehen und dass man noch Abrechnung für 2020 braucht, die andere Leute erstellen müssen, aber die Verpflichtung als solche ist schon da.

Aber jetzt in diesem Moment, wo das Jahr 2020 noch nicht beendet ist, gibt es für den Abschluss des Jahres noch keine Verpflichtung, alle Verpflichtungen für Jahre bis 2020 habe ich dagegen erfüllt und genau deshalb fühlt sich die aktuelle Zeit für mich so unglaublich an. Wie schwerelos. Nichts muss mehr gemacht werden, ich kann mich mit 100% reinem Gewissen aufs Sofa setzen und nichts tun.
Alle Steuererklärungen sind abgegeben, alle E-Bilanzen übermittelt und alle HGB-Bilanzen veröffentlicht. Alle Nebenkosten sind abgerechnet, alle offenen Rechnungen überwiesen, alle Krankenkassenabrechnungen erledigt und alle rumfliegenden Unterlagen sind abgelegt. Niemand will was von mir, ich bin für nichts mehr verantwortlichen, ich habe richtig und in echt frei.

Eben haben wir noch die Bescherung nachgeholt, die wir am 24. aufgeschoben hatten, da wir letzten Donnerstag ja noch dachten, wir kommen spätestens am Wochenende nach Borkum. Jetzt haben wir auf ein Auspacken vor der Kamera umgeschwenkt und damit ist das auch erledigt.

Draußen ist schlechtes Wetter und außerdem Pandemie, ich habe so sehr nichts zu tun, wie ich das gefühlt das letzte Mal als Kind nicht zu tun hatte, obwohl Kinder ab einem gewissen Alter ja schon Lernaufgaben theoretisch auch in die Ferien mitschleppen. Es fühlt sich also wie eine Kleinkindfreiheit an und das ist ein unglaublich gutes Gefühl.
So schade, dass es nur für eine so kurze Zeit hält.

Da ich nichts zu tun habe, habe ich heute Vormittag überlegt, was ich denn schon immer mal tun wollte und da fiel mir ein, dass ich mich die letzten Tage sehr über die hiesige Bürotechnik geärgert habe. Und damit das ab sofort besser wird, habe ich heute Vormittag einen professionellen Drucker-Scanner-Kopierer mit Faxmodem und LED-Technologie gekauft.
K hatte sich vorher ausgiebig mit den verschiedensten Testberichten für diese Geräte beschäftigt und wir haben dann gemeinsam definiert, was ich will.
Nebenher haben wir noch herausgefunden, dass LED-Drucker besser sind (sein sollen?, wir werden es sehen) als Laser-Drucker, dann haben wir ein wenig die Logistik überlegt (wohin schicken lassen? Das Teil wiegt ca. 30kg, da ist also nix mehr mit Packstation und am Kiosk abholen muss ich in der Größenordnung auch nicht mehr haben) und als wir uns schließlich durch alle diesen Themen durchentschieden hatten, sagte uns die website des Herstellers, dass das gewünschte Gerät leider grade nicht lieferbar sei.
Amazon bot es aber doch an, sogar günstiger als der Listenpreis des Herstellers und K wollte schon auf kaufen klicken, weil K immer alles bei Amazon kauft. Er hat dort ein prime-Konto und das verpflichtet ihn zur Monogamie (ich denke, dass das so ist, weil er sich so verhält, ich dagegen muss zum Glück nur sehr, sehr selten was bei Amazon kaufen, weil ich kein prime-Konto habe und deshalb günstiger woanders bestellen darf.)
Weil ich im Bestellen bei anderen online shops außerhalb von Amazon geübt bin, habe ich meine Methode auch mal ausprobiert, ich habe dazu einfach die Typ-Nummer des gewünschten Gerätes bei Google eingegeben. (alles am iPad, weil ich noch im Bett lag.)
Als oberste Treffer werden dann immer Anzeigen eingeblendet von online shops, die einem genau dieses Gerät auch verkaufen, in diesem Fall war der Büromarkt Böttcher mit einem Angebot dabei, was noch deutlich preiswerter war als Amazon, Lieferung inklusive.
Büromarkt Böttcher kenne ich, da habe ich ein Kundenkonto, also bin ich erstmal aufgestanden und habe meinen PC angeworfen, mich am PC dort eingeloggt, das gewünschte Gerät herausgefischt und dann fasziniert auf den Preis gestarrt, denn plötzlich war der Drucker rund 50€ teurer.
Auf dem iPad war der Tab aber noch offen, deshalb habe ich mir diesen Link auf den PC geschickt - und dann kostete der Drucker wieder den 50€ niedrigeren Preis. Der blieb dann auch zunächst konstant, ich legte den Drucker in den Warenkorb und klickte auf kaufen, die Bestellung wurde akzeptiert und ich bekam eine Bestellbestätigung für den günstigen Preis. Ich schloss den Browser, für mich war die Angelegenheit abgehakt, aber dann wollte K noch mal die genauen Maße wissen, weil er messen wollte, ob der neue Monsterdrucker überhaupt ins Arbeitszimmer passt. (Ja, er passt, zwar knapp, aber grade so, ufff.) Also machte ich den Browser wieder auf, googelte wieder nach der Typ-Nummer, wieder war Böttcher die oberste Anzeige - aber diesmal genau 20€ teurer als noch 10 Minuten zuvor und auf einem PC ergoogelt und nicht auf einem iPad.
Ich meine, ganz im Ernst, aber irgendwie fühle ich mich von diesen wirren Algorhythmen provoziert.
Bei den Preisunterschieden, die die je nach Cookie-Szenario auf dem jeweils suchenden Gerät auswerfen, erscheint es mir das allersmarteste zu sein, für die Suche nach dem besten Preis ein möglichst einfaches Internetgerät zu verwenden, auf dem man vorher den Cookie-Cache komplett geleert hat. Die Händler wollen es nicht anders, genau wie die Internetanbieter und die Energieversorger mit ihren bekloppten Neukundenrabatten
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Dienstag, 29. Dezember 2020
Immobilienwirtschaft kurz erklärt
Immer noch kein Wetter zum Fliegen. Tiefhängende Wolken mit Minustemperaturen schon ab 1000 Fuß Höhe stehen für einen schnellen Eisansatz an der Außenhaut des Fliegers und das wiederum verändert die Flugeigenschaften derart nachteilig, dass hier niemand Bedarf verspürte, das Schicksal herauszufordern.

K und ich sind also immer noch in Greven, die Kinder sind dafür immer noch zu dritt auf Borkum und im Grunde hat keiner was am aktuellen Zustand zu beklagen, weil ja keine Seite alleine ist und beide Seiten ein sehr gut ausgestattetes, gemütliches Haus mit ausreichend Platz und gut funktionierendem Internet zur Verfügung haben. Und wenn uns nach hausübergreifender Kommunikation ist, dann schmeißen wir eine Internetleitung an und das klappt alles ganz hervorragend.

Ich habe heute fast dreieinhalb Stunden mit J geredet. Ihn verlangte nach einem Crashkurs in Immobilienwissenschaften und nach dem ich erst sagte, da wüsste ich mal gar nicht, was ich ihm da erzählen sollte, das wäre doch alles selbsterklärend, und überhaupt wüsste ich gar nicht, was es da zu wissen gäbe, provozierte er mich spontan mit 2-3 derart dämlich unwissenden Bemerkungen, dass ich daraufhin einmal tief Luft geholt und dann 3 1/2 Stunden quasi non stop geredet habe.

Am Ende war ich heiser und sehr erstaunt von meinen eigenen Erklärungen, mir war gar nicht bewusst, wie komplex das ganze tatsächlich ist. Und dabei ging es weder um das Bauen oder Kaufen von Immobilien, noch überhaupt um irgendwelche Investmentstrategien, sondern nur um die absoluten Basics, also welche Formen von Immobilien gibt es (ich habe meine Erläuterungen beschränkt auf Einfamilienhäuser, Mehrfamilienhäuser und Eigentumswohnungen), wie wird man Eigentümer, welche Arten von Gemeinschaftseigentum gibt es, wo ist der Unterschied zwischen Bruchteilseigentum und Gesamthandseigentum, was sind die Vor- und die Nachteile, wofür und wann zahlt man Steuern und welche Steuererklärung muss eine Eigentümergemeinschaft abgeben.
In dem Zusammenhang war zu erläutern, welche Kosten Immobilien verursachen und wer was davon bezahlt (Unterschied Eigentümer ./. Mieter). Von da kamen wir auf die Unterschiede zwischen Hausgeld und Nebenkosten, was Abschreibung bedeutet und weshalb sie zwingend kalkuliert werden muss, wer Instandhaltungen bezahlt und wie ein Eigentümer hier wirtschaftlich sinnvoll Vorsorge trifft.

Natürlich landeten wir irgendwann beim Berliner Mietendeckel und ich habe ihm mit einfachen Zahlen, die jeder im Kopf nachvollziehen kann, vorgerechnet, dass es wirtschaftlich einfach ausgeschlossen ist, eine Immobilie, die im Quadratmeter 2.500€ kostet (was ja nun wirklich noch sehr günstig ist) für eine Miete von 5€/m²/Monat zu vermieten*, wenn man allein durch die Miete die Immobilie finanzieren will und nicht noch zusätzlich mit steigenden Preisen. Das mit dem Berliner Mietendeckel wird also nur dazu führen, dass die Leute ihre Wohnungen nicht mehr vermieten, sondern nur noch verkaufen**, weil Vermietung unter diesen Bedingungen einfach ein Minusgeschäft ist und die, die noch weiter vermieten, werden dann aber sicher nichts mehr instandhalten oder modernisieren, weil dafür dann definitiv überhaupt kein Geld mehr da ist.
*5€/m²/Monat entspricht bei einem Anschaffungspreis von 2.500€/m² einer Rendite von 2,4%, was tatsächlich eine negative Rendite ist, wenn man mit 50 Jahren Nutzungsdauer, also 2% rechnet, während der aber auch noch zusätzliche Instandhaltungen anfallen (die Immobilienwirtschaft kalkuliert hier mit 1-1,5% je nach Alter und Ausstattungsstand der Immobilie) und außerdem sind natürlich noch Risikokosten wie Leerstand oder Mietausfall zu kalkulieren. Außerdem entstehen laufende Kosten durch Verwaltung und Finanzierung, die ebenfalls durch die Miete gedeckt sein sollten. Die laufenden Kosten einer Immobilie liegen in diesem Beispiel also deutlich über den Mieteinnahmen, was zu einem Dauerverlust führt, der übrigens steuerlich noch nicht mal angesetzt werden kann, weil Dauerverluste steuerlich nicht mit positiven Erträgen verrechnet werden können.
**Man schaue auf die Zahlen von 2020, der Verkauf von Wohnungen in Berlin ist rasant gestiegen und zwar in etwa im gleichen Verhältnis wie die Eigennutzung von Wohnungen gestiegen ist. Wer in Berlin eine schöne Wohnung haben möchte, kann sie nicht mehr mieten, sondern nur noch kaufen. Wo hier der Vorteil für die sozial schwächeren ist, verstehe ich nicht, ich bin aber zum Glück auch kein Politiker.

J weiß jetzt, was der Unterschied zwischen dem Katasteramt (Kommune) und dem Grundbuchamt (Amtsgericht) ist, er kann sich etwas unter einem gesonderten und einheitlichen Feststellungsbescheid vorstellen und er weiß, wie Sonderwerbungskosten entstehen. Es war also insgesamt ein Parforceritt durch deutsches Zivil- Steuer- und Verwaltungsrecht mit Einsprengseln aus dem Gesellschaftsrecht (wer kann wie und gegen wen oder was aus welchem Anspruch vollstrecken und vor allem, wer haftet wofür), als ich nach 3,5 Stunden so heiser war, dass ich nur noch krächzen konnte, haben wir die Vorlesung beendet, aber ich habe das Gefühl, er hat tatsächlich eine Menge verstanden, (die Zwischenfragen wurden immer intelligenter, deshalb gehe ich davon aus, dass er wirklich aufmerksam zugehört hat).

Ich habe anschließend darüber nachgedacht, woher ich das alles weiß und nein, es ist nicht zwingend Teil meines Berufes, ich kenne ausreichend Kollegen, die haben davon so gut wie keine Ahnung, es hat sich einfach so im Laufe der Zeit ergeben, dass ich immer mal wieder in Situationen war, wo ich selber auch einzelne Dinge nachfragen konnte und weil ich in solchen Dingen fast krankhaft neugierig bin und ständig alles ganz genau wissen will, habe ich mir im Laufe der Jahre ein ziemlich umfangreiches Wissen aus vielen Einzelinformationen zusammengetragen und mit ein wenig eigener Kreativität passende Querverknüpfungen erkannt oder gezogen. Jede einzelne Information für sich ist trivial, aber zusammengefasst sind sie tatsächlich ziemlich wertvoll und nützlich und weil das Erbe der Kinder wohl vor allem aus Immobilien bestehen wird, ist es nicht verkehrt, wenn sie sich selber auch schon früh dafür interessieren
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Sonntag, 27. Dezember 2020
Die Uhr der kaputten Zeit
Dass ich eine gesteigerte Uhrenaffinität habe, ist nicht neu, und wenn man viele Uhren hat, dann hat man auch häufiger mal was zu reparieren.

Ich bin nun kein Uhrmacher oder irgendetwas vergleichbar technisch Hochwertiges, aber ich kann ein nicht mehr funktionierendes Uhrwerk bei einer Wanduhr gegen ein funktionierendes wechseln. Ich weiß also, wie man ein Uhrwerk aus- und wieder einbaut, und im Laufe der Jahre habe ich mir einen größeren Vorrat an funktionsfähigen Uhrwerken auf dem Flohmarkt zusammengesammelt.
Wenn man Uhren auf dem Flohmarkt vor allem wegen des Uhrwerks kauft, dann hat man sehr schnell auch eine größere Menge an "Gehäusen" und so habe ich irgendwann begonnen, die Gehäuse "aufzupimpen".
Aus meiner Vergangenheit als Stempler habe ich ja immer noch unendliche Mengen an Materialien und Werkzeugen im Haus und ab und zu macht es richtig Spaß, damit mal wieder zu arbeiten.

Seit längerem schon steht bei mir eine Uhr rum, bei der das Gehäuse gradezu danach schreit, bearbeitet zu werden, denn es besteht einfach nur aus einer ziemlich großen Pressspanplatte. Ohne Aufdruck, einfach nur plein vanilla packpapierbraune Oberfläche, ideal als Basis.

Aus meiner Stemplerzeit, in der ich vor allem auch gerne Collagen und altered books bearbeitet habe, besitze ich noch eine große Kiste voll alter, kaputter Armband- und Taschenuhren. Die Zifferblätter und Innenleben sind hervorragend geeignet, um Collagen im Steampunk-Stil zu machen, aber heute hatte ich plötzlich eine viel bessere Idee.
Ich habe die Uhr der kaputten Zeit erstellt.




Das schwierigste dabei war, sich zu entscheiden, welche Teile aus meiner wirklich sehr großen Kiste mit Uhrenteilen ich da letztlich mit Pattex auf den leeren Untergrund klebe, zu dem Zweck habe ich mich ausführlich per Facetime mit C beraten, K hat mir die Positionen eingezeichnet (als Pilot besitzt er natürlich ein Kreislineal) und ich musste nachher nichts anderes machen als alles an Position zu kleben und ein Uhrwerk einzubauen
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Sonntag, 27. Dezember 2020
Schlager
Durch Zufall bin ich gestern auf WDR3 in einen ausführlichen Schlagerrückblick von 1970 bis heute geraten und habe mich dann festgeguckt, weil es mich einerseits faszinierte, wie viele Schlager und vor allem auch Schlagersänger und -innen ich kannte, aber auch dass in dieser Zusammenfassung Sänger waren, die ich selber gar nicht in dieses Genre einsortiert hätte.
Gleichzeitig ist mir aber auch aufgefallen, dass meine Kenntnis von bekannten Schlagersänger- und -innen samt ihren Liedern ungefähr Mitte der 80er aufhört, alle, die danach erst berühmt wurden, hat meine Wahrnehmung nicht mehr registriert bzw. einige wenige sind mir (inzwischen) zwar vom Namen her bekannt, weil eben so viel über sie berichtet wurde, dass das selbst in meiner stark gefilterten Informationsblase ankam, ich bringe sie aber tatsächlich nicht mit irgendeinem Song in Verbindung bzw. ich kenne ihre berühmtesten Songs einfach nicht.

Nun ist mein Musikgeschmack noch nie geeignet gewesen, irgendwelchen Mainstream Anforderungen zu genügen, auch nicht, wenn ich als benchmark für den jeweils "wichtigen" Mainstream nur den Geschmack meiner jeweiligen Peergroup ansetze.

Versaut habe ich mir das dadurch, dass ich einerseits schon sehr früh Liedermacher ganz prima fand (und Musicals übrigens auch), mich aber gleichzeitig nicht in der zu Liedermachern gehörenden Fangemeinde wiederfand. Falsche Peergroup für mich, sozusagen, weil eindeutig zu viel Ideologie (also, ich meine, der typische Liedermacherfan ist überwiegend gleichzeitig auch in der grün-linken oder der Gemeindepfarramts-Ideologie zu verorten) und auf Ideologie reagiere ich ja identisch wie auf Religion, ich halte sehr gerne sehr viel Abstand.
Ich finde, jeder kann das mit dem Glauben und den Überzeugungen für sich halten wie er will, aber meine wichtigste Überzeugung ist, dass ich meine Meinung bitte jederzeit ändern können möchte, wenn ich neue Informationen habe, die meine bisherige Meinung plötzlich komplett anders beleuchten und das wird in ideologisch geprägten Gruppen nun mal gar nicht gern gesehen.

Weil ich mich also den Liedermacherfans nicht anschließen mochte, Musicals sowieso nur was für ganz andere Leute waren und ich gerne von den ideologisch ungeprägten Typen aus dem Reitstall und von der Clique am Borkumer Südstrand akzeptiert werden wollte, habe ich mich einfach an den Charts der damaligen Zeit orientiert, wenn es um meinen "offiziellen" Musikgeschmack ging und dabei sehr früh gelernt, dass Schlager eher was für ältere Leute sind, die meinen, sie müssten auch noch Party machen. Also so für Leute ab 30 oder so und dass es für jüngere Leute wie mich total uncool war, Schlager zu mögen. (Musicals war übrigens "Intellektuellen-Musik", da ist die Peergroup für 15-16jährige noch dünner besetzt und Streber wollte ich ja nun auch auf gar keinen Fall sein.)
So bis Mitte der 70er war es dabei relativ einfach, Schlager als Schlager zu identifizieren, das waren nämlich alle deutschen Lieder, die keine Liedermacherlieder waren. Es wurde dann etwas komplizierter als Marius Müller-Westernhagen gemocht werden durfte. Dessen Lieder waren cool und wurden auf jeder Fete gespielt, das gefiel mir, denn endlich hatte ich auch mal ganz in echt einen Mainstream-Geschmack. Aber Peter Maffay war deshalb noch lange nicht akzeptiert und Udo Jürgens war schwierig, aber immerhin nicht so schlimm wie Tony Marschall, Roberto Blanco oder Roy Black. Es gab außerdem einzelne Ausnahmen, für die wurde man nicht sofort in die ewige Musikgruftihölle verbannt, wenn man die mochte, z.B. Juliane Werding mit "Am Tag als Conny Kramer starb", das wurde grade noch mit zugekniffenen Augen akzeptiert, obwohl es natürlich cooler war, gleich das Original von Joan Baez zu hören.
Dass in dem Schlagerrückblick, den ich da gestern sah, Udo Jürgens auf einer Stufe neben Rex Gildo einsortiert wurde, das fand ich dann schon schräg, weil er zumindest in meiner Welt früher nicht als zu verachtender Schlagerfuzzi galt. Es war nicht cool ihn zu mögen und er war auch kein echter Liedermacher, aber irgendwie eher doch sowas als ein Schlagerstar. Nun ja.

Die Sendung Hitparade war für die Erwachsenen (also die ab 30), das guckte man höchstens, weil man es gucken durfte, aber nicht weil man selber interessiert war. Ich guckte es vor allem deshalb ganz gerne, um zu lernen, bei welcher Musik ich ordnungsgemäß die Augen verdrehen musste, wenn Freunde dabei waren.
Angesagte, also akzeptierte Musik gab es bei Ilja Richter in der "Disco", was ich versuchte, regelmäßig zu gucken, einfach deshalb, damit ich informiert war, welche Songs grade "heiß" waren. Das war die preiswerteste und bequemste Variante. Echte Freaks hörten natürlich ständig Radio und kauften sich im Zweifel auch noch passende Zeitschriften, das war mir viel zu lästig, weil ich die Musik selber ja gar nicht hören wollte, sondern nur die wichtigsten Informationen zum darüber Mitreden brauchte.

In den 80ern bekam ich "neue" Musik dann entweder übers Radio mit, was beim Autofahren lief und natürlich wenn man abends ausging, da wurden die Charts ja auch hoch und runter gespielt. Mein Kontakt zu Erwachsenen (also denen über 30) wurde immer weniger, keine Teilnahme an gemeinsamen Feten mehr, ich war alt genug, um auf eigene Feten gehen zu können. Dementsprechend spärlich wurden auch so nach und nach die Informationen über neue Schlager - und irgendwann war ich dann von Informationen über dieses Musikgenre sozusagen abgeschnitten, weil, wo hätte ich etwas darüber erfahren können? Niemand in meinem Umfeld hörte diese Musik, ich glaube, ich hielt Schlager lange Zeit für so etwas wie Kölnisch Wasser - das wird mit meiner Elterngeneration irgendwann aussterben.

Ich erinnere mich gut, dass ich 2006 das erste Mal etwas von Andrea Berg hörte, weil der Maler, der auf Borkum den Innenanstrich erledigt hatte, so von ihr schwärmte und ich aus Neugier dann diesen Namen googelte und vor Erstaunen fast vom Stuhl fiel, als ich las, wie viele Millionen Schallplatten diese Frau schon verkauft hatte.
Das hat mich damals schon erstaunt und gestern gab es ja noch viele weitere Informationen über Schlagersänger und -innen, die heute angesagt sind und ich stellte fest, dass ich tatsächlich kaum einen der Namen kannte, obwohl die teilweise das x-fache an Platten verkaufen verglichen mit den Leuten, die meiner Meinung nach grade in den Charts sind.
Immerhin wusste ich schon, wer Helene Fischer ist und von "dem Wendler" hatte ich auch schon gehört, allerdings vor allem deshalb, weil sich so viele Satiriker so häufig über den lustig machen. Roland Kaiser (kenne ich, noch von früher und außerdem kauft er häufig mit mir gleichzeitig im selben Großmarkt in Münster ein, man kennt sich sozusagen vom Einkaufen), also dieser Roland Kaiser hat jetzt eine Platte mit Florian Silbereisen gemacht und den hätte ich stumpf unter "Volksmusik" abgelegt und plötzlich wurde mir klar, dass es neben Schlager und der Hitparade (für die Leute ab 30) ja früher auch noch Volksmusik und den blauen Bock gab (für die Leute ab 60) und dass es etwas ähnliches also sicher heute auch noch gibt - nur, wer verdammte Axt, guckt das noch?

Und dann habe ich mir überlegt, dass meine frühere Einteilung, also Schlager sind vor allem was für "Leute ab 30" und Volksmusik ist was für Rentner, vielleicht tendenziell früher gepasst hat, so ganz grob, aber dass ich damit heute keine einfache Abgrenzung mehr zu mir definieren kann, weil, sonst hätte ich die letzten 28 Jahre ja schon Schlager hören müssen bzw. wenigstens hätte ich Freunde haben müssen, die Schlager hören und demnächst wechseln dann alle zur Volksmusik und das halte ich alles für extrem unwahrscheinlich.

Es muss also ganz andere Unterschiede geben und dann wurde mir klar, dass es neben meiner kleinen, eingeschränkten Miniwelt ein gigantisch großes Paralleluniversum geben muss, in dem Millionen von Menschen leben, die auf Schlager und auf Volksmusik stehen und dafür auch richtig viel Geld ausgeben - die aber alle für mich nicht sichtbar sind.
Und das hat mich dann sehr nachdenklich gemacht
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