anjesagt

Anjesagtes, Appjefahr'nes und manchmal auch Ausjedachtes
Sonntag, 2. September 2018
Fast noch ein Joker
Diesmal für schlechte Laune. Ich habe gerade im Moment derart schlechte Laune, dass ich vor lauter Grummelei nicht in der Lage bin, irgendetwas Vernünftiges zu schreiben.
Ich habe nämlich Hunger, ich habe derart viel Hunger, dass ich vor lauter Hunger mittlerweile schon gar keine Lust mehr habe, irgendetwas zu essen, dafür habe ich längst viel zu schlechte Laune.
Ich bin das zwar alles komplett selber schuld, denn ich hätte es ja besser vorhersehen können, ändert aber nichts an dieser ganz üblen hangry Laune, denn zu spät ist zu spät.
Ich klammere mich ja immer noch an diese Intervallfastenidee, hartnäckig versuche ich das beizubehalten, obwohl ich zugeben muss, dass der Erfolg exakt gleich Null ist. Seit April habe ich ein Kilo abgenommen, das ist derart lächerlich, dass es man es gar nicht ernst nehmen kann. Trotzdem behalte ich im Wesentlichen die Intervalle bei, das bedeutet, ich versuche in der Regel erst nach 16:00 Uhr etwas zu essen. Für mich hat das den Vorteil, dass ich mir selber nicht vorwerfen muss, ich sei verfressen. Wenn man tatsächlich nur einmal am Tag etwas isst, ist schon aus praktischen Gründen die Gesamtmenge an Kalorien, die man aufnimmt deutlich kleiner als wenn man den ganzen Tag über immer wieder mal eine Kleinigkeit isst.
Weshalb ich trotzdem nicht abnehme, weiß ich nicht, aber immerhin nehme ich ja auch nicht zu. Vielleicht sollte ich das schon als Erfolg werten.
Wie auch immer, meine Diätmethode kollidiert mit Ks Diätvorstellungen, der auch abnehmen möchte, aber insgeheim meint, das ginge am besten, wenn er nach 18:00 Uhr nichts mehr isst. Ihm haben verschiedene Leute erzählt, dass sie mit dieser Methode sehr viel und sehr gründlich abgenommen haben und seitdem ist das in seinem Kopf drin.
Sein Problem dabei ist, dass er sich dann selber oder auswärtig verpflegen muss, denn ich koche ja immer erst nach 18:00 Uhr.
Nur heute, heute klappt seine Methode eindeutig besser, denn er hatte schon während des Tages etwas gegessen, als wir gegen 17:00 Uhr beschlossen, noch mal zu einem längeren Überlandausflug aufzubrechen, weil er das Grab seiner Eltern auf Vordermann bringen wollte.
Wenn ich so klug gewesen wäre, mir wenigstens eine Thermoskanne mit Tee und vielleicht zwei Scheiben trockenes Brot mitzunehmen, dann wäre alles gut gewesen. Habe ich aber nicht dran gedacht.
Nach der Friedhofsaktion sind wir dann noch einkaufen gegangen, weil ich sozusagen kein Gemüse mehr im Haus hatte und auch andere Vorräte auffüllen wollte.
Um 19:00 Uhr merkte ich, wie der Hunger in mir hoch kroch, um 20:00 Uhr habe ich gesagt, dass ich gerne irgendwo einfach nur eine Portion Pommes Frites essen möchte, um 21:00 Uhr kamen wir dann endlich bei einer Pommes Frites Bude, die aber gerade schloss.

K erzählte mir die ganze Zeit, er hätte gar kein Problem, ihm wäre alles recht, er würde sich komplett nach mir richten, und meine schlechte Laune explodierte.
Das kann ich ja mal besonders gut leiden, wenn ich vor lauter Hunger und Unterzuckerung kaum noch laufen kann und neben mir dann jemand auf überlegene Diät-Souveränität macht und meint, er müsse gar nichts essen. Die Sache eskalierte also fröhlich vor sich hin, ich war längst nicht mehr in der Lage, präzise zu sagen, was ich überhaupt will, ich fand alles nur noch Scheiße.

Letztendlich sind wir nachher einfach nur noch nach Hause gefahren, unterwegs haben wir zwar einen Zwischenstopp bei McDonald’s gemacht, der meine schlechte Laune aber nur noch potenzierte, denn erstens war es ein deutsches McDonald’s, die ich schon immer schrecklich fand, ich mag nur die holländischen, und zweitens war dieser Laden derart voll und überlaufen, dass es kaum zu ertragen war. Ich habe also missgelaunt die bunten Tafeln angestarrt und überlegt, was ich davon bestellen könnte und dachte, das einfachste ist, ich bestelle einfach das gleiche wie K. Aber der wollte ja nicht zu bestellen, der meinte, er bräuchte nichts. Also habe ich das gleiche bestellt, nämlich auch nichts und wir sind einfach wieder abgefahren. Nicht gut für meinen Hunger und nicht gut für meine Laune.
Als wir gegen 22:00 Uhr endlich zu Hause waren, habe ich mir nur blitzschnell ein paar Röstitaler in die Pfanne gehauen und einen Topf Zaziki geöffnet.
K hatte schon fröhlich zwei Teller gedeckt, er findet es ja immer gut, wenn ich etwas koche, das habe ich ihm dann natürlich gründlich damit verleidet, dass ich ihn darauf hinwies, dass er ja nun wirklich nichts mehr essen wolle und ich deshalb auch nix für ihn gemacht hätte.
Jetzt haben wir wenigstens zu zweit schlechte Laune, ich finde, das ist ausgleichende Gerechtigkeit
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Samstag, 1. September 2018
Müde-Joker
Heute ist so viel passiert, dass ich ganz viel schreiben müsste/möchte/könnte, wenn ich nicht so müde wäre.
Zur Beruhigung: mir ist nichts passiert, sondern einfach nur viel an Situationen, Erlebnissen, Beobachtungen, im Grunde also eine traumhafte Blogvorlage, aber sorry, Ben Gurion müde schlägt alles, deshalb heute nur ein Vertröster, aber Spoiler: Es war ein toller Tag
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Freitag, 31. August 2018
Wartezimmer
Heute hatte ich einen Termin beim Unfallchirurgen, der am Montag ja geschlossen hatte, weshalb ich in der Notfallambulanz im Krankenhaus notdürftig versorgt wurde, aber die Nachbehandlung des Gipsarms sollte auf alle Fälle der Unfallchirurg übernehmen, deshalb also heute dort Termin.
In der Praxis war es extrem voll, Wartezeit bis zu vier Stunden hieß es am Ticketcounter, was dort aber wohl Normalzustand ist, für Unfälle kann man schlecht Termine im Vorhinein machen.
Spannend, was für Leute da im Wartezimmer rumsitzen und spannend auch, wie sie warten.
Im Durchschnitt saßen ca. 20 Menschen auf den 30 Stühlen, die als Wartezimmerkreis an der Wand aufgereiht waren, alters- und herkunftsmäßig sehr gemischt, von allem was dabei.
Plötzlich singt ein Telefon eine Klingeltonmelodie vom Typ „Frühlingsklang“ in voller Lautstärke, eine ältere Dame, Kategorie Beigeling, zuckt zusammen und kramt hektisch in ihrer Handtasche, findet schließlich ihr Handy und versucht verzweifelt, den Anruf durch wildes Gewische anzunehmen. Sie wischt und wischt, die Frühlingsklänge füllen weiter das Wartezimmer bis es ihr schließlich gelingt, sich mit dem Telefon zu einigen. Jetzt quillt eine laut quäkende Stimme aus dem Gerät und erzählt irgendwas von Anneliese, die am Wochenende nicht mit zum Geburtstag bei Karl-Heinz kommen will. Die Frau scheint aus Versehen den Lautsprecherknopf bei ihrer wilden Wischerei erwischt zu haben, jetzt weiß sie nicht, wie sie das wieder abstellen soll, sie presst das Telefon ganz stark und verzweifelt an ihr Ohr, ändert aber nichts daran, dass der Lautsprecher das Wartezimmer beschallt und alle mitbekommen, dass Anneliese im Alter immer schwieriger wird. Ich finde das lustig, weil die Telefonfrau genau so aussieht, wie die Leute in meinem Schubladendenken, die sich über Leute, die in der Öffentlichkeit telefonieren, aufregen.
Die allermeisten Wartenden warten im übrigen taten- und bewegungslos, ganz faszinierend. Nur zwei Leute schauen in ihr Handy, interessanterweise beides ältere, die jüngeren lassen ihr Gerät unberührt in der Tasche stecken.
Auf dem Tisch liegen viele Zeitschriften, 90% Yellow Press, der Rest Autobild, die Zeitschrift mit dem intellektuellsten Niveau scheint mir die Für Sie zu sein, nur einer der Wartenden blättert in einer Zeitung, er hat ein Down-Syndrom und einen verbundenen Finger.
Im Wartezimmer ist es völlig still, die Telefonfrau hat es geschafft, ihr Telefonat zu beenden, jetzt hört man nichts mehr, kein Geräusch, niemand spricht, niemand hat Kopfhörer im Ohr.
Mir wird langweilig, ich krame meine Kopfhörer raus und entdecke Wartezimmerwarterei als perfekte Gelegenheit, um Podcasts zu hören, vier Stunden Wartezeit stören mich nicht mehr, ich bin aber schon nach zwei Stunden dran und habe jetzt immer noch ungehörte Podcast auf meiner Liste.
Außerdem habe ich einen neuen Gips bekommen, einen "Rundgips", der die Beweglichkeit des rechten Arms deutlich mehr einschränkt, als die halbe Gipsschiene, die ich bisher hatte. Jetzt ist alles viel komplizierter.
Am 27. September soll ich wieder kommen, dann kommt der Gips wieder ab.
Vier Wochen, jammer
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Donnerstag, 30. August 2018
Verpatzte Mitleidsgespräche
Heute war ich das erste Mal nach dem Unfall wieder unter Menschen. Die Besuche im Krankenhaus und bei den Ärzten zähle ich nicht, dort sind die Leute an Verletzungen gewöhnt.
Am Vormittag bin ich über den Flohmarkt gelaufen und es war schon niedlich, wie intensiv die Menschen versucht haben, mich nicht anzustarren und dabei betont gleichgültig an meinem Gesicht vorbeigestarrt haben. Einige waren allerdings auch richtig mutig und haben mich offen angesprochen: „Was ist Ihnen denn passiert, hatten Sie einen Unfall?“ - Im Zweifel wollten die Leute ja nur nett sein und einen Aufhänger finden, um mich zu bemitleiden, aber irgendwie war mir nach Provokation, deshalb habe ich geantwortet: „Ja, natürlich einen Unfall, häusliche Gewalt würde ich ja auch nicht offen zugeben.“ Das betretene Schweigen, was folgte, fand ich lustig, löste es dann aber auf mit: „Nein, Scherz, ich bin beim Aufsteigen vom Fahrrad gefallen.“ Erleichtertes Lachen, aber damit war das Gespräch dann auch beendet.
Ich schätze, ich habe mal wieder eindrücklich bewiesen, dass ich für normalen Smalltalk nicht zu gebrauchen bin
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Dienstag, 28. August 2018
Kann man reich sehen? Von optischem und gefühltem Reichtum
Ich hatte ja neulich das Thema, dass man im Kopf so eine Art Schubladendenken hat, was einem suggeriert, das äußere Erscheinungsbild eines Menschen und sein Vermögen hätten etwas miteinander zu tun bzw. wären irgendwie proportional.

"Die Reichen und die Schönen" als Schlagwort fasst das ja recht präzise zusammen, wobei hier noch so Dinge mitschwingen wie "reicher Mann hält sich eine schöne Frau", aber zumindest verfügt die schöne Frau dann über eine kaufkräftige Kreditkarte, um sich optischer noch schöner zu präsentieren, also geht man auch hier davon aus, dass man es sehen kann, wenn jemand genug Geld hat, um sich schön zu machen.

Als J. neulich dieses Ehepaar kommentierte, was auf ihn rein optisch den Eindruck machte, dass das "reiche Leute" sein müssten, fiel mir ein anderes Erlebnis ein, was ich neulich auf dem Flugplatz hatte und wo ich sozusagen "umgekehrt" erstaunt war, denn dort stiegen Menschen in ein Flugzeug ein, die rein optisch für mich "völlig normal" aussahen, die aber tatsächlich sehr, sehr reich gewesen müssen, das konnte man sehr gut aus dem Flugzeug ableiten, mit dem sie unterwegs waren. Mir fiel das deswegen ein, grade weil ich mich da darüber gewundert hatte, wie wenig man diesen Leuten ansah, dass sie eine immense Kohle haben müssen.

Ich denke, ich habe sicherlich noch mal einen anderen Blick als J, wenn es darum geht, einzuschätzen, ob Menschen reich sind oder nicht und ich habe ganz sicher auch eine andere Vorstellung von "reich" als J, aber diese Familie, die dort auf Borkum in ihren Flieger stieg, war wirklich auffällig unauffällig. Kein Fitzel Markenkleidung, kein teurer Schmuck, kein besonderes Styling, kein gar nichts, insgesamt waren sie nicht nur komplett unauffällig gekleidet, sondern benahmen sich auch einfach "normal", so dass ich auf Lehrerin und Verwaltungsbeamter getippt hätte, denn auch die beiden Kinder passten genau wie der mitreisende Opa perfekt in dieses Schema.

Das Besondere war in diesem Fall das Flugzeug, nämlich eine funkelniegelnagelneue zweimotorige Maschine, die meinem Westfalenmann sofort ein irres Glitzern in die Augen zauberte und ihn magisch anzog. Ich finde seine Auto- genau wie seine Flugzeugbegeisterung ja immer niedlich, und wenn dieser Flieger ein Auto gewesen wäre, dann muss man es sich vorstellen wie die neue S-Klasse von Mercedes, eben einfach ganz gehobene Luxusklasse in der Flugzeugkategorie, für die K eine Lizenz besitzt.
Pilotenscheine sind ja noch viel weiter diversifiziert als Führerscheine, wo ja nur grob nach Auto, Motorrad oder LKW unterschieden wird. Um ein Flugzeug fliegen zu dürfen, braucht man quasi für jede "Flugzeuggröße" eine eigene Lizenz. Verständlicherweise reagiert K deshalb am meisten auf Flieger, die wenigstens theoretisch in seiner "Lizenzkategorie" für ihn möglich wären. Nun, die Maschine, die hier direkt vor seiner Nase grade abflugbereit gemacht wurde, war eben vor allem deshalb etwas Besonderes, weil sie wirklich so brandneu war, dass sie in den einschlägigen Fliegerportalen noch nicht mal registriert war. (K hat das natürlich sofort recherchiert). Ganz neue Flugzeuge gibt es nicht so viele, die weitaus größte Zahl aller Kleinflugzeuge, die hier so rumfliegen, hat schon ein durchaus beachtliches Alter auf dem Buckel, ein Flugzeug, was zB erst 10 Jahre alt ist, gilt deshalb eher noch als jung. Das liegt natürlich vor allem an den Preisen, die so ein Flugzeug kostet. Fliegen ist zwar grundsätzlich kein preiswertes Hobby, aber es ist eigentlich auch nicht sooo teuer, wie die meisten Menschen so aus dem Bauch heraus vermuten. Ein brauchbares, einmotoriges Flugzeug zB gibt es schon ab 50.000 Euro, dann ist es zwar schon etwas älter, aber eben immer noch flugtauglich und zugelassen. Außerdem werden die allermeisten Kleinflugzeuge entweder in Haltergemeinschaften oder von Vereinen gehalten, so dass auch nicht ein Mensch alleine den vollen Preis bezahlt. K hat neulich mal ausgerechnet, dass er im Jahr für seine Fliegerei ungefähr so viel ausgibt, wie ein schöner, dreiwöchiger Familienurlaub im Club Med kostet. Sind alles keine Beträge für Sozialhilfeempfänger, aber eben auch nicht so weit außerhalb der Normalität, dass es nicht doch eine Menge Leute gäbe, die sich das leisten könnten.
Aber diese Maschine, die da letzte Woche auf Borkum stand, die war halt werksneu und außerdem top ausgestattet, so dass K meinte, dass man die wohl nicht unter einer Mio bekommt. Das sind dann schon andere Welten und Menschen, die mit "Spielzeugen" in der Millionenkategorie unterwegs sind, die sind auch in meinen Augen "richtig reich" und genau deshalb hat es mich so fasziniert, dass es bei ihnen rein optisch keinerlei Hinweise auf diesen wirklich gehobenen Reichtum gab.

So aus meiner eigenen Sicht und unter Berücksichtigung meiner Vergangenheit (meine Eltern mussten früher immer sehr genau rechnen und wirklich an allem, was nicht dringend notwendig war, sparen, um überhaupt über die Runden zu kommen), behaupte ich mittlerweile ja gerne, dass ich reich bin.
Und ich finde auch wirklich, dass ich reich bin, denn ich muss mir mit hoher Wahrscheinlichkeit bis an mein Lebensende keine finanziellen Sorgen mehr machen und ich habe vor allem das Gefühl, dass ich mir alles, was ich gerne haben möchte, auch einfach kaufen kann, wenn ich das wirklich will. Um meine Rente muss ich mich auch nicht sorgen, da ich mich nicht nur auf die gesetzliche Rente verlassen muss, sondern durch private Vorsorge ausreichend abgesichert bin, um den Standard, den ich jetzt habe, auch ziemlich sicher weiter halten zu können und sowohl für die Ausbildung der Kinder als auch für mögliche Notfälle sind ausreichende Rücklagen vorhanden - mehr Vermögen brauche ich also gar nicht; das, was ich habe, reicht mir, deshalb fühle ich mich reich.
Aber selbstverständlich gibt es Leute, die sind reicher, ich nenne das dann "richtig reich".
Ich bin im Grunde vor allem gefühlt reich, denn in absoluten Zahlen ist mein Reichtum noch durchaus überschaubar und harmlos.
Jetzt kann man trefflich darüber philosophieren, was "reich" überhaupt bedeutet und wo (finanzieller) Reichtum beginnt, meine persönliche Definition ist deshalb einerseits dieses "gefühlt reich", was in dem Moment beginnt, wo man das Gefühl hat, man kann sich alles, was man gerne haben möchte, kaufen und muss sich auch ansonsten keine Sorgen mehr machen und daneben gibt es dann noch dieses "richtig reich", was ich nach rein statistischen Merkmalen definieren würde, früher habe ich immer gesagt: Wer weniger als 10.000 DM Vermögensteuer bezahlen muss, der ist nicht richtig reich. Wenn man mal DM=Euro setzt und die alten Bemessungsgrundlagen und Steuersätze übernimmt, dann braucht es deutlich mehr als 1 Mio (Bar)Vermögen, bevor man in dieser Steuerkategorie landet. (So Vermögenswerte wie das eigene Haus zB waren schon immer vermögensteuerfrei)

Richtig reich bin ich also ganz sicher nicht, und wenn ich so darüber nachdenke, würde ich fast sagen: Zum Glück nicht.
Selbstverständlich wäre so ein Flieger für 1 Mio. ganz schön und sicherlich viel bequemer und schneller und sicherer und was weiß ich noch alles besser als die alten Schätzchen, mit denen wir in der Regel unterwegs sind, gleichzeitig weiß ich aber auch, wie viel Arbeit mit richtigem Reichtum verbunden ist, wenn man sein Vermögen nicht bequemerweise einfach nur geerbt hat, sondern man dafür arbeiten muss, um es zu erhalten bzw. jeden Monat neu zu verdienen - und sorry, genau da bin ich raus, denn exakt hier greift meine ganz persönliche work-life-balance mit aller Macht durch.
Ich betrachte mein jetziges Leben als vollkommen ausreichend luxuriös und mein größter Luxus ist wahrscheinlich, dass ich die meisten "Luxusdinge" gar nicht attraktiv finde, was mein Alltagsleben ausgesprochen preiswert macht.
Natürlich profitiere ich davon, dass viele "Dinge" schon da sind und ich deshalb keinerlei Belastungen aus Krediten habe, Rücklagen muss ich auch keine mehr bilden, denn auch die sind schon da, ich habe aber eben auch keine Sehnsucht nach vielen Dingen, die für andere Leute völlig normal sind. Es geht schon damit los, dass ich nur sehr, sehr selten Neuware kaufe. Weder Klamotten, noch Einrichtung oder "Fortbewegungsmittel", wenn ich konkret etwas suche, mache ich als erstes ebay bzw. ebay Kleinanzeigen auf oder ich warte einfach so lange, bis ich es irgendwo auf dem Flohmarkt finde.
Ich finde Wohnen außerhalb der Stadt viel angenehmer, was bedeutet, dass ich hier ein ganzes Haus zu dem Preis mieten kann, den ich in Münster für eine 3-Zimmer-Wohnung bezahlen müsste, das Haus auf Borkum gehört zu den Dingen, die eben schon da sind, hier besteht der Luxus vor allem darin, dass ich es selber nutze und nicht vermiete, dafür spare ich mir jede Art von Urlaub. Meine Lebensmitteleinkäufe kommen vom Discounter (das ist vor allem reine Bequemlichkeit, ich habe aber auch tatsächlich kein Bedürfnis nach "teurem Essen") und mein Lieblingshobby ist Schlafen. Ich bin in keinem Verein, ich gehe nicht ins Kino und da ich beruflich ziemlich oft zu Veranstaltungen jeder Art eingeladen werde, gebe ich privat tatsächlich so gut wie kein Geld für "Freizeitgestaltung" aus. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass ich mir je einen "Coffee to go" gekauft habe und wenn ich irgendwo unterwegs bin und Durst bekomme, steuere ich den nächsten Lebensmittelmarkt an und kaufe mir eine Flasche Wasser, weil ich es viel zu lästig finden würde, mich deshalb in eine Kneipe zu setzen. Bei längeren Ausflügen habe ich üblicherweise Proviant dabei - ich mag selbstgemachtes Essen in aller Regel aber auch einfach lieber als gekauftes.
Außerdem habe ich keine Putzfrau, weil ich finde, es ist mehr Arbeit, sich um die Organisation und die Beaufsichtigung einer Putzfrau zu kümmern, als ab und zu einfach mal selber den Besen zu schwingen. Meine Reinlichkeitsansprüche sind nur so mittel, ich kann gut damit leben, wenn die Fenster nur alle 2-3 Jahre geputzt werden, nur bei Bad und Klo werde ich etwas pingeliger - aber hey, das ist grade noch so erträglich machbar. Ich hatte in meinem Leben mit CW immer eine Haushaltshilfe - ich habe wirklich aktiv und bewusst darauf verzichtet als ich den damaligen Haushalt verlassen habe und tatsächlich fehlt sie mir bis heute nicht.
Mein ganz normales Alltagsleben ist also tatsächlich relativ preiswert und gleichzeitig vermisse ich nichts.
Die Kinder sind im Grunde auch nichts anderes gewöhnt, J versucht grade, sich sein Leben in Berlin einzurichten und muss dabei noch ein bisschen ausbalancieren, was ihm wichtig ist und wodrauf er gut verzichten kann, C ist da schon deutlich weiter und behauptet von sich, dass sie genauso lebt wie ich , also dass sie für sich gefühlt auf überhaupt nichts verzichtet und sich alles kaufen kann bzw. tatsächlich kauft, was sie haben möchte, aber trotzdem braucht sie nur rund 500€ im Monat, wovon die Hälfte für Miete und Telefon draufgeht. Das ist weniger als der BaFöG-Satz (und btw: an der Tatsache, dass die Kinder BaFöG bekommen, kann man erkennen, dass mein Einkommen tatsächlich nicht so hoch ist, dass es zu einer BaFöG-Kürzung führen würde, was allerdings auch, ich gebe es zu, Teil meines Berufes ist, dass ich das vernünftig darstellen kann).
Insgesamt will ich damit nur sagen, dass ich mit meinem aktuellen Einkommens- und Vermögensstand mehr als zufrieden bin, am besten gefällt mir, dass ich mir auch langfristig keine Sorgen mehr machen muss, was aber nur funktioniert, wenn ich mit meinem jetzigen Standard auch weiterhin zufrieden bin. Wenn ich plötzlich ein Verlangen nach funkelnagelneuen, zweimotorigen Flugzeugen entwickeln würde - ich glaube, dann wäre das mit der Zufriedenheit ziemlich schnell hinüber. Genau deshalb will ich so viele Dinge gar nicht haben - sie machen nur unglücklich
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Dienstag, 28. August 2018
Notfallambulanz


So, die Notfallambulanz im örtlichen Krankenhaus habe ich jetzt auch ausgiebig durchgetestet, kann ich also von meiner Bucketlist streichen - blöd nur, dass es gar nicht drauf stand.

Nein, ich hatte nicht noch einen Unfall, immer noch derselbe von Sonntagnacht, aber auf Borkum haben sie im Krankenhaus zwar Nadel und Faden und konnten die Lippe nähen, ein Röntgengerät haben sie aber nicht und hätte ich über Schmerzen im Handgelenk gejammert, dann hätten sie mich im Zweifel ausgeflogen, weshalb ich es sehr pragmatisch vorgezogen habe, mich von K ausfliegen zu lassen, alles andere wäre eine logistische Katastrophe geworden.

Ich hatte angenommen, es sei eine Kleinigkeit, wenn ich heute einfach hier in Greven noch mal zum Arzt gehe, erstens muss der ja sowieso irgendwann die Fäden ziehen (für selbstauflösende Fäden hat es dann auf Borkum wohl auch nicht mehr gereicht) und zweitens machte mir mein Handgelenk tatsächlich Sorge, es schwoll immer mehr an und tat halt auch immer mehr weh.
Übersehen hatte ich dabei, dass hier in Greven heute Kirmes ist - für Grevener Verhältnisse der höchste Feiertag des Jahres, die gesamte Stadt steht still, alle regulären Läden sind geschlossen, die Kinder haben schulfrei (wobei das dieses Jahr voll ins Leere läuft, da sowieso noch Ferien sind) und ansonsten fahren heute alle Autoscooter, Riesenrad oder Achterbahn und essen Zuckerwatte oder Paradiesäpfel. Kirmes wird hier noch sehr traditionell gefeiert, dafür aber gründlich.
Dementsprechend hatte auch der Hausarzt heute nur eine eingeschränkte Notfallsprechstunde, ich fand aber, ich sei genug Notfall und habe auf einen Termin bestanden. Der Arzt meinte dann, es wäre wohl doch sehr sinnvoll, wenn der Arm mal geröntgt wird, nach fünf Telefonaten hat er dann die Notfallaushilfe des Radiologen ans Telefon bekommen, die sich bereit erklärte, mein Handgelenk zu röntgen, wenn ich jetzt sofort käme. Ab 11h wäre bei ihnen alles geschlossen.
Um 10.55h war ich beim Radiologen - ich musste einmal durch die Stadt laufen, denn Parkplätze gibt es bei Kirmes auch nicht - es ist alles großräumig abgesperrt.
Die Röntgenaufnahme ergab dann einen Abriss des Prozessus styloideus radii. Was auch immer das ist, die Ärztin meinte, es hätte deutlich schlimmer kommen können und ich bekäme jetzt eine Gipsschiene und dann wäre bald wieder alles okay. Ärzte sehen die Dinge oft anders locker als ich. Vor sechs Jahren habe ich mir auch irgendwas am Radius gebrochen, genau genommen das Radiusköpfchen, was sich als Diagnose sehr niedlich anhörte, insgesamt aber weit über drei Monate dauerte, bis ich den Arm wieder normal bewegen konnte. Diesmal ginge es aber viel schneller, hat sie mir versprochen, nun, dann schauen wir mal.

Die Praxis des Unfallchirurgen hatte heute allerdings geschlossen (Kirmes!), so dass zum Gipsen nur die Notfallambulanz des Krankenhauses blieb.
Weitere dreieinhalb Stunden später hatte ich dann tatsächlich meinen Gips, was aber nicht daran lag, dass es dort so entsetzlich überfüllt gewesen wäre oder der Gips so lange zum Trocknen brauchte, sondern weil die Besetzung in dieser Notfallambulanz auch locker von Extra3 hätte portraitiert werden können. Es war schon sehr faszinierend. Patienten gab es eigentlich nicht so viele, als ich kam, warteten zwei vor mir, in den drei Stunden, die ich da verbrachte, kamen dann noch drei weitere dazu - insgesamt eigentlich überschaubar. Dafür gab es sehr viele Leute im weißen oder blauen Kittel, die meisten waren aber entweder Praktikanten (die erkennt man daran, dass es a) auf ihrem Namensschild steht und sie b) überhaupt keinen Plan haben, was sie tun sollen, dafür aber sehr bemüht sind), oder PJ'ler (die erkennt man daran, dass sie ein Namensschild ohne jede Dienstbezeichnung tragen und tatsächlich noch verpeilter sind als die Praktikanten, weil sie ja tatsächlich wirklich nichts vernünftiges machen dürfen. Wenn ein PJ'ler Schwesternarbeit macht, wird er von einer Schwester angepfiffen, wenn er Arztarbeiten macht, wird er von einem Arzt angepfiffen, am besten macht er also nichts, sondern schaut nur auf sein Handy, daran kann man PJ'ler einwandfrei erkennen). Die diensthabende Stationsschwester erinnerte mich schwer an unseren tiefbegabten Assistenten der Geschäftsführung - ich hatte ihr meine Diagnose vom Radiologen persönlich übergeben, weil sie meinte, dass sie den Papierkram schon mal vorbereiten wolle - als aber dann endlich irgendwann ein handlungsfähiger Arzt erschien, schwor sie Stein und Bein, dass sie das Diagnosepapier nie von mir bekommen hätte - aus der Reaktion des Arztes entnahm ich, dass das wohl häufiger passiert.
Und ansonsten passierte überwiegend nichts, außer dass jede Menge Menschen in weißen oder blauen Kitteln durch die Gänge liefen, immer wieder in einen der Behandlungsräume guckten (die immer alle leer waren) und schrecklich beschäftigt taten.
Nach ca. anderthalb Stunden Warten erschien ein Arzt, ging auf mich zu und fragte: "Warten Sie schon lange?" - ich sagte "ja", worauf er meinte "na, dann kommen Sie mal mit." - Der Mensch neben mir wartete noch länger als ich, weil er schon da saß, als ich ankam, der wurde aber nicht befragt und musste deshalb weiter warten. Pech gehabt.
Der Arzt ließ sich dann lang und breit von mir schildern, wie der Unfall passiert ist und tippte dabei ständig in seinen Computer. Es war alles ausgesprochen skurril, denn als ich sagte, es gäbe doch schon längst einen Befund und den hätte ich der Schwester geben, war er sehr eingeschnappt und meinte, das hätte ich doch gleich sagen können. Blöd nur, dass die Schwester den Befund nicht hatte.... Es wurde dann ein Praktikant in die Radiologie geschickt, um den Befund ein zweites Mal zu besorgen, es lebe der Datenschutz, wir übertragen natürlich auf keinen Fall irgendetwas elektronisch.

Naja, im Endergebnis habe ich dann schließlich einen Gips bekommen, jetzt juckt es darunter, die Lippe juckt auch und mich nervt das alles ganz schrecklich
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Sonntag, 26. August 2018
Alles wie geplant plus ein Sturz
Die vorgesehene Logistik des Tages funktionierte einwandfrei. Am Vormittag haben wir J aus Wangerooge abgeholt, das Wetter war besser als am Freitag, es waren aber immer noch Regenschauer unterwegs. Auf Wangerooge war es diesmal trocken, trotzdem sind wir sofort wieder umgedreht nachdem J eingestiegen war, keiner hatte Lust noch irgendetwas vor Ort zu unternehmen. Auf dem Rückweg habe ich die gleichen Inseln fotografiert wie am Freitag, ohne das Gegenlicht der untergehenden Sonne sehen sie diesmal deutlich langweiliger aus



Am Abend sind wir dann nach Greven zurückgeflogen, auch dieser Flug verlief völlig unspektakulär, so unspektakulär, dass ich noch nicht mal Fotos gemacht habe.

Im Grunde also ein sehr unauffälliger Tag, wenn der Sturz in der Nacht nicht gewesen wäre. Als wir nämlich gestern (es war allerdings schon heute) nach dem Grillen beim Onkel nach Hause fahren wollten, bin ich beim Aufsteigen aufs Fahrrad abgerutscht und dadurch mitsamt Fahrrad umgekippt.
Wie und weshalb ich überhaupt so komplett umgefallen bin, weiß ich nicht, aber es ist mir gelungen, genau aufs Gesicht zu fallen und mir dabei die Oberlippe so aufzuschlitzen, dass wir dann mitten in der Nacht noch ins Krankenhaus gefahren sind, um die Lippe gründlich nähen zu lassen.
Ich sehe jetzt ziemlich wüst aus, wie frisch an der Hasenscharte operiert. Ich hoffe allerdings sehr, dass die Narbe, die bleiben wird, dann weniger auffällig sein wird als eine Hasenscharten-Narbe
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