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Samstag, 12. November 2016
Herbstmusik
anje, 14:21h
Musik ist bei mir ein ganz spezielles Thema, da es mir schon in meiner Jugend nicht gelungen, einen "akzeptablen" Musikgeschmack zu entwickeln.
So mit 14 oder 15 Jahren habe ich mir ja noch viel Mühe gegeben, das mit der Musik und der Frage, welche Musik man mögen muss, soweit zu begreifen, dass ich versuchte, wenigstens eine formal korrekte Musikstilrichtung als meinen Musikgeschmack zu entwickeln, was aber grandios scheiterte.
Das lag zum einen daran, dass ich nicht nur zu einer Clique gehörte, sondern zu mindestens dreien, in der die unterschiedlichsten und zum Teil sehr gegensätzlichen Musikrichtungen angesagt bzw. "erlaubt" waren, zum anderen aber auch daran, dass es mir bis heute und auch schon damals nicht gelungen ist, eine Dauermusikberieselung als etwas Positives oder gar Erstrebenswertes zu empfinden.
Musik als Hintergrundgeräusch geht mir schlicht auf die Nerven.
Genau genommen geht mir jede Sorte Hintergrundgeräusch auf die Nerven, weshalb ich sehr früh schon eine wahre Meisterschaft darin entwickelt habe, alle Nebengeräusche kurzerhand auszublenden.
Wenn also irgendwo Musik "einfach so" läuft, bekomme ich das in aller Regel gar nicht mit, wenn es ist nicht zu laut ist. Allerdings bekomme ich dann auch nicht mit, wenn mich jemand unerwartet anspricht, wenn ich ausblende, dann blende ich alle Geräusche aus.
Wahrscheinlich bin ich einfach nur speziell, wenn es um Hören geht, aber wenn ich mich entscheiden müsste "lieber blind oder lieber taub?" habe ich schon immer und ohne zu Zögern "blind" gesagt.
Blind ist sicherlich enorm lästig und unpraktisch und umständlich - aber über die Augen werden bei mir keine Emotionen ausgelöst. Ich reagiere auch nicht auf "ooooh, schau mal, was für eine schöne Aussicht" oder ähnliche Dinge, ich muss nie irgendwas "unbedingt mal selber gesehen haben", weshalb ich zB Kunstmuseen auch sehr langweilig finde, denn alles, was es da zu sehen gibt kann ich ja auch in einem Buch oder im Internet angucken und das reicht mir komplett. Sehen ist für mich nur zur Informationsaufnahme wichtig, Gefühle werden dadurch bei mir nicht transportiert.
Hören dagegen löst bei mir immer auch irgendwelche Gefühle aus und deshalb bin ich so pingelig darin, welche Geräusche ich überhaupt an mich heranlassen will.
Hören ist bei mir ungefähr so emotional sensibel besetzt wie Riechen und Fühlen, und alle drei Sinne haben das große Problem, das man sie nicht einfach "abschalten" kann. Ich kann zwar bis zu einem gewissen Grad Geräusche ausblenden, aber nie so komplett wie ich mit "Augen zu" das Sehen abschalten kann.
Gleichzeitig finde ich Musik aber natürlich toll und habe Musik auch schon immer intensiv genutzt, um meine eigenen Emotionen auszuleben. Dann mache ich jedoch nichts anderes als nur Musik. Entweder spiele ich dann Klavier, da versteht sich von selbst, dass man dabei nicht noch irgendwas anderes machen kann - oder ich höre Musik, aber die höre ich dann als Hauptbeschäftigung.
Natürlich kann man neben der Hauptbeschäftigung auch noch eine Nebenbeschäftigung betreiben, zum Beispiel Spazierengehen - aber dann sind meine Multitaskingfähigkeiten auch schon erschöpft.
Wenn ich die Kombination Musikhören und Spazierengehen als Haupt- und Nebenbeschäftigung wähle, kann ich alle anderen Dinge, die beim Spazierengehen auch schön sind, nicht mehr genießen. Ich kann zB nicht mehr Nachdenken, denn Nachdenken ist bei mir immer eine Hauptbeschäftigung und das ist niemals mit Musikhören kombinierbar. Ich kann auch nicht mehr das Meer rauschen hören, den Wind brausen oder die Möwen schreien - denn das ist eine Nebenbeschäftigung, die nicht mit Musikhören kompatibel ist.
Ich habe also gar nicht genug Zeit, für all die Hauptbeschäftigungen, die ich gerne mache, aber jede eben nur einzeln tun kann, so dass es für mich gar nicht so viele Gelegenheiten gibt, bei denen ich tatsächlich Musik höre.
Und wenn man sowieso viel weniger Musik hört als die meisten anderen Menschen, dann kann man sich auch einen ganz speziellen, individuellen Musikgeschmack erlauben, der weit weg ist von irgendwelchen Hitlisten, aber genauso weit weg auch von irgendwelchen, generationenabhängigen "das gehört sich so, wenn man dazugehören will" Stilrichtungen.
Beschreiben kann ich meinen Musikgeschmack allerdings nicht, weil er zum einen stark Launen abhängig ist und zum anderen hauptsächlich durch Negativaussagen geprägt wird. Ich kann dafür sehr genau beschreiben, welche Musik ich nicht mag bzw. was ich fast grundsätzlich immer nur als störenden Krach empfinde.
Geht schon mit Lautstärke los.
Ich bin ja nicht taub, deshalb finde ich übertriebene Lautstärke bei Musik komplett überflüssig. "Discos" (=Veranstaltungen oder Locations auf denen laute Musik gespielt wird) machen mich deshalb immer ganz krank und ich habe heute, wenn ich es nicht vermeiden kann, dort überhaupt hinzugehen, immer ein paar Ohrstöpsel dabei, mit deren Einsatz ich versuche, die maximal mögliche Zeit auf dem Klo abzuwarten, bis ich die Veranstaltung endlich ohne zu großen Renomméverlust wieder verlassen darf. Livekonzerte (fast egal von wem) sind für mich deshalb auch ein Graus, weil die Musik da immer von monströsen Lautsprechern und Verstärkern in für mich extrem unangenehme Dezibelbereiche getrieben wird.
Was ich ebenfalls als unangenehm empfinde ist "eintönige" Musik. Mag ja sein, dass die drei Takte, aus denen manche Stücke ausschließlich bestehen, ganz hübsch sind, aber das ist dann, wie immerzu dieselbe Stelle streicheln. Das wird schnell unangenehm.
"Künstliche" Musik mag ich auch eher nicht. Also, alle Klänge, die nur unter Benutzung von irgend einer Sorte von Elektronik produziert werden können, sind nicht so meine Richtung. Das gilt auch schon für E-Gitarren. (Wobei man die auch so spielen kann, dass sie sich anhört wie eine ganz normale Gitarre, dann ist ja auch alles okay, aber ansonsten fällt jede Art von "Syntheziser-Musik bei mir in die Schublade "Plastikmusik" und die mag ich genausowenig an mich heranlassen, wie Plastikkleidung aus Nylon oder so.)
Naja, wie auch immer, auf alle Fälle habe ich im Laufe der letzten 40 Jahre gelernt, dass es klug ist, wenn ich bei "Musikgesprächen" besser den Mund halte, denn meine Musikablehnungen betreffen sehr oft intellektuelle Kultmusik und wenn man sagt, dass man Musik von Rolling Stones, oder Santana oder Pink Floyd oder was weiß ich für Gruppen, nicht so mag, dann wird man sehr oft sehr schnell schräg angeguckt und ich spüre, wie mein intellektuelles Gegenüber dann überlegt, ob er mich etwa in die Heintje-Schublade stecken soll oder mir ähnlich verwerfliche Grausamkeiten zutraut. Gemeindepfarramt oder sowas, womit ich halt auch auf gar keinen Fall in Verbindung gebracht werden möchte.
Dabei ist das mit mir und der Musik ganz einfach: Im Zweifel ist mir keine Musik immer lieber als Krach, weil ich die Musik, die mir gefällt nur sehr schwer beschreiben kann.
Deshalb war ich jetzt so maßlos fasziniert als ich durch Zufall bei YouTube eine Playlist gefunden habe, die ich von Anfang bis Ende toll finde - und das sind fast anderthalb Stunden. Ich kannte vorher kein Stück aus dieser Playlist, ich wusste noch nicht mal, dass es dieses Genre überhaupt gibt, aber ich war spontan total angefixt. Und das ist bei mir wirklich, wirklich selten. (Und rein vorsichtshalber: Nein, das ist jetzt kein Musikwunsch von mir, ich habe mir die Lieder schon alle selber runtergeladen.)
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So mit 14 oder 15 Jahren habe ich mir ja noch viel Mühe gegeben, das mit der Musik und der Frage, welche Musik man mögen muss, soweit zu begreifen, dass ich versuchte, wenigstens eine formal korrekte Musikstilrichtung als meinen Musikgeschmack zu entwickeln, was aber grandios scheiterte.
Das lag zum einen daran, dass ich nicht nur zu einer Clique gehörte, sondern zu mindestens dreien, in der die unterschiedlichsten und zum Teil sehr gegensätzlichen Musikrichtungen angesagt bzw. "erlaubt" waren, zum anderen aber auch daran, dass es mir bis heute und auch schon damals nicht gelungen ist, eine Dauermusikberieselung als etwas Positives oder gar Erstrebenswertes zu empfinden.
Musik als Hintergrundgeräusch geht mir schlicht auf die Nerven.
Genau genommen geht mir jede Sorte Hintergrundgeräusch auf die Nerven, weshalb ich sehr früh schon eine wahre Meisterschaft darin entwickelt habe, alle Nebengeräusche kurzerhand auszublenden.
Wenn also irgendwo Musik "einfach so" läuft, bekomme ich das in aller Regel gar nicht mit, wenn es ist nicht zu laut ist. Allerdings bekomme ich dann auch nicht mit, wenn mich jemand unerwartet anspricht, wenn ich ausblende, dann blende ich alle Geräusche aus.
Wahrscheinlich bin ich einfach nur speziell, wenn es um Hören geht, aber wenn ich mich entscheiden müsste "lieber blind oder lieber taub?" habe ich schon immer und ohne zu Zögern "blind" gesagt.
Blind ist sicherlich enorm lästig und unpraktisch und umständlich - aber über die Augen werden bei mir keine Emotionen ausgelöst. Ich reagiere auch nicht auf "ooooh, schau mal, was für eine schöne Aussicht" oder ähnliche Dinge, ich muss nie irgendwas "unbedingt mal selber gesehen haben", weshalb ich zB Kunstmuseen auch sehr langweilig finde, denn alles, was es da zu sehen gibt kann ich ja auch in einem Buch oder im Internet angucken und das reicht mir komplett. Sehen ist für mich nur zur Informationsaufnahme wichtig, Gefühle werden dadurch bei mir nicht transportiert.
Hören dagegen löst bei mir immer auch irgendwelche Gefühle aus und deshalb bin ich so pingelig darin, welche Geräusche ich überhaupt an mich heranlassen will.
Hören ist bei mir ungefähr so emotional sensibel besetzt wie Riechen und Fühlen, und alle drei Sinne haben das große Problem, das man sie nicht einfach "abschalten" kann. Ich kann zwar bis zu einem gewissen Grad Geräusche ausblenden, aber nie so komplett wie ich mit "Augen zu" das Sehen abschalten kann.
Gleichzeitig finde ich Musik aber natürlich toll und habe Musik auch schon immer intensiv genutzt, um meine eigenen Emotionen auszuleben. Dann mache ich jedoch nichts anderes als nur Musik. Entweder spiele ich dann Klavier, da versteht sich von selbst, dass man dabei nicht noch irgendwas anderes machen kann - oder ich höre Musik, aber die höre ich dann als Hauptbeschäftigung.
Natürlich kann man neben der Hauptbeschäftigung auch noch eine Nebenbeschäftigung betreiben, zum Beispiel Spazierengehen - aber dann sind meine Multitaskingfähigkeiten auch schon erschöpft.
Wenn ich die Kombination Musikhören und Spazierengehen als Haupt- und Nebenbeschäftigung wähle, kann ich alle anderen Dinge, die beim Spazierengehen auch schön sind, nicht mehr genießen. Ich kann zB nicht mehr Nachdenken, denn Nachdenken ist bei mir immer eine Hauptbeschäftigung und das ist niemals mit Musikhören kombinierbar. Ich kann auch nicht mehr das Meer rauschen hören, den Wind brausen oder die Möwen schreien - denn das ist eine Nebenbeschäftigung, die nicht mit Musikhören kompatibel ist.
Ich habe also gar nicht genug Zeit, für all die Hauptbeschäftigungen, die ich gerne mache, aber jede eben nur einzeln tun kann, so dass es für mich gar nicht so viele Gelegenheiten gibt, bei denen ich tatsächlich Musik höre.
Und wenn man sowieso viel weniger Musik hört als die meisten anderen Menschen, dann kann man sich auch einen ganz speziellen, individuellen Musikgeschmack erlauben, der weit weg ist von irgendwelchen Hitlisten, aber genauso weit weg auch von irgendwelchen, generationenabhängigen "das gehört sich so, wenn man dazugehören will" Stilrichtungen.
Beschreiben kann ich meinen Musikgeschmack allerdings nicht, weil er zum einen stark Launen abhängig ist und zum anderen hauptsächlich durch Negativaussagen geprägt wird. Ich kann dafür sehr genau beschreiben, welche Musik ich nicht mag bzw. was ich fast grundsätzlich immer nur als störenden Krach empfinde.
Geht schon mit Lautstärke los.
Ich bin ja nicht taub, deshalb finde ich übertriebene Lautstärke bei Musik komplett überflüssig. "Discos" (=Veranstaltungen oder Locations auf denen laute Musik gespielt wird) machen mich deshalb immer ganz krank und ich habe heute, wenn ich es nicht vermeiden kann, dort überhaupt hinzugehen, immer ein paar Ohrstöpsel dabei, mit deren Einsatz ich versuche, die maximal mögliche Zeit auf dem Klo abzuwarten, bis ich die Veranstaltung endlich ohne zu großen Renomméverlust wieder verlassen darf. Livekonzerte (fast egal von wem) sind für mich deshalb auch ein Graus, weil die Musik da immer von monströsen Lautsprechern und Verstärkern in für mich extrem unangenehme Dezibelbereiche getrieben wird.
Was ich ebenfalls als unangenehm empfinde ist "eintönige" Musik. Mag ja sein, dass die drei Takte, aus denen manche Stücke ausschließlich bestehen, ganz hübsch sind, aber das ist dann, wie immerzu dieselbe Stelle streicheln. Das wird schnell unangenehm.
"Künstliche" Musik mag ich auch eher nicht. Also, alle Klänge, die nur unter Benutzung von irgend einer Sorte von Elektronik produziert werden können, sind nicht so meine Richtung. Das gilt auch schon für E-Gitarren. (Wobei man die auch so spielen kann, dass sie sich anhört wie eine ganz normale Gitarre, dann ist ja auch alles okay, aber ansonsten fällt jede Art von "Syntheziser-Musik bei mir in die Schublade "Plastikmusik" und die mag ich genausowenig an mich heranlassen, wie Plastikkleidung aus Nylon oder so.)
Naja, wie auch immer, auf alle Fälle habe ich im Laufe der letzten 40 Jahre gelernt, dass es klug ist, wenn ich bei "Musikgesprächen" besser den Mund halte, denn meine Musikablehnungen betreffen sehr oft intellektuelle Kultmusik und wenn man sagt, dass man Musik von Rolling Stones, oder Santana oder Pink Floyd oder was weiß ich für Gruppen, nicht so mag, dann wird man sehr oft sehr schnell schräg angeguckt und ich spüre, wie mein intellektuelles Gegenüber dann überlegt, ob er mich etwa in die Heintje-Schublade stecken soll oder mir ähnlich verwerfliche Grausamkeiten zutraut. Gemeindepfarramt oder sowas, womit ich halt auch auf gar keinen Fall in Verbindung gebracht werden möchte.
Dabei ist das mit mir und der Musik ganz einfach: Im Zweifel ist mir keine Musik immer lieber als Krach, weil ich die Musik, die mir gefällt nur sehr schwer beschreiben kann.
Deshalb war ich jetzt so maßlos fasziniert als ich durch Zufall bei YouTube eine Playlist gefunden habe, die ich von Anfang bis Ende toll finde - und das sind fast anderthalb Stunden. Ich kannte vorher kein Stück aus dieser Playlist, ich wusste noch nicht mal, dass es dieses Genre überhaupt gibt, aber ich war spontan total angefixt. Und das ist bei mir wirklich, wirklich selten. (Und rein vorsichtshalber: Nein, das ist jetzt kein Musikwunsch von mir, ich habe mir die Lieder schon alle selber runtergeladen.)
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