anjesagt

Anjesagtes, Appjefahr'nes und manchmal auch Ausjedachtes
Freitag, 24. Januar 2025
Beobachtungen, Packstation und Juramüll
Beobachtungen: die Health-App auf meinem Handy trackt seit neustem meine mentale Befindlichkeit, der Score reicht von „sehr unangenehm“ bis „sehr angenehm“.
Ich habe die Entdeckung gemacht, dass dort nach einer Sporteinheit regelmäßig „angenehm“ angezeigt wird.
Ich glaube, ich bin da was großem auf der Spur.

Packstation: Neulich hatte ich ein Paket in einer DHL-Packstation. Leider hat sich die Packstation geweigert die Tür zu öffnen. Ich habe also beim Support angerufen, um denen nur mitzuteilen, dass deren Packstation kaputt sei und dass sie doch bitte einen Handwerker schicken mögen, um ihre Technik zu reparieren.

Nachdem ich mich 2 Minuten durch eine „KI“-„Assistenz“ gequält habe („Thou shalt not make machines in the likeness of the human mind“), wurde ich mit einer Mitarbeiterin verbunden, die vielleicht als Vorbild für eben jene KI diente. Nachdem ich 4x Name, Vorname, Geburtsdatum, Adresse, Packstation-Nr., Sendungsverfolgungsnummer und Post-ID ansagen durfte, wollte sie dann noch zu Verfizierungszwecken die Antwort auf die meine Sicherheitsfrage „Was ist der Mädchenname Ihrer Mutter?“ Wissen. Ich weiß lediglich, dass meine Mutter keinen Mädchennamen in dem Sinne hatte, leider nicht mehr, welche clevere Antwort ich hinterlegt hatte (Es war übrigens „Mutter“, naja).
Da ist mir dann die Sicherung rausgeflogen und ich musste leider die Mitarbeiterin etwas unwirsch fragen was die scheiße denn soll. Da ist eine Packstation und die haben einen Techniker zu schicken und fertig aus.
Dann haben wir noch eine halbe Minute hin und her diskutiert bis ich aufgelegt hab.
Der dritte Anlauf (den zweiten musste ich abbrechen, weil die Telefonwartelschlange so lang war und ich Angst bekommen hab, dass die selbe Mitarbeiterin als erstes verfügbar wird) hat dann wunderbar funktioniert. Ich habe gesagt da ist eine Packstation kaputt, habe die Nummer genannt, mir wurde gesagt „Kein Problem, danke für die Info.“ und hab aufgelegt. Keine Stunde später hab ich die Mail bekommen, dass mein Paket in einer benachbarten Station abholbereit sei.

Es geht, wenn man nur will.


Juramüll: Gesetznorm des Tages: § 4 I 1 Nr. 1 GastG „Die Erlaubnis (zum Betrieb einer Gaststätte) ist zu versagen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß der Antragsteller die erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt, insbesondere dem Trunke ergeben ist oder befürchten läßt, daß er der Unsittlichkeit Vorschub leisten wird“
Auch im Volltext lesenswert, es werden dort die sieben Todsünden des Gastgewerbes aufgezählt, vom Alkoholmissbrauch bis zur Verletzung des Arbeitsrechts.

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Freitag, 13. Dezember 2024
Problematisch
Ich habe mir Gedanken zu dem Wort "problematisch" gemacht.
Denn ich finde es nicht gut.

Auslöser ist die gefühlte Zunahme der Häufigkeit dieses Wortes, insbesondere aus der politischen Richtung, der ich mich trotz allem eher zugehörig fühle.

Mich hat das Wort immer gestört und das möchte ich hier versuchen auszuformulieren:

I. Der Duden definiert das Wort wie folgt: "1. schwierig, voller Probleme (BEISPIELE
er ist ein problematischer Mensch
das Kind ist problematisch (ist schwer zu erziehen)) 2. fraglich, zweifelhaft" und listet als Synonyme auf "heikel, kompliziert, mit Schwierigkeiten verbunden, nicht einfach"
Das deckt sich mit meiner Wahrnehmung von diesem Wort, denn es sagt eben nicht aus, dass etwas ein Problem sei sondern nur dass es Aspekte von einem Problem enthält. Es kann also gewissermaßen als abgeschwächte adjektiviserte Form des Wortes "Problem" gelten, oder anders ausgedrückt: "X ist ein Problem" und "X ist problematisch" sind nicht deckungsgleich.

Wenn man etwas als "Ein Problem" bezeichnet, dann stellt das für mich eine Haltung dar. Denn Dinge sind sehr selten rein und hundertprozentig schlecht und böse (hier fällt einem als Bodensatz der bundesrepublikanischen Kultur beispielsweise der Nationalsozialismus ein), sondern Dinge können auch gute Aspekte haben, Menschen können auch gute Dinge tun/sagen/denken, usw.
Man muss also zunächst abwägen, ob das schlechte das gute überwiegt.

II. Als nächstes, und das sehen erfahrungsgemäß viele Leute anders, muss die Sache auch eine gewisse Relevanz haben. Ich hätte beispielsweise Klaasohm nicht als Problem bezeichnet. Nicht, weil ich denke, dass hier das Gute das Schlechte überwiegt, sondern weil ich der Meinung war, dass die Sache keine Relevanz hat.
Hätten die Borkumer Jungs nicht frühzeitig verkündet, dass die Tradition des Schlagens abgeschafft ist, ich wäre jede Wette eingegangen, dass das Thema nach einer Woche bereits aus den Medien raus gewesen wäre. Und hier hätte ich (und diese Annahme ist durchaus robust, das gebe ich zu) geschlossen: Wenn es nach einer Woche schon aus den Medien raus ist, dann wird es die Leute nicht so sehr interessiert haben - dann wird es nicht so relevant sein. Es ist also scheinbar nichts, was ich als Problem bezeichnet hätte.


III. Was haben diese Gedanken mit dem Wort "problematisch" zu tun?
Benutzt man dieses Wort, so entzieht man sich diesen Stellungnahmen, man bezieht keine Position, man zeigt keine Haltung.
Natürlich ist xyz problematisch. Fast alles ist problematisch, denn fast alles hat eine Kehrseite!
Jeder Mensch wird irgendwo irgendwas irgendwie gesagt oder getan haben, das falsch ist.
Die reine Feststellung, dass ein gewisser Teilaspekt eines Ganzen nicht gut ist, ist keine Leistung, die interessiert. Sie rechtfertigt sicherlich nicht die Kommentare und Essays, die in Zeitungen oder Social-Media dazu verbreitet werden.
Das interessante ist das Abwägen und das Stellung beziehen.

Und dem entzieht man sich, wenn man Dinge nur "problematisch" nennt. Statt zu sagen (und zu begründen! und sich angreifbar zu machen!) was man meint, impliziert man es nur. Man endet mit "...", man vermittelt "du weißt ja was ich meine". Man tut so, als hätte man dem Leser ein fertiges Argument präsentiert, hat aber nicht mehr als einen rhetorischen Trick, einen Kniff angewandt.

Man könnte ja alternativ auch konstruktiv sagen "Bestimmte Teile sind ein Problem". Damit würde man aber viel deutlicher zu verstehen geben, dass Teilaspekte auch positiv sind. Warum wird das nicht gesagt? Wieso versteckt man das?

Mir bleibt als Fazit zu dem Wort nur:

Es ist feige.

Es ist eine Unart.

Es ist eine Methode der Kommunikation, die man verwendet, wenn man einen Mob aufpeitschen will, wenn man die Masse manipulieren will.
Vielleicht hat diese Art der Kommunikation sogar ihren Platz in der Welt, aber wo sie definitiv keinen Platz hat, ist in dem Austausch zwischen zwei Personen auf Augenhöhe.

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Freitag, 19. Juli 2024
Liste/Liste
Dinge, die getan wurden:
-Zu Lidl gefahren
-eine Wassermelone gekauft
-die schöne Route durch die Dünen und auf dem Deckwerk zurückgefahren
-eine Steuererklärung gemacht, oder zumindest angefangen
-den Computer dabei unflätigst beleidigt, weil der die falschen Tastenkombinationen nicht als richtig erkannt hätte
-frittiert
-Obstler getrunken

Dinge, die nicht getan wurden
-gefrühstückt
-an den Strand gegangen
-Toilettenpapier angezündet
-nach dem Obstlertrinken den Blog noch selber geschrieben


Ein erfolgreicher Tag also

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Samstag, 4. Mai 2024
Gedanken zur Apotheke
Ich arbeite in einer öffentlichen Apotheke, seit dreieinhalb Jahren schon, in Berlin und Hamburg und Bayern, Stadt und Land, Allgemein- und Spezialversorgung.

Ich kann nicht behaupten, dass ich das deutsche Gesundheitswesen verstanden hätte. Ich vermute nicht mal, dass ich das deutsche Apothekenwesen verstanden habe.
Aber ich kann ein paar Gedanken dazu teilen und ein paar Beobachtungen machen.

1. Die Arbeit von Pharmazeuten, wie auch immer sie in der Zukunft aussehen wird, wird mehr werden. Sie wird nicht nur relativ mehr, weil uns die Pharmazeuten ausgehen, sie wird auch absolut mehr, weil mehr Menschen alt werden und alte Menschen = kranke Menschen.
2. Der Apotheker in der Apotheke ist ein Mangelberuf, je nach Quelle jetzt schon seit knapp zehn Jahren.
3. Und im Rest des Gesundheitswesen sieht es auch nicht wirklich anders aus.

Daraus erschließt sich für mich folgendes: Es gibt zu viel zu tun. Die Arbeit, so wie wir sie jetzt machen, kann nicht gehalten werden.
Man muss die Arbeit effizienter gestalten. Man muss Apotheker effizienter nutzen. Man muss priorisieren. Man muss reformieren.

Als Engagierter im Studentenverband der Pharmazeuten fällt mir natürlich direkt das Studium als Ansatzpunkt ein: Drastisches Zusammenstreichen von veralteten Fächern, die schlicht nicht den Zeitaufwand wert sind, sie zu lehren. Ein genereller Fokus auf den medizinisch-therapeutischen, anstatt auf den technisch-chemischen Bereich, damit einhergehend auch eine Spezialisierung - ein angehender Pharmazeut hat nach meiner Zählung in sieben von acht Semestern irgendeine Form von chemischer Analytik auf dem Stundenplan. Das Blockseminar Pharmakologie, DAS Fach der Medikamentenlehre, dagegen? Ein Semester. Sowas ist nicht mehr zielführend.

Aber da hört es ja auch nicht auf: Pharmazeuten müssen nicht nur besser ausgebildet werden, sie müssen auch besser eingesetzt werden. Sie brauchen müssen kernpharmazeutische Aufgaben übernehmen, Medikationsanalysen, Deprescribing, Aut-simile Austausch, ein Vetorecht in der Therapie.
Das sind keine wilden Ideen, was Pharmazeuten _können_ sollten - das ist Studienlage, dass diese Tätigkeiten bei ihnen nützlich aufgehoben sind.
Und hat man Pharmazeuten, die solche Aufgaben tun dürfen, dann kann man auch den Anteil der Leute halten (oder steigern?) die bereit sind, in dieser Branche zu arbeiten.

Und was fällt weg, wenn die Apotheker all das noch tun sollen?
Ich sehe da eine Aufgabe, die sich für viele Kollegen mehr und mehr nach logistischer und bürokratischer Administration anfühlt; etwas, was global gesehen die Ausnahme ist; etwas, was die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung höchstens im Promillebereich verbessert - die öffentliche Apotheke.

Die einzige Frage die sich mir stellt ist, was schneller eintritt: Ob die Politiker und Standesvertreter es schaffen, das sehr sehr dicke Brett gebohrt zu bekommen, bevor der Laden zusammenbricht?
Oder ob man sich irgendwann entscheidet, vielleicht doch aus der Asche einen Neuanfang zu starten?
Es bleibt spannend.

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Mittwoch, 4. Mai 2022
Doppelt verpasst
So kann es also auch kommen.
Da sucht man extra jemanden aus, der einen hoffentlich ordentlich vertreten kann, und dann verpasst der es auch.
Mist, das tut mir Leid.

Es wäre mir auch schwer gefallen, über etwas zu berichten, schreiben, spekulieren oder palavern.
Der April war so ein Monat, der wieder sehr schnell vorbei ging, während nichts im Gedächtnis blieb, aber rückwärts betrachtet hab ich mich etwas erschreckt, was alles passiert ist.
Wenn ich aus diesem Blog eines gelernt habe, dann, dass das ein Zeichen des Alterns würdevollen Reifens ist. Stilecht sollte ich wohl anfangen, die Tage bis zum Ende dieses Lebensabschnitts zu zählen.
Aber ich glaube, das macht nur Sinn, wenn es dahinter schon einen Plan gibt, damit dieser Zäsurbegriff brauchbar ist.

Wie wäre es also mit "noch 85 Tage bis zur Heimkehr"?
Das macht zumindest Hoffnung - und gute Laune, denn wenn die Zeit jetzt schnell verfliegt, mag ich mich gar nicht beschweren.

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Sonntag, 31. Oktober 2021
Kommunikationswissenschaft
Eigentlich war meine Aufgabe, hier einen tollen Text zu hinterlassen, damit meine Mutter ihren Blog in guten Händen wissen durfte.

Leider bin ich ihr Sohn, deshalb habe ich gründlich die Zeit aus den Augen verloren und, hups, es ist schon so spät und ich bin müde.


Ich habe heute SOPs geschrieben. Standard Operating Procedures sind in der Industrie absolut allmächtig (ich weiß nicht ob das andere Branchen auch so haben?), deshalb ist es natürlich nur schick und fein, dass der Studentenverband der Leute die später mal in die Industrie wollen auch so Dinger hat.

Ich habe also einen Text geschrieben, um Leuten einen Prozess zu erklären.
Ich finde diesen Prozess im Kern nicht sehr kompliziert, viele Dinge sind offensichtlich wenn man sie einmal gesagt bekommt.
Wenn man sie allerdings nicht gesagt bekommt, dann sind sie allerdings auch nicht offensichtlich, ganz nach dem Prinzip "Ich weiß nicht, was ich nicht weiß".

Da ich mich erfolgreich fast ein Jahr darum gedrückt habe, diese SOP zu schreiben und stattdessen ebenso ein Jahr improvisiert habe, weiß zumindest ich jetzt genau, was ich will und brauche und wie das Resultat am Ende aussehen soll und muss. Den Prozess habe ich also verstanden, jetzt geht es nur noch darum, ihn auch in Worte zu gießen.

Das ist schwieriger als man denkt. Es ist offensichtlich schwierig, das wird kaum einer bestreiten, aber selbst wenn man weiß wie kompliziert das ist, unterschätzt man es immer noch.
Der Anspruch einer SOP ist naturgemäß Fehlerfreiheit.
Dafür wird sie optimalerweise komplett gelesen.
Jetzt stellt sich das Problem vor, dass die Leute die SOPs in der Regel nicht nur nicht komplett, sondern meist gar nicht lesen.
Hm. Unpraktisch.

Ich beginne also meine SOP mit einem Kapitel Null - "TL;DR".
Da fasse ich das wichtigste zusammen, um das Klientel abzuholen, was nur Motivation für höchstens sechs Zeilen hat.
Wie fasst man aber nun einen Prozess zusammen, an dem kein Einzelteil erklärungsbedürftig ist, aber jedes einzelne Teil erwähnungsbedürftig?

"Bei Fragen schreibt mir einfach eine Mail".

Seufz.

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Dienstag, 1. Juni 2021
Kleines Gedicht
Ich bei der Schwester
Ich am nach Hause fahren
Die Blogaushilfe

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Mittwoch, 3. März 2021
Ausschlafen
Heute konnte ich ausschlafen.

Einfach nur ausschlafen.

Liegen, und die Decke anschauen.

Nicht bewegen, nicht denken, nicht reden, nicht kümmern müssen.

Ausschlafen.

Und um 14 Uhr langsam erheben, überlegen ob man etwas tun möchte.

Und dann wieder hinlegen und weiterdösen.

Was ein wundervolles Gefühl, Glück und Wonne ohne Grenzen. Natürlich, klar, die Aufgaben häufen sich an und werden dringender und zahlreicher, das Studium hat nicht vergessen, dass ein Semester wert an Vorlesungen noch geschaut werden muss, die Wohnung wird dreckig, auch ganz ohne Benutzung und das Zeitmanagementsystem der Arbeit zieht unerbitterlich Stunden von meinem Konto ab.

Aber das ist egal. Heute darf ich ausschlafen.

Und noch viel besser ist: heute darf ich wieder einschlafen.

Einfach nur einschlafen.

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Montag, 26. Oktober 2020
Die zweite Welle
Knapp acht Monate ist es her, dass Corona angefangen hat.

Jeder hat den Lockdown ja irgendwie selber erlebt, ich zum Beispiel habe die Zeit mit meiner Freundin verbracht und gar nicht so wirklich realisiert, dass es einen echten Lockdown gab. Klar, es gab irgendwie Regeln mit Reisen und Abstand zum Wohnort, aber da hatte ich schon für mich entschieden, dass ich mich von sowas nicht aufhalten lassen würde, wenn ich denn was machen will.
Ich wollte allerdings nichts machen, weshalb der Lockdown für mich nicht wirklich existent war.

Jetzt sind wir ein über ein halbes Jahr später dran, können nicht nur als Regierung und Wissenschaft auf die Erfahrungen zurückblicken, sondern auch als Gesellschaft.
Wie gehen wir damit um, was wird kommen?

Sind wir schlauer?

Die Hamsterkäufe scheinen schon wieder einzusetzen, also Tendenz eher nein.
Allerdings ist die Börse nicht wieder in den Keller gerutscht, also vielleicht ja doch (auch wenn es mich da gar nicht so gestört hätte, wenn die Leute etwas panisch werden würden, ich hätte grade wieder Lust zu investieren).

Was mich fasziniert, ist dass Corona wie Geschichtsschreibung im Zeitraffer ist. Tiefgreifende Veränderungen, sowas wie der Fall des Eisernen Vorhangs oder die Gründung der EU, gingen gesamthistorisch betrachtet relativ schnell, aber doch zu langsam, als dass man sie als einen emotionalen Brocken erfassen könnte.
Jetzt allerdings kann man zurückschauen und hat einen Umfang von mehreren Jahren Historie, gepackt auf ein knappes Jahr. All die Erinnerungen und Gefühle sind noch frisch genug, dass man sich hinsetzen und neu kalkulieren könnte, wie man jetzt den zweiten Lockdown angehen wird.

Was ich auch einen spannenden Vergleich finde, ist die Flüchtlingskrise von 2015. Am Anfang noch vom größten Teil der Bevölkerung vollen Herzens unterstützt, kommen nach und nach immer mehr Hetzer, Verschwörungstheoretiker und (in der großen großen Mehrheit) einfach nur Idioten ans Sprachrohr und übernehmen die Debatte und die gesellschaftliche Stimmung. Erst die Willkommenskultur, dann die AfD; erst das Einhalten der Quarantäneregeln, jetzt die Hobbystatistiker und "Maulkorb!"schreier.

Es wird wirklich sehr spannend, wie es weitergeht. Man würde ja denken, dass zwanzigzwanzig irgendwann mal sein Pulver verschossen hat, aber US Wahl gibts ja auch noch, mit allem was da folgen kann.

Zum Glück kann ich alles von zuhause aus in Ruhe betrachten, Klopapier ist noch da.

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Donnerstag, 10. September 2020
Impfen...
Gastbeitrag 5: Meine eigenen Überlegungen zum Thema Impfung – vielleicht ein wenig medizinisch gefärbt.

Ich tue mich wirklich schwer, die Gründe von Impfgegnern nachzuvollziehen. Wenn man keine Lust auf medizinische Maßnahmen hat, kann man das gerne sein lassen, soll dann aber bitte für sich leben und sich nicht beschweren. Wer Teil einer Gesellschaft, die bestimmte Regeln hat und viel dafür tut, es den Schwächeren/Benachteiligteren/XXX (mir fällt kein politisch korrektes Wort ein…) leicht zu machen, ohne große Einbußen am gesellschaftlichen Alltag teilzuhaben, sein möchte, sollte sich auch entsprechend verhalten. Wer sich nicht impft lebt möglicherweise gesund weiter, kann sich aber dennoch mit einem Erreger infizieren und ihn an Schwächere, die ggf. nicht erfolgreich geimpft werden können, weitergeben. Herdenimmunität sollte wohl jedem ein Begriff sein. Auch das Argument, dass man bestimmte Erkrankungen durchmachen muss im Leben, damit man daran „immunologisch“ wächst, ist meiner Meinung nach Unfug. Eine neue Studie hat gezeigt, dass die messbare Menge an Antikörpern im Blut nach einer Maserninfektion geringer ist, als noch vor der Erkrankung. Das heißt übersetzt, dass das bis dahin erworbene immunologische Gedächtnis teilweise zerstört wird. Eine Impfung hingegen schafft einen ähnlich guten Schutz, greift aber den sonstigen Schutz nicht an. Um beim Thema Masern zu bleiben: Ich selbst habe als Kind wenige Tage vor meinem eigenen Impftermin die Masern bekommen – geimpft wurde ich dagegen trotzdem noch (sind nämlich Kombi-Impfstoffe). Als ich dann gelernt habe, dass die weitaus tödlichere Folge der Masern eine bis zu 10 Jahre später auftretende Hirnentzündung ist, war ich etwas baff und musste erst mal panisch nachrechnen, wie lang es wohl bei mir her war. Ich denke, ich bin fein aus dem Schneider, und es ist auch eine wirklich extrem seltene Komplikation. Ich bin mir aber sicher, dass es niemand so lustig findet, wenn man 10 Jahre nach den vermeintlich problemlos überlebten Masern plötzlich eine SSPE (subakut sklerosierende Panenzephalitis) bekommt, an der mit 95%iger Wahrscheinlichkeit innerhalb weniger Monate bis Jahre stirbt und in der Zwischenzeit dement und bewegungsunfähig wird. Ja, Impfen birgt mögliche Risiken, das kann man nicht leugnen. Aber es ist eigentlich wahrscheinlicher, in einen Autounfall verwickelt zu werden – und trotzdem meidet man deshalb nicht gleich die Straße. Und dass wir Mediziner das Impfen so loben und mit Nachdruck empfehlen liegt mal ausnahmsweise nicht daran, dass wir (bzw. die Pharmafirmen) damit nur Geld verdienen wollen – durch das Ausbleiben der Erkrankungen schaden wir uns ja streng genommen. Studien über Impfungen sind teilweise schwierig, weil man oftmals im Vorhinein nicht genau weiß, was alles so in einem Individuum schlummert – und wenn Studienprobanden dann mit Autismus diagnostiziert werden, kann leider niemand sagen, was nun die Ursache war. Leider reicht aber oftmals eine einzelne schlechte Nachricht aus, um Paranoia zu schüren – wer bei Amazon über eine schlechte Beurteilung stolpert, denkt meist mehr drüber nach, als er oder sie es über gute Kommentare machen würde. Außerdem ist es auch schwierig, den Erfolg gut sichtbar zu machen, denn wer geimpft ist, wird (meistens) NICHT krank. Ganz schlaue Köpfe führen nun an, dass das ja nicht beweist, dass man vielleicht sogar ohnehin nicht krank geworden wäre, also man sich gar nicht hätte impfen müssen. Solchen Menschen kann ich nur wärmstens ans Herz legen, mal (ungeimpft, am besten gleich mit einer geimpften Person gemeinsam) in ein Tollwut- oder Masernendemie-Gebiet zu reisen. Beseitigt womöglich gleich zwei Probleme, diese sture Argumentationshaltung und die Person dahinter.
Kurz um: BITTE lasst euch impfen und schaut etwa alle 5-10 Jahre mal beim Arzt vorbei, ob etwas aufgefrischt werden muss
.

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