anjesagt

Anjesagtes, Appjefahr'nes und manchmal auch Ausjedachtes
Donnerstag, 10. September 2020
Impfen...
Gastbeitrag 5: Meine eigenen Überlegungen zum Thema Impfung – vielleicht ein wenig medizinisch gefärbt.

Ich tue mich wirklich schwer, die Gründe von Impfgegnern nachzuvollziehen. Wenn man keine Lust auf medizinische Maßnahmen hat, kann man das gerne sein lassen, soll dann aber bitte für sich leben und sich nicht beschweren. Wer Teil einer Gesellschaft, die bestimmte Regeln hat und viel dafür tut, es den Schwächeren/Benachteiligteren/XXX (mir fällt kein politisch korrektes Wort ein…) leicht zu machen, ohne große Einbußen am gesellschaftlichen Alltag teilzuhaben, sein möchte, sollte sich auch entsprechend verhalten. Wer sich nicht impft lebt möglicherweise gesund weiter, kann sich aber dennoch mit einem Erreger infizieren und ihn an Schwächere, die ggf. nicht erfolgreich geimpft werden können, weitergeben. Herdenimmunität sollte wohl jedem ein Begriff sein. Auch das Argument, dass man bestimmte Erkrankungen durchmachen muss im Leben, damit man daran „immunologisch“ wächst, ist meiner Meinung nach Unfug. Eine neue Studie hat gezeigt, dass die messbare Menge an Antikörpern im Blut nach einer Maserninfektion geringer ist, als noch vor der Erkrankung. Das heißt übersetzt, dass das bis dahin erworbene immunologische Gedächtnis teilweise zerstört wird. Eine Impfung hingegen schafft einen ähnlich guten Schutz, greift aber den sonstigen Schutz nicht an. Um beim Thema Masern zu bleiben: Ich selbst habe als Kind wenige Tage vor meinem eigenen Impftermin die Masern bekommen – geimpft wurde ich dagegen trotzdem noch (sind nämlich Kombi-Impfstoffe). Als ich dann gelernt habe, dass die weitaus tödlichere Folge der Masern eine bis zu 10 Jahre später auftretende Hirnentzündung ist, war ich etwas baff und musste erst mal panisch nachrechnen, wie lang es wohl bei mir her war. Ich denke, ich bin fein aus dem Schneider, und es ist auch eine wirklich extrem seltene Komplikation. Ich bin mir aber sicher, dass es niemand so lustig findet, wenn man 10 Jahre nach den vermeintlich problemlos überlebten Masern plötzlich eine SSPE (subakut sklerosierende Panenzephalitis) bekommt, an der mit 95%iger Wahrscheinlichkeit innerhalb weniger Monate bis Jahre stirbt und in der Zwischenzeit dement und bewegungsunfähig wird. Ja, Impfen birgt mögliche Risiken, das kann man nicht leugnen. Aber es ist eigentlich wahrscheinlicher, in einen Autounfall verwickelt zu werden – und trotzdem meidet man deshalb nicht gleich die Straße. Und dass wir Mediziner das Impfen so loben und mit Nachdruck empfehlen liegt mal ausnahmsweise nicht daran, dass wir (bzw. die Pharmafirmen) damit nur Geld verdienen wollen – durch das Ausbleiben der Erkrankungen schaden wir uns ja streng genommen. Studien über Impfungen sind teilweise schwierig, weil man oftmals im Vorhinein nicht genau weiß, was alles so in einem Individuum schlummert – und wenn Studienprobanden dann mit Autismus diagnostiziert werden, kann leider niemand sagen, was nun die Ursache war. Leider reicht aber oftmals eine einzelne schlechte Nachricht aus, um Paranoia zu schüren – wer bei Amazon über eine schlechte Beurteilung stolpert, denkt meist mehr drüber nach, als er oder sie es über gute Kommentare machen würde. Außerdem ist es auch schwierig, den Erfolg gut sichtbar zu machen, denn wer geimpft ist, wird (meistens) NICHT krank. Ganz schlaue Köpfe führen nun an, dass das ja nicht beweist, dass man vielleicht sogar ohnehin nicht krank geworden wäre, also man sich gar nicht hätte impfen müssen. Solchen Menschen kann ich nur wärmstens ans Herz legen, mal (ungeimpft, am besten gleich mit einer geimpften Person gemeinsam) in ein Tollwut- oder Masernendemie-Gebiet zu reisen. Beseitigt womöglich gleich zwei Probleme, diese sture Argumentationshaltung und die Person dahinter.
Kurz um: BITTE lasst euch impfen und schaut etwa alle 5-10 Jahre mal beim Arzt vorbei, ob etwas aufgefrischt werden muss
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Donnerstag, 9. Juli 2020
Wieso sind wir eigentlich gesund?
Moin und wieder ich, der hier mit medizinischen Themen unterhalten darf. Für dieses Mal habe ich mir das Immunsystem vorgenommen, bei der Menge an Störungen, Gefahren und Feinden denen unser Körper tagtäglich ausgesetzt ist, ist es eines der interessantesten, spannendsten und wichtigsten Systeme im Menschen.
Es beginnt bei äußeren, physikalischen Barrieren, die unser Körper gebildet hat. Dazu zählt vor allem die Haut, sie schützt unseren Körper vor dem Vertrocknen, vor dem Auskühlen oder Überhitzen und vor Keimen oder sonstigen Angreifern von Außen. Ich habe bereits einige Dinge aufgeführt, die über das streng „immunologische Verständnis“ von pathogenen (schädlichen) Dingen hinausgeht, die da wären Bakterien, Parasiten, Pilze, Viren und eigentlich auch Prionen*, vielleicht könnte man sogar Strahlung und „eigene“ Mutagenität, also sämtliche Faktoren, die zu Schäden am Erbgut führen, dazuzählen, da auch diese (Anm. d. R.: die Schäden) durch unser Immunsystem eliminiert werden (sollen). Was die Funktionen der Haut angeht, auch im Bezug auf Schutz, gibt es noch weitere Dinge, die man erwähnen kann, ich verweise dazu aber auf einen nächsten Beitrag. Ebenfalls werde ich die Schutzmechanismen des Körpers vor sonstigen Dingen nicht weiter erwähnen – wenn man es mal etwas zu ernst nimmt zählt nämlich auch der Stuhlgang zu einer Schutzfunktion des Körpers, in dem Fall vor dem Überlaufen…
*Prionen sind fehlgefaltete Proteine, etwas potentiell sehr schädliches und bislang noch wenig verstandenes. Musterbeispiel ist die Creutzfeld-Jakob-Krankheit, bei der nach Krankheitsbeginn innerhalb weniger Monate zunehmend das Gehirn ausfällt, was letztlich meistens tödlich endet. (Meistens, da es meiner Meinung nach bislang noch nicht 100%ig erwiesen ist, dass man ohne Gehirn nicht leben kann. Es tun nämlich offensichtlich sehr viele Menschen…)
Neben der Haut zählen die Wimpern, die Nasen- und Schamhaare, die Magensäure, die Schleimhäute mit speziellen Antikörpern und bestimmt noch einige andere Dinge, die mir grade nicht einfallen, zu den ersten immunologischen Barrieren des Körpers.
Wenn ein Schädling nun irgendwie in den Körper eingedrungen ist, muss er, je nach Art des Schädlings, an seinen „Bestimmungsort“ und sich dort entsprechend verbreiten. Der Körper reagiert darauf mit zwei Systemen. Zum einen das humorale („flüssige“, bestehend aus Botenstoffen, Antikörpern, etc.), was den Körper aktiviert, zu Fieber führt, Schwellung und Schleimproduktion anregt oder bestimmte Moleküle freisetzt, die vorbeugend vor Schäden oder aber schützend wirken, indem sie wichtige Nährstoffe des Schädlings binden. Außerdem unterstützt es massiv das zelluläre System, weil es weitere Immunzellen anlockt, die Bildung und Reifung von Immunzellen anheizt und bestimmte Regulationsmechanismen der Zellen moduliert. Das humorale System geht Hand in Hand mit dem zweiten, dem besagten zellulären System, was grob in unspezifisch und spezifisch unterschieden werden kann. Zum unspezifischen, dem angeborenen Immunsystem gehören einerseits alle Zellen, die vom humoralen System markierte Stoffe zerstören, sowie die Zellen, die mittels besonders gereifter Rezeptoren fremde Stoffe im Körper erkennen können. Diese Zellen besitzen die Fähigkeit, den fremden Stoff aufzunehmen und bestimmten Immunzellen, denen des spezifischen, erworbenen Immunsystems, zu präsentieren. Das setzt dann eine extrem schnelle Kettenreaktion in Gang, die den Schädling hochpotent bekämpfen kann. Bei einigen Erkrankungen verfügt der Körper über die Möglichkeit, Gedächtniszellen (ja, die heißen wirklich so) auszubilden, die teilweise ein Leben lang den spezifischen Abwehrmechanismus für diesen einen Schädling speichern und so erheblich zur Sicherheit des Körpers beitragen. Lymphknoten sind übrigens die „Stammkneipen“ der Immunzellen, hier findet viel des regen Kontakts zwischen unspezifisch und spezifisch und Gedächtniszelle statt.
Ein Teil des immunologischen Abwehrapparats beruht grob zusammengefasst auf einem kleinen Rezeptorsystem, dem Human Leucocyte Antigen (HLA). Es ist eine Art Ausweis der Zelle, ein höchst individueller Komplex, der dem Immunsystem zeigt, ob es auf eine körpereigene Zelle trifft oder nicht – ergo bildet jede Körperzelle einen solchen Rezeptor. Immunzellen werden bei ihrer Reifung trainiert, diese immer als ungefährlich zu registrieren. Eine defekte Zelle, sei es wegen eines Virus, Bakteriums oder wegen eines internen Fehlers, präsentiert üblicherweise einen fehlerhaften HLA-Komplex und wird dadurch zerstört. Gleichzeitig ist dies auch eine Grundlage für die Entstehung von Autoimmunerkrankungen, wo irgendwas bei der Differenzierung von Gut und Böse nicht richtig läuft.
Eine weitere wichtige Rezeptorfamilie fußt auf der Tatsache, dass Bakterien, Viren etc. nun mal eine andere Art von Zellaufbau besitzen. Bestimmte Strukturen kommen ausschließlich bei Bakterien vor, sobald diese innerhalb des Körpers erkannt werden, ist das ein klares Warnsignal.
Was mich immer wieder fasziniert ist das sensible Gleichgewicht, das unser Körper aufrechterhält. Bei jedem von uns machen zahlenmäßig Bakterien mehr aus, als „eigene“ Zellen – und das nicht, weil wir ein schlecht funktionierendes Immunsystem haben. Mit all diesen Bakterien leben wir in perfekter Symbiose – sie ernähren sich von toten Hautzellen oder irgendwelchen Nahrungsbestandteilen, mit denen wir eh nicht viel anfangen können, schützen uns dafür aber vor Besiedelung durch schlimme Keime oder produzieren „Abfallprodukte“, die wir gut gebrauchen können (z.B. Vitamin K). All diesen Bakterien greift unser Immunsystem nicht einfach stumpf an, sondern durch verschiedene, z.T. ungeklärte, Mechanismen herrscht hier wohlwollende Ruhe. Noch viel abgefahrener ist der Zustand in dem sich das Immunsystem befindet, wenn sein Frauchen schwanger wird. Ein genetisch fremder Parasit, der vom eigenen Körper lebt – und der soll nicht nur nicht angegriffen, sondern darüber hinaus ganz besonders gut beschützt werden. Immerhin ist das hardcore-biologisch gesehen die Hauptaufgabe eines Lebewesens. Eine meisterhafte Komposition aus Hormonen und weiteren, z.B. rein lokalen Botenstoffen, die hier dieses feinabgestimmte Gleichgewicht sicherstellen.
Sehr viel weiter möchte ich mich jetzt nicht verstricken, es ist zwar nur sehr grob, übersteigt aber langsam mein sicheres Wissen – trotz einer Forschungsarbeit in dem Gebiet muss ich mich jedes Mal neu einlesen, weil es einfach so unfassbar viel ist, was hier miteinander funktioniert und wichtig ist
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Montag, 1. Juni 2020
Reichtum
Es gibt viele schöne Dinge auf der Welt und es gibt viele schöne Gründe, die Welt zu mögen.
Wenn man sich als Mensch einen Zeitpunkt zum Existieren aussuchen dürfte, dann ist die Gegenwart sicherlich die beste Wahl.

Es gibt aber auch ein paar Sachen, die einen an der Gegenwart stören dürfen. Neben so langweiligen Dingen wie Rassismus oder Leukämie ist Reichtum eine dieser Sachen, zumindest denke ich das.

Damit meine ich nicht den langweiligen Reichtum den man schon als einer den ärmsten Bürger Deutschlands genießt. Ich meine auch nicht den Reichtum eines Beamten im höheren Dienst, ja nichtmal den eines von Deutschlands über einen Millionen Millionären.
Der perverse Reichtum von dem ich rede, der, der auf der Welt keinen Platz haben sollte, ist der von Milliardären.

Milliardäre sind auch fast nichts seltenes mehr. Es gibt anscheinend so viele davon, dass es sich gelohnt hat, einen Wikipedia Artikel über die US-Bundesstaaten zu machen, sortiert nach ihrer Anzahl an Milliardären.

Und die Häufung dieser Leute ist auch kein ausländisches Problem. Deutschland liegt auf Platz 3.

Es gibt so viele schöne Vergleiche für diese Art von Reichtum. Der reichste Mann der Welt hat sich von seiner Frau scheiden lassen (welche damit über Nacht zur viertreichsten Frau wurde) und blieb unangefochten auf Platz 1.

Platz 2 dagegen hat bisher eine Summe von 25% seines aktuellen Vermögens bereits gespendet und ist trotzdem auf Platz 2.
Bill Gates ist so unverschämt reich, dass er das gute letzte Jahrzehnt nicht nur nicht versucht hat, kein Geld zu verdienen, er hat sogar versucht, es loszuwerden - und ist trotzdem reicher geworden.

Wenn Platz 1 oder Platz 2 jede Sekunde eine Millionen Dollar verschenken würden, dann hätten sie nach einem Tag immer noch jeweils über 10 Milliarden Dollar.

Wenn die 50% reichsten US-Milliardäre jeweils nur eine Milliarde verteilen würden, dann gäbe es die Statistik „70% der Amerikaner haben weniger als 1000$ Bargeld“ nicht.

Es ist tatsächlich noch krasser: Forbes nimmt an, dass alle Milliardäre zusammen knapp 8 Billionen Dollar besitzen. Würden sie ihr gesamtes Vermögen verteilen dann gäbe es die Statistik „(...) hat weniger als 1000$ Bargeld“ nicht.
Die Zahl ist laut Forbes übrigens aktuell, dh., der Aktienmarktcrash durch Corona ist schon subtrahiert worden.

Man kann mit diesen Zahlen viel Spaß haben, sich ganz utopische Vergleiche raussuchen. Aber hängen bleibt bei mir, dass die Linken kein Gespenst oder Mythos jagen, wenn sie sagen, dass Superreichtum unfair ist.
Eine Gesellschaft der Menschheit, die zulässt, dass Leute ein so absurdes Vermögen anhäufen, bleibt hinter ihren Möglichkeiten zurück.




*Zahlen sind so zusammengesucht, hauptsächlich Forbes. Und ja, mir ist bewusst, dass makroökonomisch oder so betrachtet diese Vergleiche hinken. Wertlos macht sie das allerdings nicht. Die Größenordnung, denke ich, stimmt

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Mittwoch, 22. April 2020
Von Knochen, Muskeln und Bändern...
Wieder darf ich die Er- und Befüllungsaufgabe des Blogs übernehmen - Mutter ist eingeschlafen. Leider habe ich dieses Mal ein Thema parat, was ich selbst zwar faszinierend, aber letztlich doch recht banal und langweilig finde – es wird also ein eher kurzer Beitrag. Und zwar soll es dieses Mal vom Bewegungsapparat handeln, also das Gerüst, was aus all den Organen eigentlich erst etwas sinnvolles macht. Das wichtigste theoretische Fach dahinter ist die Physik – insbesondere die Hebelwirkung. Leider stehe ich bei der Physik seit Lebzeiten immer wieder auf dem Schlauch, ich denke ich werde bis an mein Lebensende nicht wirklich begreifen, wieso ein Stück geformtes Metall, was deutlich mehr wiegt als ich, einfach so fliegen kann. Aber anderes Thema.
Das Skelett besteht als etwas mehr als 200 Knochen - der größte ist der Oberschenkelknochen, der kleinste ein Teil der Gehörknöchelchenkette, der wichtigste wohl der Schädel (der aus mehreren Anteilen besteht), wobei man hier schon mit Streitereien beginnen kann. Aus neurologischer Sicht ist wohl der Schädel der wichtigste, schützt er doch unser zentrales Organ, das Gehirn. Genauso schützt aber auch die Wirbelsäule unser Knochenmark (was letztlich nur eine Verlängerung des Hirns ist), sie ist aber auch essentieller Teil unserer Stabilität im Stehen. Hierfür ist wiederum das Becken elementar, was das Gewicht des Oberkörpers gleichmäßig auf die Beine überträgt. Von diesem Standpunkt aus sind auch die Beine, oder sogar die Füße unerlässlich - wobei andersrum man ohne Arme und Hände auch extrem blöde rumstünde... Und dann ist da noch der Brustkorb, ein komplex stabil-biegsames Konstrukt, was Herz, Lunge (und Leber und Milz) schützt, aber gleichzeitig auch ständige atmungsbedingte Bewegungen aushalten (und mitmachen) muss. Spannend ist die recht hohe Ähnlichkeit des Aufbaus von Armen und Beinen, bei Tieren handelt es sich ohnehin um funktional kaum unterscheidbare Extremitäten (so nennen wir Mediziner Arme und Beine in Summe). Während offensichtlich das Ende dann anders aufgebaut ist (dennoch gibt es auch gewisse Ähnlichkeiten zwischen Hand- und Fußwurzel), unterscheidet sich (auch bei Tieren!) vor allem die Aufhängung. Unten liegt der Oberschenkelknochen im massiven Becken, oben liegt ein mehrknöchiger Halbring um/auf dem Brustkorb (= Schulter), an dem wiederum der Arm befestigt ist.

Gelenke erfüllen eine Meisterleistung zwischen Stabilität und Flexibilität. So entstehen komplizierte Gebilde wie die Hand- oder Fußwurzelknochen, die durch viele Einzelteile eine abfedernde und kraft-leitende Komponente erfüllen. Ein recht interessantes Ergebnis evolutionärer Tüftelei ist das Schultergelenk – keines sonst hat einen so riesigen Bewegungsspielraum. Es haben hauptsächlich Muskeln und dehnbare Bänder und Knorpel den Aufbau übernommen, was zur Folge hat, dass sich hier die häufigsten Luxationen (also das Herausspringen eines Knochens aus seiner Position im Gelenk) ereignen. Im Gegensatz dazu setzt die Hüfte viel stärker auf Stabilität und hat deutlich mehr knöchernen Gelenksanteil. Das Lieblingsgelenk meines Anatomieprofessors ist das Kopf-Hals-Gelenk. Es ist strenggenommen eine Hintereinanderschaltung der Halswirbelgelenke, die die recht weite Bewegungsfreiheit unseres Kopfes ermöglichen (und kombiniert mit der automatisierten Objektverfolgung beim Sehen ähnliche Leistung vollbringt wie der Leopard 2-Panzer, der wohl einer der ersten war, der einen hydraulischen Kanonenturm hatte – zumindest laut Anekdote eben dieses Anatomieprofessors…). Innerhalb der Halswirbel liegt gut geschützt das Rückenmark – die Verbindung zwischen Kopf und Körper. Bänder sind hauptsächlich stabilisierende Gerüste um Gelenke herum, teilweise werden sie darin durch Muskeln unterstützt.
Muskeln sind etwas Faszinierendes – wie allein auf der Basis biochemischer Vorgänge ein solch kräftiges Potential entsteht scheint unglaublich. Muskeln vereinigen sich zumeist in Sehnen, die wiederum fest mit einem Knochen verbunden sind. Teilweise ziehen sie über eine Hebelrolle, wodurch eine Überleitung der Kraft ermöglicht wird. Bestes Beispiel hierfür ist die Kniescheibe, sie übertragt vor allem die Kraft des großen Oberschenkelmuskels auf den Unterschenkel, um ihn auf in geknickter Position noch strecken zu können. Der Zungenmuskel ist (abgesehen von Ringmuskeln) der einzige Muskel, der nirgends ansetzt. Mein persönlicher Liebling ist der „Musculus sternocleidomastoideus“, allein deshalb, weil ihn wahrscheinlich niemand hier richtig aussprechen kann. Er sitzt gut sichtbar seitlich am Hals und zieht vom Schlüsselbein zum Hinterkopf und ist an der Drehung des Kopfes in die jeweils andere Richtung* beteiligt.
*Also der M. sternocleidomastoideus auf der rechten Seite bewirkt bei seinem Zusammenziehen eine Drehung des Kopfes sodass man nach links schaut.

Neben den willkürlich bewegbaren Muskeln gibt es eine Vielzahl an vollkommen unbewusst gesteuerten Muskeln, neben den Schließmuskeln von Harnröhre und Anus sind dies die Muskeln in Gefäßen sowie das Herz, teilweise unbewusst gesteuert werden sämtliche Stabilisierungsmuskeln, v.a. im Bauch und Rücken, sowie die Atemmuskulatur. Wenn man es ganz genau nimmt, wird bei so gut wie jeder Bewegung „unbewusst“ auch irgendwas anderes gesteuert, sei es, weil verschiedene Muskeln für eine Bewegung kongruent miteinander aktiviert, oder aber weil die gegenseitigen Muskeln gehemmt werden müssen.
Na, schau, so ganz kurz ist der Beitrag nun doch nicht - und hoffentlich auch nicht so langweilig, wie ich die medizinischen Fächer dahinter finde...
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Samstag, 15. Februar 2020
Wie zieht man um?
Achtung, dies ist ein Gastbeitrag.
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Heute war Valentinstag. Was macht man an Valentinstag? Man fährt natürlich nach FadO (Frankfurt an der Oder, so nennen die nicht-locals das) und kauft Lampen.

Ich fuhr also zum Lichthaus. Das liegt zwar 100km entfernt (einfache Richtung), hat aber Ausverkauf (genereller Trend, dass Innenstädte in Ostgemeinden veröden, nehme ich an) und deshalb 50% Rabatt auf alles.

Man lief also herum und schaute sich Lampen an, in allen Formen, Größen und Ausführungen. Stehlampen, Deckenlampen, Tischlampen (und eine Popcornmaschine) - es gab also sehr viele Lampen.

Am Ende wurde sich für eine oder zwei Lampen entschieden (Summe 90+€, mit Glühbirnen und Rabatt) und wieder nach Hause gefahren.

Ich weiß ja nicht, wie es anderen Leuten geht, aber ich finde 90€ für Lampen viel. Insbesondere finde ich 90€ für Lampen viel, wenn man regelmäßig seinen Dispo verwendet, keiner zusätzlichen Arbeit nachgeht und im Rahmen des Umzugs noch so Dinge kaufen muss wie Waschmaschinen, Trockner oder Schreibtischstühle. Ich kann verstehen, wenn solche Objekte in der Priorität hinter Lampen zurückstehen, aber ich werde es mir nicht nehmen lassen, zu sagen, dass ich das wirklich gar nicht verstehe.

Mein Verständnis war folgendes: Die Lichtquelle im Zimmer war voll funktionsfähig, es besteht also kein direkter Bedarf an einer Lampe per se, sondern eher an einem Lampenschirm. Der verändert sicherlich auch die Lichtausbreitung, jedoch unterstelle ich einfach mal, dass es hierbei doch eher um den dekorativen Aspekt hinterm Lampenschirm geht.
Deko ist (weitere Unterstellung) Luxus.
Und Luxus ist, für mich zumindest, definitionsgemäß etwas, was niederrangige Priorität hat.

Ich möchte nochmal den Gesamteindruck zusammenfassen: Das Zimmer ist noch nicht vollständig eingeräumt, es fehlt ein Bettgestell, die Gardinen sind behelfsmäßig noch Tücher die zwischen Fenster und -rahmen geklemmt wurden, der (viel zu niedrige) Schreibtisch hat keinen Stuhl wofür allerdings als Ausgleich ein Stuhl mitten im Zimmer steht und als Ablage dient.
Es wurden bisher keine Bilder oder Ähnliches aufgehangen und im Zentrum von Raum ist eine große Freifläche, welche ich persönlich mit einem Teppich belegen würde. Nicht nur, weil ich Teppich schick finde, sondern auch weil der splittrige Ranzparkettboden Holzfußboden mit Altbaucharme gewisse haptische Mängel aufweist.
Achja, und ein Fenster ist kaputt.

Angesichts all dem macht man sich trotzdem die Mühe, 200km in der Zone rumzugurken um dann in einem Laden, wo man 50 Minuten verbracht hat (waren etwas spät dran und der schließt um 18 Uhr) sich dann zwei überteuerte Lampen auszusuchen. Aber sie waren ja reduziert.

Ich finde es idiotisch. Ich fand auch die Lampen nicht schön, aber das war nicht wirklich mein Punkt. Der Prozess des Aussuchens erschließt sich mir nicht. Ich finde ihn ganz und gar unlogisch.

Und dann musste ich daran denken, dass ich meine eigene Wohnung hässlich und ungemütlich finde und mir selber Ausreden vorschiebe, statt einfach was zu ändern. Kann es also sein, dass ich am Ende falsch liege
?

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Donnerstag, 6. Februar 2020
Wie wird eigentlich Pipi gemacht?
Und wieder darf ich hier einen Beitrag liefern – ich hoffe, dass mein erster Text unterhaltsam war und der folgende gut daran anschließen kann.
Ich möchte dieses Mal die Nieren erklären und weil sie oftmals nur unter einer Funktion – nämlich der des Blutfilters – bekannt sind, beginne ich direkt mit einer weiteren der vielseitigen Nieren: der Blutdruckregulation. An sich hängt diese Funktion mit der Filterfunktion zusammen, ist aber mit weitreichenden Konsequenzen für den Körper verbunden. Denn nur mit einem ausreichend großem Filterdruck ist gleichzeitig auch der ausreichend gute Druck für die Durchblutung sämtlicher Bereiche gegeben. Das ist etwas zu weit gegriffen – leider gibt es noch viele weitere Faktoren, die den Blutdruck betreffen, sodass diese schlichte Kausalität viel zu vereinfachend ist. Dennoch zeigt sie, dass nicht etwa das Herz für den Blutdruck „verantwortlich“ ist, sondern eben vor allem die Niere hier den Ton angibt. Klar, das Herz „produziert“ den Druck (auch das ist zu vereinfachend, die Anspannung der Gefäßmuskeln ist ebenso wichtig), aber wie viel Flüssigkeit gepumpt wird, wird von der Niere reguliert.
Der Filter der Niere funktioniert tatsächlich wie man sich einen Filter vorstellt. Ganz, ganz feine Poren lassen bestimmte Stoffe im Blut durch, andere halten sie zurück. Allen voran Zellen, die logischerweise im Blut gehalten werden sollen. Aber auch einige größere Moleküle, die meistens gezielt vom Körper produziert werden und so eben auch wichtig sind, können den Filter nicht überwinden. Die „Poren“ werden durch „Podozyten“ gebildet – und wer hier einen lateinischen Wortstamm erkennt, liegt richtig: die „Füße“ der Zellen bilden ein feines Netz. Wasser tritt recht ungehindert durch diesen Filter hindurch – gäbe es den sämtlichen Rest der Niere nicht, müssten wir täglich knapp 200 Liter trinken, um den Verlust auszugleichen. Der sogenannte Primärharn fließt nun aber durch ein langes Röhrensystem, in dem nach und nach etwa 99% der Flüssigkeit zurückgeholt werden. Dies geschieht durch ein ausgeklügeltes Ionenkanal*-System, womit die Niere eine weitere wichtige Funktion des Körpers erfüllt: Die Regulation des Salzhaushalts. Wie viel Natrium, Calcium, etc. im Blut rumschwimmen ist ungefähr so wichtig wie die Menge an Sauerstoff, die darin gelöst ist. Die Weiterleitung von Signalen in Nervenzellen hängt stark von diesen äußeren Konzentrationen ab, Störungen können z.B. zu Krämpfen oder Herzrhythmusstörungen führen. Spannend ist an dieser Stelle die Tatsache, dass die Konzentration an Salzen im Blut ganz grob der von einfachem Meerwasser entspricht – ob das wohl ein Hinweis darauf ist, dass das Leben einmal im Meer entstanden ist?
*Ionen sind geladene Atome (vor allem Natrium Na+ und Chlor Cl-, NaCl=Natriumchlorid=„Salz“), die einerseits für die Bildung des Spannungspotentials (=elektrischer Ladungsunterschied zwischen innen und außen an einer Membran) von Zellen (das wiederum wichtig für die o.g. Signalweiterleitung ist), andererseits aber auch für einen gewissen Teil der osmotischen (=wasserziehenden) Wirkung des Blutes verantwortlich und wichtig sind. Letzteres erklärt auch den Zusammenhang zwischen Salzkonsum und Bluthochdruck…
Am Ende entsteht Urin, ein mehr oder weniger (je nachdem, wie viel wir trinken, oder ob wir schlafen) konzentriertes Ausscheidungsprodukt unseres Körpers. Neben dem Stuhl und unserem Atem ist er die wichtigste Möglichkeit, nicht mehr benötigte, überflüssige oder gar schädliche Stoffe loszuwerden. Harn ist normalerweise steril, also bakterienfrei, da er ja strenggenommen nur gefiltertes Blut ist.
„Harnstoff“ wird in der Leber gebildet und ist entgiftetes Ammoniak,
also ein Stoffwechselprodukt des Körpers. Es ist eine harnpflichtige Substanz und muss folglich über die Niere ausgeschieden werden, spielt aber innerhalb der Niere eine wichtige Rolle für die Klärfunktion, indem es einen osmolaren Gradienten (einen Unterschied des „wasserziehenden Drucks“ zwischen Nierengewebe und Röhrensystem mit Harn) aufbaut.
„Harnsäure“ ist ebenfalls ein Stoffwechselprodukt, entsteht verwirrenderweise aber aus einem anderen Stoffwechselweg als Harnstoff, nämlich dem Abbau von Purinen (Bestandteil von DNA, v.a. tierischer). Harnsäure bildet, wenn in zu hoher Konzentration vorhanden, schwerlösliche Kristalle – das führt in Gelenken zu Gicht und in der Niere zu Nierensteinen.
Die Niere ist noch in weitere Funktionskreisläufe des Körpers eingebunden, was sich v.a. dadurch bemerkbar macht, dass man plötzlich eine ganze Palette an Medikamenten braucht, wenn man „nur“ nierenkrank ist.
An die Nieren schließt sich das medizinisch auch sehr interessante** Harnwegssystem an, bestehend aus den Harnleitern (die beiden Verbindungen zwischen den Nieren und Blase), der Harnblase und der Harnröhre (die bei Frauen kurze und bei Männern mehr oder weniger lange Strecke von der Blase zur Außenwelt); für den einfachen Nichtmediziner ist es aber eigentlich nur ein lustiges Sammel- und Transportsystem für Pipi. Lustig daher, weil der davon ausgehende Harndrang oft absolut nicht nachvollziehbar ist und mich tagtäglich verdutzt, bzw. nervt.
**Medizinisch interessant ist es, weil die äußere Schicht, vom Urin aus gesehen die innere, einen sehr eigenen Aufbau aufweist, da er sämtliche Rückresorption verhindert (so gut wie jedes Organ steht sonst irgendwie mit angrenzen Sachen in Kontakt). Außerdem gibt es in der Harnblase ein kompliziertes Nervengeflecht – ich rede Ungern darüber, da es mich in einer Anatomieprüfung sehr genervt (Wortwitz…) hat; verdammt, das ist ein scheiß dummer Hohlmuskel wo Pipi drin gelagert wird, bis man es eben rauslassen kann, wieso muss ich das lernen?! – was je nach Spannungszustand*** des Körpers den Harndrang verstärkt oder vermindert.
***Und erneut geht es um Neurophysiologie, ich meine wieder die Anspannung die ein Lebewesen automatisch erfährt, wenn es Gefahr ausmacht. Näheres dazu, wenn der entsprechende Beitrag kommt, hier jetzt ganz kurz, weil der Platz es diesmal zulässt: Der gesamte Körper wird autonom, d.h. ohne größeren Einfluss unseres aktiven Bewusstseins, kontrolliert. Ein „alert-Zustand“ des Körpers (Gefahr, Stress, Jagd, etc.) führt automatische Anpassungen in sämtlichen Organsystemen durch, sodass alles, was eigentlich pausiert werden kann, auch reduziert wird.

Mir fällt langsam auf, wie schwierig es ist, die Dinge so zu erklären, dass sie jemand vollkommen fachfremdes begreift. Nicht, weil es so unfassbar kompliziert ist, sondern vor allem weil mir durch die sechs Jahre Medizinstudium ein normales Deutsch schon fast abtrainiert wurde… Ich hoffe aber, es gelingt mir dennoch – das recht häufige Verwenden der Anje’schen Fußnoten spricht ja Bände…

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Donnerstag, 26. Dezember 2019
How to: Verdauung.
Der Körper ist ein wahnsinnig faszinierendes Wunder. Wenn man sich mal damit beschäftigt und lernt, was alles so falsch laufen kann, merkt man erst einmal, wie froh die meisten von uns sein sollten, dass eigentlich der Großteil weitestgehend gut funktioniert. Eine kleine, winzige Änderung in der DNA – wir reden hier von den Bauteilen A, T, C, G – an einer falschen Stelle kann bewirken, dass der Körper „falsch“ oder im Zweifel auch gar nicht funktioniert.
Diese Erkenntnis hatte ich schon früh im Biologie-Unterricht während der Schule, viele weitere, die meine Faszination für dieses Wunderwerk nur befeuern, habe ich dann im Studium erlangt. Mir ist dabei auch aufgefallen, dass ein Großteil des Studiums daraus besteht, eine eigene Sprache zu lernen, sodass der „einfache Pöbel“ nicht mehr versteht, worum es geht.
So kam mir die Idee, ein paar Texte über die verschiedenen Organsysteme im Körper zu schreiben, einerseits um mal zu erfahren, ob ich gut darin bin; andererseits aber auch als Geschenk für meine Mutter, die sie als Notfalllösung für ihren Blog nutzen kann. Sie hat mir mal erklärt, dass ich wohl recht begabt darin sei, Dinge verständlich zu erklären – das hat sie (bzw. ihre Leser…) jetzt also davon.

Das Verdauungssystem ist strenggenommen nur ein großer langer Schlauch, der sich durch den Körper zieht, – jeder kennt den Witz „Wenn zwei sich küssen, entsteht eigentlich nur eine Röhre mit zwei Arschlöchern am Ende“ – und mittels Muskelbewegungen Nahrung aufnimmt, zerkleinert, zerlegt, mit Speichel versetzt und den Rest dann am Ende zusammen mit Stoffwechselabbauprodukten nach draußen befördert. Das Ganze dauert durchschnittlich ein bis drei Tage, wobei der längste Weg (bis zum Dickdarm) meist schon nach etwa 10 Stunden zurückgelegt ist. Die größte Varianz ergibt sich durch die unterschiedlich lange „Verweilzeit“ im Enddarm, also den 20 Zentimetern kurz vor’m Poloch. Ich glaube jeder weiß, wie lange man zur Not zurückhalten kann…
Mund, Speiseröhre (Ösophagus) und Magen (Gaster) werden innerhalb der ersten drei Stunden passiert. Im Magen herrscht ein saures Milieu, was einerseits eine erste immunologische Barriere ist, da hier Bakterien größtenteils eliminiert werden. Andererseits zersetzt die Säure die Nahrung und trägt so gemeinsam mit den Verdauungsenzymen* im Speichel zur Aufnahme der Nährstoffe bei.
*Praktische Übung: Wenn man Weißbrot lange im Mund kaut, schmeckt es irgendwann süß. Denn der Speichel spaltet die Kohlenhydrate des Brots, sodass schrittweise u.a. Glucose, der wichtigste Baustein von normalem Zucker, entsteht. Glucose kann nicht nur geschmeckt werden (der „gute“ Geschmack ist ein Anreizsystem des Körpers, denn Glucose ist ein wunderbarer Energielieferant), sondern auch besser von den Darmzellen aufgenommen werden.

Ein Schließmuskel am Magenausgang schleust nach und nach den Mageninhalt in den Darm (Intestinum), so wird nicht nur garantiert, dass der Aufenthalt im Magen ausreichend lang ist, sondern auch sichergestellt, dass nicht zu viel saurer Magensaft gleichzeitig in den – dagegen schutzlosen – Darm gelangt. Es folgt der erste Abschnitt des Dünndarms, das etwa zwölffinger-lange Duodenum, wo gleich zu Beginn ordentlich Bauchspeichel der sauren Magensuppe beigemengt wird. Bauchspeichel ist basisch, neutralisiert also die Säure. Der Brei wandert mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von etwa 0,0006 km/h (ca. 7 Stunden für ca. 4 Meter) weiter, während in einer nun relativ pH-neutralen Umgebung die dadurch aktivierten Verdauungsenzyme wunderbar arbeiten können. Im Dickdarm wird das restliche, unverdauliche Etwas dann entwässert und somit komprimiert, sodass es in der Ampulle des Enddarms (≙Mastdarm≙Rektum) gespeichert werden kann. In den letzten Zentimetern vor dem finalen Schließmuskel besitzt jeder von uns mehrere Ringmuskeln, die nicht nur ausreichend dichthalten, sondern auch in der Lage sind, nicht-festen Inhalt zu erkennen, was uns letztlich ermöglicht, einen einfachen Furz von einer größeren Aktion zu unterscheiden. Glücklicherweise haben wir Menschen an den äußersten Ringmuskeln eine willentliche Innervation, sodass wir uns nicht automatisch entleeren, wenn Druck und Entspannung gleichzeitig** da sind.
**Ich muss selber etwas schmunzeln - mit Druck meine ich hier die Füllung des Enddarms und mit Entspannung den Zustand, in dem sich ein Lebewesen nervlich befindet, wenn kein Feind oder eine sonstige Gefahr da ist. Um mich jetzt nicht in einem meiner Lieblingsthemen, der Neurophysiologie, zu verlieren, breche ich den Exkurs an dieser Stelle knallhart ab. Wie unser Nervensystem aufgebaut ist, erkläre ich hier, sobald meine Mutter wieder zu beschäftigt/faul ist, etwas Eigenes zu veröffentlichen.
Alles, was im Magen oder Darm von den Zellen aufgenommen und an das Blut abgegeben wird, wird zur Leber geschleust. Dieses „Pfortadersystem“ ist überlebenswichtig, da die unzähligen Bakterien im Darm bei der Zersetzung der Nahrung neben einigen nützlichen Stoffwechselprodukten auch viel Ammoniak und sonstige Gifte produzieren, die unser Darm leider auch aufnimmt. Die Entgiftungsfunktion der Leber ist wohlbekannt, ich denke ich brauche hierüber nicht viele Worte verlieren. Sie speichert außerdem Glucose, indem sie sie wieder langkettig vernetzt, stellt einen Teil des Bauchspeichels*** her, reguliert den Fetthaushalt im Blut (bzw. versucht es…) und produziert wichtige Stoffe und Faktoren für unser Immun- und Gerinnungssystem. Ich trage mit dieser kurzen Aufzählung der Wichtigkeit der Leber kaum Rechnung – dass sie sich selbst regenerieren kann, eine gewisse immunologische Toleranz**** ausbildet usw. macht sie nur interessanter. Der Einfachheit halber belasse ich es aber bei diesen kurzen Ausführungen – ein grobes Bild sollte dadurch geschaffen sein.
***Ich habe die Bauchspeicheldrüse (das (sic!) Pankreas) bislang nicht erwähnt, ihre Funktion ist durch den Namen schon weitestgehend erklärt. Außer dem „nach außen“ (=exokrin) gespuckten Bauchspeichel produziert die Drüse aber auch einige ins Blut (=endokrin) abgegebene Stoffe, allen vorweg Insulin. Ganz grob zusammengefasst ist die Regulation hier ziemlich einfach: Glucose im Blut hoch = Insulinausschüttung; Glucose niedrig = Glucagonausschüttung (regt die Leber an, die gespeicherten Glucoseketten wieder aufzulösen). Sorry, sehr viel mehr ist das nicht – Diabetes (eigentlich Diabetes mellitus) ist entweder eine „angeborene“ Störung bei der Sekretion (die dafür zuständigen Zellen werden autoimmunologisch zerstört) oder aber eine „erworbene“ Resistenz gegen Insulin.
****Man muss hier im Hinterkopf behalten, dass in der Leber tausend verschiedene Stoffe – darunter einige Gifte – verarbeitet werden. Wenn unser Immunsystem hier direkt anspringen würde, wäre das blöd, ergo ist das Immunsystem innerhalb der Leber etwas gedämpfter. Zeigt sich in der Praxis durch die vergleichsweise niedrige Anzahl an Abstoßungsreaktionen bei Lebertransplantationen.


Mediziner sprechen manchmal von einem dritten Blutkreislauf, gemeint ist damit neben dem Lungen- und Körperkreislauf das besagte Pfortadersystem. Die Leberzellen entgiften und regulieren also das eintreffende Blut und geben es in die „untere Hohlvene“ (Vena cava inferior) ab, die wiederum das verbrauchte Blut aus den Beinen und Beckenorganen (ich zähle neben der Blase, der Gebärmutter/Prostata und den Eier(stöcke)n auch einfach mal die Nieren und Nebennieren dazu…) führt. Ab dem Einmünden der Lebervenen ist der Weg zum Herz übrigens nicht mehr lang, die Leber liegt zu einem Großteil nämlich gut geschützt hinter dem Brustkorb und gar nicht so weit im Bauch.
Und so endet die sehr grobe Ausführung über unser Verdauungssystem nach inzwischen viel mehr Text als ich dachte; und das obwohl ich über einige spannende Dinge kein Wort verloren habe, wie z.B. die Tatsache, dass der lange Schlauch durch ein riesiges eigenes Netzwerk koordiniert wird, was aus mehr Nervenzellen besteht als unser Rückenmark
.

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Donnerstag, 19. Dezember 2019
Träume
Kurze Info vorm Start: Dieser Beitrag hieß eben noch „Platzhalter“. Ich hab mir natürlich den Blogger-Geheimtrick zunutze gemacht, dass das Bearbeiten eines Beitrags den Zeitstempel nicht ändert. Sehr schlau kam ich mir da vor, so denkt meine Mutter, ich hätte das pflichtbewusst gestern (heute?) geschrieben, obwohl ich faule Sau das (wie sie es öfters tut) vor mir herschiebe.
Als ich ihn dann bearbeiten/schreiben wollte, bemerkte ich einen um eine Stunde älteren Beitrag: „Platzhalter - veröffentlicht von anje“.
Nennt man das schon Verwandtschaft?

——

Ich träume. Das ist eine Sache, wo die Genetik anscheinend nicht allentscheidend ist, denn meine Mutter träumt bekanntlich nicht.
Aber ich träume.

Träume sind ein, irgendwie, bescheuertes Thema für Texte und Unterhaltungen. Man versucht Fiktion in den sinnstiftenden Mantel der Realität zu kleiden (denn sonst wäre die Erzählung jeden Traumes gleichbedeutend mit einer spontan erdachten Märchenstunde), ohne, dass der Andere die gleiche Realität erlebt hat.
Man könnte alles erzählen, für den Zuhörer wäre es prinzipiell immer gleich bedeutsam.
In der Hinsicht sind Träume übrigens der Astronomie nicht unähnlich.

Zurück zum Punkt. Ich träume.
Neulich träumte ich, ich wäre in der Schule (zugegeben, nicht entsetzlich weit weg von meinen Lebensumständen).
Rückblickend belastet mich die Detailtreue, mit welcher sich mein Kopf die Szenerie zusammengebastelt hat.
Ich saß in irgendeinem beliebigen Raum, an den Wänden hingen Zeichnungen und Steckbriefe der Erstklässler, die dort ihren Klassenraum hatten.
Der Beamer funktionierte nicht, stattdessen strahlte ein Overhead-Projektor die verdreckte Oberfläche seiner Glasplatte an die Wand.
Eine Lehrerin gab Unterricht. Sie trug eine Bluse mit Blümchenmuster in diesem beige.
Ein Schüler neben mir quatschte, statt zuzuhören, weswegen sie sich (versuchte) vor uns aufzubauen, um dann Jugendwörter zu benutzen, die in ihrem Kopf wahrscheinlich U20 klangen, leider schon hoffnungslos veraltet waren.

Träume haben die Besonderheit, dass sie Emotionen erzeugen können, genauso, wie ein Regisseur den künstlichen Regen oder einen Scheinwerfer anschalten kann.
Und die Emotionen, die da abgerufen wurden...Am ehesten trifft es die Beschreibung, dass man gefangen ist, aber der Entzug der Freiheit gar nicht das schlimme ist, sondern die Tatsache, dass es einfach entsetzlich überflüssig ist, dort zu sein, wo man ist.
Und man muss es trotzdem.

——

Gibt es eine Moral für diese Erzählung? Ein Fazit, das sich gemachte Gedanke präsentiert?
Ich glaube nicht.
Nur, dass es wirklich sehr, sehr schlimm gewesen sein kann, Schüler zu sein.

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Freitag, 8. November 2019
Ideenlos
Manchmal werde ich gefragt, ob ich hier nicht etwas schreiben könne.
Die meisten Leser dieses Blogs, die nicht Teil des Lebens von AnJe sind, ärgern sich dann wahrscheinlich ein bisschen. Da wartet man schon den ganzen Tag und fragt sich und freut sich, was diese Bloggerin denn heute verrücktes gemacht erlebt gesagt hat und dann schreibt da irgendsoein Mensch. Selbst die „Quick and Dirty, ich poste nur was, damit hier jeden Tag was steht“-Einträge sind ja noch besser, die zeigen ja wenigstens noch Motivation, hier nichts versanden zu lassen.

Jedenfalls, heute wurde ich gefragt, ich nahm natürlich an. Manchmal hatte ich eine Idee, was ich schreiben könnte, manchmal gibt es genug Zeit, dass mir was einfällt, manchmal und heute ist es einfach nur die Deadline, die eingehalten werden muss und eingehalten wird sie, verdammt.

Ich schreibe also darüber dass mir nichts einfällt. Das könnte man schon als Standardthema für diesen Blog bezeichnen, nicht nur, weil das bei der Frequenz der Beiträge nicht ausbleibt, sondern auch, weil oft irgendwie nichts rauskommt.

Wobei das natürlich unfair ist. Es ist nämlich nicht so, dass da keine Ideen wären, wie dann auch stets gesagt wird. Es ist so, dass die Ideen sich weigern, weiter ausgesponnen zu werden.

Und wenn man dann mit Zwang etwas mehr schreiben möchte als drei Absätze, fühlt man sich erinnert an den Spruch „Ist dir das grade eingefallen? - Nein, ich dachte es mir aus“.

Aber solange das Spiel hier weitergeht, wird auch ein Posting wie dieses ausreichen

müssen.

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Freitag, 20. September 2019
It gets easier
Da meine Frau Mutter heute nicht verfügbar ist, übernehme ich wohl den Eintrag des Tages.

Als Thema nehme ich etwas, was mich seit ein paar Tagen wieder, aber wahrscheinlich alle Menschen generell immer betrifft: Wie geht man mit dem inneren Schweinehund um?

Ich habe in meinem Leben sicherlich noch nicht viele Methoden diesbezüglich ausprobiert, liegt halt auch daran, dass ich noch nicht so viel Leben habe, aber ich versuche seit, (erst) einer Woche einen neuen Ansatz aus: Jeden Tag eine halbe Stunde.

Die Motivation dafür ist mir durch das Staffelfinale der zweiten Staffel „Bojack Horseman“ gekommen, eine moderne Cartoon-Serie, in der ein anthroposophische anthropomorphes, depressives Pferd versucht, sein Leben auf die Reihe zu bekommen.
In dem Clip versucht sich das Pferd am Joggen, nur um nach dem ersten Hügel zusammenzubrechen. Während es dann da so liegt und schon damit abgeschlossne hat und nie wieder joggen will, kommt ein Affe und sagt:

"It gets easier. Everyday, it gets a little easier. But you’ve got to do it everyday - that’s the hard part. But it does get easier." Worauf das Pferd antwortet: „OK."


Das Prinzip ist denkbar einfach: Man sucht sich etwas aus, ist egal was. Es muss nicht unbedingt etwas sein, was man wirklich von Herzen gerne tut oder tun möchte, es kann auch etwas sein, was man einfach tun sollte. Und dann nimmt man sich das vor und man wird jeden Tag eine halbe Stunde etwas dafür tun. Nur eine halbe Stunde. Das ist nix, das ist ein Klacks. Ein Achtundvierzigstel des Tages, zehnmal Zähneputzen, zweimal Nudeln kochen, einmal NDR-Doku schauen. Jeder hat in seinem Tag Zeit, um eine halbe Stunde etwas konzentriert zu tun und jeder hat Kraft, um eine halbe Stunde etwas konzentriert zu tun, davon bin ich fest überzeugt.

Und wenn man das nicht so ordentlich macht und nicht so viel schafft und sich quälen muss aufzustehen und sich ranzusetzen: Das ist okay. Aber man muss es jeden Tag tun, keine Ausreden.
Man möchte natürlich auch viele andere Sachen gerne noch machen, vielleicht etwas putzen oder einen Salat statt Schnitzel - aber die Priorität liegt auf dieser Halben-Stunden-Sache, wenn man die geschafft hat, hat man seinen Tag geschafft.

Und wie der Affe so schön gesagt hat: "It gets easier."

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